Das erste Halbjahr 2016 ist fast vorüber. Wie hat sich der Markt für Ihr Unternehmen entwickelt?
Andreas Piepenbrink: Bis Ende Mai haben wir mehr als 1.000 Hauskraftwerke nach Plan verkauft. Der Absatz läuft aktuell sehr gut, zudem konnten wir neue Partner gewinnen. Zum Beispiel einen Verbund von elf Stadtwerken, die unsere Geräte übernehmen. Bis Jahresende werden wir 2.500 Stromspeicher absetzen.
Welche Trends sehen Sie bei den stationären Speichern? In welche Richtung marschieren Sie?
Wir konzentrieren uns auf unsere Trilink-Technologie. Uns geht es darum, die Menschen und Unternehmen möglichst unabhängig vom Stromnetz zu machen. Wir werden zur Intersolar einen Gewerbespeicher zeigen und werden das Thema Notstromfähigkeit und komplett unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) im netzgekoppelten Betrieb ausweiten.
Was bringt die Trilink-Technik?
Auf Inselbetrieb umschalten, wenn Sie wollen, auch komplett unterbrechungsfrei. Auch international und im Gewerbebereich werden immer mehr Kunden verstehen, dass ein dreiphasiges System mit Notstrom, USV und Elektromobilität für die eigene Unabhängigkeit sehr interessant ist. Es wird Hybridfahrzeuge als Notstromgeneratoren geben und Elektrofahrzeuge als mobile Heimspeicher.
Welche Umsätze erwarten Sie nach 2016?
Ich denke, 2017 können wir wie geplant 3.300 Geräte verkaufen, 2018 dann 4.000 Stück, plus die Einstiegsgeräte und Gewerbespeicher, die wir 2017 bringen.
Das scheinen sehr konservative Planungen zu sein ...
Sind es, denn wir planen bewusst konservativ. Niemand kann im Moment sagen, wo in Zukunft die echten Geschäftsfelder für stationäre Stromspeicher außerhalb der Solaranwendung liegen. Auch erwarte ich technische Fortschritte, die den Markt stark verändern werden. Mir ist wichtig, dass wir als Unternehmen nachhaltig und moderat wachsen, ohne unsere Strukturen zu überdehnen. Wir haben derzeit 50 Mitarbeiter, mit denen wir uns auf eine gesunde Vertriebsstruktur und mehr Funktionalität konzentrieren. Wir haben KNX und Modbus für unsere Speicher eingeführt, auch sind sie fürs Smart Grid vorbereitet, was die Stadtwerke und Energieversorger nutzen werden.
Welche technischen Sprünge erwarten Sie?
Im nächsten Jahr wird eine neue Generation von Lithiumzellen auf den Markt kommen, die speziell für Elektroautos entwickelt wurden, die sogenannte Generation III. Sie haben eine deutlich höhere Energiedichte und Lebensdauer, die Preise werden dramatisch sinken. Beispiele sind die neue JH3-Zelle von LG Chem bis 230 Wattstunden je Liter in 48-Volt-Variante oder die 21700 von Tesla bis 200 Wattstunden pro Liter. Damit werden am Markt Batteriemodule mit deutlich mehr als drei Kilowattstunden erhältlich sein, mit 4,6 Kilowattstunden oder 6,3 Kilowattstunden. Dadurch ändert sich das Sizing, das heißt es wird deutlich weniger Batteriemodule pro Anwendung geben und auch deutlich mehr Speicher pro Kunde möglich sein.
Wie sieht es mit der Lebensdauer aus?
Hersteller wie Samsung, LG Chem oder Panasonic beliefern die Autohersteller direkt. Sie haben extrem große Produktionskapazitäten aufgebaut. Das erlaubt es ihnen, die Lebensdauer der Batterien deutlich zu steigern, indem sie die nutzbare Speicherkapazität leicht zurücknehmen. Somit erhält der Kunde mindestens gleiche Lebensdauer wie bei der Eisenphosphat-Chemie und deutlich bessere Preise. Durch die geringere Belastung der Zelle ist auch die Degradation verbessert. Die Automobilzellen der neuesten Generation können 15 Jahre lang 80 Prozent halten. Es wird also tatsächlich so sein, dass die Automobilzellen ab 2017 in die stationären Speicher einfließen. Dazu müssen keine Autobatterien in den Keller, sondern die Zellen werden in 48-Volt-Module verpackt und wie bisher eigensicher mit eigenem Batteriemanagement zertifiziert geliefert.
Wie wird sich das in den Preisen niederschlagen?
Ich denke, die Einkaufspreise für die reine Batterie werden zwischen 30 und 50 Prozent sinken. Für einen Fünf-Kilowattstunden-Speicher wird man nur noch 1.600 bis 2.000 Euro im Handel zahlen, zumindest beim Einkauf der reinen Batteriemodule. Sicher wird diese Reduktion nicht in vollem Umfang beim Endkunden ankommen, denn wir müssen ja auch die Vertriebsstrukturen und den Service finanzieren. Aber für die Systemanbieter wird es schwer, weil der Preis für die Batteriemodule kaum noch eine Rolle spielen wird. Man wird für 5.000 oder 6.000 Euro ziemlich große Heimspeicher inklusive Wechselrichtertechnik bauen können. Allerdings bleiben die Vertriebskosten für diese Systeme hoch, weil qualifizierte Installateure eingebunden sind.
Wird sich das Geschäft für die Installateure ändern?
Für sie bleibt es lukrativ. Fallende Einkaufspreise für die Zellen und Batteriemodule bringen vor allem die Speicheranbieter in Bedrängnis. Zwischen 50 und 60 Prozent der Stromspeicher werden auch in Zukunft durch die regionalen Installateure angeschlossen. Stadtwerke und Energieversorger werden an Bedeutung gewinnen, obgleich sie im Moment kaum eine Rolle spielen. Auch der Handel wird eine Rolle spielen.
Wo sehen Sie künftige Geschäftsmodelle?
Wir haben das genau analysiert. Im Moment macht eigentlich nur der Eigenverbrauch Sinn. Direktstromlieferungen und Direktvermarktung sind unwirtschaftlich für Solarspeicher, da Netzentgelte und Umlagen gezahlt werden müssen. Das müsste sich ändern. Stromspeicher sind netzdienlich, das muss der Gesetzgeber honorieren. Im Markt für Regelenergie machen auch Heimspeicher Sinn, wenn der Messstellenbetrieb und die Hardware günstiger wären.
Wie wird sich der Markt generell entwickeln?
Ich denke, auch wenn der Markt für Elektrofahrzeuge im Moment noch sehr klein ist, wird er den Markt für stationäre Speicher um einige Größenordnungen überholen. Zurzeit ist der Markt für Heimspeicher nur rund 500 Millionen Euro groß. Allein der Markt für Stromspeicher in Hybridautos ist bereits zehnmal größer. Deshalb werden wir in den Hausspeichern künftig nur noch Zellen verwenden, die eigentlich für Elektroautos entwickelt wurden. Man passt lediglich die Leistungselektronik und die Steuerung an.
Welche Chancen sehen Sie in der Nachrüstung von Solargeneratoren mit Stromspeichern?
Demnächst bieten wir Stringspeicher speziell für die Nachrüstung von Anlagen. Das werden sehr kleine, private Anlagen sein, wie der Markt für Heimspeicher generell sehr kleinteilig ist. Nach unseren Schätzungen wird die Nachrüstung nur rund ein Zehntel des Marktvolumens bei den Speichern ausmachen. Dieses Segment darf man vorerst nicht überschätzen. Die Nachrüstung ab 2023 durch Anlagen, die aus dem EEG laufen, bewegt sich auf einem Niveau, das 20 bis 30 Prozent der Neuanlagen entspricht, also attraktiv ist. Allerdings werden wir noch etwas warten müssen.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Dr. Andreas Piepenbrink
ist Geschäftsführer von E3/DC. Nach dem Studium der Elektrotechnik und Promotion in Regelungstechnik hat er einige Jahre in Führungspositionen der Automobiltechnik gearbeitet, darunter fünf Jahre bei ZF Friedrichshafen als Leiter der Getriebehydraulik und vier Jahre bei Karmann als Bereichsleiter für Elektronik und Geschäftsführer für Engineering-Dienstleistungen. Sieben Jahre internationale Leitung und Produktentwicklung im Bereich Elektronik bei der Multitest GmbH in Rosenheim folgten. Ab 2010 hat er als CEO die E3/DC GmbH in Osnabrück aufgebaut.
E3/DC
Spannende Studie zum Markt für Stromspeicher vorgelegt
Die Firma E3/DC hat eine interessante Marktstudie zu den Aussichten im deutschen Speichermarkt erarbeitet. Die Studie wird auf der Intersolar in München vorgestellt. Ausgangspunkt sind Erfahrungen aus dem Solarmarkt und der regionalen Verteilung des Zubaus von Photovoltaiksystemen in Deutschland.
Derzeit ist der Zubau neuer Heimspeicher sehr stark mit der Photovoltaik verbunden. Mehr als 90 Prozent aller stationären Speicher werden mit einem Solargenerator verkauft, zumindest bis zehn Kilowatt Solarleistung.
Dagegen zeigt sich der Markt für die Nachrüstung von Photovoltaikanlagen (Retrofit) noch sehr klein. Erst wenn die Anlagen in nennenswerter Zahl aus der Einspeisevergütung durch das EEG fallen, könnte sich dieses Marktsegment entwickeln.
Das Retrofit von Bestandsgeneratoren ist immer mit der Nachrüstung geeigneter Wechselrichter (Hybridwechselrichter oder Batteriewechselrichter) verbunden, weil die älteren Geräte zur Netzeinspeisung für Eigenverbrauchsmodelle kaum geeignet sein dürften.
Anders im gewerblichen Bereich: Hier beginnt der Zubau erst. Allerdings sind steuerliche Abgaben hinderlich, sie erschweren die Wirtschaftlichkeit.
Im gewerblichen Speichersegment dürften die Chancen für die Nachrüstung höher liegen. Denn die ökonomischen Vorteile des Eigenverbrauchs machen sich für die Unternehmen unter Umständen schneller bezahlt als die Einspeisung und Vergütung im Stromnetz.
photovoltaik wird die neue Speicherstudie im Juliheft ausführlich vorstellen.