Genau 53.444 Akkus wurden im Schweriner Batteriekraftwerk installiert. Sie verteilen sich auf den seit 2014 betriebenen Großspeicher Schwerin 1 und auf die Erweiterung Schwerin 2, die seit dem Sommer 2017 am Netz ist. Die Zellen arbeiten in 215 Batterieschränken. Für den regionalen Versorger Wemag ist es ein Prestigeprojekt. Energieminister Sigmar Gabriel war persönlich in Schwerin-Lankow bei der Inbetriebnahme 2014 dabei, um den Hebel für Schwerin 1 – und damit auch symbolisch für die Energiewende – zumindest ein Stück weit umzulegen.
Nach der neunmonatigen Erweiterung verfügt der Lithiumspeicher nun über 14 Megawatt installierter Leistung, von denen immerhin zehn vom Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz präqualifiziert wurden. Die Kapazität aller Akkus des südkoreanischen Konzerns Samsung SDI liegt bei 15 Megawattstunden.
Wöchentliche Ausschreibungen
Über eine Software nimmt der Speicher automatisch an wöchentlichen Ausschreibungen für Primärregelleistung teil. Und das klappt überaus erfolgreich. Nur wenige der 52 Zuschläge des Jahres hat die Wemag nicht erhalten. So konnte sich der Speicher schon ein Stück weit refinanzieren. Programmiert wurde die Steuerungssoftware von der Berliner Firma Younicos. Insgesamt ist der Markt für Primärregelenergie jedoch beschränkt. 1.250 Megawatt sind für die Länder Deutschland, Belgien, Niederlande, Frankreich, Schweiz sowie Österreich ausgeschrieben. Zudem drängen immer mehr Anbieter in diesen relativ lukrativen Markt hinein. Viele Experten sehen deshalb künftig sinkende Preise voraus.
Prognosen des Unternehmens Smart Power gehen davon aus, dass die Preise für Regelenergie von 130.000 Euro pro Megawatt im Jahr 2018 im ungünstigsten Fall auf bis zu 80.000 Euro pro Megawatt 2025 fallen werden. Künftig bedarf es also zusätzlicher Erlösquellen. Unternehmen können aber unter Umständen viel Geld sparen, wenn sie ihre Gewerbespeicher dafür einsetzen, teure Lastspitzen im Strombezug zu glätten – oder ganz zu vermeiden. Die Einsparung variiert, aber ab einem Verbrauch von 100.000 Kilowattstunden liegt der Preis zwischen 60 und 180 Euro pro Kilowatt und Jahr – je nach Spannungsebene, in der das Unternehmen versorgt wird, wie Hans Urban und Elise Lebossé von Smart Power ab Seite 40 berichten.
Helfer für den Schwarzstart
Während Schwerin 1 noch 6,7 Millionen Euro kostete und auch eine Innovationsförderung erhielt, lag die Erweiterung nur bei 5,19 Millionen Euro, ohne dass eine Förderung floss. Einerseits gab es natürlich Synergieeffekte durch die Erweiterung, andererseits sind Lithiumspeicher in den vergangenen Jahren immer günstiger geworden. Aus einem anderen Topf erhielt Schwerin 2 aber dennoch Geld: Die Förderinitiative „Zukunftsfähige Stromnetze“ gab 180.000 Euro, um das Batteriekraftwerk für Schwarzstartfähigkeit zu ertüchtigen.
Dass das klappt, zeigte ein Pilotversuch in Schwerin. Das abgeschaltete Stromnetz könnte durch das Batteriekraftwerk in Kombination mit einer Gasturbinenanlage wiederaufgebaut werden. „Der Batteriespeicher hat bewiesen, dass er für den Wiederaufbau des Stromnetzes nach Großstörungen oder einem Blackout sorgen kann. Bislang wird hierfür rein konventionelle Kraftwerkstechnik verwendet“, weiß Wemag-Vorstand Caspar Baumgart. So ging der Netzbetreiber vor: Zunächst wurde eine Netzinsel geschaffen. Mit dabei waren das Gaskraftwerk der Stadtwerke, drei Umspannwerke der Wemag-Netz-Tochter und das schwarzstartfähige Batteriekraftwerk.
Blackouts vermeiden
Während des mehrstündigen Versuchs waren keine Verbraucher mit diesem abgeschlossenen Stromnetz verbunden. Diese wurden über andere Leitungen versorgt. Nach dem Aufbau der Netzinsel startet mithilfe des Batteriespeichers das abgeschaltete Gaskraftwerk. „Der Test beweist die zentrale Bedeutung von netzbildenden Batteriekraftwerken für das Energiesystem der Zukunft und wie reibungslos unsere intelligente Software im Ernstfall den Versorgungsaufbau steuert“, frohlockt Younicos-Chef Stephen L. Prince nach dem erfolgten Wiederaufbau des Stromnetzes.
Im Falle einer Großstörung bis hin zum vollständigen Ausfall des Übertragungsnetzes müssen die Betreiber von Kraftwerken und Stromnetzen zusammen die Wiederherstellung der Stromversorgung in den von ihnen betriebenen Netzen koordinieren. Bei einem mehrtägigen Blackout wären in Mecklenburg-Vorpommern erhebliche Schäden an der gesamten Infrastruktur und Probleme bei der Grundversorgung der Bevölkerung zu erwarten. Der Batteriespeicher schaffe eine neue Chance, im schlimmsten Fall das Stromnetz Stück für Stück wieder hochzufahren, sagt Christian Pegel, Energieminister in Mecklenburg-Vorpommern. „Das Risiko der Schäden durch Blackouts kann durch die innovativen Schwarzstart- und Netzwiederaufbaumethoden deutlich verringert werden.“ Der Wemag-Batteriespeicher leistet durch seine Schwarzstartfähigkeit dazu einen Beitrag.
Nach dem Abschluss der ersten Pilotphase soll das Projekt zur Marktreife gebracht werden. Es sei geplant, das Stromnetz mithilfe des schwarzstartfähigen Batteriekraftwerks unter Einbeziehung von Ökoenergieanlagen aufzubauen. Zudem soll die autarke Versorgung der aufgebauten Netzinsel über einen längeren Zeitraum bis zur Synchronisation mit dem Verbundnetz praktisch getestet werden.
Mehr Lastspitzen durch Stromer
Batteriespeicher sind wichtig für die Energiewende. Sie gleichen die volatile Erzeugung durch Sonne und Wind aus. Intelligente Energielösungen mit dezentralen Speichersystemen werden in diesem Wandel eine zentrale Rolle spielen. Da in den kommenden Jahren ein Anstieg an Elektrofahrzeugen zu erwarten ist, rückt die Frage einer funktionierenden Ladeinfrastruktur stärker in den Fokus. Wenn der Verkehr allein in Stuttgart rein elektrisch wäre, würden sich die Lastspitzen um mehr als 200 Prozent erhöhen. Diesen Wert ermittelte die Stuttgarter Hochschule für Technik in einer aktuellen Studie. Laut Professor Bastian Schröter würden sich die Peaks allein in Stuttgart von derzeit 400 auf künftig bis zu 1.800 Megawatt erhöhen. Es könnten enorme Lastspitzen entstehen, wenn die Fahrer das Fahrzeug morgens und abends anstöpseln und zeitgleich hohe Leistungen abrufen. Dieser Vorgang geschieht parallel zu den ohnehin bereits vorhandenen Peaks im städtischen Stromnetz.
Mit 3C-Rate laden
Der Versorger EnBW testet seit Ende August 2017 das Batteriesystem Powerbooster der Firma ADS-Tec am Ladepark des Standortes Fasanenhof in Stuttgart. Der Speicher dient als Puffer, um Leistungsengpässe zu regulieren und kann kontinuierlich und über lange Zeiträume 3C-Raten für Stromer anbieten. Der Versorger hat durchaus ein eigenes Interesse, da er viele Ladestationen in Stuttgart selbst betreibt und auch eigene Stromer besitzt.
Das Speichersystem Powerbooster ist in einem Container mit mehreren Ladesäulen installiert. Es hat eine Kapazität von 120 Kilowattstunden und 120 Kilowatt Leistung und wurde an das Verteilnetz mit 400 Volt angeschlossen. Am verfügbaren Netzanschlusspunkt lädt der Container Strom nach, während der parallel durchgeführten Ladevorgänge. Resultat: Verbrauchsspitzen im Netz werden geglättet und aufwendige Mittelspannungsanlagen, Baukostenzuschüsse oder teurer Netzausbau vermieden. Das Batteriesystem ist in den Leitstand der EnBW integriert. So kann der Energieversorger das Laden und Entladen beobachten und selbst steuern. Langfristig sollen laut EnBW mehr dieser Ladestationen auf öffentlichen Parkplätzen entstehen. Gleiches gilt für die private Nutzung in Wohnquartieren.
Daimler: Speicher als Ersatzteillager
Ein Batteriespeicher in Hannover mit fünf Megawatt Leistung wurde kürzlich von Mercedes-Benz Energy und dem Stadtwerk Enercity in Betrieb genommen. Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat den Speicher bereits für Primärregelleistung präqualifiziert. Bis April 2018 soll er über insgesamt 17,4 Megawattstunden verfügen. Das Besondere: Die Lithiumakkus dienen als Ersatzteillager für Batteriesysteme in Elektroautos. 1.800 von insgesamt 3.240 der für die dritte Generation der Smart-Electric-Drive-Fahrzeugflotte vorgehaltenen Batteriemodule wurden zu einem stationären Speicher gebündelt. Diese sogenannte lebende Lagerung der Ersatzbatterien bedeutet potenziell einen zusätzlichen Erlös für die Unternehmen.
Die Batteriespeichersysteme wurden in Kamenz produziert. Für die Vermarktung der Leistung auf dem Regelleistungsmarkt ist Enercity verantwortlich. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, gerade solange die Strompuffer vom Gesetzgeber noch doppelt mit Steuern und Abgaben belastet werden.
Großspeicher müssen vielseitig eingesetzt werden, damit sie sich rentieren. Aufgaben, die sie übernehmen können, sind Spannungshaltung, Frequenzregelung sowie Spitzenkappung und Blindleistungserbringung. Die Wirtschaftlichkeit eines Batteriesystems hängt an vielen Faktoren. Primär jedoch daran, wie oft ein Speicher über seine Lebenszeit be- und entladen wird. Beispielhaft rechnet der Hersteller ADS-Tec vor: Kostet ein Batteriespeicher mit 100 Kilowattstunden 70.000 Euro und wird 2.000 Mal voll be- und entladen, liegt der Preis pro Kilowattstunde bei 35 Cent. Aber: Bei 10.000 Zyklen reduzieren sich die Kosten schon auf sieben Cent.
Geschäftsführung von Memodo
Die Energiewende ist nicht mehr aufzuhalten
Im Jahr 2007 gab es unser Unternehmen Memodo noch nicht. Was uns damals zusammenhielt, war unsere langjährige Freundschaft und die Vorfreude auf eine Reise nach Australien, die wir gemeinsam planten. Wir, das sind Enrico Brandmeier, Daniel Schmitt und Tobias Wenleder, die drei Geschäftsführer vom größtem Händler für Batteriespeicher in Deutschland mit Sitz in München.
Nach unserem Auslandsaufenthalt gingen wir beruflich erst einmal eigene Wege. Daniel Schmitt war erfolgreich als Leiter im Vertrieb tätig. Tobias Wenleder und Enrico Brandmeier studierten Wirtschaft. Das Interesse für erneuerbare Energien war immer da und ein häufiges Thema unserer Gespräche.
Als der Markt für Photovoltaik einzubrechen drohte, erwuchs aus unseren Diskussionen über seine Zukunftschancen eine Unternehmensperspektive. Wie würde es trotz der sinkenden Fördersätze für Solaranlagen weitergehen? Und was könnte dem Geschäft mit Photovoltaik neuen Auftrieb geben?
Die Antwort lag für uns in einer Technologie, die auf dem Solarmarkt bis dahin kaum eine Rolle gespielt hatte. Nun wurde sie zur zündenden Idee hinter Memodo. Wir gingen davon aus, dass uns eine Zukunft bevorsteht, in der Verbraucher Solarenergie vor allem selbst nutzen und ein Stromspeicher für sie so selbstverständlich ist wie die Heizung in ihrem Keller.
2012, als wir in die Branche einstiegen, durchlief der Markt eine schwierige Phase. Das bekamen wir als junges Start-up auch in der Folgezeit stark zu spüren: Einige unserer Kunden gingen insolvent und wir mussten mit Zahlungsausfällen kämpfen, die zu den größten Stolpersteinen auf unserem Weg gehörten. Doch wir waren von Anfang an davon überzeugt, auf dem richtigen Kurs zu sein und Teil eines Geschäftszweigs, der nachhaltige Aussichten verspricht – ökonomisch und gesellschaftlich.
Memodo nahm an Fahrt auf, als wir unseren ersten Mitarbeiter gewinnen konnten. Bald gaben uns weitere Kollegen Rückenwind, die ihr Expertenwissen und wertvolle Erfahrungen aus den Höhen und Tiefen der Branche mitbrachten. Das Vertrauen und Engagement unseres Teams sind nach wie vor eine tragende Säule des Unternehmens. Dabei pflegen wir flache Hierarchien mit dem Motto: Miteinander arbeiten, nicht für uns. Dass wir inzwischen als ein Spezialist für Photovoltaikanlagen und insbesondere Stromspeichersysteme gelten, ist für uns alle ein großer Erfolg.
Was uns 2027 erwartet? Mit Blick auf die rasanten Veränderungen des vergangenen Jahrzehnts könnte Elektromobilität den Straßenverkehr bereits erobert und erneuert haben. Memodo hat sich dann womöglich vom Photovoltaikgroßhändler zu einem Wegbereiter rund um das Thema regenerative Energien entwickelt. Eines steht für uns schon fest: dass die Energiewende nicht aufzuhalten ist – ein Prozess, den wir durch unsere Angebote im Bereich Elektrotankstellen und intelligentes Wohnen mit sauberer Energie weiter vorantreiben werden.
Enrico Brandmeier, Daniel Schmitt und Tobias Wenleder arbeiten als Geschäftsführer von Memodo.