Die Berliner Firma Younicos und der koreanische Batteriehersteller Samsung SDI haben einen wichtigen Durchbruch in der Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzielt. Die Unternehmen stellten in Berlin einen Großspeicher her, mit dem Stadtwerke und kommunale Versorger künftig in den Stromhandel und die Netzsteuerung eingreifen können. Der Speicher besteht aus Lithium-Ionen-Zellen von Samsung. Er leistet zehn Megawatt, seine Speicherkapazität liegt bei zehn Megawattstunden. Der Preis liegt bei 15 Millionen Euro. Anstatt in neue Kohlekraftwerke zu investieren, können beispielsweise die Stadtwerke damit Stromüberschüsse in die verbrauchsstarken Stunden verschieben.
20 Jahre Garantie
„Seit 2007 haben wir alle industriell verfügbaren Lithium-Zellen getestet. Samsung bietet die wirtschaftlich am besten geeignete Technologie um kurzfristige Schwankungen im Netz auszugleichen“, erläutert Clemens Triebel, Gründer und Sprecher des Vorstands von Younicos. „Mit der 20-jährigen Garantie von Samsung setzen wir einen neuen Standard in diesem sich schnell entwickelnden Markt. Unsere Batterieparks erbringen wichtige Systemdienstleistungen schneller, effizienter und günstiger als konventionelle fossile Kraftwerke. Das ist die Voraussetzung, um Kohle- und andere thermische Kraftwerke ausschalten zu können, wenn genug Wind- und Sonnenenergie vorhanden ist.“
Bei diesem Preis ist es für Stadtwerke viel lukrativer, in die Batterien zu investieren, als in eigene Kraftwerke. Das Investitionsrisiko, das sich aus dem volatilen Strommarkt und den Kosten für fossile Brennstoffe ergibt, wird dadurch erheblich verringert. Younicos und Samsung wollen ihren ersten Aufschlag nun in einer langfristigen Partnerschaft vertiefen, um die Großspeicher möglichst schnell in den Markt zu bringen. Denn ihnen kommt eine Schlüsselrolle bei der Vollversorgung aus Windkraft und Sonnenenergie. Samsung wird die Leistung der verwendeten Zellen 20 Jahre garantieren. Die Autoindustrie gibt bei vergleichbaren Batterien bislang nur sieben Jahre Garantie.
50 Schränke für zehn Megawatt
Der Großspeicher besteht aus unzähligen Racks, die in mehreren Blöcken zusammengefasst werden. In jedem Rack stecken 16 Einzelzellen aus Lithium-Eisenposphat, jeder Batterieschrank leistet 200 Kilowatt. Für den Zehn-Megawatt-Speicher braucht man 50 Schränke, das entspricht etwa einer Turnhalle. Der Speicher wird anschlussfertig mit Leistungselektronik, Lademanagement und Anschlusstechnik für das Stromnetz geliefert. „Mit unserer Partnerschaft können wir unseren Kunden auf ihre jeweiligen Anforderungen zugeschnittene Lösungen anbieten“, stellt Y. C. Yoon in Aussicht, Chef der Sparte Energielösungen bei Samsung SDI. „Gemeinsam können wir auf signifikante Erfahrungen und Fähigkeiten im Bereich von Lithium-Ionen-Batterien und Systemintegration zurückgreifen.“
Die schlüsselfertigen Batterieparks werden innerhalb von zwölf Monaten errichtet. Sie stellen sämtliche Systemdienstleistungen wie Frequenzregelung, Spannungshaltung, Schwarzstartfähigkeit und Kurzschlussleistung bereit. Sie sind eine ideale Ergänzung zum Netzausbau und helfen die hierfür nötigen Investitionen deutlich zu senken.
Großbatterie zur Frequenzregelung
Younicos betreibt seit Dezember 2012 bereits das europaweit erste Großbatteriesystem mit einem Megawatt Leistung, um damit Primärregelenergie für den regionalen Versorger Vattenfall zu liefern. Diese Batterie besteht aus Natrium und Schwefel. Sie steht in der Versuchshalle von Younicos im Berliner Stadtteil Adlershof. Die Batterie gleicht Netzschwankungen aus, indem sie Strom aus dem Berliner Netz entnimmt oder einspeist. Auf diese Weise will Vattenfall die Netzfrequenz von 50 Hertz ohne so genannte „Must-Run Units“ regeln. Das sind fossile oder nukleare Kraftwerke, die im Teillastbetrieb laufen, um schnell zusätzliche Leistungsreserven verfügbar zu machen.
Wachsender Markt für Primärregelleistung
Obwohl sie kaum benötigt werden, verstopfen sie die Leitungen und laufen mit unwirtschaftlicher Auslastung. „Der Einsatz von Batterien am Primärregelleistungsmarkt entlastet die Netze, schafft mehr Platz für erneuerbare Energien – und ermöglicht ganz neue Geschäftsmodelle“, meint Clemens Triebel von Younicos. Alfred Hoffmann, bei Vattenfall für den Bereich Asset Optimisation Continental verantwortlich, sagt: „Großbatterien ergänzen die bisherige Erzeugung. Vattenfall arbeitet daran, weitere, noch größere Batterien in die Steuerung seines Kraftwerksparks einzubinden und zu betreiben.“
Die Großbatterie kann innerhalb von 200 Millisekunden auf Netzstörungen oder Frequenzabweichungen reagieren. Konventionelle Kraftwerke brauchen dafür bis zu 30 Sekunden. Dadurch reagiert die Batterie viel schneller und effizienter reagiert. Vattenfall vermarktet die Batterie im Pool mit anderen Erzeugungseinheiten am Markt für Primärregelleistung. Das Unternehmen garantiert auch dann die Bereitstellung der Leistung, wenn die Einheit beispielsweise aufgrund von Wartungsarbeiten nicht zur Verfügung steht. (Heiko Schwarzburger)