Sie bieten den Service jetzt schon mehrere Jahre an. Wie viele Kooperationen haben Sie inzwischen mit Energieversorgern abgeschlossen?
Christian Hodgson: Wir haben derzeit 50 Kooperationen mit Regionalversorgern und Stadtwerken abgeschlossen. Unsere Kunden haben alle zwischen 5.000 und einer halben Million Kunden. Von den 50 Kooperationen sind derzeit 28 Portale live geschaltet. Die anderen kommen sukzessive dazu oder sie nutzen unser Angebot nur zu einem kleinen Teil.
Welche Vorteile haben denn die Stadtwerke von Ihrem Angebot?
Der Verkauf von Solaranlagen an Endkunden ist ein kleinteiliges Geschäft und ein sehr stark marketinglastiges Vertriebsthema. Dabei legen die Energieversorger unterschiedliche Schwerpunkte. Es gibt diejenigen EVU, bei denen der Aufsichtsrat entscheidet, dass der Vertriebsleiter jetzt auch Photovoltaikanlagen verkaufen muss. Dieser versucht zwar, eine Strategie zu entwickeln. Doch die Erfolge sind dann meist sehr bescheiden, wenn eine neue Vertriebs- und Dienstleistungskultur noch nicht im Unternehmen angekommen ist. Auf der anderen Seite setzen immer mehr Stadtwerke und Versorger auf eine strategische Entwicklung. Sie wollen bis zum Ende dieses Jahrzehnts ein Viertel bis ein Drittel ihrer Wertschöpfung mit Angeboten erreichen, die nicht zum bisherigen Geschäftsmodell gehören.
Das funktioniert aber nur, wenn die Stadtwerke genügend Kunden erreichen. Wie viele Anlagen vertreiben Sie derzeit?
Die Stadtwerke setzen sich das Portal nicht auf ihre Internetseite, um sich im ersten Jahr eine goldene Nase daran zu verdienen. Das wäre vermessen. Aber sie sollten irgendwann damit anfangen, um in drei bis fünf Jahren einen erheblichen Deckungsbeitrag mit dem Vertrieb von Solaranlagen zu erzielen. Und um das Rollenverständnis neu zu sortieren, sodass sie mittelfristig der Ansprechpartner für integrierte Energiedienstleistungen werden. Deshalb sind die Verkaufszahlen noch nicht so weit, dass es ein Selbstläufer ist. Aber das Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft. Derzeit liegen wir im dreistelligen Bereich, was die Anlageninstallationen angeht. Besonders in den Sommermonaten – zur Saison – ist die Anzahl der Installationen sehr stabil.
Die grobe Auslegung der Anlage liegt beim Kunden. Wie stellen Sie sicher, dass sie richtig konfiguriert ist?
Zunächst ist es erst einmal sehr einfach, die Anlage im Portal zu projektieren. Im ersten Schritt bekommt der Kunde eine kurze Beratung, ob sich für ihn eine Solaranlage lohnt. Will er eine Solaranlage installieren, muss er sich einloggen. So kann er die Planung der Anlage nach jedem Schritt speichern. Das Stadtwerk wiederum weiß, dass ein Kunde eine Anlage plant. Wir sind jedoch auch gerade dabei, eine Planung ohne Login zu ermöglichen. Wenn dann eine Planung länger nicht bearbeitet wird, kann der Kundendienst sich bei ihm melden und nachfragen, ob er Hilfe benötigt oder noch Fragen hat. Das ist sehr oft der Fall, und wir schauen uns anhand von Google-Bildern oder von Fotos, die der Kunde uns zur Verfügung stellt, die konkreten Gegebenheiten vor Ort an. Über einen Onlinedialog, eine Hotline oder über einen E-Mail-Support können wir dann im Namen des Energieversorgers noch Einzelheiten klären. Wenn das nicht reicht, schicken wir den Installateur zum Kunden, der dann bei der Planung hilft.
Haben Sie auch vorgeschnürte Systempakete?
Natürlich gibt es auch diese. Wir gehen die Gratwanderung zwischen einem möglichst standardisierten und skalierbaren Massenprodukt, damit die Prozesse so schlank sind, dass am Ende noch eine Marge übrig bleibt. Trotzdem machen wir dem Kunden ein sehr individuelles Angebot. Deshalb können wir die Anlage tatsächlich auch modulscharf auslegen und nicht nur auf das Kilowatt Leistung bezogen. Wir schauen uns den Verbrauch an, wir schauen uns das Dach an, wir schauen uns den Baum im Vorgarten an, sodass der Kunde am Ende tatsächlich eine für ihn optimal ausgelegte Anlage erhält.
Wer ist Betreiber und wer ist Besitzer der Anlage?
Es gibt zwei Finanzierungsmöglichkeiten: Manche Kunden möchten die Anlage kaufen. Dann soll das EVU wenigstens der kompetente Ansprechpartner gewesen sein. Und durch die Lieferung des Reststroms wird die Kundenbindung noch erhöht. Attraktiver für die Versorger ist es natürlich, selbst die Anlage in ihrem Portfolio zu halten und an den Kunden zu verpachten. Darüber kann es eine langfristige und stabile Kundenbindung entwickeln. Dann ist das Stadtwerk Eigentümer, und der Kunde des Stadtwerkes ist Betreiber der Anlage.
Kümmert sich der Energieversorger dann auch um die Wartung der Anlagen?
Das entscheidet das Stadtwerk. Wenn es die Wartung selbst übernehmen kann und will, wird es das tun. Die Versorger können das gesamte After-Sales-Geschäft auch an den Installateur oder an uns auslagern. Dann werden in der Regel mit den lokalen Partnern vor Ort die Wartungsverträge abgeschlossen.
Wie kommen die Installateure an ihre Aufträge?
Der Normalfall ist, dass die Energieversorger ihre Installateure mitbringen. Das Stadtwerk kennt in der Regel die lokalen Profis vor Ort und gibt uns eine Liste. Wir rufen diese Installateure dann an und erklären ihnen, warum das Stadtwerk da jetzt aktiv wird und was unsere Rolle dabei ist. Wir besprechen auch mit ihnen, was sie dabei verdienen können und warum es für sie sinnvoll ist, sich an dem Modell zu beteiligen. Der größte Mehrwert ist, dass sie die Aufträge sozusagen geschenkt bekommen. Dafür sind sie auch bereit, auf einen Teil der Marge zu verzichten. Es ist ein etwas neueres Modell. Aber wir haben das jetzt über 25 Mal aufgesetzt. Da sind überall sehr gute Installateure dabei, die hervorragende Arbeit abliefern und mit denen man sehr gut zusammenarbeitet.
Zertifizieren Sie die Installateure, bevor Sie Aufträge an sie vergeben?
Wir kommen ja aus pvXchange, einem online-gestützten Marktplatz für Komponenten. Das war die Zeit, als die Installateure noch Agenten brauchten, um an einen fehlenden halben Container Module zu kommen. Der Markt hat sich geändert und ist überschwemmt, sodass die Installateure das nicht mehr brauchen. Aus dieser Zeit haben wir aber noch ein großes Verzeichnis mit Installationsbetrieben. Fast jeder, der irgendwie in den letzten zehn Jahren in der Photovoltaik unterwegs war, hat pvXchange genutzt. Deshalb kennen uns die meisten noch, und wir kennen viele Installateure und ihre Arbeit. Auf der anderen Seite haben wir so die Möglichkeit, dem Stadtwerk Installateure zu vermitteln, wenn diese keine eigenen finden. Das ist aber eher theoretisch der Fall. Bisher ist das noch nicht vorgekommen.
Können Sie so die Qualität der Installation sichern?
Wir sind verantwortlich, dass die Qualität gesichert wird. Trotzdem wollen wir niemanden gängeln. Es ist ganz wichtig zu verstehen, dass die ganze Energiewende eine Partnerschaft ist zwischen dem Kunden, der zum Energieversorger wird, dem Energieversorger, der die Expertise und die langjährige Erfahrung mitbringt, und dem lokalen Handwerk, das die Gegebenheiten kennt und die technische Expertise mitbringt. Wir sitzen zwischen diesen Akteuren, um das Ganze noch zu verschlanken und günstiger darzustellen. Jede Partnerschaft beruht auf der Kultur, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Wenn der Installateur gute Arbeit abliefert, wird er auch weitere Aufträge bekommen. Damit hat er selbst einen Anreiz, die Anlagen qualitativ hochwertig zu montieren. Genauso ist es wichtig zu verstehen, dass wir mit dem Installateur eine langfristige Partnerschaft anstreben. Auch das Stadtwerk lassen wir nicht allein mit irgendeinem Portal, sondern verbessern kontinuierlich die Prozesse und unterstützen sie beim Marketing.
Wie bewerben die Stadtwerke das Angebot, damit die Kunden auch darauf aufmerksam werden?
Der Kunde kommt nicht auf die Idee: Ich will eine Photovoltaikanlage, schaue ich doch mal beim Stadtwerk. Der Weg ist eher umgekehrt. Der Kunde kommt über das Angebot des Energieversorgers auf die Idee, sich eine Photovoltaikanlage zu installieren. Dabei kann der Kunde über die verschiedensten Kanäle am Ende beim Angebot des Versorgers landen. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir uns mit den Energieversorgern zusammensetzen und schauen, was eigentlich die Kommunikationskanäle sind, auf die der Energieversorger zurückgreifen kann. Dort bringen wir dann unsere geballte Marketingerfahrung ein. Einige Versorger sind schon sehr gut im Marketing aufgestellt. Mit ihnen tauschen wir vor allem Ideen und Möglichkeiten aus. In der Regel können wir allen unseren Partnern einen erheblichen Mehrwert mit unseren Erfahrungen anbieten. Das ist nicht ganz trivial und ein entscheidender Gewinn für die Energieversorger. Immerhin lassen sich die Stadtwerke mit unserem Photovoltaikangebot darauf ein, dass sie an die Interessenten etwas weniger Strom absetzen und sie diese somit zum eigenen Wettbewerber machen. Mit dem Modell, dass die Kunden die Anlagen mieten und die Energieversorger darüber ein neues Geschäft generieren, erzielen diese sogar höhere Deckungsbeiträge als im klassischen Commodityvertrieb. Nur mit einem solchen partnerschaftlichen Ansatz wird das Gesamtkunstwerk Energiewende funktionieren.
Das Gespräch führte Sven Ullrich.
Christian Hodgson
leitet seit 2012 den Vertrieb bei Greenergetic. Er ist schon lange in der Photovoltaikbranche unterwegs. Er hat den Bau von Inselanlagen in Bolivien begleitet. Später betreute er das Team der HTW Berlin für den Solar Decathlon Europe 2010 in Madrid. Danach war er bei pvXchange als Berater tätig. Seit 2012 ist er für den Vertrieb von Solaranlagen für Greenergetic verantwortlich.