Seit Ende Juni 2017 stellt ein Batteriespeicher im Römerhofweg 66 in Garching 1,2 Megawattstunden Kapazität bereit. Vom Campus der TU München aus liefert er Regelenergie für das europäische Verbundnetz. Der Speicher erkennt anhand der Netzfrequenz vollkommen automatisch, ob eine Über- oder Unterdeckung der Einspeiseleistung im Netz besteht – und steuert ebenso automatisch gegen. So wird die Netzstabilität auch bei weiter ansteigendem Ökostromanteil gesichert. Die Bedeutung von Speichern als Flexibilitätspuffer kann diesbezüglich kaum überschätzt werden, da sie zudem den nötigen, aber teuren und gesellschaftlich umstrittenen Netzausbau begrenzen.
Lastspitzen vermeiden
Leider ist der Betrieb eines reinen Regelenergiespeichers derzeit nur selten wirtschaftlich. Für Smart Power war das Garchinger Projekt daher vor allem ein Leuchtturmprojekt. Darüber hinaus intensivierte sich auch die Zusammenarbeit mit der TU München, spannende Forschungsprojekte auf beiden Seiten sind nun ergiebig miteinander vernetzt.
Megawattbatteriespeicher wie in Garching sind zwar keine Erlösgaranten, deshalb aber nicht zwingend auf Förderung angewiesen. Mit Gewerbespeichern können Unternehmen nämlich bereits heute viel Geld sparen, wenn sie ihre Großspeicher beispielsweise dafür einsetzen, teure Lastspitzen im Strombezug zu glätten oder ganz zu vermeiden. Die exakte Einsparung ist von individuellen Vereinbarungen abhängig, aber grundsätzlich ergeben sich deutlich günstigere Konditionen bei dem jeweiligen Energieversorger. Zur Veranschaulichung: Bei einem Verbrauch ab 100.000 Kilowattstunden variieren die Preise für ein Kilowatt Leistung zwischen 60 und 180 Euro pro Kilowatt und Jahr – je nach Spannungsebene, in der das Unternehmen versorgt wird.
Ein weiterer Vorteil: Dieser Erlöspfad wird zukünftig sehr gut prognostizierbar sein. Ganz im Gegensatz zum viel gepriesenen Erlösmodell mit primärer Regelenergie, die stark vom wachsenden Angebot der Batteriespeicher sowie von der Entwicklung des Börsenpreises abhängt. Die Prognosen von Smart Power gehen davon aus, dass die Preise für Regelenergie von 130.000 Euro pro Megawatt im Jahr 2018 im ungünstigsten Fall auf bis zu 80.000 Euro pro Megawatt 2025 fallen werden. Dennoch kann primäre Regelenergie eine relevante Erlösquelle bleiben, sofern der Betreiber die Leistung entsprechend präqualifiziert und zur Vermarktung anmeldet.
Netzentgelte zurückfordern
Unternehmen mit flexiblen Großspeichern entlasten bei netzoptimiertem Betrieb nicht nur den Versorger, sondern genauso den Netzbetreiber. Vermiedene Lastspitzen erleichtern die Arbeit des Netzbetreibers und verringern in Folge Netzentgelte für den Versorger, die dann die Energierechnung des Unternehmens reduzieren.
Abgesehen von eingesparten Energiekosten können Speicher aktiv weitere Erlöse aus verschiedenen Anwendungen generieren, die ihren Betrieb noch rentabler machen. Dazu zählt erstens die Bereitstellung von Blindleistung, zweitens eine unterbrechungsfreie Stromversorgung, kurz USV, um kurze Unterbrechungen während einer Industrieproduktion schadlos zu puffern. Und drittens kann ein Batteriespeicher mit Photovoltaikanlagen kombiniert werden, um die eigene Versorgung zu optimieren und den Eigenverbrauch zu erhöhen. Um nur die naheliegenden Anwendungen für Speicher aufzuzählen.
Zweites Akkuleben
Auch die Stadtwerke Trostberg profitieren von einem Speicher, der die Lastspitzen gegenüber dem vorgelagerten Netzbetreiber reduziert. Zudem kompensiert der Speicher die bereitgestellte Blindleistung im Netz, was ihn noch rentabler macht.
Aber damit nicht genug. Ein besonders interessanter Aspekt beim Speicher in Trostberg ist, dass die eingesetzten Akkus zuvor in Elektroautos verwendet wurden. Man spricht von sogenannten Second-Use-Akkus. Sie haben in ihrem ersten Leben bereits Rendite erwirtschaftet und können entsprechend günstiger am Markt erworben werden. Die Investitionskosten des Speichers reduzierten sich so erheblich, und die Investition amortisiert sich schneller. Aus technischer Sicht ist es kein Problem, benutzte Akkus einzusetzen, da die Bedingungen im Kraftwerk ohnehin weniger anspruchsvoll sind. Anders als in einem Fahrzeug ist die Umgebungstemperatur relativ konstant und die Strombelastung im industriellen Einsatz lässt eine ausreichende Lebensdauer erwarten.
Planbar Regelenergie liefern
Auch ein bereits geplantes, aber noch nicht realisiertes Projekt zeigt exemplarisch, dass es Synergieeffekte zu nutzen gilt. Die Vermeidung von Lastspitzen im Netz war auch für einen anderen Verteilnetzbetreiber eine interessante Option. Die Besonderheit in seinem Fall: Ein vergleichsweise unwirtschaftlicher, konventioneller Generator war zu langsam, um Regelenergie anzubieten. In Kombination mit einem Lithiumspeicher änderte sich das. Und für die Batterie, deren Wirtschaftlichkeit oft noch recht knapp bemessen ist, erhöhte sich dadurch die Einsatzzeit. Die Kapazität einer Batterie ist nach wie vor der größte Kostentreiber, sie macht derzeit rund 60 Prozent der Projektkosten aus. Durch eine hybride Einheit reagiert die Batterie innerhalb eines Sekundenbruchteils und das konventionelle Kraftwerk kann hochfahren, um nach einer Anlaufphase auch längere Zeiträume mit hohen Leistungen abzudecken.
Der Hybrid aus einem konventionellen Stromerzeuger und einem Batteriespeicher liefert planbare Regelleistung, die von einem Dienstleister vermarktet werden kann. Selbstverständlich sollte die Einheit so konzeptioniert sein, dass von vornherein seltene und hohe Lastspitzen vermieden werden. Der Schlüssel für die Wirtschaftlichkeit liegt allerdings in der richtigen Dimensionierung des Speichers, um mindestens drei Erlöspfade gewinnbringend erschließen zu können; das heißt, um mit möglichst wenig Hardware möglichst viele Anwendungen auszuschöpfen. Deshalb entwickelt Smart Power mit Simulationsrechnungen belast- und validierbare Modelle. Für das beschriebene Hybridprojekt ist durchaus eine zweistellige Rendite drin.
Eine transparente Berechnung
Nichtsdestotrotz geht es um eine große Investition, die von den Unternehmen zu tätigen ist. Die Berechnung muss deshalb exakt und ebenso transparent sein. Nur so kann der Kunde seine Entscheidung gut informiert treffen. Smart Power erstellt die Planung herstellerneutral. Das erlaubt es öffentlichen Auftraggebern, auch an qualifizierten Ausschreibungen teilzunehmen, die ab einer gewissen Investitionshöhe vorgeschrieben sind. Natürlich ist es möglich, dass sich Parameter wie der Preis für primäre Regelenergie während der Betriebszeit verändern. Smart Power berücksichtigt diese Variablen mithilfe von Sensitivitätsanalysen. Dieser notwendige Mehraufwand und die Tatsache, dass das Planungsbudget begrenzt ist, müssen in einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss münden.
Je mehr Parameter mit in die Simulation einfließen, desto komplexer wird ihre Auswertung. Unterm Strich kostet Hardware deutlich mehr als intelligente Software. Es muss also versucht werden, Megawatt durch Megabyte zu ersetzen. Bei der Entwicklung der Software für das Energiemanagement hat Smart Power viele Erfahrungen einfließen lassen. Das zahlt sich für die Kunden aus: Mit einer intelligenten Programmierung werden Hardware- oder Speicherkapazität gespart. Dafür sorgen zum Beispiel Prognose-Schnittstellen für Wetter- oder Temperaturdaten und selbstlernende Algorithmen, die auf neuronalen Netzen basieren.
Was bedeutet das praktisch? Die Steuerung wertet verfügbare Informationen und Erfahrungen fortlaufend aus, um zum Beispiel einen Energiemangel im System wie eine Lastspitze möglichst lange aus dem Batteriespeicher zu bedienen. Die teuren Startkosten der konventionellen Erzeugungseinheit sollen gar nicht erst entstehen. Das verlangt allerdings, dass der Speicher zuvor ausreichend geladen wurde. Falls die Speicherenergie nicht genügt, muss der Generator so rechtzeitig gestartet werden, dass eine noch teurere Lastspitze unter allen Umständen vermieden wird.
Vorteil für Lithiumakkus
Für große Speichersysteme kommen derzeit nur Lithiumbatterien infrage. Nur sie besitzen die nötige Zyklenfestigkeit sowie eine ausreichend hohe C-Rate. Lithiumakkus können Energie schnell aufnehmen und abgeben, ohne dass die Lebensdauer darunter leidet. Zudem weisen sie einen hohen Wirkungsgrad auf. Dies ist umso wichtiger, da die Energie wiederholt aufgenommen und abgegeben werden muss. Eine effiziente Umwandlung erhöht deshalb nicht nur die Wirtschaftlichkeit des Speichers, sondern verbessert auch seinen ökologischen Fußabdruck.
Da Smart Power die Prognosen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen immer wissenschaftlich und nachvollziehbar dokumentiert, wird es für den Kunden einfacher, sich am Ende zu entscheiden. Nach abgeschlossener Planung steht die Unternehmensfamilie mit Maxsolar und Maxtech zur Umsetzung des Projekts bereit. Das Zusammenspiel verschiedener Blickwinkel und Kompetenzen unter einem Dach und die daraus erwachsende Kreativität beflügeln eine wirtschaftliche Lösung.
Chancen überwiegen Risiken
Dass Erlöspotenziale aus Speichern dennoch eine individuelle Angelegenheit bleiben, hängt von Stromlieferverträgen ebenso ab wie von der Spannungsebene, an die das Unternehmen angeschlossen ist. Die Leistungspreise und die vermiedenen Netzentgelte unterscheiden sich dementsprechend stark.
Auch wie nachhaltig einzelne Erlösquellen sind, kann niemand im Vorfeld verbindlich sagen. Umso wichtiger ist es, dass stets mehrere Einsatzbereiche für einen Gewerbespeicher gefunden werden. Die Erfahrungen durch die Referenzprojekte lassen allerdings den begründeten Schluss zu, dass Investitionsrechnungen für Speicherprojekte weit verlässlicher sind als so manche Businesspläne im Kerngeschäft eines Unternehmens.
Den relativ kleinen, überschaubaren Risiken stehen Chancen mit absolut wettbewerbsfähigen Renditen gegenüber.
Smart Power
Individuelle Planung dank eigener Software
Smart Power wurde 2014 als Schwesterfirma des oberbayerischen Solarprojektierers Maxsolar am Innovationszentrum Gate der TU München gegründet. Mit seinem Ingenieursteam beschäftigt sich Smart Power mit Projektierung, Bau und Inbetriebnahme von kompletten Speichersystemen im industriellen Maßstab. Eine eigene Simulationssoftware ermöglicht es, anhand der individuellen Lastgangdaten der Unternehmen und Energieversorger die Wirtschaftlichkeit von Speichersystemen zu prognostizieren. Seit April 2017 sitzt die Firma in Feldkirchen bei München, wo der Firmenverbund mit Maxsolar und Maxtech ein neues Kompetenzzentrum gegründet hat.
Thomas Laur von Sonepar Deutschland
„Handel ist Wandel und ohne Wandel kein Wachstum“
Welche Erinnerungen haben Sie an das Jahr 2007?
Thomas Laur: Für Sonepar Deutschland war das Jahr 2007 ein ganz entscheidendes Jahr, was den Bereich Photovoltaik angeht. Gerade erst ein Jahr zuvor hatten wir uns entschieden, die ersten und sehr guten Erfahrungen, die wir mit diesem Markt bereits im Süden gemacht hatten, nun auch in ganz Deutschland auszurollen. Ein wichtiger Schritt war dabei, dass wir die benötigten Module, Wechselrichter und Gestelle bei den Herstellern und nicht mehr über Zwischenhändler beziehen wollten. Denn uns war es sehr wichtig, dass wir von Anfang an mit hohen Qualitätsmaßstäben in diesen zukunftsträchtigen Markt eintreten wollten.
Welche Erwartungen hatten Sie seinerzeit?
Zunächst hatten wir mit einem langsameren und kontinuierlichen Ausbau gerechnet und waren stark auf Beratung, Seminare und Lageraufbau eingestellt. Spätestens ab Herbst 2009 explodierte der Markt und die Interessen verlagerten sich auf die schnelle Verfügbarkeit der Ware. Diesen Aspekt haben wir bei Sonepar damals schon kritisch betrachtet, beispielsweise weil die Produktqualität zwangsläufig auf der Strecke bleiben musste. Wir sind daher zurückhaltend geblieben und haben uns weiterhin auf wenige, zuverlässige Lieferanten konzentriert.
Welche Höhen und Tiefen sind Ihnen im Gedächtnis geblieben?
Wir freuen uns, dass die erneuerbaren Energien bei Sonepar nicht mehr wegzudenken sind. Sie gehören mittlerweile zum festen Sortiment und zu über 80 Prozent zum Lagerprogramm. Leider sind ganz viele Modulhersteller, denen wir viel zu verdanken haben, im Laufe der Zeit und der internationalen Marktentwicklungen auf der Strecke geblieben. Ein Gefühl, das unweigerlich einen Igel im Bauch auslöst.
Was hat Ihnen Mut gemacht?
Eine kohlendioxidfreie Stromproduktion kann nur mit Photovoltaik und Wind gelöst werden. Zumindest ist das der heutige Stand. Elektromobilität erfordert mehr und nicht weniger Strom und macht nur Sinn, wenn die Energie immer stärker aus den Erneuerbaren gewonnen wird. Die Berufsbilder unserer Kunden vom Elektrohandwerker bis zum Elektrotechniker oder Ingenieur werden sicherlich Veränderungen erfahren – aber immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Wo sehen Sie sich 2027?
Im Zeitalter des Internets wird es für den Handel viele Herausforderungen geben. Es wäre sicherlich vermessen zu behaupten, dass wir darauf alle Antworten hätten. Aber eine alte Handelsweisheit sagt: Handel ist Wandel und ohne Wandel kein Wachstum. Wir sind auf Veränderungen vorbereitet und sehen diese als Chance. Als Generalist sind wir breit aufgestellt, haben ein großes Sortiment und eine vielschichtige Kundschaft. Als Großhändler kaufen wir große Mengen ein, lagern sie und verkaufen sie in kleinen Mengen wieder. Und das mit über 100.000 Produkten und in jeder Region von Deutschland. Eben nicht nur bei den Produkten der erneuerbaren Energien, sondern auch immer stärker für Energieeffizienz. Bei uns gibt es alles aus einer Hand. Diese Kompetenzen bauen wir weiter aus.
Worauf gründet sich Ihre Motivation und Ihr persönliches Erfolgsrezept?
Das WWW für World Wide Web steht für mich persönlich für Wissen, Wollen, Wahrmachen. Das Wissen um die Gewinnung von emissionsfreiem Strom haben wir, aber natürlich darf man darauf nicht sitzen bleiben. Sicherlich gibt es in Deutschland genügend Menschen, die die Energiewende wollen. Auch hier kann ich nur sagen, es dürfen gerne noch ein paar mehr sein! Aber irgendwann müssen wir es wahrmachen. Das ist wie mit dem Rauchen. Wir wissen, dass es schädlich ist, wir wollen damit aufhören. Dann müssen wir es eben auch wahrmachen.
Thomas Laur ist Geschäftsführer Erneuerbare Energien bei Sonepar Deutschland. Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Über die Autoren
Elise Lebossé
leitet ein Projekt zu Großspeichersystemen bei Smart Power. Die Französin, die an der TU München sowie der École Centrale de Nantes studiert hat, ist Expertin für Lastprognosen und Energiemanagement.
Hans Urban
hat Energietechnik an der TU München studiert. Er ist in der Solarbranche weithin bekannt. So arbeitet der 53-Jährige als Berater für den Projektierer Maxsolar sowie für dessen Schwesterfirma Smart Power. Darüber hinaus berät er auch weiterhin den Montagesystemhersteller Schletter, bei dem er bis Anfang des Jahres 17 Jahre lang als stellvertretender Geschäftsführer die Sparte für Solarmontagesysteme mit verantwortete.