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BIPV-Konferenz in Bern zeigt den Weg in die Fassade

Die Branche der Anbieter von fassadenintegrierten Photovoltaiklösungen müssen näher an den Markt. Sie müssen mit Partnern in der Baubranche und der Architektur kooperieren. Denn in Zukunft wird die Solarfassade zum Standard werden müssen, um die Gebäuderichtlinien von morgen zu erfüllen. Die Produkte gibt es. Auch der Preis ist längst nicht mehr entscheidend. Da sind sich die Teilnehmer der Conference on Advanced Building Skins einig.

Ohne Solarmodule an der Fassade wird in Zukunft der Bau von neuen Gebäuden kaum noch funktionieren. Da sind sich alle Teilnehmer der Conference on Advanced Building Skins einig. Die Konferenz findet in diesem Jahr schon zum elften Mal statt. War sie bisher im norditalienischen Bressanone (Brixen) zu Hause, zog sie im vergangenen Jahr in die Schweizerische Hauptstadt Bern, wo sie auch in diesem Jahr stattfindet.

Alle relevanten Akteure sind in Bern vertreten

Doch es hat sich noch mehr entwickelt, jenseits steigender Teilnehmerzahlen und dem Umzug in die Schweiz. Zum einen nimmt die Gebäudeintegration einen immer prominenteren Platz im Programm der Konferenz ein. Außerdem hat sich auch der Schwerpunkt leicht verschoben. Ging es in den vergangenen Jahren vor allem um die Präsentation technologischer Entwicklungen die die Vorstellung neuster Forschungsergebnisse, stehen in diesem Jahr neben den konkreten Produkten vor allem Geschäftsmodelle im Mittelpunkt der Konferenz, auf der sich Architekten, Vertreter der Bauwirtschaft und der Photovoltaikindustrie über die Gestaltung der Gebäudehülle der Zukunft austauschen. Dies sind genau die drei zentralen Akteure, die sich zusammentun müssen, um die gebäudeintegrierte Photovoltaik aus der Nische zu führen und die Fassade von einem passiven Gebäudeteil zu einem aktiven Teil des Energiekonzepts zu machen. „Wir müssen die Fassade und die Photovoltaik kombinieren“, fasst David Müller, Marketingleiter der Photovoltaiksparte des Chemiekonzerns Merck. Das Darmstädter Unternehmen ist einer der Hauptlieferanten von organischem Halbleitermaterial für den Nürnberger Hersteller Hersteller von organischen Solarfolien Belectric OPV. „Bisher hat die Fassade keine Funktion außer einer architektonischen“, sagt Müller.

Solarfassaden auch für das Wohnhaus

Dies wird sich in Zukunft ändern müssen. Denn das Ziel der EU ist, bis 2021 nur noch Neubauten zuzulassen, die kaum noch ein Minimum an Primärenergie verbrauchen. Diese sogenannten Nearly Zero Energy Buildings werden wiederum nur noch mit Photovoltaik realisierbar werden. Allerdings wird die Dachfläche vor allem bei hohen Gebäuden nicht ausreichen. In diesem Segment muss zuerst die Fassade zwingend energetisch aktiviert werden. Dies muss aus Sicht des Laurent Quittre, Präsident des belgischen Hersteller von gebäudeintegrierten Solarmodulen Issol das nächste Segment sein, auf dass sich die Anbieter der Komponenten und Lösungen konzentrieren werden. Denn die Phase der Pilotprojekte, die man mit innovativen Architekten realisiert, sein inzwischen geschafft, betont er. Jetzt muss die Solarfassade zum Standard im Hausbau sein. Da sind zunächst die Bürogebäude und die Gewerbebauten im Blick. „In einigen Jahren werden wir sogar in den Markt der kleineren Wohngebäude vordringen“, stellt Quittre in Aussicht. DAS tut er zwar mit Blick auf sein Unternehmen. Es ist aber auch das Ziel der gesamten BIPV-Branche.

Dazu müssen aber immer noch die Hürden überwunden werden, an denen die BIPV in den letzten Jahren immer wieder gescheitert ist. Die sieht Quittre immer noch in der fehlenden Wahrnehmung durch das Gros der Architekten. „Auch die Bauindustrie und Fassadenhersteller müssen die Möglichkeiten kennen, die die BIPV ihnen bietet“, betont Quittre. „Die Branche braucht aber auch mehr Akteure. Es beschäftigen sich zu wenige Anbieter in Europa mit der BIPV und diese Anbieter sind eher kleine Unternehmen. Es gibt in Europa keinen großen Anbieter, der das Thema Gebäudeintegration entsprechend forcieren kann.“

Farbige Module sind der neuste Trend

Schließlich gibt es die Produkte, die inzwischen so weit ausgereift sind, dass sie den Anforderungen lägst entsprechen. Selbst Module in unterschiedlichen Farben sind schon längst möglich und auf dem Markt. „Solche farbigen Module sind der neuste Trend in der BIPV“, betont Dieter Moor, Geschäftsführer des österreichischen Herstellers von kundenspezifischen Modulen Ertex Solar. Doch immer noch hält sich hartnäckig die Einstellung, dass gebäudeintegrierte Module zu teuer wären. Dass dem nicht so ist, hat Laurent Quittre ausgerechnet. Er präsentiert eine Tabelle, in der er die zusätzlichen Kosten für die Solaranwendung im Vergleich zu den herkömmlichen Fassadenmaterialien darstellt. „Im Durchschnitt liegt der Preis für eine Fassade mit Solarmodulen um etwa 400 Euro pro Quadratmeter inklusive Mehraufwand für Verkabelung und Installation über der, die mit konventionellen Fassadenmaterialien ausgestattet ist“, rechnet er vor.

Mehrkosten in fünf Jahren eingespielt

Doch Quittre rechnet diesen Mehrpreis gegen den zusätzlichen Nutzen der Photovoltaik in der Fassade. Wenn sie auch nicht optimale zur Sonne ausgerichtet ist, erzeugt sie trotzdem Strom, der im Gebäude verbraucht werden kann. „Insgesamt wird sich auf diese Weise der Mehraufwand für eine Photovoltaikfassade innerhalb von fünf Jahren amortisieren“, fasst er seine Ergebnisse zusammen. „Nach dieser Zeit wird die Solarfassade sogar preiswerter als eine herkömmliche Fassade.“ Schließlich produzieren die Module weiter Strom und bezahlen so die Fassade mit.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Dieter Moor. Sicherlich werde die Solarfassade im Vergleich zur normalen und billigen Putzfassade kaum konkurrenzfähig sein. Doch bei den hinterlüfteten und vorgehängten Fassaden ist der Unterschied zum herkömmlichen Material nur noch gering. Etwas größer ist er bei Isolierglasfassaden. Doch in diesem Segment habe die Photovoltaik noch einen doppelten Nutzen. Denn neben der Stromproduktion ist sie auch in der Lage, den Wärmeeintrag ins Gebäude aufgrund der Verschattung der Räume und damit den Energieaufwand für die Klimatisierung zu verringern. (Sven Ullrich)