Ichnussa nannten die alten Griechen die Insel Sardinien, da ihre Form sie an einen riesigen Fußabdruck erinnerte. Den ökologischen Fußabdruck gilt es künftig allerdings so klein wie möglich zu gestalten. Jeder Urlauber, der mit dem Auto über die bergige Insel Sardinien fährt, erkennt schnell, dass er sich in einem Schlaraffenland für Ökostrom befindet. Wind und Sonne sind im Überfluss vorhanden. Und weder die Sonne noch der Windgott schicken eine Rechnung.
Auf Inseln wie Sardinien oder Sizilien erzeugen Wind und Sonne gemeinsam bereits fast jede dritte Kilowattstunde. Nur muss dieser Ökostrom auch ins Netz integriert werden. Ein Problem entsteht beispielsweise, wenn das Inselnetz vom italienischen Netz auf dem Festland abgekoppelt wird. Frequenzschwankungen durch viel Ökostrom sind dann noch schwerer beherrschbar. Der Netzbetreiber Terna investiert deshalb in den Ausbau einer Speicherinfrastruktur auf Sardinien sowie auf Sizilien. In einer ersten Phase sollen zunächst unterschiedliche Speichertechnologien evaluiert werden.
Die Berliner Firma Younicos hat gemeinsam mit dem Zellhersteller Samsung SDI und dem Projektierer Green Utility einen Batteriespeicher mit einem Megawatt Leistung und einer Megawattstunde Kapazität für Terna geliefert. Das Projekt nutzt unter anderem die Software von Younicos für die Frequenzregelung und das Batteriemanagement. So wird fluktuierender Ökostrom in Sekundenbruchteilen ausbalanciert und es können mehr thermische Kraftwerke oder Dieselgeneratoren abgeschaltet werden.
Auch eine Flow-Batterie installiert
Uni Energy Technologies aus den USA hat eine Vanadium-Redox-Flow-Batterie für das Projekt auf Sizilien beigesteuert. Sie hat 450 Kilowatt Leistung und 1,44 Megawattstunden Kapazität. Damit ist diese Batterie weniger für die schnelle Bereitstellung von Leistung gedacht. Das Unternehmen baut als eines der wenigen große Flow-Batterien in einen Container mit Megawattkapazität. Eine weitere Lithiumbatterie liefert zudem der japanische Konzern Toshiba. Nach Abschluss der Laborphase will Terna Aufträge für weitere 24 Megawatt Speicher für die Netze auf Sardinien und Sizilien vergeben. Mit dem Speicherprogramm ist Terna ein Vorreiter für die Integration von Energiespeichern, um ein stabiles Netz zu sichern. Bisher wurden Großspeicher vor allem dazu eingesetzt, möglichst hohe Einnahmen beim Energiehandel an der Börse zu gewinnen.
Der Ausbau der Batteriespeicher basiert auf einem sogenannten Netzverteidigungsplan aus dem Jahr 2012, der vom Wirtschaftsministerium genehmigt wurde. Auf Sardinien und Sizilien sollen laut Plan nach und nach Batteriesysteme mit 40 Megawatt Leistung entstehen.
Nach Sizilien ist Sardinien die zweitgrößte Insel im Mittelmeer. Immerhin leben allein auf Sardinien rund 1,7 Millionen Einwohner, die sicher von Terna mit Strom versorgt werden wollen.
Der Name Terna steht für Trasmissione Elettricità Rete Nazionale. Dahinter steht ein Energieversorger mit Sitz in Rom, der aber zugleich auch der zentrale Netzbetreiber für das italienische Stromnetz auf der Höchst- und Hochspannungsebene ist. Terna unterhält mehr als 90 Prozent des italienischen Stromnetzes. Das Transportnetz umfasst insgesamt 63.500 Kilometer, eingebunden sind 445 Umspannwerke und drei Leitwarten zur Netzsteuerung. Somit ist Terna der größte Stromnetzbetreiber Europas. Der italienische Staat ist mit knapp 30 Prozent an dem Unternehmen beteiligt, den Rest halten institutionelle Anleger und Einzelaktionäre.
Acht Milliarden Euro für Netzausbau
Um die teilweise veraltete und unzureichende Kabelinfrastruktur zu ersetzen, plant der Netzbetreiber, innerhalb von zehn Jahren bis 2022 über acht Milliarden Euro ins Stromnetz zu investieren. Es sollen mehr als 1.200 Kilometer Stromtrassen neu errichtet und 850 Kilometer alter Trassen demontiert werden. Auch neue Netzverbindungen nach Frankreich und Montenegro sind geplant.
Auch bei den Stromnetzen hält Sardinien eine Sonderstellung: Die Hochspannungsgleichstromtrasse Sacoi zwischen Sardinien, Korsika und dem italienischen Festland war die älteste ihrer Art. Sie soll nun durch die neue Stromtrasse Sapei ersetzt werden. Insgesamt ist das neue Kabel 420 Kilometer lang. Es handelt sich um die tiefste je verlegte Gleichstromverbindung. Sie verläuft an der tiefsten Stelle 1.600 Meter unter dem Meeresspiegel.