Das hat Europa noch nicht gesehen: 300 Megawatt auf dem Freiland. Dieser Gigant entsteht derzeit in Südfrankreich in der Nähe von Bordeaux. Anfang Dezember war Baubeginn, im September gehen die letzten Wechselrichter ans französische Stromnetz.
Die bayerische Montagefirma Krinner hat mittlerweile insgesamt mehr als 204.000 feuerverzinkte Schraubfundamente in der Gemeinde Cestas eingedreht. Trotz anhaltender und starker Regenfälle wurden dank einer speziellen Bodenvorbereitung etwa 2.000 Schrauben pro Tag installiert. Anschließend werden die Modultische auf rund 326 laufenden Kilometern montiert.
Hierbei wird die Aufständerungslösung Krinner Flex V in einer besonders platzsparenden, neu entwickelten Ost-West-Konfiguration verwendet. Da der Abstand zwischen den Tischen kleiner als gewöhnlich ist, wurden Spezialfahrzeuge entwickelt, um den Materialfluss zu optimieren. Bis Mitte August werden etwa 8.000 Solarmodule täglich installiert – insgesamt knapp eine Million. Die Tagesleistung der Montageteams beträgt bis zu vier Megawatt.
Die Installation des Mammutkraftwerks wird in Rekordzeit realisiert. „Trotz der widrigen Wetterbedingungen konnten wir die einzelnen Arbeitsschritte sehr effizient umsetzen“, fasst Peter Hammer zusammen, Vertriebsleiter bei Krinner Schraubfundamente. „Wir liegen in allen Arbeitsschritten mehrere Wochen vor dem Bauzeitenplan.“
Im Oktober hatten Spezialisten von Krinner die Bodenbeschaffenheit überprüft. Danach überflog eine Drohne das etwa 260 Hektar große Gebiet. Auf Basis ihrer Daten wurde ein detailliertes 3D-Modell der Topographie mit Höhenwerten erstellt. Ein GPS-gesteuerter Roboter vermaß daraufhin das Gelände.
Sauberer Strom für Bordeaux
Neueste Eindrehmaschinen installierten ab November die Schraubfundamente millimetergenau in den Boden. Dabei wurde der höhengenaue Einbau mithilfe einer detaillierten 3D-Planung und mittels Funknetz vorgenommen. Das Kraftwerk in Cestas wird in einem Konsortium zusammen mit zwei Unternehmen der Solarbranche realisiert. Während Clemessy & Eiffage für die Gesamtkonstruktion verantwortlich sind, kümmert sich Schneider Electric um das operative Energiemanagement.
Das Gesamtvolumen des Auftrages beläuft sich auf knapp 300 Millionen Euro. Gerade die Region um Bordeaux ist prädestiniert für den Bau von Freiflächenanlagen, da sie mit etwa 2.000 Sonnenstunden pro Jahr und einer Globalstrahlung von über 1.300 Kilowattstunden pro Quadratmeter besonders gute Bedingungen aufweist.
Mehr als zwei Gigawatt weltweit
Mit dem Solarkraftwerk in Cestas werden künftig mehr als 360 Gigawattstunden Sonnenstrom pro Jahr produziert. Dies ist ausreichend, um die gesamte Bevölkerung der Großstadt Bordeaux tagsüber mit Energie zu beliefern. Bisher hat Krinner weltweit Anlagen mit einer Leistung von über zwei Gigawatt installiert. Damit könne man eine Millionenmetropole mit Strom versorgen, sechs Kohlekraftwerke oder Atomkraftreaktoren ersetzen, unterstreicht Peter Hammer.
Krinner hat mehr als 150 Patente angemeldet: Die Schraubfundamente, die Maschinen und Montagesysteme wurden selbst entwickelt.
Die Fundamentierung erfolgt komplett ohne Beton und ist dadurch besonders umweltschonend. Beim Rückbau des Solarkraftwerks können die Schrauben als Altmetall wieder verwendet werden. Allerdings ist zu erwarten, dass sie etliche Jahrzehnte ihren Dienst tun. Deshalb ist auch das Repowering der Modultische nach 20 Jahren möglich.
Kurz nachgefragt
„Der deutsche Markt wird sich wieder entwickeln“
Wie ist das vergangene Jahr für Sie gelaufen?
Klaus Krinner: Im deutschen Markt ist nicht viel gegangen, aber dieser Markt wird sich wieder entwickeln. Die Stromspeicher werden die Photovoltaik beflügeln. Auch wird die Elektromobilität die Nachfrage nach Carports oder Parkplatzüberdachungen steigern, die sauberen und preiswerten Sonnenstrom liefern.
Wie haben sich die Geschäfte im Ausland entwickelt?
Im vergangenen Jahr haben wir weltweit rund 600 Megawatt Solarparks mit unseren Schraubfundamenten errichtet. Im Cestas-Projekt in Frankreich haben sich neun Investoren zusammengetan, um ein Kraftwerk mit 300 Megawatt zu installieren, in der Nähe von Bordeaux. Der letzte Bauabschnitt wird im September ans Netz gehen. In einer zweiten Anlage ganz in der Nähe von Cestas haben wir in Frankreich weitere 85 Megawatt gebaut.
Wie sind die Aussichten für 2015?
Ich bin optimistisch, auch in Deutschland. Wir könnten im Jahr ein Gigawatt Photovoltaikleistung installieren. Dafür stehen uns neue Eindrehmaschinen zur Verfügung, die wir selbst entwickelt haben. Auch haben wir spezielle Vermessungsroboter. Beim Cestas-Projekt haben wir alle Prozesse von der Vorbereitung des Grundstücks, der Müllentsorgung bis zum Netzanschluss noch einmal optimiert und rationalisiert. Selbst in schwierigen Böden kann man mit unseren neuen Maschinen eine Anlage sehr schnell und sicher mit Schraub-fundamenten verankern. Die Schraubfundamente halten sehr lange. Schon vor 1.000 Jahren waren die Hunnen bei uns in der Gegend. Ihre Hufeisen findet man heute noch.
Worauf gründet sich Ihr Optimismus für den deutschen Photovoltaikmarkt?
Es ist möglich, Sonnenstrom für acht Cent die Kilowattstunde zu erzeugen. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Ich habe auf meinem privaten Grundstück 120 Hektar verwendet, um 55 Megawatt Solarleistung zu installieren. Würden in unserem Landkreis Straubing-Bogen weitere 120 Hektar mit Photovoltaikanlagen bebaut, könnte der ganze Landkreis einschließlich der Stadt Straubing mit Strom versorgt werden. Erst im letzten Jahr wurden bei uns im Landkreis insgesamt 2.500 Hektar Ackerfläche stillgelegt. Nun zahlt der Staat dafür Geld, damit auf dieser Fläche nichts mehr angebaut wird.
Wie hat das Solarjahr 2015 konkret für Sie begonnen?
Wir sind in zahlreichen Gesprächen, um weltweit sehr große Solarparks zu bauen. Ich spreche von Projekten mit 700 oder 800 Megawatt. Solche Anlagen brauchen einen längeren Vorlauf, wegen der Planung, der Genehmigung und Finanzierung. Und ob sie dann tatsächlich gebaut werden, wird die Zukunft zeigen. Aber meinem Eindruck nach sind Nordamerika, Südamerika und Japan stark im Kommen. Auch in Afrika tut sich etwas.
Wir sind in zahlreichen Gesprächen, um weltweit sehr große Solarparks zu bauen. Ich spreche von Projekten mit 700 oder 800 Megawatt. Solche Anlagen brauchen einen längeren Vorlauf, wegen der Planung, der Genehmigung und Finanzierung. Und ob sie dann tatsächlich gebaut werden, wird die Zukunft zeigen. Aber meinem Eindruck nach sind Nordamerika, Südamerika und Japan stark im Kommen. Auch in Afrika tut sich etwas.
Seit wann ist Krinner in der Photovoltaik tätig?
Eigentlich bin ich Landwirt. Als 15-Jähriger habe ich mit Pferden gepflügt, wo jetzt unsere Firma steht. 1970 habe ich mit Erdbeeren zum Selberpflücken angefangen. 1990 kam der Christbaumständer mit Rundum-Einseiltechnik. 1995 begannen wir mit Schraubfundamenten. Im Jahr 2004 haben wir die erste Solaranlage mit Schraubfundamenten errichtet. Damals installierten wir in der Summe rund 1,6 Megawatt. Ein Jahr später bauten wir die erste Anlage mit zehn Megawatt, damals die größte weltweit. Insgesamt haben wir seit 2004 knapp zwei Gigawatt mit unseren Schraubfundamenten in den Boden eingebracht.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie derzeit?
Bei Krinner sind es 70 Mitarbeiter, dazu kommen 100 weitere Personen bei Subunternehmen, die eng mit uns kooperieren. Neben der Photovoltaik kann man die Schraubfundamente auch einsetzen, um Carports sehr günstig zu errichten. Man kann große Parkplätze mit Solarflächen überdachen, auch in den Städten. Die Technik eignet sich, um unebene Flächen zu überbrücken, etwa im Terrassenbau oder für Häuser in Holzständerbauweise, ebenso für Stege und Gartenhäuser.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Klaus Krinner
ist Gründer und Geschäftsführer der Firma Krinner in Straßkirchen in Niederbayern. Mit selbst entwickelten Spezialmaschinen und maßgeschneiderten Lösungen stellt das Unternehmen weltweit Photovoltaikkraftwerke auf Schraubfundamente. Durch GPS gesteuert, werden die Messpunkte mit selbst entwickelten und gebauten Robotern ermittelt. Anschließend drehen Roboter, mit eigener Technik ausgestattet, die feuerverzinkten Schrauben in den Boden. Die Modultische werden binnen kürzester Zeit errichtet: ohne Beton, nachhaltig und effizient. Die Maschinen werden den jeweiligen lokalen Bedingungen angepasst und sind nahezu bei jeder Bodenbeschaffenheit einsetzbar. Derzeit ist Krinner in über 50 Ländern vertreten. Rund 70 Mitarbeiter arbeiten in Straßkirchen.