Für Solarteure ist es fast schon selbstverständlich, bei vielen klassischen Heizungsbauern spricht es sich gerade erst herum: Die nächste Heizung funktioniert mit Ökostrom, entweder mittels Wärmepumpe oder als elektrische Infrarotheizung. Der Übergang von der Verbrennungstechnik zum Strom stellt viele Heizungsbauer vor neue Herausforderungen. Denn bislang galten elektrischer Strom oder die Montage von Solarmodulen auf dem Dach als Domäne der Solarteure oder des Elektrohandwerks. Die Heizungsbauer fühlten sich vor allem für Kessel, Thermen und wassergeführte Wärmeverteilsysteme zuständig.
Schon mit den Wärmepumpen begann der Wandel, denn diese Heiztechnik schlägt die Brücke zwischen wassergeführter Heizung und elektrischem Strom als Energiequelle für den Kompressor im Aggregat. Durch Photovoltaik in Verbindung mit der direkten elektrischen Bereitung von Warmwasser oder von Heizwärme erhält dieser Trend eine neue Dynamik.
Experten trafen sich in Geislingen
Zunehmend erkennen auch die SHK-Betriebe, welche Chancen in der Sektorkopplung stecken. Im Sommer trafen sich die Geschäftsführer und Technikchefs der SHK-Betriebe aus dem süddeutschen Raum, die sich in der Bad & Heizung AG zusammengeschlossen haben. Die AG-Zentrale in Geislingen hatte den photovoltaik-Chefredakteur Heiko Schwarzburger sowie die Vertreter von Viessmann, Sonnen und Senec eingeladen, sich über die Trends in der Solartechnik, neue Stromspeicher und Stromprodukte wie Vishare von Viessmann, die Sonnen Flat oder die Senec Cloud To Go zu informieren.
Das Interesse war sehr groß, die Diskussion fundiert und aufgeschlossen. Es zeigte sich, dass die versammelten SHK-Betriebe sehr unterschiedliche Erfahrungen mit der Photovoltaik haben. Einige stehen noch ganz am Anfang, steigen jetzt erst in das Thema ein. Andere haben Solarmodule, Wechselrichter und Speicherbatterien schon länger im Angebot und bauen sie bei ihren Kunden ein. „Fakt ist, elektrischer Strom wird auch bei der Heizungstechnik eine immer größere Rolle spielen“, bestätigt Joachim Kossowski von der Firma Kossowski Bad Heizung Klima aus Lauda-Sachsenflur bei Bad Mergentheim. „Bei uns gehören Photovoltaik und Stromspeicher schon längere Zeit einfach dazu, denn die Kunden fragen danach. Wir bauen diese Produkte in hoher Qualität ein.“
Eigenverbrauch verändert Heiztechnik
Eigenverbrauch heißt das Stichwort, das die Haustechnik revolutioniert. Je mehr Sonnenstrom der Nutzer in seinem Gebäude selbst verbraucht, desto höher ist sein ökonomischer Gewinn. Durch die Kraft-Wärme-Kopplung mit Gasmotoren oder Brennstoffzellen und durch die Elektromobilität wird der ökonomische Hebel noch größer.
Innovative SHK-Betriebe sind frühzeitig in die Photovoltaik eingestiegen oder sie drängen spätestens jetzt in dieses Metier. „Die Möglichkeiten, die wir heute haben, sind fantastisch“, sagt Matthias Alber, Geschäftsführer der Firma Alber GmbH Bad & Heizung aus Filderstadt. „Wir können unseren Kunden immer mehr und immer bessere Lösungen anbieten. In hoher Qualität, aus einer Hand, mit einem klaren Garantieversprechen, das ist unser Grundsatz.“ Die erste Photovoltaikanlage hat das Unternehmen bereits 2003 errichtet. Nun sieht der Firmenchef bereits die E-Mobilität als neues Geschäftsfeld am Horizont heraufdämmern. „Dazu brauchen wir zuverlässige und gute Autos“, meint er. „Da gelten dieselben Grundsätze wie im Geschäft mit Bädern, Heiztechnik oder Sonnenstrom.“
Wallbox mit im Angebot
Matthias Alber bietet seinen Solarkunden die Wallbox für ein E-Auto gleich mit an und baut sie auch ein. „Der nächste logische Schritt sind die Autos. Das sehe ich kommen, auch wenn es sicher noch etwas dauern wird.“
Für die SHK-Betriebe bedeutet die Sektorkopplung, dass sie sich breiter aufstellen müssen. Der Heizungsbauer alleine reicht nicht mehr aus. Man braucht einen Elektromeister, vielleicht sogar eine gut ausgebildete Elektroabteilung, die auch Berechtigung für Mittelspannung, Zähleranschluss und Arbeiten am regionalen Verteilnetz hat.
Die Verkäufer müssen stromgeführte Systeme fortan immer mitdenken und den Kunden anbieten. Das macht das Vertriebsgeschäft komplizierter, vielfältiger und vielleicht etwas kleinteiliger. Richtig spannend wird es aber bei Komplettsystemen für Neubauten oder größere Sanierungsvorhaben, bei denen Sanitär, Heizung und Elektro einander in die Karten spielen.
Andererseits muss die Photovoltaikbranche einsehen, dass der Kampf um den niedrigsten Preis allein kein sicheres Geschäftsmodell ist. „Wir müssen die wachsende Nachfrage unserer Kunden qualitativ hochwertig bedienen und dürfen die Margen nicht zu knapp kalkulieren“, sagt Matthias Alber.
Durch die Sektorkopplung erhöht sich der Wert der Aufträge deutlich gegenüber rein netzeinspeisenden Solargeneratoren. Der Aufwand zur Planung und Installation ist höher, da steckt viel mehr Grips im System – das klassische Kerngeschäft des Fachhandwerks.
Dem Einkauf der Komponenten kommt hingegen eine untergeordnete Bedeutung zu, weil nicht allein die Modulpreise oder die Preise für die Kilowattstunde Solarstromspeicher entscheidend sind. Die Marge entscheidet für den Erfolg im Handwerk, nicht der niedrigste Preis.
Lehrlinge und Gesellen motivieren
Die Sektorkopplung bietet den SHK-Betrieben – wie auch den Solarteuren – aber noch einen weiteren Vorteil: Sie spricht die jungen Leute an. Der Mangel an Fachkräften drückt das deutsche Handwerk, das die Gehälter der Industrie in der Regel nicht zahlen kann. Die Energiewende in den Gebäuden nimmt Fahrt auf, da lauert viel Arbeit für einige Generationen. „Wichtig ist auch, junge Leute zu begeistern. Dabei helfen uns das breite Berufsspektrum, die zunehmende Digitalisierung sowie die offensichtlich notwendige Energiewende mit der Hinwendung zu erneuerbaren Energien sehr. Damit kann ich die Lehrlinge und Gesellen motivieren, uns zu unterstützen, bei uns ihre berufliche Zukunft zu suchen. Das zieht, das sind wichtige Themen bei den jungen Menschen.“ Auf diese Weise können die Handwerksbetriebe neue Fachkräfte gewinnen, die neben der beruflichen Sicherheit auch und vor allem eine sinnvolle Tätigkeit anstreben.
Der Schwerpunkt des Fachhandwerkers ist es, die moderne Gebäudetechnik beim Kunden zu implementieren. Ging es vor einem Jahrzehnt vornehmlich darum, Solarplatten auf die Dächer zu schrauben und den Wechselrichter ans Netz zu hängen, steht nun die Unabhängigkeit der Kunden im Vordergrund. Das ist schon seit Langem das Geschäft des Heizungsbauers, weil die Feuerungen und Wärmepumpen den Nutzern eine autarke Versorgung mit Wärme ermöglichen.
Nur in den Ballungsräumen spielt die Fernwärme als netzgebundene Wärmeversorgung eine Rolle. Doch auch sie gerät durch Mieterstrom – vor allem durch die Kombination von Photovoltaik und BHKW – unter Druck. Ihre Anbieter machen die gleichen Fehler wie die Stromkonzerne, die auf das Stromnetz angewiesen sind: Sie heben die Grundpreise an, um der sinkenden Wärmeabnahme aufgrund besserer Dämmung entgegenzuwirken.
Heizwendeln für Fernwärme
Interessanterweise greift auch in der Fernwärme bereits die Sektorkopplung. So hat beispielsweise der Berliner Versorger Vattenfall elektrische Heizwendeln eingebaut, um preiswerten Überschussstrom von der Börse in Dampf zu verwandeln.
Vor allem im Sommer, wenn die Nachfrage nach Fernwärme gering und das Angebot von Sonnenstrom hoch ist, geht diese Rechnung auf. Doch die Fernwärme hat im Grunde genommen die gleichen systemischen Probleme wie das Stromnetz: zentralistische Netzstrukturen sind sehr aufwendig in Betrieb, Unterhaltung und Modernisierung.
Strom ist pure Information
Wie immens die Kosten sind, beweist der stetig wachsende Anteil der Netzkosten am Strompreis für die Privathaushalte. Er liegt seit Kurzem erstmals höher als die EEG-Umlage und wird weiter wachsen.
Dadurch geraten die Netze ökonomisch immer mehr unter Druck, was den Wandel hin zu einer dezentralen, möglichst autarken Versorgung beschleunigen dürfte. Ein weiterer Trend spielt den Installateuren in die Hände: die Digitalisierung. Mithilfe intelligenter Smarthome-Systeme und Smart Meter lassen sich die Verbräuche exakt ermitteln, optimieren und die Kosten senken.
So erhält künftig jedes Gebäude sein eigenes kleines Netzwerk, in das alle Energieverbraucher integriert sind. Je weniger Energieträger dabei zum Einsatz kommen und je einfacher das System steuerbar ist, desto wirtschaftlicher wird es seinen Dienst tun. Elektrischer Strom ist bei der Erfassung und der Regelung den fossilen Brennstoffen haushoch überlegen. Strom lässt sich nicht nur in Wärme oder Mobilität wandeln. Er ist zudem pure Information. Denn auch die Verbrauchsdaten und die Steuerbefehle werden bekanntlich elektrisch prozessiert.
Für Schnelle Leser
Hier erfahren Sie:
- Chancen des Handwerks: Die Energiewende bietet immer mehr Möglichkeiten.
- Mit Farbe heizen:Ein neuartiger Anstrich vereinfacht die E-Heizung.
- PVT-Kollektoren: Optimiertes System für Wärmepumpen entwickelt.
- Mit Warmluft trocknen:Solar-Luft-Kollektoren für spezielle Anwendungen.
- Solares Warmwasser: Sonnenstrom direkt fürs Trinkwasser nutzen.
- Eichrecht für Ladesäulen: Neue Produkte sind auf der sicheren Seite.
ZVSHK/Munich Strategy
Datenmodell BIM setzt sich langfristig in der Bauwirtschaft durch
Welche Bedeutung hat Building Information Modeling (BIM) für die deutsche SHK-Branche? Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) hat diese Frage zusammen mit der Unternehmensberatung Munich Strategy in einer Studie untersucht.
Befragt wurden 1.400 Akteure der deutschen SHK-Branche – Hersteller, Handwerker und Architekten. Die Ergebnisse: BIM wird sich auch in der SHK-Branche langfristig durchsetzen. Während die Arbeitsmethode BIM in westeuropäischen Ländern wie Großbritannien und den Niederlanden schon weit verbreitet ist, gehört Deutschland bisher nur zu den Schwellenländern. „Das wird sich schneller ändern, als viele heute denken“, urteilt Helmut Bramann vom ZVSHK.
Immer mehr Auftraggeber werden auf BIM setzen. Denn Vergleiche zwischen BIM-Gebäuden und Gebäuden, die auf traditionelle Weise gebaut werden, machen deutlich: BIM reduziert die Gesamtkosten im Lebenszyklus um bis zu 30 Prozent.
Ein weiteres Ergebnis der Studie offenbart, dass BIM in den einzelnen Gruppen der SHK-Branche sehr unterschiedlich verstanden wird. Die Akzeptanz sinkt entlang der Wertschöpfungskette. Während 46 Prozent der Hersteller und 37 Prozent der Architekten oder Planer nach eigener Einschätzung aktuell in der Lage sind, nach BIM zu arbeiten, gaben dies bei den Handwerkern nur fünf Prozent an. Nur ein Viertel der Handwerksbetriebe wurde überhaupt bereits mit BIM konfrontiert – obwohl sich die Hälfte aller Betriebe an öffentlichen Ausschreibungen beteiligt, die BIM ab 2020 voraussetzen.
Portale oder Ausschreibungstools, die für BIM Voraussetzung sind, verwenden nur 36 Prozent der Hersteller, neun Prozent der Architekten und 18 Prozent der Handwerker.
Während 40 Prozent der Hersteller davon ausgehen, dass BIM eine Chance für neue Anbieter im Markt ist, sehen dies nur zwei Prozent der Architekten. Fazit der Studie: BIM ist derzeit Schlagwort und Treiber des Digitalisierungsprozesses im SHK-Bereich.
Bad & Heizung AG
Kooperation für Handwerksbetriebe
Die Handwerkerkooperation Bad & Heizung AG aus Geislingen ist eine Vereinigung führender Fachbetriebe. Sie formierte sich bereits 1977 als erste SHK-Erfa-Gruppe überhaupt. Eine Handvoll fortschrittlicher Handwerker begann damit, Konzepte und Werkzeuge zur Verbesserung ihrer Leistungen zu erarbeiten. Die AG-Zentrale in Geislingen übernimmt die Aufgabe des Vordenkens und Bündelns von Ideen, entwickelt Konzepte und koordiniert deren Realisierung im Rahmen des Netzwerks von Bad & Heizung.
Die 79 Mitglieder haben sich zum Ziel gesetzt, durch hervorragende Qualität, eine gute Betriebsorganisation und motivierte Mitarbeiter die regionale Marktführerschaft zu erreichen oder auszubauen. Die Betriebe der Bad & Heizung AG haben erkannt, dass sie die vielfältigen Aufgaben eines Handwerksunternehmens allein kaum noch erfüllen können. In der Gruppe werden viele Dinge effektiver und kostengünstiger als vom einzelnen Betrieb vorangetrieben und umgesetzt.
Bereits 1998 hat die Kooperation auf Basis empirischer Untersuchungen die mittlerweile vielfach kopierte Original-Neun-Sterne-Garantie mit konkreten Leistungszusagen entwickelt. Sie gibt Verbrauchern Sicherheit bei der Realisierung ihrer Projekte und verpflichtet die Betriebe zur Qualität.
Polarstern
Mieterstrom durch Sektorkopplung attraktiv
Die Verbindung der Photovoltaik mit elektrischer Warmwasserbereitung und Heizwärmepumpen macht Mieterstrom für kleinere Wohngebäude mit weniger als 20 Wohneinheiten attraktiv. „Je höher der Anteil des vor Ort erzeugten und genutzten Stroms ist, umso mehr rechnet sich Mieterstrom sowohl für Immobilienbesitzer als auch für Mieter“, sagt Florian Henle, Geschäftsführer von Polarstern.
Um einen möglichst hohen Direktverbrauch zu erzielen, sei die Nutzung des erzeugten Stroms auch in der Wärmeversorgung von Vorteil. Die Rentabilität von Mieterstrom ist damit nicht mehr allein vom Stromverbrauchsprofil der Bewohner und der Anpassung an die Stromerzeugung sowie der Teilnahmequote abhängig. Vielmehr sorgt die integrierte Wärmeversorgung für eine gewisse Grundlast und damit den nötigen Direktverbrauch, den es im jeweiligen Mieterstromprojekt braucht.
Photovoltaik und BHKW
Gerade in Gebäuden mit Zentralheizung ist die Wärmeversorgung Sache der Vermieter. Sie können den in Solaranlagen oder BHKW erzeugten Strom direkt einsetzen. „Sie erhöhen damit nicht nur den Direktverbrauch, sondern senken auch den Primärenergiebedarf der Gebäude.“
Das sei ein wichtiges Argument für die Finanzierung solcher Mieterstromprojekte, deren Kosten aufgrund der benötigten Anlagen naturgemäß höher sind. Schließlich würden so die Kriterien hoher Förderungen erfüllt, etwa von der KfW, erläutert Florian Henle. Zusätzlich kann der Anlagenbesitzer die Mieterstrom-Direktförderung und oftmals weitere lokale Förderungen beantragen und so die Amortisationszeit der Investitionen verkürzen.
Mieterstrom für sieben Wohneinheiten
Am Rande der Schwäbischen Alb entsteht derzeit ein Mehrfamilienhaus mit sieben Wohnungen, die mit Mieterstrom versorgt werden. Der erzeugte Strom wird zur Stromversorgung der Bewohner und zum Betrieb von zwei Wärmepumpen für die Erzeugung von Brauchwasser (zehn Kilowatt) und zum Heizen (22 Kilowatt) genutzt.
Damit erzielt die Solaranlage mit einer Leistung von 30 Kilowatt einen Direktverbrauch von rund 49 Prozent. Gleichzeitig sinken die Kosten für Strom und Wärme (sogenannte zweite Miete). Die Stromkosten liegen voraussichtlich rund 13 Prozent unter dem lokalen Grundversorgertarif.
Ein zusätzlicher Speicher erhöht den Direktverbrauch um elf Prozent auf dann 60 Prozent und hebt die Autarkie auf 49 Prozent. „Der Vorteil integrierter Mieterstromkonzepte entfaltet sich erst, wenn beratende Planung, Anlagentechnik und Prozesse effizient ineinandergreifen und reibungslos funktionieren“, bilanziert Florian Henle. „Dann rechnen sich komplexe Mieterstromprojekte auch in kleineren Wohngebäuden.“