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Risiken richtig versichern

Was ist für Versicherer wichtig, wenn es um die Planung einer Anlage geht?

Klaus Bingel: Bei der Planung ist es wichtig, dass die Statik einbezogen wird. Denn das Dach einer Halle oder eines Stallgebäudes muss das zusätzliche Gewicht der Solarmodule aushalten. Die Statik ist auch sehr wichtig für Agri-PV, für Anlagen speziell in der Landwirtschaft. Dort brauchen die Unterkonstruktionen auf jeden Fall einen Standsicherheitsnachweis.

Was müssen die Installateure beim Bau der Solaranlage beachten?

Es ist sehr wichtig, dass Installateure und ihre Kunden auch während der Bauzeit an die Versicherung denken, die viele mögliche Schäden abdeckt. Dazu gehört unter anderem der Diebstahl von verbauten Anlagenteilen oder Schäden durch Unwetter während der Bauzeit. Diese Schäden deckt eine Bauzeiten- oder Montageversicherung ab.

Welche Aspekte sind für den Betrieb der Anlage relevant?

Auf jeden Fall sollte der Gebäudeversicherer informiert werden, dass eine Photovoltaikanlage auf dem Dach hinzugekommen ist. Manche Versicherer passen dann die Beiträge an. Andere versichern die Anlage mit, ohne Konsequenzen für das Gebäude. Denn Photovoltaik ist heutzutage üblich. So machen wir das bei der Gartenbau-Versicherung auch.

Wie wichtig ist die Wartung der Anlage?

Ein Wartungsvertrag ist für die Versicherung natürlich relevant. Der Betreiber sollte die Anlage tatsächlich in regelmäßigen Abständen durch eine Fachfirma überprüfen lassen. Die Intervalle schreiben wir nicht vor. Wir verweisen hier auf die geltenden gesetzlichen Bestimmungen und die Regeln des VDE hinsichtlich der Kontrolle von Stromerzeugungsanlagen. Der Betreiber sollte die Anlage aber auch selbst kontrollieren.

Welche Kontrollen gehören dazu?

Der Betreiber oder der beauftragte Wartungsbetrieb sollten sich regelmäßig die Ertragsdaten anschauen, ob es größere Abweichungen gibt. Das ist inzwischen sehr einfach geworden. Man kann die Daten auf dem Computer oder per App abrufen. Nach Unwettern sollte man schauen, ob die Anlage Schaden genommen hat. Nach einem Hagel sind diese Schäden nicht immer sichtbar. Bei heftigen Hagelereignissen können die Module Mikrorisse bekommen, die man von außen nicht sieht. Dann müssen Fachleute die Anlage mit einer Wärmebildkamera kontrollieren. Versicherungen wie wir finanzieren dies als Schadensuchkosten.

Fordern die Versicherer eine temporäre Kameraüberwachung oder Einzäunungen, um Diebstähle zu verhindern?

Bei Freiflächenanlagen ist eine Umzäunung mit einem Stahlgitterzaun vorgeschrieben. Dieser Zaun muss mit Übersteigschutz ausgestattet sein. Bei größeren Anlagen kann eine Kameraüberwachung oder Alarmanlage erforderlich sein.

Was führt zum Ausschluss aus der Versicherung?

Eine Freiflächenanlage ohne Zaun beispielsweise würden wir nicht versichern. Auch Eigenbauten versichern wir auf keinen Fall. Voraussetzung ist immer, dass die Anlage von einer Fachfirma installiert und in Betrieb genommen wurde. Anlagen auf Gebäuden mit fragwürdiger Statik oder ohne Statiknachweis bekommen keinen Versicherungsschutz.

Welche Besonderheiten gibt es bei der Versicherung von Anlagen im Gartenbau oder von aufgeständerten Anlagen in der Landwirtschaft?

Wir sind spezialisierter Versicherer für den Gartenbau. Daher haben wir es oft mit Anlagen zu tun, die auf alten Gewächshäusern montiert wurden, die nicht mehr in Betrieb sind. In solchen Fällen kann der Einbau einer Photovoltaikanlage statische Herausforderungen mit sich bringen, da Gewächshäuser nicht nach Hochbaunorm errichtet wurden, sondern auf Grundlage geringerer Last­annahmen gebaut sind.

Was ist in diesem Fall zu tun?

Dann müsste man eventuell die Statik nachrüsten, etwa mit zusätzlichen Stützpfeilern. Eine andere Lösung könnten Schneeschächte sein, die frei gelassen werden. Dann kann der Schnee vom Dach abrutschen, die zusätzliche Belastung verringert sich. Das sollte der Betreiber vor der Installation unbedingt mit seiner Versicherung absprechen. Solche Lösungen ersetzen jedoch nicht die statische Berechnung.

Welche Versicherungen sind relevant für Landwirte, die sich für Solaranlagen entscheiden?

Übliche Schäden durch Hagel, Sturm, Feuer und Leitungswasser sind über die Gebäudeversicherungen abgesichert. Aber dies reicht meist nicht aus. Der Landwirt sollte mehr als nur die Elementarschäden absichern. Deshalb gibt es eigene Versicherungen für die Photovoltaikanlagen. Diese bieten deutlich umfassenderen Schutz, als wenn der Landwirt die Anlagen einfach in seine Gebäudeversicherung aufnimmt. Sie decken auch Risiken wie Tierverbiss ab, die in der normalen Gebäudeversicherung in der Regel nicht enthalten sind. Auch ist der Ertragsausfall nach einem versicherten Schaden an der Anlage in der Gebäudeversicherung nicht eingeschlossen.

Worauf sollten Landwirte achten, wenn sie einen Versicherungsvertrag abschließen?

Eine Besonderheit ist immer das Preis-Leistungs-Verhältnis. Hier muss sich der Landwirt bewusst machen, welchen Schutz er benötigt, und diese Anforderungen mit seiner Versicherung abgleichen. Die entscheidenden Fragen sind: Was ist versichert? Wie sieht die Regulierung im Schadenfall aus? Die Produkte am Markt sind da sehr ähnlich. Es gibt aber vor allem Unterschiede bei der Versicherung der Ausfallzeiten.

Wie wichtig ist die Absicherung gegen Anlagenausfall?

Die Bandbreite reicht von wenigen Tagen über mehrere Monate bis zu einem Jahr. Das ist vor allem bei großen Anlagen relevant. Wenn bei einer Megawattanlage die Trafostation abbrennt, dauert es mitunter sehr lang, bis ein neuer Trafo geliefert und wieder aufgebaut ist. Natürlich sollte man genau darauf achten, welche Leistungen tatsächlich versichert sind. Beispielsweise gibt es einen Anbieter, der zwar die Photovoltaikanlage versichert, beim Ertragsausfall jedoch nur Schäden abdeckt, wenn die verbauten Komponenten aus Deutschland stammen.

Welche Gefahren versichern Sie den Landwirten konkret?

Wir haben uns auf Versicherungen nicht nur für den Gartenbau, sondern auch für die Landwirtschaft spezialisiert. Aus diesem Bereich bekommen wir immer mehr Anfragen, insbesondere mit dem Ausbau von Agri-PV. Denn hoch aufgeständerte Systeme ähneln stark den Gewächshäusern. Für solche Anlagen bieten wir eine Komplettversicherung. Das ist eine Art Vollkasko, die Schäden unter anderem durch Schnee, Sturm, Hagel, Feuer, Blitzschlag, Überschwemmung für die Anlage selbst und die Unterkonstruktion deckt.

Wie weit greift diese Versicherung?

Darin enthalten sind auch technische Schäden wie Überspannung, Kurzschluss oder durch Bedienfehler. Auch alles, was mit Feuer zu tun hat, wie Brände oder Explosionen, ist damit abgedeckt. Mit dieser Versicherung bekommen die Anlagenbetreiber zudem Schutz bei Schäden durch Tiere oder Menschen, also Diebstahl und Vandalismus. Ausgenommen sind Kriegsereignisse und Kernenergie.

Das Gespräch führte Sven Ullrich.

Der Trafo wurde gelöscht. Bis ein neuer geliefert wird, können mehrere Monate vergehen.

Foto: Feuerwehr Herzlake

Der Trafo wurde gelöscht. Bis ein neuer geliefert wird, können mehrere Monate vergehen.
Diese bei Hagel beschädigten Module müssen demontiert und ersetzt werden. Das verursacht Kosten, die durch eine Versicherung abgedeckt sein sollten.

Foto: GeVau Versicherung

Diese bei Hagel beschädigten Module müssen demontiert und ersetzt werden. Das verursacht Kosten, die durch eine Versicherung abgedeckt sein sollten.
Überhitzte Trafos können in Brand geraten und erhebliche Ausfälle verursachen. Solche Schäden sind speziell abzusichern.

Foto: Feuerwehr Nordhorn

Überhitzte Trafos können in Brand geraten und erhebliche Ausfälle verursachen. Solche Schäden sind speziell abzusichern.

Im Interview

Klaus Bingel

ist seit vielen Jahren als Risikoberater im Außendienst der Gartenbau-Versicherung tätig. Der gelernte Zierpflanzengärtner und studierte Gartenbauwissenschaftler berät ausführlich bei Fragen rund um die Planung, Risikoanalyse und den Versicherungsschutz von Agri-PV und Photovoltaik für Gartenbaubetriebe.

Foto: Nathalie Zimmermann