Die weiterhin rege Bautätigkeit in Europa mündet auch für die Wärmepumpenhersteller und Anbieter in einem wachsenden Markt. Der direkte Vertrieb durch den Hersteller gewinnt gegenüber dem Verkauf der Geräte über den Großhändler an Bedeutung. Der Großhandel bietet allerdings gewisse Vorteile.
Die europäischen Großhändler von Wärmepumpen gehen optimistisch in das Jahr 2017. Eine Umfrage unter den relevanten Wärmepumpenhändlern in Europa durch die Analysten des Wiener Beratungshauses Interconnection hat ergeben, dass diese für 2017 einen Anstieg der Nachfrage von durchschnittlich 3,7 Prozent erwarten. Diese Erwartungen sind aber regional sehr unterschiedlich. So sehen die italienischen Händler einer Nachfragesteigerung von sieben Prozent entgegen. Allerdings verlieren die italienischen Händler Anteile am Wärmepumpenmarkt auf der Apenninenhalbinsel. Die italienischen Installateure kaufen die Geräte immer mehr direkt beim Hersteller.
Auch die deutschen Händler erwarten ein Marktwachstum. Mit einem Plus von 2,3 Prozent liegt Deutschland aber weit unter dem europäischen Durchschnitt. Da sind Frankreich mit einem erwarteten Marktwachstum von drei Prozent und Großbritannien mit einem prognostiziertem Plus von 5,2 Prozent besser aufgestellt. Als Grund für den Optimismus haben die Wiener Marktforscher die weiterhin lebhafte Bauwirtschaft herausgearbeitet. Diese lasse sich auch durch politische Umwälzungen nicht ihre Wachstumslaune vermiesen, betonen die Analysten.
Immer mehr Hersteller vertreiben selbst
Allerdings stehen die Händler in ganz Europa einem neuen Konkurrenten gegenüber: dem Wärmepumpenhersteller. Während in den vergangenen Jahren viele Wärmepumpen über einen dreistufigen Vertrieb mit einem Sanitär- oder Elektrogroßhändler an die Installateure verkauft wurden, haben die Produzenten der Geräte inzwischen ihre Dienstleistungen ausgeweitet und bauen immer mehr eine direkte Beziehung zum Kunden auf. „Diese Art der Distribution wird in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen“, prognostiziert Neva Rukovic. Sie hat die Studie über den europäischen Wärmepumpenmarkt für Interconnection verfasst. Der sanitäre und elektrotechnische Großhandel wird aber vor allem in Deutschland mit einem Marktanteil von 85,1 Prozent und in Frankreich mit einem Anteil von 67,3 Prozent am Markt für Wärmepumpen von Bedeutung sein. In allen anderen untersuchten Ländern wird dieser Vertriebskanal immer mehr in den Hintergrund gedrängt. In Italien wird ohnehin nur jede zweite Wärmepumpe über den Sanitärgroßhandel vertrieben. Ein weiteres Viertel kaufen die Kunden beim Elektrogroßhandel. Der Rest läuft über den direkten Vertrieb. Dieser ist in Norwegen und in Großbritannien noch viel ausgeprägter.
Der Vorteil des Vertriebs über den Großhändler ist die Marken- und Gerätevielfalt, die beim direkten Einkauf beim Hersteller komplett fehlt. So bietet der durchschnittliche Großhändler immerhin zwischen drei und vier Marken an. Bei 43,7 Prozent der Händler kann der Kunde sogar aus mehr als fünf Marken auswählen. Vor allem in Großbritannien setzen die Händler auf diese Vielfalt, während die französischen und italienischen Händler das Sortiment eher übersichtlicher gestalten. Dort stehen in der Regel nur zwei bis drei Marken zur Auswahl.
Qualität und Service zählen
Ein weiterer Vorteil des dreistufigen Vertriebs: Der Kunde beim einem Kauf des Geräts beim Großhändler sicher sein, dass er qualitativ hochwertige Geräte bekommt. Denn die Händler setzen vor allem auf solche Wärmepumpen. Billiganbieter mit nicht nachgewiesenen Kompetenzen hinsichtlich der Qualität stellen sich die Händler nicht ins Regal. Hier gilt die Devise: Qualität geht vor Marge. So steht die Nettomarge bei den Händlern nur an vierter Stelle, wenn sie sich entscheiden, ein Gerät in ihr Sortiment aufzunehmen. Die Argumente, die zählen, sind Qualität und Service. „Aufgrund der Qualitätspräferenz der Händler sind auch die etablierten Produzenten gut gegen neue und unerprobte Marken geschützt, da der Einzelhandel seinen Ruf nicht durch inferiore Qualität riskieren will“, bringt Neva Rukonic den Vorteil für die Hersteller auf den Punkt, doch wieder über den dreistufigen Vertrieb nachzudenken. Zudem bieten die Händler vor allem die Geräte einheimischer Produzenten an. Einerseits haben die Großhändler einen besseren Zugang zu solchen Herstellern in der Region oder im eigenen Land. Andererseits können die Händler mit dem regionalen Sortiment die Lieferzeiten kurz zu halten, während gleichzeitig meist auch der Support sowie das Marketing der Produkte besser gewährleistet ist. (Sven Ullrich)