Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Markttrends

Schnelle und harte Auslese

Zehn Jahre sind schnell vergangen. Erstaunlich sind die schnellen Entwicklungsschritte, ja fast schon Sprünge, die die Speicherbranche auf der EES in den vergangenen Jahren absolviert hat. Sie ist ihren Kinderschuhen längst entwachsen. Die Stromspeicher der Anfangsjahre waren – man muss es so sagen – hässliche graue Kästen. Damals waren Zentralwechselrichter noch eher verbreitet und es gab noch nicht viele Speichersysteme auf dem Markt. Ganz anders als heute.

Mehr als 500.000 neue Heimspeicher

Die Anzahl der jährlich neu installierten Batteriespeicher steigt hierzulande in den letzten Jahren rasant. Ende 2023 waren schon mehr als 1,1 Millionen Batteriespeicher installiert. Fast 50 Prozent davon wurden im vergangenen Jahr montiert. Das Segment für Heimspeicher deckt eine Kapazität bis 30 Kilowattstunden ab, macht jedoch fast 83 Prozent der gesamten installierten Speicherkapazität in Deutschland aus. Das ermittelte eine aktuelle Kurzstudie des Fraunhofer ISE. Auf Großspeicher ab einer Megawattstunde Speicherkapazität entfallen demnach aber immerhin 13 Prozent.

Heimspeicher werden in Deutschland meist mit Solaranlagen installiert. Der boomende Markt hat viele Neulinge angezogen. Nach Experteneinschätzungen könnte noch in diesem Jahr die Marke von zwei Millionen Heimspeichern fallen. Jetzt, wo Lieferfähigkeit kein Kaufargument mehr ist, tun sich neue Hersteller im Markt zunehmend schwer. „Denn künftig wird großer Wert auf Service, Schulungen sowie Kundennähe, langfristige Investitionssicherheit und intelligentes Energiemanagement gelegt“, erklärt Franz-­Josef Feilmeier, Gründer und Geschäftsführer des Herstellers Fenecon.

Konsolidierungswelle rollt

Entsprechend rollt eine Konsolidierungswelle durch den Markt. „In Europa sehen wir nur die Spitze des Eisbergs. In China führen die niedrigen Preise zu massiven Verwerfungen. Viele Unternehmen und Investoren scheitern hier geht viel volkswirtschaftliches Kapital verloren“, resümiert Feilmeier.

Preislich liegen Heimspeicher zwischen 1.400 und 1.000 Euro pro Kilowattstunde, Gewerbespeicher dagegen nur bei rund der Hälfte (siehe Grafik). Das ergibt eine Marktanalyse von Jan Figgener vom ISEA-Institut an der RWTH Aachen. Ein weiterer Trend: Immer mehr Batteriehersteller bieten bereits die aktive Einbindung von dynamischen Strom­tari­fen an.

Die Schere zwischen Solarbatterien und zukunftsfähigen Speicher­lösungen gehe gerade weit auf, sagt Feilmeier. „Ich denke, dass die Marktbereinigung schnell und hart sein wird“, prognostiziert er. „Viele Neulinge verfügen über keine oder kaum Reserven. Konzerne aus anderen Branchen und Produkten werden sich aus dem Speichergeschäft zurückziehen.“ Er erwartet, dass im zweiten Halbjahr 2024 nur noch ein geringer Teil dieser Hersteller aktiv sein wird.

System muss zukunftsfähig sein

Die Erfolgsstrategie fürs Überleben heißt laut Feilmeier bis dahin: „Es muss sich beim Speicher um das Kernprodukt und den Kernmarkt handeln.“ ­Sollte es sich bei einem Heimspeicher im DACH-Raum um ein Nebenprodukt ­eines Herstellers oder einen Markt ohne klaren Fokus und ohne lokale Präsenz handeln, sei die Wahrscheinlichkeit höher, dass man den harten Wettkampf nicht überstehen werde.

Im Segment für Heimspeicher lernen die Hersteller gerade, dass sich Speicher im Laufe der Zeit weiterentwickeln und individualisieren müssen. Mit steigendem Verbrauch müssen daher auch die Solarstromanlagen sowie die Batteriekapazität mitwachsen.

Beim Gewerbespeicher war das schon ­immer so. „Da wäre es geradezu undenkbar, einen Speicher mit einem Energie­management für 20 Jahre lang unverändert zu planen“, beschreibt Feil­meier. Das verpflichtet den Hersteller, nicht nur einmal zum Kaufzeitpunkt ein funktionierendes und billiges System zu liefern. Das System muss zukunftsfähig sein.

Habeck arbeitet an Speicherstrategie

Auch Robert Habeck ist die Bedeutung des Speicherausbaus für eine erfolgreiche Energiewende bekannt. Sein Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) hat deshalb auf den positiven Trend mit einer eigenen Stromspeicherstrategie reagiert. In dem 22 Seiten umfassenden Entwurf vermisst der Branchenverband BSW-Solar jedoch konkrete Ziele und Leitplanken für einen zügigen Speicherausbau. Das Papier will offenbar erst einmal eine Debatte mit den Beteiligten anstoßen.

Der Entwurf des Ministers stecke den Rahmen ab und fokussiere sich auf richtige Themen. Er nennt zum Beispiel den Hochlauf von Batteriespeichern als zentrale Bedingung für die Netzintegration erneuerbarer Energien. Auch eine Reform des regulatorischen Rahmens wird als überfällig bezeichnet. „Was noch fehlt, sind jedoch konkrete Ziele und Wegweiser für den Speicherausbau, für wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle und einen netzdienlichen Speicherbetrieb“, mahnt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Heimspeicher stellen zusammen die größte Kapazität.

Foto: Fraunhofer ISE

Heimspeicher stellen zusammen die größte Kapazität.

Speichergrößen separat betrachten

„Der Bericht beschreibt den aktuellen Stand des Speichermarktes und Rechtsrahmens, benennt eine Reihe von Markthindernissen und listet eher punktuell Maßnahmen und Handlungsfelder zu deren Verringerung auf“, ­resümiert der BSW-Chef. Nur ansatzweise sei vom BMWK herausgearbeitet worden, welche Funktionen Speicher im Stromsystem der Zukunft konkret über­nehmen sollen.

Auch fehlt zudem nach Ansicht des BSW-Solar eine differenzierte Betrachtung verschiedener Marktsegmente beispielsweise von Heimspeichern, Gewerbe- und Industriespeichern sowie Netzspeichern und erzeugungsnahen Großspeichern in Solar- und Windparks. Der BSW appelliert an das Ministerium, im Rahmen der Speicherstrategie Wege zur Mobilisierung des gewaltigen Zukunftspotenzials mobiler Speicher der E-Autoflotte für den Ausgleich der fluktuierenden Ökoenergie zu beschreiben.

Auf einen Blick: Preise für fertige ­Speichersysteme in ­verschiedenen ­Anwendungen.

Foto: ISEA, RWTH Aachen

Auf einen Blick:
Preise für fertige ­Speichersysteme in ­verschiedenen ­Anwendungen.

Netzentgeltbefreiung verlängert

Immerhin habe das Bundeswirtschaftsministerium eine Fristverlängerung bei der Netzentgeltbefreiung umgesetzt, betont BDEW-Chefin Kerstin ­Andreae. So wird sichergestellt, dass nur beim finalen Letztverbraucher alle Abgaben und Umlagen in gesetzlicher Höhe geleistet werden und nicht bei der Zwischenspeicherung. „Wichtig ist, dass die Bundesnetzagentur diese Regelung nun noch entfristet und technologieoffen gestaltet, um Rechts- und damit Investitionssicherheit zu schaffen“, betont Andreae.

Sinnvoll sei auch, dass die Bundesnetzagentur die Gewährung von Baukostenzuschüssen prüft. „Hier gilt es, eine Systematik zu entwickeln, mit der Baukostenzuschüsse eine netzdienliche Lenkungswirkung entfalten und Speicher insbesondere an Orten gebaut und so betrieben werden, dass sie das Stromnetz bestmöglich entlasten“, erklärt die BDEW-Chefin.

Begriffsdefinition noch nicht erfüllt

Kritisch sieht der BDEW jedoch, dass aus Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums die europäische Vorgabe zur Begriffsdefinition von Speichern bereits erfüllt sei. Zentral sei, dass nicht nur die Speicheranlage selbst, sondern auch der Prozess der Energiespeicherung in nationalem Recht noch definiert werden muss. Denn Verbandschefin Andreae weiß: „Nur so lässt sich der Vorgang der Stromspeicherung rechtlich sauber von Erzeugung und Verbrauch abgrenzen, was für das Thema von Abgaben und Umlagen wichtig ist.“

Stromspeicher­systeme 2023 am Messestand des Fachhändlers Krannich Solar.

Foto: Heiko Schwarzburger

Stromspeicher­systeme 2023 am Messestand des Fachhändlers Krannich Solar.

Sigenergy

Batteriespeicher brauchen bessere ­Sicherheitsstandards

In letzter Zeit gab es einige Brände und Explosionen im Zusammenhang mit Batteriespeichern. Der Hersteller Sigenergy nimmt dies zum Anlass, um auf verbesserte Sicherheitsstandards für Installationen hinzuweisen. Denn trotz eines relativ geringen realen Brand­risikos halten Sicherheitsbedenken Kunden in vielen Ländern von ­einer Installation ab.

Der Report „Energy Storage Battery Safety in Residential Applications“ von The Energy beleuchtet den aktuellen Stand der Sicherheit von Batteriespeichern sowie Optionen zur Risikominderung. Sigenergy hat den Report in Auftrag gegeben. Das Papier nennt zudem Maßnahmen, um die Batteriesicherheit und das Vertrauen potenzieller Speicherkunden zu verbessern.

Die Experten stellen eine Diskrepanz zwischen Kostenoptimierung und Batteriesicherheit bei einer Vielzahl von Herstellern fest. Normen und Zertifizierungen setzen zwar Marktstandards, decken aber oft nicht die wichtigsten Sicherheitsbedenken von Privatkunden ab. Es sei jedoch wichtig, über die gesetzlichen Anforderungen hinaus ­zusätzliche Sicherheitskonzepte umzusetzen. Um Installateure und potenzielle Speicherkunden in die Lage zu versetzen, fundierte Entscheidungen zu treffen, zeigt der Report einen detaillierten Vergleich von Energiespeicherlösungen auf der Grundlage ihrer Sicherheitsmerkmale. Demnach seien viele Kunden bereit, für über Marktstandards hinausgehende Sicherheitsmaßnahmen mehr zu zahlen.

Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES)

Branche verbucht Rekordwachstum

Im vergangenen Jahr haben die Speicherhersteller in Deutschland ­einen Umsatz von 15,7 Milliarden Euro eingefahren. Wobei die Summe sowohl für Wärme- als auch für Strom- und Wasserstoffspeicher gilt. Der Anteil der Stromspeicher liegt bei 6,125 Milliarden Euro – auch das ist ein neuer Rekord. Denn gegenüber 2022 sind die Investitionen in Strom- und Wärme­speicher um 46 Prozent gestiegen, teilt der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) mit.

Der Verband schätzt, dass in diesem Jahr 36 Prozent mehr als 2023 in Speicher investiert werden. Demnach könnten 21,4 Milliarden Euro ­verdient werden. „Die sehr positive Entwicklung im Jahr 2023 zeigt, dass die Bedeutung von Energiespeichersystemen für ein stabiles und kosten­effizientes Energiesystem stark zunimmt“, sagt BVES-Geschäftsführer Urban Windelen. Die Branche bedient mittlerweile die verschiedenen Märkte in der ­gesamten Breite an Anwendungen in allen drei Sektoren Strom, Wärme und Mobilität. „Gleichzeitig bringt sie gerade im Industriesegment nicht die Kraft auf die Straße, die möglich wäre, sondern wird weiterhin politisch und regulatorisch ausgebremst“, kritisiert Windelen.

Die Privathaushalte sind dabei weiter der Haupttreiber des Zubaus. Auf dieses Segment entfielen im vergangenen Jahr 11,1 Milliarden Euro der gesamten Investitionen. Wobei hier der Anteil der Stromspeicher weitaus geringer ist. Dieser liegt bei 3,8 Milliarden Euro, ist damit aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie die Investitionen in Batteriespeicher der Industrie- und Gewerbebetriebe, die bei 1,4 Milliarden Euro ­lagen. In Großspeicherprojekte flossen sogar nur 952 Millionen Euro.

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ PV E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus PV: Sonderhefte (PDF)
+ Weiterbildungsdatenbank mit Rabatten
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
+ Adresseintrag im jährlichen Ratgeber
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen