Der TÜV Rheinland hat zur diesjährigen Solar Energy Conference geladen, und rund 160 Expertinnen und Experten waren dem Ruf ins Kölner Hauptquartier gefolgt. Denn die Qualitätsprobleme unserer Branche sind im Laufe der Jahre nicht geringer geworden. Während einige Schwierigkeiten überwunden scheinen, tauchen neue Fragen auf.
TÜV Rheinland: Solar Energy Conference diskutiert Trends und neue Fehlerbilder
Zudem wurden viele Tests verschärft und erweitert. „Einige Solarmodule schaffen die neuen Testreihen auf Anhieb“, urteilt Eckart Janknecht, TÜV-Experte für Modultests. „Anlass zur Sorge gibt die Anzahl an nicht bestandenen Eingangsprüfungen von Modulen, die frisch aus der Produktion kommen.“
Module kommen mangelhaft aus dem Werk
Das heißt, diese Module wurden noch nicht den harten Stresstests unterzogen. „Wir sehen oft, dass die Nominalleistung nicht erreicht wird“, schätzt Roman Alexander Brück ein, der den Testbereich für PV Komponenten leitet. „Ihre Leistung liegt zwischen einem halben und einem Prozent darunter. Bei einem Modul mit 650 Watt sind das immerhin 6,5 Watt.“
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Der Grund: Der enorme Preisdruck zwingt die Hersteller, Material und Maschinen in der Fertigung bis an die Grenzen auszureizen. Nicht selten werden die Module bereits fehlerhaft ausgeliefert. Oder sie sind unterdimensioniert. „Ein Beispiel sind die Aluminiumrahmen“, meint Hamza Maaroufi, der regelmäßig im Auftrag des TÜV Rheinland in Solarparks unterwegs ist und Schäden begutachtet. „Sie werden so stark abgespeckt, dass die sehr großen und schweren Module durch ihr Eigengewicht durchbiegen.“
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Schrauben und Klemmen zu schwach
Wilhelm Vaaßen, langjähriger Spezialist für Photovoltaik, moniert, dass neben den zu dünnen Rahmen auch die Gläser oft zu dünn sind. „Daneben werden Schrauben und Klemmen viel zu klein gewählt“, erzählt er. „Eigentlich müssten sie doppelt so viel tragen.“
Er empfiehlt Investoren, die Module mit Klemmen und Schrauben vor der Installation testen zu lassen. „Es kostet nur kleines Geld, um Risiken auszuschließen“, sagt er. „In der Regel kommen spätere Schäden viel teurer.“
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Auch bei Nachführsystemen (sogenannten Trackern) wird das Material oft zu schwach bemessen. Die neuen Module für Solarparks messen 2,50 Meter mal 1,30 Meter und leisten bis 700 Watt. „Wenn das Auflageprofil nur 40 Zentimeter bietet, kann es nicht funktionieren“, warnt Vaaßen.
Zu dünne Gläser brechen schnell
Ein weiteres Problem sind sehr dünne Gläser. Einige Modulhersteller reduzieren die Glasdicke auf 1,6 Millimeter. „Zweimal zwei Millimeter sind bei den großen Modulen Standard“, berichtet Maaroufi. „Schon bei dieser Glasdicke sehen wir Brüche im Feld, weil sich die schweren Module verbiegen.“ Zweimal 1,6 Millimeter (für Frontglas und Rückglas) sind für große Projektmodule unzureichend.
Die Branche lernt mit jeder neuen Anlage. Letzter großer Regressfall waren versprödete Rückseitenfolien von Modulen, die zwischen 2010 und 2012 gefertigt wurden. In dieser Zeit waren hochwertige Folien knapp, also wichen einige Hersteller auf Polyamid aus. Etliche Gigawatt Solarleistung fielen zehn Jahre später dadurch auf, dass die Folien der Backsheets verspröden und auskreiden. Es bildeten sich Risse, die Module wurden unbrauchbar.
TÜV Rheinland zertifiziert Qualität von Installateuren
Folien brauchen eigene Zertifizierung
Nun haben die Zertifizierer auf diese Erfahrungen mit der „Folienseuche“ reagiert. Seit September 2023 gilt die neue IEC 62788-2-1:2023. Sie definiert strenge Sicherheitsanforderungen an die Folien, die als Frontsheet und Backsheet in Solarmodulen eingesetzt werden. „Die Hersteller der Folien wissen bisher nichts von dieser Norm, die übrigens verpflichtend ist“, urteilt Roman Alexander Brueck. „Wenn die Folie nicht zertifiziert ist, kann auch das Modul von uns keine Zertifizierung erhalten.“
TÜV Rheinland: Fehlende Konformität bei Rückseitenfolien sorgt für Zertifizierungsstau
Testexperte Eckart Janknecht empfiehlt den Herstellern, sich frühzeitig mit dem TÜV in Verbindung zu setzen. Denn neue Folien, die die Zertifizierung erhalten, erfordern unter Umständen Anpassungen bei der Modulfertigung. Dies schließt auch entwicklungsbegleitende Vorprüfungen ein.
TÜV: Sicherheit und Qualität auf dem Prüfstand
Bereit seit vier Jahrzehnten ist der TÜV Rheinland mit seiner Expertise in der Solarbranche aktiv. Weltweit sind rund tausend Experten damit befasst, die technischen Risiken von Solarkraftwerken zu minimieren.
Europas größtes Testlabor für Solarmodule, Komponenten, Wechselrichter und mittlerweile auch Batteriespeicher befindet sich in Köln. Hinzukommen Labore in Bangalore (Indien), Shanghai (China), Taichung (Taiwan) und in Pleasanton (USA). (HS)
Mehr Informationen zur Solarsparte des TÜV Rheinland.
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