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Ab sofort gilt die R20

Bisher weiß niemand so richtig, wie viele Heimspeicher Österreichs Betreiber von Photovoltaikanlagen schon installiert haben. Klar ist aber, das Marktpotenzial ist riesig. Bereits ein Viertel der Besitzer von Solarstromanlagen wollen sich einen Speicher installieren, wie die Analysten vom Marktforschungsinstitut EuPD Research herausgefunden haben.

Damit rangiert die Alpenrepublik auf dem vierten Platz, wenn es um die Märkte geht, die bereit für die Installation von Speichern sind. Nur Japan, die USA und Deutschland sind für die Speicherhersteller in Zukunft noch wichtiger.

Es gibt allerdings Erfahrungen darüber, warum sich die Österreicher einen Speicher kaufen. Anders als in Deutschland spielt hier der Haushaltsstrompreis eine eher untergeordnete Rolle. Denn mit durchschnittlich 19,8 Cent pro Kilowattstunde liegen diese sogar noch unter dem Durchschnitt in der Europäischen Union. Deshalb spielt auch der Preis für den Speicher in Österreich nach der Lebensdauer für die Kaufentscheidung die größte Rolle.

Notstrom ist beinahe ein Muss

Die Anlagenbetreiber schauen aber auch auf die Garantiebedingungen und die elektrische Leistung der Systeme. Da die Strompreise bisher noch niedrig und die Kosten für den gespeicherten Strom deshalb vergleichsweise hoch sind, spielt es für die österreichischen Speicherbetreiber kaum eine Rolle, sich auf diese Weise mehr Autarkie vom Versorger zu verschaffen. Vielmehr steht hier die Notstromversorgung im Mittelpunkt des Interesses, wenn es darum geht, sich für den Kauf eines Speichers zu entscheiden.

Trotz der Tatsache, dass der Speichermarkt in der Alpenrepublik noch relativ klein ist, haben die Österreicher schon Nägel mit Köpfen gemacht, was die konkreten Vorschriften für die Installation von Speichern betrifft.

Konkrete Regelungen, wie Bleispeicher aufzustellen sind, wie der Batterieraum beschaffen sein muss und wie mit gefährlichen Elektrolyten umzugehen ist, sind schon lange mit der ÖNORM EN 50272-2 in einer einzigen Vorschrift zusammengefasst. „Für Lithium-Ionen-Systeme fehlte aber bisher eine solche konkrete Einzelnorm“, betont Thomas Becker. Er ist nicht nur Geschäftsführer des Projektierers ATB Becker aus Absam in Tirol. Thomas Becker war auch maßgeblich an der Erarbeitung der ersten Einzelnorm für Lithum-Ionen-Speicher beteiligt.

Empfehlungen für die Betreiber

Die Norm des Österreichischen Verbands für Elektrotechnik (OVE) ist als Richtlinie R20 mit dem Titel „Stationäre elektrische Energiespeichersysteme, vorgesehen zum Festanschluss an das Niederspannungsnetz“ inzwischen in Kraft getreten. Sie enthält die Mindestanforderungen an die Planung, die Errichtung, den Betrieb, die Deinstallation und die Entsorgung von Energiespeichern, die fest an das Niederspannungsnetz angeschlossen sind. „Damit liegen für Planer, Errichter und Betreiber von Photovoltaikanlagen ebenso wie für Netzbetreiber entsprechende Empfehlungen vor, die sowohl den sicheren Betrieb der Anlage gewährleisten als auch für die Vermeidung von Schäden zum Beispiel bei Montage oder in der Handhabung sorgen“, beschreiben die Branchenvertreter vom OVE den Inhalt der R20. „Wir haben bei der Erarbeitung der R20 nichts Neues erfunden, sondern wir haben nur aus allen bestehenden Normen und Richtlinien das zusammengefasst, was für die Installation und den Betrieb eines Lithium-Ionen-Speichers wichtig ist“, ergänzt Thomas Becker.

Elektrischer Anschluss geregelt

So sind zwar Vorschriften für den Transport von Lithium-Ionen-Batterien längst in der ADR-Richtlinie, dem europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, festgelegt. „Die ist aber eigentlich für Spediteure geschrieben und an mehreren Stellen dieses über 1.500 Seiten dicken Vertragswerkes steht, wie Lithiumbatterien zu transportieren sind“, erklärt Becker. Deshalb wurden in der R20 alle relevanten Punkte zusammengefasst und auf wenigen Seiten dargestellt.

Die Richtlinie beschreibt aber vor allem, wie Lithium-Ionen-Speicher installiert und elektrisch angeschlossen werden müssen. Zusätzlich enthält die R20 Hinweise zum Transport der Speicher, zur Deinstallation und zum Recycling sowie zur Beschaffenheit des Aufstellraums. „Hier ist die Chemie und die Bauform des Speichers entscheidend“, erklärt Becker. „Wenn er in einem guten Gehäuse verbaut ist, das auch beim Versagen des Speichers und in Gefahrensituationen die Sicherheit des Gebäudes gewährleistet, entstehen keine Anforderungen an den Aufstellungsraum. Wenn das Gehäuse allerdings schlecht ausgeführt ist, muss man den Aufstellraum entsprechend ausstatten.“ Dabei geht es vor allem um den Brandschutz, wenn der Speicher thermisch überlastet wird. Ein zentraler Bestandteil der Richtlinie ist insbesondere der elektrische Anschluss von Stromspeichern. „Das ist eigentlich für einen erfahrenen Elektrohandwerker eine einfache Sache“, betont Thomas Becker mit Blick auf die Einbindung des Speichers in eine neue oder bestehende Solaranlage.

Die einfachste Variante ist die Einbindung des Speichers auf der Gleichstromseite. Dieser wird einfach nach Herstellervorschriften parallel zur Solaranlage auf den Wechselrichter geschaltet. Ist der Wechselrichter konform mit der TOR D4 „Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen in Verteilnetzen“, braucht der Installateur keine Änderungen an der Hausinstallation vorzunehmen.

Einphasig oder dreiphasig einspeisen

Die TOR sind die Technischen und Organisatorischen Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen. Im Teil D Hauptabschnitt 4 ist genau geregelt, welche Anforderungen der Wechselrichter einer Solaranlage mitbringen muss und unter welchen Umständen die Einspeisung einphasig und ab welcher Anlagenleistung die Einspeisung dreiphasig zu erfolgen hat. Die Grenze liegt in Österreich bei 3,68 Kilovoltampere, die mit eigenen einphasigen Wechselrichtern jeweils an einen Außenleiter einspeisen dürfen. Da die TOR D4 auch die Speicher zu den Erzeugungsanlagen zählt, wird deren Leistung zur Leistung der Solaranlagen addiert. Kommen beide Systeme zusammen über die drei mal 3,68 Kilovoltampere Leistung, muss der Wechselrichter auf jeden Fall dreiphasig einspeisen.

Die Netzform entscheidet

Ähnliches gilt für die normale Einbindung auf der Wechselstromseite, nur dass dann noch ein Batteriewechselrichter installiert werden muss, der auf die Hausanlage aufgeschaltet wird. Der Installateur kann den vorhandenen Wechselrichter der Solaranlagen auch durch einen passenden Hybridwechselrichter ersetzen.

Schwierig wird es, wenn der Speicher bei einem Netzausfall Notstrom liefern soll – in Österreich immerhin eines der wichtigsten Kaufargumente. „Dann muss sich der Installateur auch über die dem Speicher nachgelagerte elektrische Anlage und den Betrieb des Speichers am Verteilnetz Gedanken machen“, betont Becker. „Wichtig ist dabei, welche elektrischen Grundgrößen der Installateur vorfindet, daraus entstehen beim Inselbetrieb sehr viele verschiedene Anforderungen.“ So muss der Speicher an einem TT-Netz anders angeschlossen werden als an einem TN-Netz. Welches Netz besteht, ist in den verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich.

In Österreich ist das deshalb von Bedeutung, da dort die Hausanlage beim Ausfall eines TN-Netzes dreipolig getrennt werden darf. Auf diese Weise besteht über den nicht getrennten N-Leiter immer noch eine Erdung der gesamten Anlage.

Auf die Erdung achten

Damit bleibt das Hausnetz auch bei einer Notstromversorgung mit dem Speicher ein TN-Netz. „Dann muss der Installateur nur die Schutzeinrichtungen installieren, die er ohnehin aufbauen muss, wenn er einen Speicher montiert, egal ob mit oder ohne Notstromeinrichtung“, erklärt Thomas Becker. „Das Einzige, was er zusätzlich installieren muss, ist ein zweiter Fehlerstrom-Schutzschalter, um die technische Sicherheit für den Kunden in der elektrischen Anlage weiterhin zu gewährleisten.

Dies ist im TT-Netz aufwendiger. „Denn bei vierpoliger Trennung haben wir das Problem, dass die N-Leitung unterbrochen ist und wir damit den Bezugspunkt zum PE-Leiter verlieren“, erklärt Thomas Becker. Damit ist die gesamte Hausanlage nicht mehr geerdet, aus dem TT-Netz wird ein IT-Netz. „Dann muss der Installateur eine zusätzliche Isolations-Überwachungseinheit zum Schutz gegen elektrischen Schlag einbauen“, betont Becker. „Die kostet dann schon mal mehrere Hundert Euro.“

Ein zweites Problem mit der Notstromfunktion von Speichern in Österreich ist die Gefahr, dass ausgerechnet der Hauseigentümer mit einem solchen System als Erster im Dunkeln sitzen könnte. Zwar kann er zunächst den Strom im Speicher verbrauchen. Doch wenn dieser leer ist, schaltet sich die Hausanlage nicht mehr auf das Netz. Das klingt zwar absurd, ist aber Realität, wenn das Netz – etwa bei Wartungsarbeiten durch den Netzbetreiber – mit einem Notstromaggregat betrieben wird.

Denn das Notstromnetz vom Energieversorger wird mit einer Frequenz von 52 Hertz aufgebaut und betrieben. Das ist Absicht. Denn die dezentralen Stromerzeuger wie Solaranlagen schalten sich erst bei einer Frequenz von 51,5 Hertz wieder zu. Da die Netztrennung gleich hinter dem Zähler erfolgt, bleibt dann auch die Hausanlage weiter getrennt. Nachdem der Strom im Speicher alle ist, geht im Haus das Licht aus.

Notstrom bei 52 Hertz

Auch dafür hat die R20 einen Tipp für den Hauseigentümer. Er lässt vom Installateur zwischen dem bidirektionalen Zähler, der den eingespeisten und den aus dem Netz entnommenen Strom registriert, und der Netztrennung einen Quellenumschalter installieren. „Wenn die Anlage in den Notstrombetrieb geht, kann der Hausbesitzer das Hausnetz dann per Hand wieder auf das Stromnetz auch bei einer Frequenz von 52 Hertz umschalten“, beschreibt Thomas Becker die Funktionsweise.

Damit kann er, wenn der Strom in der Batterie leer ist, wieder Energie aus dem Netz ziehen. Diese Situation kommt zwar nur selten vor, aber die Netzbetreiber wollten, dass diese Möglichkeit in die R20 mit aufgenommen wird.

www.atb-becker.com

PV Austria

Qualifikation für Handwerker organisiert

Alle Fragen rund um die neue Norm und die konkrete Installation von Speichern beantworten Thomas Becker von ATB Becker und Robert Fischer von Varta Storage auf den Praktikertagen am 13. Juni in Salzburg und am 24. Juni in St. Pölten. Diese vom Branchenverband PV Austria organisierten Weiterbildungsveranstaltungen richten sich an Solarteure und Elektroinstallateure, die Photovoltaikanlagen und Solarstromspeicher montieren. Hier bekommen sie geballtes Fachwissen und erfahren die neuesten Trends der Branche.

So stehen auf den diesjährigen Praktikertagen neben den Neuheiten bei der Speicherinstallation unter anderem die Möglichkeiten für den Handwerker auf dem Programm, über soziale Medien und andere digitale Wege mit dem Kunden in Kontakt zu kommen. Damit können die Handwerker den Vertrieb ihres Unternehmens stärken.

Nach der Installation ist für den Handwerker der Auftrag längst nicht beendet. Die Teilnehmer an den Praktikertagen erfahren, welche Aufgaben und Pflichten sie nicht nur bei der Errichtung der Anlage haben, sondern auch wie sie mit der Nachbetreuung und eventuellen Haftungen umgehen sollten und müssen.

Neben den Speichern steht aber auch die Photovoltaik auf dem Programm. So informieren der Photovoltaiksachverständige Erik Sehnal und Dieter Greger-Dutzi, Vertriebsmanager von Mair-Solarpower, detailliert über neue Normen, Lösungen und Anwendungen für die Photovoltaik. Parallel dazu haben die Teilnehmer die Möglichkeit, die neuesten Entwicklungen bei den Energiemanagementsystemen kennenzulernen. Hier geht es nicht nur um die effektivste Umsetzung und die Sicherheit solcher Systeme, sondern auch um die Abgrenzung zum Smart Home. Zu Beginn der Veranstaltungen informieren die Landesinnungen der Elektrotechniker die Teilnehmer über die Neuigkeiten in den jeweiligen Bundesländern.

www.pvaustria.at

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