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Solarelektrische Gebäude

Volle Pulle mit 64 Kilowatt

Auf den ersten Blick macht das zweistöckige Mehrfamilienhaus im Süden von Graz einen unspektakulären Eindruck. Doch hinter der durchaus zeitgemäßen Architektur verbirgt sich ein modernes Energiekonzept, das der Bauträger Enoiko und die EAM Asset Management zum ersten Mal in einem ihrer Projekte verwendet haben.

Bisher haben die beiden Projektpartner immer mit konventionellen hydraulischen, wassergeführten Systemen gearbeitet. Diese wurden im besten Falle mit Wärmepumpen oder Fernwärme, aber auch oft mit Gas- oder Ölbrennern gefüttert.

Im neuen Gebäude in Graz wurde komplett auf Warmwasserrohre verzichtet. Stattdessen nutzen die Bewohner des Gebäudes ausschließlich Strom für die Bereitstellung der gesamten Wärme zum Heizen und für das warme Brauchwasser.

Dachfläche maximal genutzt

Die Energie dafür kommt vom Dach des Gebäudes und von den beiden Carports, die vor dem Haus aufgestellt wurden. Denn auf ihnen sind üppige Solaranlagen installiert. Unter anderem um die Versorgung der Heiz- und Warmwasseranlage möglichst zu einem großen Teil mit Solarstrom sicherzustellen, wurden die Anlagen jeweils unterschiedlich ausgerichtet. So sind die Module auf dem Dach mit einem Winkel von 15 Grad in Ost-West-Ausrichtung aufgeständert. Auf den Carports hat sich der Bauträger für eine Südausrichtung entschieden. Dort sind die Module in einem Winkel von zehn Grad aufgeständert.

Auf insgesamt 64 Kilowatt Leistung bringen es die Module. Damit sind Dach und Carports komplett belegt. Um die Abrechnung zu vereinfachen, wurde jeder der acht Wohneinheiten ein Teil der Solarleistung konkret zugeordnet. Den Solarstrom wandelt – für jede Wohnung separat – ein Plenticore-Wechselrichter von Kostal in Wechselstrom um.

Übersichtlichkeit im Heizungskeller: Die Wärmeproduktion für jede einzelne Wohneinheit wird von jeweils einem AC Thor gesteuert. Die Informationen kommen von einen Plenticore-Wechselrichter. Außerdem hat jede Wohnung noch ein eigenes Speichersystem.

Foto: My PV

Übersichtlichkeit im Heizungskeller: Die Wärmeproduktion für jede einzelne Wohneinheit wird von jeweils einem AC Thor gesteuert. Die Informationen kommen von einen Plenticore-Wechselrichter. Außerdem hat jede Wohnung noch ein eigenes Speichersystem.

Kaum Netzstrom gekauft

Der Wechselrichter kommuniziert direkt mit jeweils einem Leistungssteller AC Thor 9s von My-PV. Er liefert ihm Informationen über die aktuelle Solarstromleistung, die vom Dach kommt. Der Leistungssteller wiederum verarbeitet diese Information und verteilt den Strom, den der Wechselrichter liefert, auf die einzelnen Wärmeerzeuger in den Wohnungen.

Dabei priorisiert er anhand der Vorgaben der Bewohner. So wird an kalten Tagen zunächst die Heizung beliefert, um die vorgegebene Solltemperatur in den Räumen sicherzustellen. Überschüsse werden dann für die Warmwassererzeugung bereitgestellt. Nur wenn der Solarstrom vom Dach für beides nicht ausreicht, greift der Leistungssteller auf Strom aus dem Netz zurück, um die Wärmeversorgung komplett abzusichern.

Die ersten Verbrauchswerte des Gebäudes in Graz sind vielversprechend. Die Bewohner sind im März 2021 in die Gebäude eingezogen. Bis Juni hat der Solarstrom weitgehend ausgereicht – trotz der Tatsache, dass im März noch Raumwärme benötigt wurde. Im Durchschnitt musste jede Wohnung noch mit 100 Kilowattstunden Strom aus dem Netz zusätzlich beliefert werden, wie Martin Reiner, Geschäftsführer von EAM Asset Management, bestätigt.

Marktübliche Wohnkosten erreicht

Er ist optimistisch, dass im Jahresergebnis die Bewohner auch mit zusätzlichem Netzstrom viel geringere Kosten im Vergleich zu einem hydraulischen System haben. Ganz davon abgesehen, dass die Baukosten ohne Warmwasserrohre viel geringer ausfallen, was sich wiederum auf die Miete auswirkt. „Die Wohnkosten bewegen sich entweder im marktüblichen Segment oder sogar darunter“, sagt Reiner. Dazu kommt noch, dass nur geringe Betriebskosten anfallen – abgesehen von den Kosten für den zusätzlich aus dem Netz bezogenen Strom, was allerdings auf das gesamte Jahr betrachtet kaum notwendig ist.

Kostal und My-PV arbeiten schon länger bei der Entwicklung von vollelektrischen Gebäuden zusammen. So hat My-PV auf die Leistungselektronik des Herstellers im westfälischen Hagen auch im eigenen Unternehmensgebäude in Neuzeug in Oberösterreich zurückgegriffen, das im vergangenen Jahr fertig wurde. Dort haben die Handwerker die neuen Gewerbewechselrichter Piko CI installiert.

Ausbau problemlos möglich

Hier sind vor allem die offenen Schnittstellen, die die Kostal-Wechselrichter bieten, von entscheidender Bedeutung. Denn über diese bekommen die Leistungssteller die Information über die Überschussleistung, die die Solaranlage auf dem Dach liefert. Dazu kommt noch der Schutzstandard IP65, den die Piko CI erreichen. Denn My-PV hat die Wechselrichter außen am Gebäude angebracht. „Außerdem sind die Piko-CI-Geräte für 50 Prozent Überbelegung auf der Gleichstromseite ausgelegt. Sollte im neuen Firmengebäude in Zukunft mehr Photovoltaikleistung benötigt werden, ist der Ausbau problemlos möglich“, erklärt Thomas Garber, Produktmanager von Kostal. Dazu kommen noch die in den Wechselrichter integrierten Kuppelschalter, die extern angesteuert werden können, was die Installation von externen Kuppelschaltern einspart.

Auch in Graz liefert das Duo aus Leistungselektronik von Kostal und der Steuerung von My-PV ausreichend Wärme für das Gebäude. Hier wurde natürlich auf den Plenticore zurückgegriffen – aus zwei Gründen. Einerseits ist dieser für kleinere Anwendungen gemacht und da im Gebäude jede Wohnung einzeln mit einer Solarleistung von jeweils etwa sieben Kilowatt versorgt wird, wäre ein Piko CI natürlich überdimensioniert gewesen.

In jeder Wohnung hängt ein Elektrowandspeicher, der für ausreichend Warmwasser sorgt.

Foto: My PV

In jeder Wohnung hängt ein Elektrowandspeicher, der für ausreichend Warmwasser sorgt.

Plenticore steuert Batterie

Außerdem ist der Plenticore ein Hybridwechselrichter, der auch Batteriespeicher in das System miteinbeziehen kann. Das war in Graz auch notwendig. Denn um möglichst viel Solarstrom vor Ort zu nutzen, wurde noch für jede Wohneinheit ein Speichersystem mit einer Kapazität von jeweils fünf Kilowatt installiert. Dieses kann dann die Sonnenenergie vom Dach zwischenlagern, wenn die Wohnungen ausreichend mit Wärme versorgt und die Wärmespeicherkapazitäten ausgeschöpft sind.

Erst wenn diese Speicher ebenfalls voll sind, wird Strom ins Netz eingespeist. Perspektivisch kann dieser aber auch von Elektroautos der Bewohner zum Laden genutzt werden, wenn sie unter den Carports parken.

Eigenverbrauch maximieren

Damit würde sich die Eigenverbrauchsquote weiter erhöhen. „Schließlich ist unsere Philosophie, so viel selbst erzeugten Strom wie möglich im Gebäude zu behalten“, betont Reinhard Hofstädter, Produktmanager von My-PV. „Selbst erzeugter Grünstrom ist wertvoll und sollte unter allen Umständen im Gebäude bleiben. Das ist das Prinzip unseres AC Thor und unserer Heizstabtechnik. Eine Einspeisung in das öffentliche Netz kann bei Gebäudestrom nur die allerletzte Möglichkeit sein.“

Das in Graz installierte ausgeklügelte System aus Leistungselektronik und Steuerung sorgt dafür, dass jederzeit ausreichend Wärme für das Gebäude mit einer Nettowohnfläche von 495 Quadratmeter zur Verfügung steht und diese zu einem großen Teil mit vor Ort produziertem Solarstrom erzeugt wird. Sie sorgt aber auch dafür, dass für den Betrieb der Wärmeerzeuger möglichst Solarstrom genutzt wird. Denn erst durch die präzise Leistungsmodulation durch die AC-Thor-Geräte können diese den Überschuss aus der Photovoltaikanlage auch direkt nutzen.

Solarstrom im Fußboden

Zum Konzept gehört natürlich auch ein hoher Dämmstandard, der den Heizwärmebedarf auf 36 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr begrenzt. Die Wärme für die Räume stellt eine Fußbodenheizung sicher. Dazu haben die Installateure in alle Fußböden elektrische Widerstandsheizdrähte verlegt, die für ein angenehmes Raumklima bei geringem Verbrauch sorgen. Damit bleibt viel Solarstrom für die Warmwasserbereitstellung übrig.

Die übernehmen Elektrohängespeicher von Austria Email mit einem Fassungsvermögen von 150 Litern. Da die Wohnungen durchschnittlich von zwei Personen bewohnt werden, sind die Planer von einem Warmwasserbedarf von maximal 100 Litern pro Tag ausgegangen. Damit ist immer eine Reserve vorhanden. Gleichzeitig erhöht sich das Wasservolumen, in das der Solarstrom gespeichert werden kann, im Vergleich zu einem 100-Liter-Speicher. Die Heizleistung liegt bei 2,3 Kilowatt.

Planung und Installation vereinfacht

Die gesamte zentrale Anlagensteuerung läuft dabei über die Live Cloud von My-PV. Hier können die Bewohner auch jederzeit sämtliche Energieflüsse einsehen. Sie behalten damit den Überblick über den Überschuss der Photovoltaikanlage und wo dieser Strom verwendet wurde. Sie sehen auch die Temperaturentwicklung des Warmwassers und der Heizung und die Höhe der Netzeinspeisung. In der Cloud können sie aber auch jederzeit die Höhe des Netzbezugs ablesen und behalten so die Energiekosten im Blick.

Doch auch für die Bauherren vereinfacht der Umstieg von der hydraulischen Heizung hin zur vollelektrischen Wärmeversorgung die gesamte Planung. Dadurch geht der Wohnungsbau viel schneller. Enoiko und EAM Asset Management haben die Lösung schon für die nächsten Gebäude im Blick.

Auf den ersten Blick ist das neue Mehrfamilienhaus in Graz unscheinbar. Seine Stärken offenbart es erst bei näherem Hinsehen.

Foto: My PV

Auf den ersten Blick ist das neue Mehrfamilienhaus in Graz unscheinbar. Seine Stärken offenbart es erst bei näherem Hinsehen.

Solar Age

Handbuch zur solaren Architektur erschienen

Der VDE Verlag hat ein neues Standardwerk zur bauwerkintegrierten Photovoltaik (BIPV) herausgeben. Das neue Fachbuch wurde von Sven Ullrich und Heiko Schwarzburger verfasst, die gemeinsam das Webportal Solar Age speziell für Architektinnen und Architekten betreiben und zum Redaktionsteam der photovoltaik gehören.

Das sind die Themen:

  • Grundlagen der Solartechnik
  • Wirtschaftlichkeit von solarer Architektur
  • Freiheit in der Gestaltung
  • Technik der Montage
  • Planung und Auslegung von Solarfassaden
  • Eigenstrom im Gebäude mit Stromspeicherung
  • Reduktion der Gewerke und Energiekosten durch solarelektrische Gebäude
  • Betrieb und Wartung, Brandschutz
  • BIPV-relevante Normen und Vorschriften.
  • Das 220-seitige Fachbuch ist auch als E-Book erhältlich. Es richtet sich an Architektinnen und Architekten, Bauplanerinnen und Bauplaner, TGA-Planerinnen und TGA-Planer, Elektro-Fachinstallateure und Solarteure, Facility-Managerinnen und Facility-Manager.

    Ergänzt wird das Werk durch einen Überblick über Anbieter und Produkte für die BIPV. Das Firmenverzeichnis hilft Architektinnen und Architekten bei Ausschreibungen und erleichtert die Suche nach hochwertigen Produkten der BIPV.

    Fronius

    Wärme mit Solarstrom nicht nur simulieren

    Fronius hat in seinem Monitoringportal Solar Web eine Funktion eingebaut, mit der Hauseigentümer sehen können, welche Einsparungen sie erreichen würden, wenn sie ihre Wärme mit überschüssigem Solarstrom erzeugen. Denn diese Funktion simuliert den Ohmpiloten von Fronius. Das ist ein Leistungssteller, der Elektroheizstäbe im Warmwasserspeicher steuert.

    Der Ohmpilot bekommt vom Wechselrichter Informationen zum aktuellen Ertrag der Solaranlage auf dem Dach und zum Verbrauch im Gebäude. Den überschüssigen Solarstrom kann der Leistungssteller nutzen. Er schickt diesen an die Elektroheizstäbe. Der Ohmpilot regelt die Elektroheizstäbe stufenlos von null bis neun Kilowatt. Er kann auch elektrische Direktheizungen einbinden.

    Auf diese Weise kann der Hauseigentümer mit dem selbst produzierten Solarstrom den Wärmebedarf zum großen Teil abdecken. Nur wenn die Solarenergie vom Dach nicht ausreicht, greift der Ohmpilot auf Netzstrom zurück. Mit der Funktion im Monitoringportal will Fronius den Hauseigentümern zeigen, welche Einsparungen sie erreichen und wie sie den Eigenverbrauch verbessern.

    Foto: Fronius

    Askoma

    Solarstrom preiswert speichern

    Wenn es darum geht, Solarstrom für eine spätere Nutzung zu speichern, greift man in der Regel auf Batterien zurück. Doch mit der Sektorkopplung im eigenen Haus wird das Speichern von überschüssigem Solarstrom viel preiswerter. Deshalb greifen immer mehr Hauseigentümer auf eine elektrische Wärmeversorgung zurück.

    Der Hersteller von Elektroheizstäben Askoma im schweizerischen Bützenberg, Kanton Bern, hat eine Einsteigerlösung für die Nutzung von Überschussstrom aus der Solaranlage für die Wärmeversorgung des Gebäudes entwickelt.

    Sie besteht aus einem Einschraub- oder einem Flanschheizstab und einem Zweirichtungszähler. Wahlweise kann auch ein elektrischer Wanddurchlauferhitzer Askowall von Askoma statt eines Heizstabes genutzt werden.

    Der Energiezähler wird am Hausanschluss angeschlossen. Auf der anderen Seite wird er mit einem RS485-Kabel mit dem Elektroheizstab oder der Askowall verbunden. Über ein LAN-Kabel hängt er außerdem am Hausrouter.

    Der Zweirichtungszähler steuert den elektrischen Wärmeerzeuger. Er kann aber auch in ein bestehendes Energiemanagement order eine Gebäudeautomatisierungssteuerung integriert werden, wenn diese ohnehin schon vorhanden ist. Über einen potenzialfreien Eingang arbeitet der Askoheat auch mit Wärmepumpen zusammen.

    Das System verfügt über ein integriertes Legionellenschutzmanagement. Je nach Bedarf wird einmal täglich, einmal wöchentlich, einmal alle zwei Wochen oder einmal im Monat der Pufferspeicher mit dem Heizstab auf über 65 Grad Celsius aufgeheizt. Das Management ist so eingestellt, dass es zu einem maximalen Anteil mit Solarstrom läuft.

    Foto: Andy Freud/Askoma

    Viessmann

    Elektrowärme aus dem Fußboden

    Viessmann hat mit der Vitoplanar EF2 und EF3 eine sogenannte Dünnbettheizung entwickelt. Das sind Fußbodenheizungen mit einer geringen Aufbauhöhe, die von mehreren elektrischen Heizdrähten durchzogen sind. So bringt es die Vitoplanar EF2 auf eine Höhe von nur 1,7 Millimeter. Die EF3 ist sogar nur 1,3 Millimeter dick.

    Die EF2 hat mit 160 Watt pro Quadratmeter eine höhere Heizleistung als die EF3, die es auf 120 Watt pro Quadratmeter bringt. Denn die selbstklebende EF2 ist für die Verlegung unter keramischen Belägen wie Fliesen gedacht, während die EF3 schwimmend unter Holz- und Laminatfußböden verlegt wird. Sie können direkt auf dem Estrich oder im Fliesenbett verlegt werden Bei der Vitoplanar EF3 sind die Heizdrähte zudem in ein verstärktes Aluminiumgewebe eingebettet. Dies sorgt für eine optimale Wärmeverteilung und verhindert lokale Hotspots. Beide Heizmatten stehen in Größen von ein bis sieben Quadratmetern im Portfolio. Mit diesen Abstufungen kann Viessmann alle Raumgrößen abdecken.