Mehr als drei Millionen Solaranlagen stromen in Deutschland, die Branche hat zum Jahresende 2024 die beeindruckende Grenze von 100 Gigawatt installierter Photovoltaikleistung geknackt.
Andererseits sind die Zeiten schwierig: Etliche regionale Installationsbetriebe mussten 2024 das Handtuch werfen, weil sie zu schnell gewachsen waren und unter die Räder kamen. Denn im Marktsegment der privaten Anlagen bis 30 Kilowatt ging der Zubau um rund ein Drittel zurück. Dafür legten Gewerbeanlagen und Solarparks deutlich zu.
Flucht aus dem Solargeschäft
Das hatten wir schon mal. Als 2011 und 2012 die erste Krise der Solarbranche wütete, blieben massenweise herrenlose Anlagen zurück. Wer die schnelle Mark machen wollte, floh damals aus dem Solargeschäft – nach uns die Sintflut. Auch 2024 gingen einige bundesweit agierende Anbieter den Bach hinunter, die ihren Kunden das Blaue vom Himmel versprochen hatten. Nun stehen die Kunden mit leeren Händen da – nicht selten mit Schrott auf ihren Dächern.
Jetzt schlägt die Stunde der Qualität
Jetzt schlägt die Stunde der Installateure, die auf Qualität und Langlebigkeit setzen. Dachdeckermeister Steffen Huber hat einen Installationsbetrieb in Neustadt-Glewe in Norddeutschland. „Das Wartungsgeschäft ist für uns sehr wichtig“, erzählt er. „Photovoltaikanlagen sind nicht wartungsfrei, obendrein sind sie all die Jahre der Witterung ausgesetzt. Wechselrichter und Batteriesysteme haben Lüfter, die sich mit Staub und Dreck zusetzen können oder gelegentlich defekt sind.“
Der versierte Photovoltaikexperte ist Vorstandssprecher des renommierten Bundesverbands innovativer Handwerker für erneuerbare Energien (BIHEE, siehe Kasten). Dort treffen sich versierte Fachbetriebe, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, sich auszutauschen und zu vernetzen.
Kein Selbstläufer
Das Wartungsgeschäft gewinnt an Bedeutung, auch wenn es kein Selbstläufer ist: „Zurzeit haben wir einen Zeitanteil von 15 Prozent im Wartungsgeschäft, einen Umsatzanteil jedoch nur von fünf Prozent“, erläutert Huber. „In der Wartung wird ja kaum Material benötigt. Unser Ziel ist es, den Wartungsanteil auf 30 Prozent des Umsatzes auszubauen.“
Für seinen Betrieb ließ Huber eine Wartungs-App programmieren, zudem stellt er neue Leute ein. Sein Handwerksbetrieb bietet Full Service rund um Dächer und Photovoltaik an: Beratung, Planung, Installation und Service. „Unsere Mitarbeiter haben jahrelange Erfahrung und werden weitergebildet“, führt er aus. „Wir sind halt auch Profis auf dem Dach, da wir sowohl Dachdecker als auch Elektriker im Unternehmen haben.“
Rund 100 Anlagen in der Wartung
Moderne Technik wie Aufmaß mit Drohnen, 3D-Planung und moderne Mess- und Prüftechnik sichern höchste Qualität. Hinzu kommt, dass Hubers Firma nur hochwertige Komponenten anbietet.
Derzeit hat er in seiner Region rund 100 Anlagen in der Wartung. „Verträge für Einfamilienhäuser sind relativ selten“, analysiert er. „Aber unsere Gewerbekunden wissen, dass nur regelmäßige Wartung zum reibungslosen Betrieb führt. Allein durch gesetzliche Vorschriften oder Vorgaben der Versicherer müssen Gewerbekunden regelmäßig Wartungen durchführen.“
Höhere Anforderungen im Gewerbe
Gewerbliche Anlagen zu bauen und zu warten – damit können sich regionale Installationsbetriebe von bundesweit agierenden Drückerkolonnen abheben. Hohe Qualität hört bei den Komponenten, der Installation und der Inbetriebnahme nicht auf. Professionelle Wartung gehört zur Qualität unbedingt dazu.
Viele Anlagen sind aufgrund von Insolvenzen verwaist, haben keine professionelle Betreuung. Diese herrenlosen Anlagen in die Wartung zu nehmen, bietet eine gute Möglichkeit, mit den Betreibern ins Gespräch zu kommen. So kann der Installateur für das Jahr des Förderendes einen Fahrplan erstellen, wie die Anlage auf Eigenverbrauch umgebaut werden kann. Wechselrichter müssen getauscht werden, um Batterien anzuschließen. Spätestens dann stellt sich auch die Frage nach Solarstrom für Warmwasser oder für Ladepunkte der E-Autos.
Spezielles Team aufgebaut
Um das Wartungsgeschäft auszubauen, hat Steffen Huber ein Team von Spezialisten aufgebaut. „Ich habe ein eigenes Team für das Wartungsgeschäft. Im Büro ist das Wartungsgeschäft eine Aufgabe für unsere Serviceteams, die sich um Schadensfälle und die Wartung und Reparatur kümmern.“
Neben den Betreibern der 100 Anlagen, die er fest unter Vertrag hat, kommen immer wieder Kunden auf Zuruf zu ihm. Vor allem die Anlagen von Billigheimern fallen mit Störungen auf, verursacht durch mangelhafte Komponenten und Schlamperei bei der Installation.
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen
Beim Service zeigt sich: Wirklich schnell und professionell kann nur der erfahrene Installationsbetrieb in der Nachbarschaft helfen, mit kurzem Weg und kurzem Draht zum Anlagenbetreiber.
Guter After-Sales-Service beginnt mit der Hotline der Komponentenhersteller für ihre regionalen Fachpartner. „Wir sind direkt an den Support angebunden und haben direkte Ansprechpartner“, berichtet Huber. „Besonders vorbildlich sticht der Service von deutschen Herstellern heraus.“
Wenn sein Wartungsteam fremde Anlagen inspiziert, trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. „Wurde die Anlage mit Komponenten von asiatischen Herstellern gebaut, ist es oft schwer herauszufinden, an wen man sich im Servicefall überhaupt wenden kann“, klagt er. „Wenn die Hotline dann für Endkunden und Service zugleich zuständig ist, bekommt man teils aberwitzige Aussagen vom sogenannten Support.“
Am Anfang steht der Anlagencheck
Wie nimmt man eine Anlage in die Wartung, die man nicht selbst gebaut hat? „Zuerst machen wir einen Anlagencheck“, sagt der Experte. „Wenn Reparaturen notwendig sind, werden diese durchgeführt. Erst danach nehmen wir die Anlage in unsere Wartung.“
Zurzeit kommen vermehrt solche Anfragen ins Büro. „Immer hören wir das gleiche Lied: Der Installateur ist nicht mehr am Markt tätig, meldet sich nicht mehr oder hat keine Fachkräfte für die Wartung.“
Moderne Technik nutzen
Fachkräfte sind Mangelware, das pfeifen die Spatzen von den Dächern. Deshalb gilt auch in diesem Geschäft, dass moderne Technik die Arbeit der Servicekräfte unterstützen muss. „Wir nutzen Thermografie, Isolationsmessgeräte, Kennlinienmessgeräte, Fehlerdetektoren und den Solartektor“, nennt Huber einige Beispiele. „Und das Wartungsteam nutzt bei Bedarf unseren eigenen Kran mit Hebebühne. Auch die digitale Anlagenüberwachung über unsere Leitstelle mit KI-gestützter Fehleranalyse ist Bestandteil unseres Angebots.“
Krisensicheres Standbein
Auch wenn das Wartungsgeschäft zunächst wenig einzubringen scheint, so öffnet es doch die Tür zu den Kundinnen und Kunden. Unzählige Anlagen fallen demnächst aus der Förderung. So wird die systematische Übernahme von Anlagen in die Wartung zum ökonomischen Erfordernis für jeden Installationsbetrieb, der vorausschauend plant. Zum einen liefern Serviceeinsätze beim Kunden regelmäßige und gut planbare Deckungsbeiträge. Sie sind nicht dem Auf und Ab unseres chaotischen Marktes unterworfen, bieten ein solides und gesundes Grundrauschen, wirtschaftlich gesehen.
Zum anderen hat Service eine fundamentale Bedeutung in der Kundenbindung. Das gilt für Privatleute wie auch für gewerbliche Kunden. So gesehen, kann jeder Wartungsgang in ein Beratungsgespräch münden – trotz des enormen Zeitdrucks, dem die Servicekräfte unterliegen. Der Fachinstallateur bleibt mit seinen Kunden im Gespräch. Das ist sein USP, sein unschlagbarer Vorteil: Er ist regional gut vernetzt, die Menschen kennen ihn und bauen auf seinen Rat.
Dauerticket fürs Gespräch mit den Kunden
So wird der Fachinstallateur zum lebenslangen Solarberater seiner Kunden, seiner Region. Lebenslang bedeutet: für die Lebensdauer der Solargeneratoren und darüber hinaus. Denn während des 20- oder 30-jährigen Betriebs erfahren die Anlagen mehrfache Modifikationen, Reparaturen oder geänderte Nutzung. Der Umbau von Volleinspeisung auf Eigenverbrauch nach dem Ablauf der EEG-Vergütung ist dafür ein aktuelles Beispiel.
Der Umbau von Millionen Gebäuden auf solarelektrische Vollversorgung bringt viel Arbeit, viel mehr als Solardächer und Wechselrichter am Hausanschluss. Die Installation von Solarmodulen auf dem Dach des Kunden ist nur der Anfang. Das Wartungsgeschäft ist das Dauerticket, um fortwährend mit den Solarkunden im Gespräch zu bleiben.