Fassaden, Balkone, Fenster – alle verfügbaren Flächen am Gebäude müssen genutzt werden. Besonders geeignet ist die Parallelverschaltung der Solarpaneele. Doch sie stellt Installateure und Hersteller vor neue Herausforderungen.
Innerhalb der kommenden 30 Jahre sollen die Menschen in Deutschland klimaneutral wohnen, arbeiten und sich fortbewegen. So steht es zumindest im sehr umfangreichen Klimaschutzplan 2050, den die Bundesregierung im November 2016 aufgestellt hat. Was dieser Plan jedoch vermissen lässt: Mit welchen konkreten Maßnahmen soll das erreicht werden?
Viel hilft viel!
Fest steht, dass die Energiesparvorschriften für Bauherren und Gebäudeeigentümer stetig verschärft werden. Manche Städte wie Stuttgart und Tübingen machen Photovoltaikanlagen bei Neubauten zur Pflicht. Spätestens seit 2018 ist der Effizienzstandard KfW 40 nur noch mit einer Kombination moderner Dämmstoffe, Lüftungsanlage, Wärmepumpe, Photovoltaik und Batteriespeicher zu erreichen.
Aber wie sieht es im Gebäudebestand aus? Mit Dämmung und einer neuen Heizung ist es da noch lange nicht getan. Durch Photovoltaik lassen sich aber sogar Bestandsgebäude mit älterer Bausubstanz zu Plusenergiehäusern machen, wie ehrgeizige Sanierungsprojekte immer wieder beweisen. Und wenn das Dach nicht reicht, muss eben die Fassade herhalten. Hier gilt der Grundsatz: Viel hilft viel!
Aus Elektronik wird Baumaterial
Um die künftigen energetischen Anforderungen an Gebäude und letztendlich auch die Klimaschutzziele zu erfüllen, müssen Photovoltaikanlagen auf Dächern und an Fassaden so allgegenwärtig und selbstverständlich werden wie Wärmedämmung.
Erste Baustoffe mit integrierten Photovoltaikelementen sind bereits verfügbar und erprobt. Dazu zählen Dachziegel und Fenster mit einlaminierten Silizium-, Organik- oder Dünnschichtzellen. Sobald die Entwicklungskosten abgeschrieben sind und die Massenproduktion angelaufen ist, werden die Preisunterschiede spürbar schrumpfen.
Auf den ersten Blick steht dem Durchbruch der gebäudeintegrierten Photovoltaik in absehbarer Zeit also nichts entgegen. Von der Idee bis zur fertigen Anlage sind allerdings einige Hürden zu nehmen. Denn längst nicht jeder Architekt, Glaser, Dachdecker oder Fassadenbauer ist mit den Besonderheiten und Risiken vertraut, die es bei der Photovoltaik zu berücksichtigen gilt.
Zum Beispiel ist es keine gute Idee, Solarzellen in Fenster zu integrieren und diese dann so einzubauen, dass zu jeder Tageszeit ein Schlagschatten auf den Zellen liegt. Die Anlage soll nicht nur gut aussehen, sondern wie gewünscht funktionieren. Deshalb ist es von Anfang an sinnvoll, einen erfahrenen Elektrofachbetrieb oder Solarteur ins Projekt einzubinden.
Die Verschaltung entscheidet
Wie Gutachter bestätigen, sind aber selbst Betriebe, die regelmäßig Photovoltaikanlagen errichten, hin und wieder mit der fachgerechten Planung und Installation überfordert. Wo Menschen arbeiten, da passieren Fehler. Und wo viele Menschen (und Gewerke) zusammenarbeiten – erst recht.
Durch Planungsfehler können dem Betreiber zwar Ertragsverluste, aber durch falsche Handhabung oder Installation sogar Sicherheitsprobleme entstehen, wenn sie nicht entdeckt werden.
Eine Photovoltaikanlage ist mehr als die Summe ihrer Teile. Oft entscheiden die Anordnung und Verschaltung der einzelnen Elemente, wie gut die Anlage ihren Zweck erfüllt. Wenig überraschend ist, dass Fassaden durch Nachbargebäude oder hervorstehende Gebäudeteile deutlich stärker von Verschattungen bedroht sind, als eine Dachanlage.
Hohe Spannungen durch Reihenschaltung
Solargeneratoren stehen normalerweise unter hohen Gleichspannungen, durch die Reihenverschaltung der Module. Somit ist auch die Leistung größer, die von einem Anschlusskabel oder Steckverbinder übertragen werden muss.
Selbst bei korrekter Installation ist stets das Risiko vorhanden, dass durch Alterung oder Defekte unsichere Betriebszustände entstehen, die zu Bränden oder Stromschlägen führen. Diese Risiken müssen auch bei BIPV-Anlagen berücksichtigt werden. Durch fehlende Hinterlüftung und Nähe zu Menschen (Berührungsschutz) wird die Gefahr verschärft. Ein Solarfenster könnte im Brandfall zu einem unüberwindlichen Hindernis werden (stark gekürzte Fassung).
Der Autor ist Tobias Schwartz, Geschäftsführer von Solar Invert in Freiberg am Neckar.
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