Lithium-Eisenphosphat oder NMC. Welche verbauten Batteriezellen in Heimspeichern sind sicherer? Wichtig ist, dass das System den Sicherheitsleitfaden der Branche erfüllt. Der Kunde sollte sich um die Batteriezellen keinen Kopf machen müssen, sagt Thomas Timke von Solarwatt.
Würden Sie sich einen Speicher, der den Sicherheitsleitfaden erfüllt, in den Keller stellen?
Thomas Timke: Wenn das System in einem akkreditierten Labor getestet wurde, das sich an diese Prüfbestimmungen hält, kann ich klar mit ja antworten. Denn zum Sicherheitsleitfaden gehört bei korrekter Umsetzung auch der Prüfleitfaden. Aus diesem Grund kann der Endkunde sicher sein, dass zudem alle gesetzlichen Normen zum Transport und zum Recycling der Batterien erfüllt werden. Das gilt für jedes System, egal ob die Zellen aus Lithium- Eisenphosphat oder Nickel-Mangan-Cobalt, kurz NMC, oder weiteren Komponenten bestehen. Persönlich achte ich bei Käufen zusätzlich darauf, dass der Hersteller zur Produktsicherheit keine Aussagen trifft, die nicht untermauert sind. Dann müsste ich ja bewerten, ob das nur Slogans sind oder die tatsächlichen Meinungen der Entwickler.
Was muss passieren, wenn das Betriebsfenster einer Lithium-Ionen-Zelle verlassen wurde?
Wenn eines der Betriebsfenster auch nur ein einziges Mal verlassen wurde, gilt die Zelle als vorgeschädigt. Das ist die Besonderheit dieser Technologie und vergleichbar mit einer angeknacksten Windschutzscheibe. Die Vorschädigung bleibt beim weiteren Betrieb erhalten, sie ist irreparabel.
Was kann passieren, wenn so eine Batterie weiter eingesetzt wird?
Die Vorschädigung setzt sich weiter fort. Daraus erstehen unnötige Sicherheitsrisiken. Beispielsweise kann eine tiefentladene Zelle bei erneuter Ladung ausgasen und sich gegebenenfalls sogar entzünden. Genau deshalb untersagt der Sicherheitsleitfaden den Weiterbetrieb, und Heimspeicher können auch automatisch sofort abgeschaltet werden. Der Sicherheitsleitfaden fordert die Abschaltung bei Hausspeichern, eine konkrete Norm gibt es dazu bisher noch nicht. Unter anderem aus diesem Grund können Kunden bei Heimspeichern, die den Sicherheitsleitfaden erfüllen, davon ausgehen, dass sie sicher sind. Jede Zelle wird automatisch von einem Batteriemanagement überwacht.
Der Aufwand hält sich für den Betreiber also in Grenzen?
Genau, ein sicheres Batteriesystem ist keine Preisfrage, sondern eine des richtigen Know-hows. Der Hersteller muss die Zelle und die daraus entstehenden Anforderungen verstehen, der Endkunde muss sich darum keinen Kopf machen – und das will auch niemand. Nach einer Sicherheitsabschaltung kann nur Solarwatt den Speicher wieder in Betrieb nehmen. Das Gleiche gilt, wenn das System merkt, dass es nicht mehr richtig messen kann, weil beispielsweise Sensoren ausgefallen sind. Dann muss das System runterfahren, die Zelle darf nicht weiter be- oder entladen werden. Apropos: Genau diese fehlende Sperre führte dazu, dass einige No-Name-Pedelec- oder E-Bike-Batterien abgebrannt sind, wenn sie über lange Zeit nicht genutzt wurden, sich tiefenentladen haben und dann wieder geladen worden sind. Markenhersteller solcher Batterien berücksichtigen diese und andere Anforderungen, auch wenn sie nicht in Normen stehen.
Muss der Kunde die Reparatur oder den Tausch einer Zelle oder eines Moduls bezahlen?
Nein, so ein Fall liegt in der Verantwortung des Herstellers. Die Batterie muss sich selbst schützen, das kann nicht auf den Käufer abgewälzt werden. Das System schreibt intern alle Daten mit, so lässt sich ein Fehler im Nachhinein analysieren. Nur äußere Einflüsse wie bei einem Lagerbrand können wir nicht verantworten. Dadurch könnte sich die Batterie weiter erhitzen als erlaubt. Bei Solarwatt hat bisher noch keine Zelle in einem installierten System ihr Betriebsfenster verlassen.
In der Branche wird über die Lieferknappheit bei Lithium-Ionen-Zellen diskutiert. Merken Sie etwas davon?
Die Zellhersteller haben vor Jahren angekündigt, die Marktentwicklung erst mal zu sponsern. Ab 2018 wollen sie nun langsam Geld verdienen, da sich der Markt recht positiv entwickelt. Und das führt zu den aktuellen Fehlinterpretationen im Markt. Über bestimmte Rohstoffe wird immer diskutiert werden, sei es Lithium oder Grafite. Knappheit kann neben der Preisgestaltung natürlich ein Thema werden. Bei Arbeitsspeichern von PCs gab es vor Jahren dieselbe Diskussion um Engpässe. Die Systemhersteller kennen das Thema und sichern sich langfristig dagegen ab. Denn der Wechsel einer Zelle ist sehr aufwendig und kostspielig, weil alle Komponenten genau aufeinander abgestimmt sind und viele Tests wiederholt werden müssen.
Das Gespräch führte Niels H. Petersen.
Zu Thomas Timke: Er ist Experte für Batterieentwicklung und -normung. Von 2007 bis 2010 war er bei der Firma Li-Tec im Business Development und Projektmanagement tätig. Bis April 2013 war er Berater und Projektmanager bei SK aus Korea. Beide Unternehmen sind Hersteller von hochwertigen Lithium-Ionen-Zellen für automobile und stationäre Anwendungen. Anschließend war er im Forschungsbereich Competence E am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) insbesondere für Transport- und Betriebssicherheit elektrischer Stromspeicher zuständig. Seit September 2016 arbeitet er für die Firma Solarwatt.