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Sauber hingeklotzt

Parkhäuser eignen sich wegen ihrer großen Fläche, Stabilität und Wirtschaftlichkeit als regenerative Stromlieferanten. Noch wird die Sonnenenergie meist ins öffentliche Netz eingespeist. Clevere Firmen lassen jetzt die Option einbauen, den Solarstrom selbst zu verbrauchen und sich damit weniger abhängig vom Stromlieferanten zu machen. Eine Option, die sich besonders beim Neubau rechnet.Heiko Frey vom Generalunternehmer Goldbeck plant mit seinem Team aus Architekten, Bauingenieuren, Zeichnern und Elektromeistern etwa 50 Parkhäuser im Jahr.

Diese stehen größtenteils in Deutschland. Aber die internationale Nachfrage aus England, Dänemark, Österreich und der Schweiz steigt. Genauso wie der Wunsch nach einem Photovoltaikdach, was bisher bei etwa zehn Prozent der Gebäude vorkommt. Ein solches lässt sich vor allem dann leicht realisieren, wenn die Bauherren sich in einer frühen Planungsphase der Stahlbauten dafür entscheiden. „Wissen wir vor Planungsbeginn Bescheid, dass ein Solardach gewünscht ist, berücksichtigen wir Gewicht und Windlasten von Anfang an“, berichtet der Leiter des Planungsteams Parkhaus mit 40 Mitarbeitern. Denn für die statische Berechnung sind selten die Vertikalkräfte maßgebend, also das höhere Gewicht, sondern die Horizontalkräfte infolge der größeren Windangriffsfläche. Je nach Größe und Höhe des Bauwerks.

Statik und Konstruktion

Die höhere Steifigkeit erreichen die Planer aus Hirschberg beispielsweise über eine höhere Anzahl an Vertikalverbänden. Jeder zweite Bauherr spielt mit dem Gedanken, sein Parkhaus in den nächsten Jahren mit Modulen zu bestücken und lässt Goldbeck dies bei der Konstruktion berücksichtigen. Dann werden Vorrüstungen auf dem Dach vorgesehen und teilweise Anschlusskonsolen eingebaut.

Beim Mitarbeiterparkhaus der Sick AG in Waldkirch beispielsweise wurde das Gebäude in einem Zug gebaut und mit Solarpanels bestückt. 375 Kilowatt Leistung hat die Anlage. Der damit erzeugte Sonnenstrom macht das Gebäude energieautark, Überschüsse soll die benachbarte Sensor-Produktionsanlage verbrauchen. Den Mitarbeitern stehen damit 1.160 neue Stellplätze zur Verfügung. Investitionssumme waren 6,8 Millionen Euro. Die Nutzfläche liegt bei 30.000 Quadratmetern, womit das Parkhaus eines der größten der Region sein dürfte. Die Stellplätze in dem 77 mal 65 Meter großen und 17 Meter hohen Gebäude sind auf sechs Ebenen verteilt.

Produzierten Strom optimal nutzen

Damit liegt die Sick AG im Trend. Weil Parkhäuser mit Kasse, Beleuchtung, Schranke und Videoüberwachung den selbst produzierten Strom selten vollständig verbrauchen, nutzen mehr und mehr Firmen wie Kommunen den Reststrom in benachbarten Gebäuden.

Das rechnet sich. Je nach Rahmenbedingungen können bis zu zwölf Prozent Rendite im Jahr drin sein. Aber es gibt auch andere Gründe, warum sich Unternehmer und Kommunen Solarmodule montieren lassen. Zum einen sei da die Unabhängigkeit vom Stromversorger genannt. Langfristig kalkulierbare und stabile Strompreise sind für jedes Unternehmen von Vorteil. Aber auch Kommunen nutzen die Energie, die auf öffentlichen Parkhäusern erzeugt wird, gerne selbst. Zugegeben eine langfristige Rechnung, aber nach der Amortisation ist der Strom vom Nachbargebäude sogar gratis.

Mischung aus Image und Geldsparen

Für viele Firmen und Institutionen ist auch das Image ein Thema. Nach dem Kohlendioxid-Fußabdruck gefragt, kann man hier tonnenweise eingespartes Kohlendioxid aufweisen.

Wer lieber einspeisen möchte, ist immer noch gut dran. Zehn bis elf Cent pro Kilowattstunde vergüten die Stromversorger für gelieferte Energie. Rechnet man die Gestehungskosten dagegen, gibt es oftmals noch eine positive Bilanz.

Typische Schwierigkeiten ergeben sich, so erzählen Parkhaus-Experten wie Gerhard Trost-Heutmekers, Geschäftsführer des Bundesverbands Parken, wenn man Parkanlagen mit Solar nachrüsten will. „Dann kommen beispielsweise konstruktive Probleme auf. Das ist dann oftmals nicht so einfach wie gedacht.“ Denn auf das Dach kommt noch mal eine Unterkonstruktion, auf der die Module befestigt werden. Hier müssen Auftraggeber darauf achten, dass der Anbieter ohne Dachdurchdringung, sondern mit ballastierten Systemen arbeitet. „Solche Geschichten machen auch finanziell gesehen nicht immer Sinn“, sagt Trost-Heutmekers.

Modulare Bauweise macht flexibel

Wieder zurück zur Sick AG: Realisiert wurde deren energieautarkes Gebäude mit einer recht neuen Entwicklung. Goldbeck Solar nennt sie Sunolution. Das ist eine Unterkonstruktion für Solarmodule aus einer Kunststoff-Metall-Kombination. Damit ist sie deutlich schneller zu montieren und ein Viertel günstiger als vergleichbare Gestänge aus Metall. Auch wird das Dach bei diesem System nicht beschädigt, denn es arbeitet mit Gewichten, die das Gestänge an Ort und Stelle halten. „Im Idealfall beginnen wir zwölf Wochen nach Auftragsvergabe mit der Stahlmontage vor Ort“, erzählt Planungsleiter Frey. Das schaffen die Bauexperten nur deswegen so schnell, weil das Unternehmen nach einem Baukastenprinzip arbeitet.

Immer wieder werden die gleichen Bauteile, etwa die Deckenplatten, eingesetzt. Deshalb geht die Herstellung der standardisierten Teile besonders schnell. „Wir nutzen die Systembauweise und die Bauelemente, die in eigenen Werken vorproduziert werden“, sagt Frey.

Energieautark, schön und sinnvoll

Seit 30 Jahren plant und baut Freys Arbeitgeber Parkhäuser, inzwischen sind mehr als 650 realisiert. Freys Experten können auf Erfahrungswerte zurückgreifen. So realisieren die Hirschberger nur Stellplatzbreiten von 2,50 und 2,70 Metern. „Krumme Zwischenmaße wie 2,75 oder 2,62 machen wir nicht“, sagt der studierte Bauingenieur. Anderen Sonderwünschen kommt Goldbeck allerdings nach: Die Experten realisieren etwa vom kleinen Parkhäuschen mit 30 Stellplätzen bis zum Park-Wolkenkratzer mit Platz für 7.000 Autos verschiedenste Projekte. „Fährt man quer durch die Republik, ist die Wahrscheinlichkeit, auf eines unserer Parkhäuser zu treffen, sehr hoch“, freut sich Frey.

Vorgabe für Neubauten Reizthema

Die nach eigenen Angaben weltweit erste Photovoltaikanlage mit Solarcarports auf einem Parkhaus initiierte der Verein Sonneninitiative 2011. Das sogenannte Bürgersonnenkraftwerk steht auf einem Dach der Messe Frankfurt. Hier sind Solarcarports auf ein Parkhaus integriert. Diese produzieren jährlich mehr als eine halbe Million Kilowattstunden Solarstrom. Der Ertrag kann an Ort und Stelle genutzt werden, beispielsweise als klimafreundliche Antriebsenergie für Elektromobile. E-Fahrzeuge in Parkhäusern günstig tanken zu lassen, ist für die Branche ein Reizthema. Die Politik forciert derzeit die Einrichtung von E-Tankstellen. Beispielsweise sieht die hessische Garagenverordnung vor, dass bei einem Parkhausneubau fünf Prozent der Stellplätze für E-Fahrzeuge ausgestattet sein müssen.

„Es ist blanker Unsinn, so viele Stellplätze auf Verdacht für Elektroautos vorzusehen“, meint Trost-Heutmekers. Der Bedarf sei zumindest derzeit noch nicht gegeben. „Gibt es mehr E-Fahrzeuge und steigt damit der Wunsch, im Parkhaus Strom zu tanken, kann man Ladesäulen entsprechend nachrüsten“, erläutert der Parkexperte.

Kein Dach sollte ungenutzt bleiben

Die größte Photovoltaikanlage im Frankfurter Stadtgebiet auf dem Dach der Messe produziert jährlich 530.000 Kilowattstunden Solarstrom. Was nicht vertankt oder im Gebäude verbraucht wird, übernimmt der Stromversorger per Einspeisevergütung. Damit setzen die Eigentümer jährlich zwischen 175.000 und 190.000 Euro um. Außerdem wird ein jährlicher Ausstoß von rund 400 Tonnen Kohlendioxid vermieden.

Verbaut wurden insgesamt 6.536 Dünnschichtmodule des Herstellers Q-Cells, die insgesamt einer Fläche von 5.200 Quadratmetern entsprechen. Die in der Anlage integrierten Carports lieferte Metallbau-Spezialist Schletter. Genau wie bei den vorhergehenden Projekten konnten die Mitarbeiter der Messe Frankfurt und Frankfurter Bürger Anteile am Sonnenkraftwerk erwerben. Der Verein Sonneninitiative übernimmt den technischen Betrieb der Anlage und rechnet die Einspeisevergütung für die Teilnehmer ab. Mehr als 70 Bürger-Sonnenkraftwerke auf öffentlichen Gebäuden hat der Verein seit seiner Gründung 2003 auf den Weg gebracht.

Zwei Parkhäuser in Bruchsal

In Bruchsal rentieren sich aktuell gleich zwei Solarparkhäuser. Seit 2014 ein Solarparkhaus auf dem Flachdach des Antriebstechnik-Unternehmens SEW-Eurodrive. Dort installierte Wirsol eine Anlage mit 625 Kilowatt. Die fast 2.500 Solarmodule auf dem Mitarbeiterparkhaus können 200 Haushalte im Jahr mit Strom versorgen und sparen 400 Tonnen Kohlendioxid. Die sieben Parkebenen bieten 1.700 Pkw-Stellplätze.

Eine Anlage mit der stolzen Leistung von einem Megawatt realisierte Baywa r.e. ebenfalls in Bruchsal im Frühjahr 2015 auf dem Parkhaus eines Einkaufszentrums. „Mit der Realisierung dieses Projekts zeigen wir, dass es trotz der aktuellen energiepolitischen Rahmenbedingungen durchaus rentable Solarstromlösungen für Unternehmen gibt“, freut sich Geschäftsführer Matthias Taft. Die Anlage war direkt bei der Planung und Errichtung berücksichtigt worden. Das ist die effizienteste Art, ein Solardach zu erhalten.

Nach einer Bauzeit von weniger als sechs Wochen, bereits vor der Fertigstellung des Gebäudes, konnte die Anlage in Betrieb genommen werden. 990.000 Kilowattstunden Solarstrom pro Jahr werden jetzt direkt durch das Energieunternehmen eingespeist und vermarktet.

Die 3.846 Module sparen dabei mehr als 597 Tonnen Kohlendioxid ein. „Durch eine optimierte Systemplanung konnten wir die Errichtungskosten niedrig halten, ohne von unseren hohen Qualitätsansprüchen abweichen zu müssen“, sagt Taft.

Der Autor

Jens Gieseler

ist Wirtschaftsjournalist und seit 2008 Partner von Der Medienberater. Die Agentur hat sich auf Pressearbeit und Unternehmenskommunikation für kleine und mittelständische Unternehmen spezialisiert.

www.der-medienberater.de

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