Beispiele für Speichersysteme in gewerblichen Betrieben sind noch immer selten. In den kommenden Ausgaben der photovoltaik stellen wir interessante Pionierprojekte vor. Den Anfang machen wir mit einem Restaurant in Magdeburg und einem Hotel im oberbayerischen Schönau am Königssee. Die Besitzer gehören zu den wenigen Vorreitern in einem aufstrebenden Speichermarkt. Für sie ist unter anderem ausschlaggebend, sich mit den Solarspeichersystemen von künftigen Strompreissteigerungen unabhängiger machen zu können.
Beispiel I: Restaurant Seeblick
Das Restaurant Seeblick am Neustädter See in Magdeburg bietet Platz für etwa 110 Gäste. In der angeschlossenen Bowlingbahn müssen weitere Verbraucher mit Strom versorgt werden. Zusammen kommen Restaurant und Bowlingbahn im Jahresverlauf auf einen Stromverbrauch von etwa 120.000 Kilowattstunden, erklärt Mathias Hammer, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung bei der Firma Deutsche Energieversorgung aus Leipzig. Das Unternehmen stellt unter dem Markennamen SENEC.IES eigene Speichlösungen her und ist insbesondere auf deren Kombination mit Photovoltaikanlagen spezialisiert. Beim Restaurant Seeblick wird nun die bereits seit November 2011 bestehende Solaranlage mit etwa 120 Kilowatt Nennleistung um ein Speichersystem erweitert. Kleinere Home-Speicher hat das Unternehmen nach eigener Aussage schon ungefähr 500 verkauft und verbaut, ein Speicher dieser Größe für einen Gastronomiebetrieb ist aber auch für die Deutsche Energieversorgung etwas Neues.
Die Solaranlage auf dem Dach des Restaurants ist dabei ein gewisser Sonderfall. Da sie im Jahr 2011 in Betrieb gegangen ist, wird der Stromanteil, den der Betreiber selbst verbraucht, gemäß den damaligen Bestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zu einem festen Betrag vergütet. Gleiches gilt auch für den Solarstrom, der zunächst zwischengespeichert und erst später verbraucht wird. „Daher ist das Ganze wirtschaftlich ziemlich gut darstellbar“, sagt Hammer.
Verbrauch bestimmen
Um das Gesamtsystem von Photovoltaikanlage und Stromspeicher gut aufeinander abzustimmen, hat die Deutsche Energieversorgung zunächst den Stromverbrauch des Restaurants Seeblick genau unter die Lupe genommen. Etwa 65 bis 70 Prozent des Stroms wird tagsüber verbraucht, 30 bis 35 Prozent nachts. Da Restaurant und Bowlingbahn sieben Tage die Woche geöffnet sind, ist auch der Strombedarf im Laufe der Woche ziemlich gleichmäßig. „Samstags und sonntags ist der Verbrauch ein bisschen höher, weil auch mehr Gäste da sind“, sagt Hammer. Besonders groß sei der Unterschied dadurch aber nicht. „Die Lampe am Empfang leuchtet immer, egal wie viele Gäste da sind. Und das gilt auch für viele andere Verbraucher.“ Das Speichersystem für das Restaurant hat die Firma Deutsche Energieversorgung selbst entwickelt. Es basiert auf einer Bleibatterie mit einer nutzbaren Speicherkapazität von rund 120 Kilowattstunden. Hammer rechnet damit, dass der Strom aus dem Speicher überwiegend nachts gebraucht wird. Tagsüber werde der Strom der Photovoltaikanlage meist direkt verbraucht, ohne dass eine Zwischenspeicherung nötig ist. Dies gilt auch für die Wintermonate, in denen ohnehin weniger Licht auf die Photovoltaikanlage fällt.
Bei der Integration in das Hausnetz haben sich die Planer bewusst für einen Anschluss an den Wechselstromkreis entschieden, also für eine sogenannte AC-Kopplung. Laut Hammer ist dies vor allem für die Pflege des Bleiakkus von Vorteil. „Man sollte solche Akkus nicht zu lange in entladenem Zustand stehen lassen. Dann ist der Akku schnell kaputt oder er verliert zumindest stark an Kapazität.“ Dieses Problem kann zum Beispiel auftreten, wenn die Solarmodule im Winter mit Schnee bedeckt werden und kurz vorher der Akku entladen wurde. Um dann die Lebensdauer der Batterie nicht zu reduzieren, muss der Akku in einem solchen Fall mit Netzstrom geladen werden. „Das ist mit einer AC-Kopplung wesentlich leichter“, sagt Hammer.
Völlig auf die Netzeinspeisung verzichten kann der Restaurantinhaber auch trotz des Speichersystems nicht. Die Photovoltaikanlage erzeugt im Jahresverlauf fast genauso viel Strom, wie das Restaurant im selben Zeitraum verbraucht. Der Eigenverbrauch liegt auch ohne Speichersystem schon bei fast 60 Prozent. Hammer geht davon aus, dass der Speicher die Eigenverbrauchsquote noch mal um 30 Prozent anheben kann und somit einen Wert von etwa 90 Prozent erreicht. Dann müssten nur noch 10 Prozent des erzeugten Stroms eingespeist werden. Vor allem im Winter muss außerdem noch Strom vom Energieversorger zugekauft werden. „Wir rechnen da ungefähr mit 12.000 Kilowattstunden“, sagt Hammer. „Bei einem Gesamtverbrauch von 120.000 Kilowattstunden erreicht man dann einen Autarkiegrad von ungefähr 90 Prozent.“
Beispiel II: Hotel Königsseer Hof
Das Hotel Königsseer Hof liegt am beschaulichen Königssee am Rande des Nationalparks Berchtesgaden im äußersten Südosten Oberbayerns. Im Sommer kommen die Touristen zum Wandern und Paddeln hierher, im Winter zum Rodeln und Skifahren. In sieben Doppelzimmern, einer Suite und einem Apartment müssen insgesamt bis zu 20 Personen mit Strom versorgt werden. Um sich von zukünftigen Strompreiserhöhungen unabhängig zu machen, hat sich der Hotelinhaber Walter Friedl dazu entschieden, eine 30-Kilowatt-Solaranlage auf dem Hoteldach zu installieren und gleich einen zusätzlichen Stromspeicher in den Keller zu stellen.
Friedl hat diesen Schritt gewagt, weil er gerne etwas für die Umwelt tut, der Atomkraft kritisch gegenübersteht und schon gute Erfahrungen mit der Photovoltaik gesammelt hat. Auf dem Firmendach seines Unternehmens für Werkzeugbau und Stanztechnik betreibt er seit sieben Jahren eine 500-Kilowatt-Anlage. Das Hotel mit der neuen 30-Kilowatt-Anlage betrachtet er eher als Hobby. Die Investition in das Speichersystem verteidigt er gerne gegen Kritiker. „Viele haben mir gesagt, ich würde spinnen. Da müsse man noch warten. Die Technik sei noch nicht ausgereift“, erzählt Friedl. Auf solche Einwände gibt er allerdings nicht viel: „Das Auto ist auch noch nicht zu Ende entwickelt und die Leute fahren trotzdem schon damit rum.“ Ob er am Ende Geld mit der Kombination aus Photovoltaikanlage und Speichersystem verdient, ist ihm gar nicht so wichtig. Er freut sich, bei „einer guten Sache“ Vorreiter sein zu können und die Technik voranzubringen. „Das Schöne ist, ich muss deswegen mit niemandem diskutieren. Ich mache es einfach“, sagt er.
Neuland betreten
Klaus Anton Danner ist mit seinem Unternehmen für die Installation des Systems im Hotel Königsseer Hof verantwortlich. Solaranlagen hat er schon viele gebaut, aber was Speichersysteme angeht, betritt auch er mit diesem Projekt Neuland. „Wir müssen uns mit der Technik erst noch ein bisschen vertraut machen“, sagt Danner. Zusammen mit dem Systemanbieter Donauer hat er die einzelnen Komponenten zusammengestellt. 130 Solarmodule von Eging mit insgesamt etwas über 30 Kilowatt Nennleistung, drei Power Router von Donauer für das Speichersystem mit jeweils 5,5 Kilowatt Leistung und einen zusätzlichen Wechselrichter von Power-One mit 12,5 Kilowatt. Dazu 24 Blei-Gel-Batterien von Hoppecke mit einer nutzbaren Gesamtspeicherkapazität von 18 Kilowattstunden.
Der Stromverbrauch des Hotels beträgt pro Jahr ungefähr 60.000 Kilowattstunden. Die 30-Kilowatt-Solaranlage auf dem Dach liefert am Standort Königssee etwa 30.000 Kilowattstunden. Im Wochenverlauf ist der Stromverbrauch des Hotels zwar relativ gleichmäßig verteilt, aber gerade im Winter, wenn weniger Sonne scheint oder die Module sogar von Schnee bedeckt sind, muss mehr Strom zugekauft werden. Danner rechnet damit, dass Hotelinhaber Friedl mit gutem Energiemanagement einen Autarkiegrad von ungefähr 45 Prozent erreichen kann. Da das Hotel aber mehr Strom verbraucht, als die Solaranlage im Jahr produziert, sollte die Eigenverbrauchsquote relativ hoch liegen. Ungefähr bei 80 Prozent, schätzt Danner. Vielleicht auch noch ein bisschen mehr.