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Der Kühlbedarf steigt

Die Eigenversorgung von privaten, gewerblichen, kommunalen oder industriellen Nichtwohngebäuden ist viel komplexer und differenzierter als bei Wohngebäuden. Allein der Begriff „Nichtwohngebäude“ bezeichnet ungleich mehr Gebäudearten. Bauformen und Bauarten sind vielfältig und sehr verschieden, da sie architektonisch den Zweckbauten zuzuordnen sind. Aber in ihrer Nutzung unterscheiden sich Nichtwohngebäude von den Wohngebäuden mitunter sehr stark. Eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale ist die Belegung und Auslastung der Räume und Gebäude durch Personen. In der Regel halten sich Menschen nur tagsüber in Nichtwohngebäuden auf.

Nicht zu vergessen sind die Mischgebäude, die einen nicht unerheblichen Anteil der Neubauten und des Bestandes ausmachen. Als Mischgebäude gelten Gebäude mit mehreren Wohneinheiten, in denen sich auch Gewerbeeinheiten befinden – meist im Erdgeschoss. Die Trennung erfolgt oft lediglich in den Stockwerken (Ebenen) und separaten Zugängen.

An diesen Beispielen und ihrer Vielzahl ist bereits zu erkennen, dass die Grenze in der Praxis fließend ist. Ein weiterer Unterschied zu Wohngebäuden, oder besser gesagt Wohneinheiten, ist die spezifische Nutzung. So unterschiedlich sie auch sein mag, in einem ist sie bei Nichtwohngebäuden stets gleich: Die Nutzung dient nicht Wohnzwecken. Somit spielt der hochentwickelte Wohnkomfort keine Rolle. Das soll aber nicht bedeuten, dass die Anforderungen hinsichtlich der Sicherheit und Betriebsfunktion gebäudetechnischer Ausstattung geringer sind. Als Beispiel mag ein Rechenzentrum gelten, wo der Ausfall der Kühlfunktionen schnell wirtschaftliche Schäden herbeiführen kann.

Genau differenzieren

Dementsprechend gilt es ebenso, in Wohneinheiten und Gewerbeeinheiten zu differenzieren, um den Mischgebäuden gerecht zu werden, falls sich beide Nutzungseinheiten in einem Gebäude befinden.

Die Nutzung entscheidet über die elektrischen und thermischen Anforderungen im Gebäude. Befinden sich ausschließlich Menschen in diesem Gebäude oder auch Maschinen oder Fabrikprozesse? Maschinen gibt es heutzutage überall, eingeschlossen die Computer und Drucker, doch in Nichtwohngebäuden ist die Anzahl und Last sehr unterschiedlich. In diesem Artikel geht es um Nichtwohngebäude, wie sie oft in Gewerbegebieten am Rand von Städten und Dörfern existieren. Bauten für die Industrie und Sonderzwecke haben eigene Anforderungen, die hier nicht betrachtet werden. Häufige Nichtwohngebäude sind Büroräume und Verwaltungsgebäude. Das Spektrum reicht von kleinen Einzelbüros bis zu Großraumbüros oder Kommunikationszentren.

Die Arbeitsplätze sind mit einer Grundausstattung versehen, die elektrische Energie benötigt. Das sind in erster Linie: Rechner, Bildschirme und die Beleuchtungstechnik für jeden Arbeitsplatz. Diese Lasten multiplizieren sich mit der Anzahl der Mitarbeiter in einer Büroeinheit. Dazu kommen Drucker, Kopierer, Telefone und Kommunikationsanlagen als zusätzliche Lasten.

Abwärme der Geräte beachten

Eine Konsequenz aus der hohen Anzahl elektrischer Verbraucher ist die Abwärme aus den Geräten. Während der Heizperiode ist sie als interner Gewinn positiv zu bewerten. Im Sommer erfordert sie aber nicht selten eine zusätzliche Kühllast, um die Raumluftqualität der Mitarbeiter erträglich zu machen. Also kommt Raumlufttechnik dazu, auch schon bei kleinen Büroeinheiten. Besonders in Großraumbüros wird die Lüftungsanlage nicht selten zur komplexen Klimaanlage ausgebaut, die nicht nur die Lufterneuerung realisiert, sondern ebenfalls die in den Raum geführte Zuluft thermisch behandelt und die Luftfeuchte reguliert.

Gemäß Arbeitsstättenrichtlinie und DIN EN 13779 zur „Lüftung von Nichtwohngebäuden“ ist pro Person von einem stündlichen Mindestluftwechsel von 40 Kubikmetern auszugehen. Dies verlangt eine umfangreiche raumlufttechnische Ausstattung, da bei einer Mitarbeiterzahl von zehn Personen schon mindestens 400 Kubikmeter pro Stunde benötigt werden. Das kann eine herkömmliche Wohnungslüftungsanlage kaum leisten.

Ähnliche Anforderungen bei Schulen

Die Beleuchtungstechnik macht einen weiteren großen Teil der benötigten elektrischen Energie aus. Trotz energiesparender Beleuchtungstechnik ist es auch hier die Summe, die letztendlich für das Lastprofil entscheidend ist. Ein wesentlicher Vorteil – trotz aller Lasten – ist bei Büro- und Verwaltungsgebäuden (und vielen anderen Nichtwohngebäuden), dass diese Anforderungen lediglich tagsüber zwischen 7 und 18 Uhr anstehen.

Bei Schulen bestehen ähnliche Lastanforderungen. Auch wenn (noch nicht) jeder Schüler über einen eigenen Rechner verfügt, ist die Zahl der Personen innerhalb eines Raumes für die Dimensionierung der Raumlufttechnik und der Beleuchtung entscheidend.

Neben der winterlichen Heizlast entwickelt sich die sommerliche Kühllast zum zentralen Energiebedarf in Nichtwohngebäuden. Thermisch gesehen, sind Kühlung und Heizwärme eng verwandt. Die Kühllast ergibt sich aus dem Standort, der Bauweise, der energetischen Qualität (des sommerlichen Hitzeschutzes) der thermischen Hülle und aus inneren Wärmelasten durch Maschinen und Menschen. Während die Wärmeleistung des Menschen bei normaler Schreibtischarbeit etwa 80 Watt erreicht, gelten bei Maschinen deren konkrete Leistungsdaten und Betriebsstunden pro Arbeitstag. Außerdem kann man davon ausgehen, dass nicht nur die Arbeitsgeräte wie PCs im Dauerbetrieb laufen, sondern auch andere Geräte, wie Kaffeeautomaten oder Vorrichtungen mit Standby-Funktionen.

Es ist davon auszugehen, dass bei Nichtwohngebäuden die Kühllast einen zentralen Bedarf ausmacht und sich für die Photovoltaik sehr günstig anbietet, da Lasten und Erträge in den Sommermonaten anfallen. In manchen Gebäuden bestehen darüber hinaus zusätzliche Kältelasten, zum Beispiel zur Bevorratung von frischen Lebensmitteln und tiefgefrorenen Produkten.

Praxisbeispiel: Großraumbüro

Bei folgendem Beispiel handelt es sich um ein Großraumbüro auf einer Fläche von etwa 500 Quadratmetern für insgesamt 40 Mitarbeiter. Das Gebäude wurde 2011 baulich und energetisch saniert. Bei den Planungen stellte sich heraus, dass aufgrund der Bauart und der Ausrichtung ein sehr hoher Energieaufwand für die Kühlung der Büroräume notwendig wird. Die gesamte Kühllast beträgt 35.846 Watt. Sie ist deutlich höher als die Heizlast mit 30.890 Watt. Bezogen ist diese Kühllast auf den heißesten Tag im Sommer (33 Grad Celsius), an dem die Räume nicht wärmer als 26 Grad Celsius sein dürfen.

Wesentlicher Unterschied zur Heizlast ist, dass die Abwärme der Bürogeräte als Last zu bewerten ist. Während der Heizperiode wirken sie als interne Wärmegewinne und unterstützen die Heizung. Das Verhältnis beider Lasten lautet: Kühllast 71,37 Watt je Quadratmeter und Heizlast 61,38 Watt je Quadratmeter. Die Kühllast ist energetisch gesehen, die größere Herausforderung.

Der größte Raum in dieser Büroeinheit hat eine Grundfläche von 145 Quadratmetern, er nimmt fast ein Drittel der gesamten Nutzfläche ein. Bezogen auf 15 Arbeitsplätze ergibt sich in diesem Großraumbüro eine Kühllast von mehr als 10.000 Watt. Dabei entfallen auf die Maschinenwärme fast 5.500 Watt. Für die Beleuchtungstechnik ergeben sich rund 1.500 Watt. Um eine Luftwechselrate von 1,44 zu erreichen, wird ein Luft-Volumenstrom von 630 Kubikmetern pro Stunde benötigt.

Er wird über ein ventilatorbetriebenes Lüftungssystem sichergestellt. Diese Wärmegewinne ergeben in Summe etwa 7.000 Watt an Kühllast, das sind deutlich mehr als zwei Drittel der gesamten Kühllast. Die restlichen 3.000 Watt für eine Kühlung auf 26 Grad Celsius im Auslegungsfall (33 Grad Celsius) ergeben sich aus der Sonneneinstrahlwirkung auf das Gebäude sowie die Wärmeabgabe der Mitarbeiter.

Praxisbeispiel: mittlere Büroeinheit

Ein anderes Beispiel ist eine mittlere Büroeinheit mit rund 120 Quadratmetern für acht Mitarbeiter. Es wurde baulich und energetisch saniert, die Büroeinheit als Neubau aufgestockt. Im Erdgeschoss befinden sich ein Beratungszentrum und eine Musterwohnung. Die Heizlast beträgt für diese Büroeinheit 3.192,17 Watt und die Kühllast etwa 2.568,33 Watt. Das Verhältnis beider Lasten lautet: Kühllast 21,42 Watt pro Quadratmeter und Heizlast 26,47 Watt pro Quadratmeter. Dieses Büro unterscheidet sich nicht nur in der Größe und den Lastdifferenzen, sondern auch in der Bauart und Ausstattung mit Technik vom Großraumbüro. Dennoch sind beide Büroeinheiten sehr gut vergleichbar, sowohl von den Klimadaten (außer Außentemperatur) als auch von der Bauart. Bei beiden Gebäuden gibt es ein direkt darüber liegendes Flachdach mit der entsprechenden Fläche zum Grundriss.

Während im ersten Beispiel eine gewöhnliche Dachdeckung zur Ausführung kam, wird auf dem zweiten Gebäude ein Gründach hergestellt. Diese Konstruktion unterstützt nicht nur den sommerlichen Hitzeschutz, sondern kühlt auch die Photovoltaikmodule. Dadurch erhöhen sich die sommerlichen Erträge.

Die Trinkwassererwärmung erfolgt in beiden Gebäuden dezentral elektrisch mittels moderner Mini-Durchlauferhitzer an den Waschtischen für Mitarbeiter und Besucher. Außer in den Toiletten und Teeküchen/Kantinen besteht in der Regel bei Bürogebäuden kein nennenswerter Warmwasserbedarf hinsichtlich großer Spitzenlasten. Das warme Trinkwasser lässt sich somit in den sonnenreichen Monaten leicht durch Photovoltaik bereitstellen. Dies entspricht einmal mehr der Tendenz, die Wärmebereitstellung von Heizung und Warmwasser in getrennten Systemen zu entkoppeln.

Kurz nachgefragt

Roland Grebe

ist Technologievorstand beim Wechselrichterhersteller SMA in Niestetal.

SMA hat während der Flutwelle zahlreiche Informationsmaterialien publiziert und eine Helpline geschaltet, um Solarkunden zu beraten. Im Interview erläutert Roland Grebe, wie die Photovoltaik helfen kann, Flut und Unwetter zu begegnen. Denn Notstromsysteme mit Dieselgeneratoren erweisen sich als anfällig, weil sie zu ebener Erde installiert sind oder Wasser in die Treibstofftanks läuft. Warum nicht die Sonne anzapfen? Das klappt auch bei größeren Leistungen.

http://www.sma.de/hochwasser

Ersatzstrom aus Sonnenkraft

Warum sind Solaranlagen für Notstrom geeignet?

Roland Grebe: Notstromsysteme mit Photovoltaik bieten sich eigentlich immer an. Sie erlauben die gesicherte Versorgung mit Notstrom, wenn die Sonne scheint. Die Wechselrichter können in den Inselbetrieb übergehen, um die wichtigsten Stromverbraucher zu versorgen. Mit einer Batterie gekoppelt, lässt sich die Notstromversorgung rund um die Uhr aus Photovoltaik speisen.

Welche Erfahrungen haben Sie damit?

Wir bauen solche Geräte bereits für den japanischen und den US-amerikanischen Markt. In Japan müssen alle Solarwechselrichter für private Hausanlagen einen Ausgang für Notstrom haben, damit die Menschen nach einem Erdbeben wenigstens eine Babyflasche wärmen oder das Handy aufladen können. Das ist faktisch Pflicht, anderweitig kann man dort keine Wechselrichter vertreiben. Diese Option haben wir auch in den USA eingeführt, auch wenn es dafür bislang keine Vorschrift gibt. In Deutschland haben wir vor sechs Jahren den Sunny Backup, ein spezielles Batteriewechselrichtersystem, eingeführt, das diese Funktion rund um die Uhr übernehmen kann. In Deutschland spricht man dann von Ersatzstromversorgung.

Wie wichtig ist das Thema bisher in Deutschland?

Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist bislang noch sehr hoch. Deshalb werden die Solarwechselrichter hier noch ohne zusätzliche Notstromfunktion ausgeliefert. Erst durch die Flutwelle der vergangenen Wochen ist die Bedeutung von Notstrom wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

Wodurch unterscheiden sich die Wechselrichter?

Technisch gesehen braucht man einen zusätzlichen Betriebsmodus mit erweiterter Regelung, damit der Wechselrichter und die Anlage auch netzunabhängig, also im Inselbetrieb laufen können. Man braucht zusätzliche Leitungen und einen separaten Anschluss, wie zum Beispiel eine Steckdose, sowie einen Umschalter, um die Verbraucher, die im Notstrombetrieb versorgt werden sollen, bei Netzausfall auf den Wechselrichter zu legen.

Für welche Anlagengrößen ist solarer Notstrom sinnvoll?

Auch für gewerbliche Ersatzstromsysteme eignet sich die Photovoltaik sehr gut. Allerdings reicht dort ein einfacher Solarwechselrichter mit Notstromfunktion nicht mehr. Es werden größere Batteriepakete in Kombination mit einem Batteriewechselrichter benötigt. In Regionen mit Hochwassergefahr ist es sinnvoll, sie zum Beispiel unter dem Dach zu installieren. Dies sollte aber im Einzelfall genau geprüft werden, da das Gewicht der Batterien durchaus statische Probleme aufwerfen könnte. Viele Gewerbebetriebe haben kleine Dieselaggregate, um ihre EDV bei Netzausfall zu versorgen. Nutzt man einen Speicher, kann man Ersatzstrom vom Dach vorhalten und für zukünftige Smart-Grid-Funktionen zugleich wertvolle Regelenergie für das Stromnetz bereitstellen.

Braucht man dafür zwei getrennte Systeme?

Man braucht keine getrennten Systeme mehr. Die Photovoltaikanlage deckt den Notstrom einfach mit ab. Das muss nur intelligent gelöst werden. Prinzipiell ist die Realisierung von Ersatzstromsystemen auf Basis des Sunny Island sowohl für einphasige als auch dreiphasige Anlagen bis zu einer Leistung von 300 Kilowatt möglich. Zusätzlich zur Ersatzstromfunktion kann durch den Speicher der Eigenverbrauch deutlich gesteigert und damit das Netz entlastet werden.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Erfahrungen mit Stürmen

Den Netzausfall möglichstunbemerkt überbrücken

Solargeneratoren mit Batteriepaketen sind in der Lage, die herkömmlichen Dieselaggregate zu ersetzen. Das ist wichtig für Rechenzentren, Kliniken oder Rettungsdienste. Zum einen steht der Notstrom faktisch sofort zur Verfügung, der Netzausfall wird im Innern des Gebäudes kaum bemerkt. Bis ein Dieselaggregat anspringt, vergehen einige Sekunden. Zudem sind Photovoltaikanlagen auf Dächern in aller Regel sicher gegen Hochwasser, anders als die ebenerdigen Betriebsgebäude von Dieselmotoren.

Sogar bei schweren Stürmen schalten sich die Solargeneratoren unmittelbar nach Abzug des Unwetters wieder zu. Das haben Erfahrungen beim Superstorm Sandy erwiesen. Die Solarparks auf Long Island überstanden den Hurrikan mit minimalen Modulschäden. Sobald der Sturm abgezogen war, lieferten die Paneele wieder Strom.

Der Autor

Frank Hartmann

ist Gas-Wasser-Installateur und Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur und Energietechniker. Nach langjähriger Erfahrung im Handwerk mit dem Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien gründete er das Forum Wohnenergie für energieeffizientes Bauen und Modernisieren. Frank Hartmann ist Mitbegründer der Solarteur-Schule in Nürnberg.

hartmann@forum-wohnenergie.de

Vielfältige Bauarten

Mischgebäude mit Wohn-und Nichtwohneinheiten

  • Kleine Mehrfamilienhäuser mit ein oder zwei Gewerbeeinheiten
  • Mittlere Mehrfamilienhäuser mit zwei bis vier Gewerbeeinheiten
  • Große Mehrfamilienhäuser mit mehreren Gewerbeeinheiten
  • Mehrgeschosswohnungsbau mit Gewerbezonen und Einkaufszentren.

Im nächsten Heft: Teil 3

Die Serie zum Eigenverbrauch

Teil 1: Elektrischer Strom im Wohnhaus: Juni 2013

Teil 2: Elektrischer Strom im Nichtwohngebäude

Teil 3: Warmwasser durch Sonnenstrom: August 2013

Teil 4: Photovoltaik in der Lüftungstechnik: September 2013

Teil 5: Photovoltaik in der Wärmeversorgung: Oktober 2013

Teil 6: Photovoltaik in der Kühltechnik: November 2013

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