Darin stellen die Forscher Maßnahmen und politische Instrumente vor, mit denen die Wärmeerzeugung ohne Emissionen an Kohlendioxid auskommt, der Endenergieverbrauch sinkt und Wärmenetze ausgebaut werden. Aus den Analysen geht hervor, dass die Politik dringend handeln muss. Die meisten Vorschläge aus der Studie „Systemische Herausforderung der Wärmewende“ sollten noch von 2025 wirksam werden.
Raumwärme und die Aufbereitung von Warmwasser machen etwa 30 Prozent des Endenergieverbrauchs aus. Dafür werden heute überwiegend fossile Energieträger genutzt: Öl, Erdgas oder Kohlestrom. Hier ist der Hebel zur Senkung der Emissionen besonders groß. Um diesen Sektor weitgehend klimaneutral zu stellen, sind zwei Wege möglich.
Höhere Effizienz und mehr erneuerbare Energien
Der erste Ansatz will den Endenergiebedarf mit Hilfe von Effizienzmaßnahmen minimieren. Dazu gehören die Dämmung der Gebäudehülle oder die Senkung von thermischen Verlusten durch Dämmung der Warmwasserrohre, ebenso die Absenkung von überhöhten Systemtemperaturen in der Wärmeversorgung.
Noch immer werden vielerorts Brenner mit mehr als tausend Grad Celsius in Gang gesetzt, um Räume im Winter auf 23 Grad Celsius zu erwärmen, oder Warmwasser mit 80 Grad Celsius bereit zu stellen. Um es gefahrlos nutzen zu können, wird das heiße Wasser über Mischsysteme mit Kaltwasser versetzt, um maximal 45 Grad Celsius zu erreichen. Warum wird es nicht bei 45 Grad Celsius bereitgestellt?
Je höher die Temperaturen, desto höher die Verluste
Je höher die Temperaturen im System, desto höher der Aufwand, sie an die Anforderungen der Raumheizung oder an der Zapfstelle anzupassen. Und desto höher die Wärmeverluste, die vom Gradienten der Temperatur abhängen. Deshalb ist die sanfte Erwärmung durch Wärmepumpen beispielsweise viel effizienter als kurzzeitige Brennerhitze – die das kostbare Erdgas nur unzureichend ausnutzt und die Therme in ungünstiger Teillast betreibt.
Technische, wirtschaftliche und Restriktionen des Denkmalschutzes erlauben es, den Bedarf an Endenergie auf diese Weise um maximal 60 Prozent zu senken. Die restlichen 40 Prozent müssen aus erneuerbare Energien kommen.
Viele saubere Energiequellen – ökologisch und wirtschaftlich
Der zweite Ansatz setzt weniger aufs Dämmen, sondern vor allem auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, um bei den Emissionen auf null zu kommen. Hierfür sind deutlich größere Mengen an Ökoenergien für die Wärmebereitstellung nötig.
Festzuhalten für beide Wege ist: Der Anteil der erneuerbaren Energien im Endenergieträgermix zur Wärmeversorgung steigt signifikant. Wesentliche Treiber dieses Trends sind Wärmepumpen, grüne Fernwärme, Biomasse und Solarenergie – solarthermische Systeme und Sonnenstrom zur Wärmeversogung.
Wohn- und Nichtwohngebäude betrachtet
Der Schwerpunkt der Studie liegt auf der Wärmebereitstellung für Heizung und Warmwasser in Wohn- und Nichtwohngebäuden, die bis 2050 nahezu klimaneutral sein sollen. Betrachtet werden die Senkung des nicht-erneuerbaren Primärenergiebedarfs um 80 Prozent gegenüber 2008 und die Reduktion der gesamten Treibhausgasemissionen um 95 Prozent gegenüber 1990. „Nahezu alle Szenarien sehen vor, dass die energetische Sanierungsrate von derzeit einem Prozent dringend ansteigen muss“, sagt Peter Engelmann, Gruppenleiter für Gebäudesystemtechnik am Fraunhofer ISE.
Infrastruktur muss sich neuen Anforderungen anpassen
Zudem leitete das Forschungsteam weitere Ziele ab: Die Entwicklung der Infrastruktur für Fernwärme muss Auswirkungen auf die Infrastruktur für die Gasversorgung haben. Die Zwischenziele zur Minderung der Emissionen müssen eingehalten werden.
Die Dekarbonisierung des Energiesektors, besonders der Stromerzeugung, muss zügig vonstattengehen; und zwar mit einem ambitionierten Ausbauplan für die erneuerbaren Energien und dem Ausstieg aus der Kohleverstromung. Eine Infrastruktur für den Import und die inländische Erzeugung von Power-to-Gas- und Power-to-Liquid-Produkten muss aufgebaut werden.
Kostenoptimale Balance finden
Aus diesen Zielen leiten die Forscherinnen und Forscher mehrere Vorschläge ab: „Die Analyse zeigt, dass viele Ordnungs- und Förderinstrumente nicht auf das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands einzahlen“, sagt Benjamin Köhler vom Öko-Institut in Freiburg. „Wir brauchen dringend ein klares Zielbild und ein darauf ausgerichtetes Set, bestehend aus ordnungsrechtlichen, fördernden, planerisch-strategischen und kommunikativen Instrumenten.“
Dr. Matthias Sandrock, Geschäftsführer des Hamburg Instituts, ergänzt: „Zum Erreichen eines langfristig klimaneutralen Gebäudebestands muss zwischen der Gebäudeeffizienz, dem Einsatz erneuerbarer Energien und Abwärme eine kostenoptimale Balance gefunden werden.“ (HS)
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