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Der Weg zum Kreislauf

„Making the Photovoltaic Industry double green“: Mit diesem Slogan warb der neue Geschäftsführer von PV Cycle Jan Clyncke Anfang September bei der 23. Europäischen Photovoltaikkonferenz in Valencia für eine Mitgliedschaft in der Vereinigung. PV Cycle will ein flächendeckendes Rücknahme- und Recyclingsystems für Module aufbauen. Mit Erfolg: Wenige Tage später traten die REC-Group, GE Solar, Ersol Solar Energy, Aleo Solar, Solpower und als erster französischer Hersteller Photowatt PV Cycle bei. Die Zahl der Firmenmitglieder bei dem im Sommer 2007 gegründeten Verein mit Sitz in Brüssel kletterte innerhalb eines Jahres von 17 auf 26 (siehe photovoltaik 01/2008). Schwergewichte wie Sharp, Q-Cells, Solarworld, First Solar, BP Solar, Sanyo oder Kyocera sind mit dabei.

„Damit repräsentieren wir mehr als 70 Prozent des Marktes“, sagt Clyncke, der bis im April dieses Jahres im kommunalen Abfallmanagement in den Niederlanden arbeitete. Ihm geht es nun darum, vor allem mehr asiatische Importeure als Mitglieder zu gewinnen. Denn große chinesische Hersteller wie Suntech, Yingli oder Trina sind bislang außen vor. Dies hat Konsequenzen für Installateure und Endkunden. PV Cycle verspricht nur die kostenfreie Rücknahme und das Recycling der Module von Mitgliedsfirmen.

Aufarbeitung der Materialströme

Doch noch ist es nicht so weit: „Ab Frühjahr 2009 beginnen wir mit der praktischen Umsetzung der Modulrücknahme“, sagt Clyncke, „momentan stecken wir noch voll in den Vorbereitungen“. So untersucht das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG ergänzend zu einem Gutachten des Hamburger Instituts Ökopol die tatsächlich anfallenden und verkauften Mengen und Recyclingströme. Zwischen 3.500 Tonnen und 4.000 Tonnen Modulabfälle fielen nach Schätzungen von Ökopol 2007 in Europa an, wovon circa sechs bis sieben Prozent gesammelt und verwertet wurden. Diese Angaben werden überprüft, um eine noch bessere Datengrundlage zu bekommen.

Dabei soll beispielsweise auch die Modulrücknahme durch Recyclingfirmen berücksichtigt werden, die nur die Metallrahmen abnehmen und den Glasschredder als Unterbau im Straßenbau verwenden, was anscheinend gängige Praxis ist. Breiten Raum in der Arbeit von PV-Cycle-Chef Jan Clyncke nehmen derzeit die Verhandlungen mit Logistikpartnern ein, die das Rücknahmesystem künftig vor Ort umsetzen sollen. Geplant ist, schrittweise ein flächendeckendes Netz von Sammelstellen und Zwischenlagern aufzubauen, ehe die Module in den Recyclinganlagen verarbeitet werden, die maximal 400 Kilometer von den Endkunden entfernt sein sollen.

Derzeit gibt es allerdings nicht mehr als zwei Recyclinganlagen in Europa, die speziell für Photovoltaik ausgelegt sind und ausgediente Module annehmen. Die größte und älteste Wiederaufbereitungsanlage steht bei der Solarmaterial, einem Tochterunternehmen von Solarworld, im sächsischen Freiberg. Dort werden seit 2003 ausgediente kristalline Module wiederverwertet, im vergangenen Jahr ein Volumen von rund einem Megawatt.

Die Recyclingquote liegt zurzeit bei 75 Prozent. Nun steht allerdings eine Umrüstung an, denn die Pilotanlage ist für die Wiederverwertung von PV-Modulen ausgelegt, deren Zellen eine dickere Siliziumbeschichtung haben, als sie bei modernen Modellen üblich ist.

Im Januar dieses Jahres startete First Solar in Frankfurt (Oder) probeweise eine Recyclinganlage für Dünnschichtmodule auf Cadmium-Tellurid-Basis (CdTe). Im April wurde die Betriebsgenehmigung erteilt, seitdem läuft die Anlage regulär. Laut Fabrikmanager Burghard von Westerholt werden derzeit „rund 30 Tonnen wöchentlich verarbeitet, das meiste davon Produktionsausschuss“, die Kapazität sei zur Hälfte ausgelastet. Der US-Hersteller garantiert seinen Kunden eine jederzeitige kostenlose Rücknahme defekter Module und finanziert die Kosten durch eine Versicherung vor, was in der Branche als vorbildlich gilt. In der Frankfurter Anlage werden die Dünnschichtmodule in einem nasschemischen Verfahren in ihre Bestandteile zerlegt. Nach Angaben des Unternehmens werden 90 Prozent wiederverwertbare Masse, hauptsächlich Glas und ein Filterkuchen mit einem CdTe-Anteil von 95 Prozent, gewonnen.

Lösungen gesucht

Allerdings wird bei der Glasauftrennung „momentan noch nicht die Reinheit erreicht, die für eine Wiederverwertung als Modulglas nötig wäre“, sagt First-Solar-Manager Westerholt. Deshalb kann der mit kleinen Resten von Laminatfolien verunreinigte Glaskuchen derzeit nur für andere Zwecke, wie zur Herstellung von Glasfasern, genutzt werden.

Auch mit der Wiederverwendung des Cadmium-Tellurids wurde laut Westerholt in Frankfurt noch nicht begonnen. Denn der Recyclingpartner 5N PV, deutscher Ableger des kanadischen Mutterunternehmens 5N Plus, der das Halbleitermaterial für die Modulproduktion wiederaufarbeiten soll, hat den Betrieb in Eisenhüttenstadt trotz früherer Ankündigungen bisher nicht aufgenommen. „In Bälde“ soll es jedoch so weit sein und die Auslieferung des metallurgischen Filterkuchens an den Verarbeiter könne beginnen, sagt First-Solar-Sprecher Fabian Zuber. So lange werde noch in Frankfurt zwischengelagert. Vorbild für die Wiederaufarbeitung an der Oder sei die Zusammenarbeit mit 5N Plus im Stammwerk des US-Herstellers in Ohio, wo seit Sommer 2007 eine optimierte Recyclinganlage erfolgreich laufe. Genauere Zahlen über die wieder zu Modulen verarbeiteten Mengen von CdTe lägen allerdings bislang nicht vor.

Doch zu verstecken habe man nichts, erklärt Zuber. Schließlich stehe das Angebot von First Solar, die Lizenzverfahren zum CdTe-Recycling an andere Unternehmen kostenlos weiterzugeben. Namen von Interessenten könne er allerdings aufgrund laufender Verhandlungen nicht nennen.

Verhandlungen laufen

Ein naheliegender Kandidat findet sich rund 300 Kilometer südwestlich in Thalheim: Dort steht die Q-Cells-Tochter Calyxo, die ebenfalls CdTe-Module anbieten will, kurz vor dem Produktionsstart. „Wir sind in Kontakt mit First Solar, weil wir ein gemeinsames Interesse haben“, sagt Unternehmenssprecher Stefan Dietrich. Details zum bereits auf der Webseite des Unternehmens beworbenen Lebenszyklus-Management, das eine „kostenlose Rücknahme und Rückgabe“ sowie ein „werterhaltendes Recycling“ einschließt, würden derzeit noch ausgearbeitet.

Nicht viel Wert auf das Recycling legte die Anfang dieses Jahres pleite gegangene Antec Solar. In der ehemaligen Produktionshalle in Arnstadt lagern noch rund 600 Tonnen defekte Cadmiumtelluridmodule. „Eine stoffliche Verwertung bietet sich an, schon wenn man bedenkt, wieviel wertvolles Tellur da drinsteckt“, sagt Holger Wiemers von der Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft, der Vermie terin des Grundstücks. Nun ist allerdings erst einmal der Insolvenzverwalter am Zug.

Gesetzliche Regelung?

Für solche Fälle könnte künftig einmal eine EU-Regelung greifen, sollte sie je kommen. Noch vor einigen Monaten war vorgesehen, dass auch Solarstrommodule unter die Elektronikschrott-Richtlinie fallen und in der Folge von den Herstellern eingesammelt und verwertet werden müssen. Doch momentan sieht es eher so aus, dass Brüssel davon wieder Abstand nimmt.

„Wir stehen in engem Kontakt mit der Kommission und sehen keinen Grund für einen gesetzlichen Zwang. Die freiwillige Initiative der Solarindustrie zum Aufbau eines Recyclingsystems ist sehr sinnvoll“, sagt Cornelia Viertl, zuständige Referentin im Bundesumweltministerium. Ob nun ganz freiwillig oder nicht, die PV-Cycle-Initiative hat jedenfalls bereits Wirkung gezeigt. ?

HN

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