Wie schätzen Sie den Wechselrichtermarkt in Deutschland gegenwärtig ein?
Ralf Hofmann: Der Markt ist eingebrochen, das ist für uns sehr schwierig. Wir leben vom Ausland, zum Beispiel vom Erfolg unseres Tochterunternehmens in den USA. Dennoch konnten wir im schrumpfenden Markt in Deutschland, Österreich und der Schweiz unsere Anteile im vergangenen Jahr auf 14 Prozent erhöhen. In Deutschland sind uns viele Kunden weggestorben, einen solchen Zusammenbruch muss man erst einmal überleben.
Kurz vor der Krise hat Kaco New Energy in Neckarsulm ein sehr modernes Werk zur Fertigung von Wechselrichtern eröffnet. Drückt dieser Neubau auf Ihre Bilanz?
Zum Glück haben wir das Werk 5 damals nicht mit Banken finanziert, sondern aus dem Cashflow bezahlt. Deshalb hat uns diese Belastung nicht aus der Bahn geworfen. Zwar wird das Werk zurzeit nicht voll ausgelastet. Aber der neue Blueplanet 50.0 TL3 wird dort vom Fließband laufen wie die anderen Geräte ab zwei Kilowatt. Perspektivisch werden wir es auslasten.
Wie haben Sie die Krise verkraftet? Welche Konsequenzen ergaben sich für das Personal?
Weltweit arbeiten bei uns 616 Mitarbeiter von 850, die wir in den besten Zeiten hatten. Wir sind eine GmbH, da haben wir geringere Zwänge als eine Aktiengesellschaft. Derzeit findet der Aufbau von neuem Personal statt, aber außerhalb von Deutschland. Unser Ultraverter-System hat sich als Knaller entpuppt, damit werden wir ab Juli in den USA loslegen. Auch im Utility-Bereich haben wir endlich Fuß gefasst. Zurzeit arbeiten wir in den USA einen Auftrag im Umfang von 400 Megawatt ab. Viele haben uns prophezeit, dass wir uns daran verschlucken. Diese Prophezeiung ist nicht eingetreten.
Wie laufen die Geschäfte in Asien?
Im südkoreanischen Markt hatten wir 2014 einen sehr hohen Anteil von 80 Prozent, die kleinen Wechselrichter eingerechnet. In Korea haben wir 24 Megawatt mit batteriegekoppelten Wechselrichtern installiert, jeder mit 500 Kilowatt Leistung. Diese Anlagen laufen im Markt für Regelenergie. Ab Oktober bieten wir Geräte mit einem Megawatt Leistung an, ebenfalls mit Batterien gekoppelt. Rechnen Sie mal nach, wie viele Wechselrichter mit fünf Kilowatt Leistung man verkaufen müsste, um 24 Megawatt zu erreichen.
Das wären 4.800 kleine Geräte. Bedeutet dies, dass der Markt der kleineren Stringwechselrichter für Sie uninteressant wird?
Der Markt der kleinen Wechselrichter ist sehr kleinteilig. Da stellt sich die Frage, wie wir das weiterhin so abdecken können. Das sind sehr hoch integrierte Geräte mit sehr vielen Funktionen, aber die Kunden wollen dafür fast nichts mehr zahlen. Im Grunde genommen müssen Geräte mit drei oder fünf Kilowatt wie Toastscheiben vom Band laufen. Zudem stimmen der Betreuungsaufwand nach dem Verkauf und die Marge nicht mehr überein. Erst ab Wechselrichtergrößen von zehn oder 15 Kilowatt bessert sich die Situation. Je größer der Wechselrichter, desto einfacher wird es, Preis und Leistung in Deckung zu bringen.
Wie viele Wechselrichter haben Sie im vergangenen Jahr umgesetzt?
Wir haben global rund 1,3 Gigawatt Leistung verkauft. Dabei ist zu beachten, dass die Preise innerhalb von vier Jahren um rund 40 Prozent gefallen sind. Wir haben früher knapp eine halbe Milliarde Euro Umsatz gemacht. Schnell kommen wir dahin zwar nicht zurück, das ist abzusehen. Aber wir haben eine Strategie erstellt, wie wir dieses Niveau bis 2020 wieder erreichen.
Welche Geräte haben sich in den deutschsprachigen Märkten besonders bewährt?
Das ist der Powador 60.0 TL3 für 60 Kilowatt DC-Leistung und der davon abgeleitete Wechselrichter mit 72 Kilowatt. Er entspricht dem 60-Kilowatt-Gerät, hat aber eine höhere Ausgangsspannung. Unser neuer Wechselrichter mit 50 Kilovoltampere wiegt nur 72 Kilogramm: Er ist außerordentlich kompakt, man kann ihn noch an der Wand hängend montieren. Einige erfolgreiche Ausschreibungen von Freiflächenanlagen statten wir damit aus. Mal schauen, wie wir in Österreich und der Schweiz mit diesen neuen 50-Kilowatt-Geräten ankommen. Sie werden ab dem ersten Quartal 2016 ausgeliefert.
Spielt der deutsche Markt überhaupt noch eine Rolle für Kaco?
Auch wenn es mit dem Zubau schlecht läuft, so ist in Deutschland doch weltweit noch immer die meiste Photovoltaik installiert. Der deutsche Markt ist Vorbild für die Standardisierung, für die Regelung der Stromnetze, und er bietet einen Markt für das Repowering. Das wird sich entwickeln. Und unser Standort in Neckarsulm setzt immerhin rund 40 Prozent in Deutschland, Österreich und der Schweiz um, nach wie vor. Etwa 60 Prozent gehen ins vornehmlich europäische Ausland. Dazu addieren sich dann noch die Umsätze unserer Töchter in den USA und Südkorea.
Wie läuft Ihr Stromspeicher, der Powador Gridsave?
Das war eingangs ein hochpreisiges Produkt, aber die Installateure tun sich schwer, diese komplizierten Geräte auszulegen. Man muss den Speicher nach den Anforderungen des Lastmanagements planen und auslegen. In diesem Jahr bringen wir einen neuen Speicher, der eine Batterie von Saft verwendet. Er bietet eine Kapazität von zehn Kilowattstunden, das ist eines der wenigen Speicherprodukte in dieser Größe.
Wozu ist das neue Speichersystem gedacht?
Es wird helfen, in kleinen oder mittelständischen Unternehmen die Spitzen zu kappen, zum Beispiel Schaltspitzen, die beim Anfahren von Maschinen auftreten. Denn ab 30 Kilowatt bezahlt der Unternehmer für jedes Kilowatt zusätzlicher Anschlussleistung am Netz. Dabei braucht er die Spitzenleistung manchmal nur fünf Minuten lang, wenn zum Beispiel Stanzen und Pressen angefahren werden. Das läppert sich. Basis ist die Speicherbatterie Intensium Home 10M von Saft, sie arbeitet mit unserem neuen bidirektionalen 14-Kilowatt-Wechselrichter zusammen. Das System ist für beliebige AC-gekoppelte Installationen geeignet.
Sie erwähnten die Ultraverter, die ab Juli in den USA ausgeliefert werden. Was genau können die kleinen Wechselrichter?
Oberflächlich betrachtet sehen sie aus wie Mikrowechselrichter. Aber das stimmt nicht, denn die Ultraverter wandeln von DC nach AC auf Modulspannung. Die jeweils benötigte Netzspannung ergibt sich dann aus der Länge der Modulstrings. Damit sind sie überall auf der Welt unverändert einsetzbar. Das Ultragate als zentrale Schnittstelle zum Netz wird über den Laptop des Installateurs konfiguriert. Mit diesem System sind die Ultraverter ein universell verwendbares Produkt, das aufgrund der geringen Spannungen und Ströme relativ kostengünstig produziert werden kann. Klassische Modulwechselrichter setzen die DC-Spannung aus den Modulen direkt in Netzspannung um. Das tun wir nicht. Weil die Belastung der kleinen Wechselrichter viel geringer ist, gibt es kaum Probleme mit der Abwärme und keine Lichtbögen bei nicht fachgerechter Trennung. Es ist ein sicheres Produkt für jedes Netz.
Kommen die Ultraverter auch nach Deutschland?
Ab Januar 2016 werden wir sie in Europa ausrollen. Anfangs werden sie in Anlagen mit zehn bis 20 Kilowatt eingesetzt, dort sehen wir die größten Potenziale. Möglicherweise auch bei Anlagen von 1,7 bis fünf Kilowatt. Das wird man sehen. Allerdings ist unser Blueplanet 5.0 TL3 in diesem Anlagensegment sehr gut platziert. In großen Solarparks wird man die Ultraverter sicher erst im zweiten Schritt platzieren.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Kaco New Energy/Saft
Neuer Stromspeicher mit zehn Kilowattstunden
Kaco und Saft bieten gemeinsam eine neue Speicherlösung, die zwei neue Produkte kombiniert. Sie besteht aus dem dreiphasigen, bidirektionalen Batteriewechselrichter Blueplanet Gridsave 14.0 TL3 und der Lithium-Ionen-Batterie Intensium Home 10M. Dieses Paket ist für private und gewerbliche Prosumer geeignet, die ihren Eigenverbrauch steigern wollen.
Der Blueplanet Gridsave 14.0 TL3 wird an AC-Quellen gekoppelt, zum Beispiel an den Wechselrichter einer Photovoltaikanlage. Er belädt den Speicher mit elektrischer Energie. Der Intensium Home 10M besteht aus fünf Lithium-Ionen-Batteriemodulen mit einer Leistungsaufnahme von zehn Kilowatt und einer Kapazität von zehn Kilowattstunden. Das Paket ist ideal für Anwendungen bis 30 Kilowatt Leistung.
Neben gesteigertem Eigenverbrauch hat dieses Speichersystem die Fähigkeit, als Teil eines Schwarmspeichers zu fungieren. In solch einem Schwarm werden zahlreiche dezentralisierte Speicher zusammengefasst, um Angebot und Nachfrage im Stromnetz auszubalancieren oder um den Netzbetreibern finanziell attraktive Dienstleistungen anzubieten. Das intelligente Energiemanagementsystem erlaubt die Fernsteuerung der Speicher über das Internet oder andere Kommunikationsschnittstellen, um beispielsweise vom Eigenverbrauch auf Frequenzregulierung umzuschalten.
Ralf Hofmann
ist gelernter Feingeräteelektroniker, der 1985 nach Realschulabschluss und Lehre sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg machte. Danach ging er an die Fachhochschule in Heilbronn, erhielt 1990 sein Diplom als Elektroingenieur. Anschließend war er als Entwickler für Leistungselektronik bei Kaco Elektrotechnik tätig. Ab 1995 leitete er den Profitcenter Gerätetechnik des Unternehmens. 1998 übernahm der heute 53-Jährige seine Abteilung in Heilbronn-Sontheim, die Kaco Gerätetechnik wurde ausgegründet. Nach dem Buyout durch Hofmann als geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafter stieg das Unternehmen zu einem der weltweit wichtigsten Hersteller von Solarwechselrichtern auf, mit zeitweise 850 Mitarbeitern und 400 Millionen Euro Umsatz im Jahr. 2009 wurde die Firma in Kaco New Energy umbenannt, mit dem Hauptsitz in Neckarsulm.