Beim PV-Symposium in Kloster Banz in Bad Staffelstein wurden aktuelle Zahlen zum Speicherausbau genannt, die keinen Installateur kalt lassen dürften: Denn die Nachfrage nach Heimspeichern ist ein klarer Treiber des Geschäfts.
Im vergangenen Jahr wurden bundesweit 197.000 neue Speichersysteme installiert. Damit stieg die Zahl aller installierten Speicher auf 526.000, die zusammen 4,3 Gigawattstunden speichern können. Der Anteil der Lithium-Ionen-Batterien erreichte 98 Prozent.
Speichermarkt hat sich verfünffacht
Damit hat sich der Speichermarkt seit 2019 verfünffacht. Johannes Weniger von der HTW Berlin brachte Infos über einige interessante Trends mit: „Wir erkennen, dass die Größe der installierten Anlagen im privaten Segment weiter anwächst“, analysierte er. „Ein Viertel der Anlagen hatte zwischen zehn und 20 Kilowatt Leistung.“ Der bundesweite Durchschnitt lag Ende 2022 bei 9,1 Kilowatt, ein Kilowatt mehr als 2020.
Höhere Ströme in den Batterien
Zudem ist erkennbar, dass die Speicherhersteller größere Batteriemodule einbauen, dadurch sinkt die Batteriespannung. Bei den Wechselrichtern hingegen geht der Trend zu höheren Strömen, bis 26 Ampere bei den neuen Hybridgeräten von Kostal oder 30 Ampere bei Sungrow-Geräten. Die Hybridwechselrichter zur DC-seitigen Einbindung der Batterien haben sich endgültig durchgesetzt. Sie stellten 2022 drei Viertel des Speichermarktes. Faktisch ging das gesamte Wachstum auf Hybridsysteme zurück, weil sich die Zahl der AC-gekoppelten Systeme zwischen 2021 und 2022 kaum verändert hat.
Siliziumkarbid setzt sich durch
Außerdem reizen die Anbieter der Hybridwechselrichter die Effizienz der Leistungselektronik stärker aus, indem sie Halbleiter aus Siliziumkarbid (SiC) einbauen. Bei der diesjährigen Speicherinspektion waren vier der fünf besten Systeme (bis zehn Kilowatt) mit SiC-Bauteilen bestückt. Siliziumkarbid hält bis 120 Grad Celsius aus, gegenüber 100 Grad Celsius bei Leistungstransistoren aus Silizium. Fronius, RCT Power und Kaco sind auf SiC umgestiegen, Kostal baut derzeit noch Si-Transistoren ein.
Höhere DC-Spannungen
Interessant ist die weitere Aufsplittung der Marktsegmente, was die Wechselrichter betrifft. Bei größeren Anlagen sind 1.500 Volt auf der DC-Seite mittlerweile Standard. „Denkbar sind durchaus zwei oder drei Kilovolt“, schlägt Michail Geiss vor.
Der Forscher vom Fraunhofer ISE in Freiburg arbeitet derzeit an speziellen Wechselrichtern für Großanlagen, die mit noch höheren Spannungen als 1.500 Volt DC laufen. „Je höher die Spannungen, desto geringer sind die Querschnitte der Kabel, weil die Systeme geringere Ströme erfordern, um hohe Leistungen zu übertragen.“
Drei Kilovolt sind durch 1.500 Volt DC auf der Plusseite und 1.500 Volt auf der Minusseite gegen Erde machbar. „Zudem könnte man die Trafos kompakter bauen, weil auch die Größe der Spulen durch die Ströme definiert wird“, erläutert Geiss.
Systemkosten könnten sinken
Auf diese Weise könnten die Systemkosten sinken. Für Eigenheime wird es sicher bei 1.000 Volt DC-seitig bleiben. Bei größeren Anlagen lassen die Forscher nichts unversucht, um die BOS-Kosten weiter zu drücken.
Anlagen mit drei Kilovolt DC gehören zur Mittelspannung. Geiss stellte das zweistufige Konzept eines Wechselrichters für drei Kilovolt vor. Die Forscher in Freiburg kombinieren DC-DC-Steller mit 3,3 Kilovolt Systemspannung und Bauelementen aus SiC mit einem Wechselrichtermodul.
Der DC-Booster leistet 83,3 Kilowatt, die an die Wechselrichtermodule übergeben werden. Er leistet 250 Kilovoltampere am Netzanschluss und wird in einem sehr kompakten Gehäuse untergebracht. Das luftgekühlte System wird derzeit im Labor am ISE getestet.
Dass höhere Spannungen in Großanlagen kommen, daran gibt es keinen Zweifel. Das wird sicher nicht schnell gehen. Die Einführung von 1.500 Volt DC hat zehn Jahre gedauert, von der Idee bis zum Industriestandard. Aber in einigen Jahren dürfte der Sprung auf drei Kilovolt möglich sein, zumal asiatische Anbieter damit bereits experimentieren.
Kritische Infrastruktur sichern
Marco Jung ist Professor an der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg und Abteilungsleiter Stromrichter am Fraunhofer IEE in Kassel. Er stellte das Konzept eines netzbildenden Batteriewechselrichters vor, der mit SiC-Leistungschips bis 200 Kilovoltampere leistet und das Stromnetz stützen kann. Zudem kann er bei Netzeinbruch ein Inselnetz aufbauen.
Solche Wechselrichter können Dieselgeneratoren als Notstromsysteme ablösen. „Das ist für kritische Infrastruktur eine große Herausforderung“, sagt er. „Wir haben im Ahrtal gesehen, wie schnell die Stromversorgung und die Mobilfunknetze einbrachen.“
Auch Jungs Forscherteam nutzt einen zweistufigen Ansatz mit DC-DC-Steller (Booster) und Wechselrichtermodul. 220 Kilovoltampere passen in 80 Kilogramm Leistungselektronik. Die Umrichterstufe folgt einer Drei-Level-Topologie, mit SiC-Mosfets und einer Taktfrequenz von 70 Hertz.
Die Drosseln sind sehr kompakt konstruiert, deshalb ist die Leistungsdichte so hoch. Derzeit wird das Labormuster für einen einjährigen Test bei einem Netzbetreiber vorbereitet. Man darf gespannt sein, welche Ergebnisse der Test bringt.
Zertifizierungen verzögern Anschluss
Auch das Stromnetz muss schneller, intelligenter und transparenter werden. Der Anschluss der Anlagen muss beschleunigt werden. Installateure können ein Lied davon singen: Bei Photovoltaikanlagen mit mehr als 135 Kilowatt wird der Netzanschluss sehr schwierig.
Neben den Zertifikaten für die Komponenten sind ab dieser Anlagenleistung sogenannte Anlagenzertifikate erforderlich. „Bei kleinen Anlagen und großen Solarparks ist der Anschluss relativ einfach“, resümiert Professor Bernd Engel, der die Sitzung zum Netzanschluss leitete. „Das absolute Sorgenkind sind die gewerblichen Anlagen von 135 Kilowatt bis 950 Kilowatt.“
Nach Zahlen des BSW-Solar ist der Zubau in diesem Segment sogar rückläufig. Denn die Zertifizierung nach VDE-AR 4110 (Anschluss ans Niederspannungsnetz) ist sehr zeitaufwendig und kostet 15.000 Euro je Anlage.
FNN schreibt intransparente Regeln
Netzexperte Ralf Haselhuhn von der DGS in Berlin-Brandenburg arbeitet seit vielen Jahren im VDE-Normungsausschuss DKE/K 373 (Photovoltaiksysteme) . Er beklagt die intransparente Diskussion im FNN, dem Regelungsgremium der Netzbetreiber. Rechtlich gelten die Vorschriften des FNN als privatwirtschaftliche Vorgaben. In den Gesetzen taucht der FNN nicht auf. Dort wird auf die Normung von VDI und VDE Bezug genommen.
So hat der FNN die VDE AR-N 4000 bislang nicht vollumfänglich übernommen, sondern zusätzliche Hürden eingezogen. Der FNN hat es bisher abgelehnt, Vertreter der DKE in seine Prozesse einzubinden. „Die Metaregel des FNN zur VDE AR-N 4000 baut zusätzliche Hürden auf“, kritisiert Ralf Haselhuhn. „So wurden die Anforderungen an die Zählerschränke erhöht. Mittlerweile müssen Zählerschrankwände eingebaut werden, wenn man eine Photovoltaikanlage anschließen will. Sie kosten bis zu 4.000 Euro, manchmal mehr als die Anlage.“
Photovoltaik stromt nachts?
Zudem betrachten die im FNN vereinten Netzbetreiber die Photovoltaik als dauerproduzierenden Generator. „Deshalb wird ab 50 Ampere eine teure Wandlermessung vorgeschrieben“, nennt Haselhuhn ein weiteres Beispiel. „Aber nachts liefert die Solaranlage keinen Strom. Anlagen im Aussetzbetrieb brauchen normalerweise keine Wandlermessung.“
Der FNN hält an seiner Betrachtungsweise fest. Zudem hat jeder Netzbetreiber eigene Anschlussbedingungen, die in den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) festgeschrieben sind. „Wenn man die Bedingungen standardisieren würde, wären die Zertifizierungen viel einfacher“, schlägt Haselhuhn vor. „Man könnte mit typgeprüften und zertifizierten Wechselrichtern oder Parkreglern arbeiten, um die Zertifizierung zusätzlich zu vereinfachen.“
Bundesweiter Flickenteppich der TAB
Auch die Standardisierung der Parametrierung aller Transformatoren in Deutschland würde den Netzanschluss wirksam erleichtern. Bisher werden bundesweit rund 300 Parameter an den Trafos eingestellt, unterschiedlich je nach Netzbetreiber.
Ein weiteres Hemmnis ist die vorgeschriebene Abregelungstechnik für Photovoltaikanlagen, auch wenn sie über einen Stromspeicher die Nulleinspeisung garantieren. Das verteuert die Anlage, statt die Sache zu vereinfachen.
Vorreiter in der Digitalisierung
Wie einfach der Netzanschluss funktionieren kann, erläutert Gerald Obernoster. Er leitet das Netzmanagement beim Netzbetreiber Klagenfurt und blickt auf drei Jahrzehnte Erfahrung mit Stromnetzen zurück. „Von der Anfrage bis zum Angebotsversand dauert es bei uns 30 Minuten“, erzählt er. „Wir haben den Prozess weitgehend digitalisiert, zumindest für Netzanschlussleistungen bis 30 Kilowatt.“
Der Netzbetreiber gehört mehrheitlich dem Bundesland Kärnten. Per Gesetz muss die Energiewirtschaft in Österreich mehrheitlich in öffentlicher Hand sein, deshalb hält das Land 51 Prozent an dem Netzbetreiber. Der Westen von Kärnten ist alpin strukturiert. Die Siedlungen und Stromabnehmer konzentrieren sich in den Alpentälern. Im Osten ist Kärnten hügelig und stark zersiedelt, mit weiten Netzmaschen.
8.000 Trafos verwaltet
Insgesamt 8.000 Trafos (Ortsnetze) und mehr als 9.000 Kilometer Niederspannungsnetze werden vom Netzbetreiber verwaltet. Durchschnittlich hängen 40 Zählpunkte an einem Trafo, daran bildet sich das ländlich sehr verteilte Netz ab. „Bisher haben wir zwei Terawattstunden Sonnenstrom integriert“, analysiert Obernoster. „Nach einem neuen Landesgesetz vom August 2022 müssen Anlagen innerhalb von zwölf Monaten angeschlossen werden.“
Das gilt, wenn der Anschluss die Erweiterung und Anpassung der Trafos erfordert. Bis 3,5 Kilowatt muss der Netzbetreiber sofort anschließen. Derzeit sind rund 200 Ortsnetze durch Solarstrom weitgehend ausgelastet, sie bedürfen der Erweiterung. „In den vergangenen drei Jahren haben wir einen dramatischen Anstieg der Anfragen erlebt“, berichtet der Experte. „2022 waren es allein mehr als 15.000 Anfragen für den Anschluss von Solarstromanlagen.“
In Kärnten ist die Anlagengröße für den Netzanschluss unerheblich. „Uns interessiert nur die Einspeiseleistung“, erläutert Obernoster. „Wenn jemand 100 Kilowatt auf seinen Dächern installiert und nur fünf Kilowatt einspeisen will, gehen wir von fünf Kilowattstunden aus.“
Anschlussleistung ist wichtig
Mittlerweile sind rund 220 Megawatt im Kärntener Netz installiert, 100 Megawatt warten auf den Anschluss. Insgesamt beträgt die Höchstlast im Netzgebiet 780 Megawatt.
Alle Anfragen bis 30 Kilowatt Anschlussleistung werden vom Netzbetreiber digitalisiert bearbeitet, innerhalb von 30 Minuten beantwortet und es wird ein Angebot für den Netzausbau erstellt. Zu diesem Zwecke wurden alle Ortsnetze und Trafos digital erfasst.
Automatisch werden Lastfluss und Spannungsabfall durchgerechnet, falls der Anschluss der Photovoltaikanlage gestattet wird. „Mit der Obergrenze von 30 Kilowatt Anschlussleistung erfassen wir rund 90 Prozent der Anlagen in Kärnten“, sagt Gerald Obernoster.
Bis 30 Kilowatt automatisiert
Nur zehn Prozent der Anlagen speisen höhere Leistungen ein. Alle Anlagen mit mehr als 30 Kilowatt kann man nicht automatisiert beantworten. „Dann braucht man zusätzliche Schutzvorrichtungen am Einspeisepunkt“, erläutert der Experte. „Das muss man genau betrachten.“
In Österreich gibt es keine Zertifizierungen. Es genügt die Unterschrift eines zertifizierten Elektrikers, um die Anlage übers Webportal des Netzbetreibers anzuschließen. Fazit: Die Digitalisierung bietet enorme Chancen, den Anschluss zumindest kleinerer Anlagen bis 30 Kilowatt zu vereinfachen.•
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