Münchner Forscher haben eine tiefen Einblick in die einzelnen Phasen der Herstellung von organischen Solarzellen geschafft. Dabei haben sie herausgefunden, was eigentlich beim Aufbringen und Trocknen der einzelnen Schichten passiert. Mit den Erkenntnissen können sie gezielt den molekularen Aufbau der Zellen beeinflussen und die Effizienz erhöhen.
Forschern der Technischen Universität München (TUM) ist ein tiefer Blick ins Innere von organischen Solarzellen gelungen. Sie sehen im Blick auf die Nanoebene der Anordnung der molekularen Bausteine des Halbleitermaterials die Möglichkeit, den Wirkungsgrad der Zellen zu verbessern. Schließlich ist diese wichtig für die Energieumwandlung. Die noch geringe Effizienz der organischen Solarzellen im Vergleich zu den kristallinen Zellen ist immer noch eine der Hürden bei der Vermarktung von organischen Solarfolien – trotz ihrer spezifischen Vorteile gegenüber den kristallinen Siliziummodulen. Die Forscher hatten Erfolg. Sie haben jetzt die Vorgänge bei der Herstellung der organischen Solarzellen auf molekularer Ebene in Echtzeit beobachtet. Das ist ein riesiger Schritt bei der Entwicklung von effizienteren organischen Solarzellen. Schließlich war bisher nicht bekannt, wie sich die Moleküle genau beim Drucken der Solarzellen zueinander anordnen und wie die Kristalle während des anschließenden Trockungsvorgangs wachsen. „Um die Anordnung der Bausteine gezielt beeinflussen zu können, müssen wir verstehen, was auf molekularer Ebene passiert“, erklärt Eva M. Herzig von der Munich School of Engineering der TUM.
Eine experimentelle Herausforderung
Solche kleinen Strukturen innerhalb eines trocknenden Films zeitaufgelöst zu messen ist eine experimentelle Herausforderung, die die Forscher um Herzig angenommen haben. Mit dem Wissen, das die Forscher der TUM gewonnen haben, können jetzt die Entwickler gezielt auf das Wachstum der organischen Halbleiterkristalle Einfluss nehmen. Sie können jetzt vor allem die Grenzfläche zwischen den Donator- und Akzeptorschichten gezielt vergrößern. Denn diese Grenzschicht zwischen der Elektronen abgebenden und Elektronen aufnehmenden Schicht ist entscheidend für den Ladungstransport.
Konkret haben die Forscher die Prozesse während des Druckens eines Kunststofffilms mit Röntgenstrahlung sichtbar gemacht. Dabei identifizierten sie verschiedene Phasen, die beim Trocknen des Films ablaufen. In der ersten Phase verdampft das Lösungsmittel. Dadurch erhöht sich die Konzentration der Kunststoffmoleküle im noch feuchten Film immer weiter. Je mehr Lösungsmittel verdampft, um so höher konzentriert das Material. Ab einer gewissen Konzentration kristallisiert es in einer zweiten Phase aus und beginnt es als Elektronenlieferant, als sogenannter Donator, zu fungieren. Gleichzeitig bilden die Moleküle der die Elektronen aufnehmenden Schicht, dem sogenannten Akzeptor, Aggregate.
Langsamer ist besser
Die Donatorkristalle vergrößern sich sehr schnell. Dadurch schieben sich auch die Aggregate der Elektronenakzeptoren weiter zusammen. „Dieser Prozess legt die Abstände der Grenzflächen zwischen den beiden Materialien fest“, erklärt Eva M. Herzig. „Diese sind entscheidend für die Effizienz. Um die Solarzellen zu verbessern, muss daher bei diesem Prozessschritt angesetzt werden“, betont sie. „Die Geschwindigkeit der Herstellung spielt eine wichtige Rolle“, ergänzt Stephan Pröller, Doktorand der TUM. Er hat die Röntgenuntersuchung vorgenommen und die Phasen identifiziert, in denen die organischen Solarzellen auskristallisieren. „Bei schnelleren Trocknungsvorgängen bleibt der Ablauf zwar gleich. Allerdings beeinflussen die von den Materialien gebildeten Aggregate und Kristalle den weiteren Verlauf der Strukturbildung“, beschreibt Pröller den Ansatz, wie die Hersteller von OPV-Folien Einfluss auf die Effizienz ihrer Zellen nehmen können. „Eine langsamere Strukturbildung wirkt sich positiv auf die Effizienz der Solarzellen aus.“
Hat sich die eigentliche Struktur der einzelnen Schichten und ihrer Grenzflächen ausgebildet, finden in einer letzten Phase noch Optimierungsprozesse innerhalb der jeweiligen Materialien statt. Dazu gehört unter anderem die Verbesserung der Packungsdichte in den Kristallen.
Kontrolle über die Anordnung gewinnen
In einem nächsten Schritt wollen die Münchner Forscher die gewonnenen Kenntnisse der Abläufe nutzen, um gezielt mit weiteren Parametern die Kontrolle über die Anordnung der Materialien zu bekommen. Diese Ergebnisse sollen dann in die industrielle Herstellung übertragen werden. So könnte der Produktionsprozess optimiert und der Wirkungsgrad der organischen Solarzellen drastisch erhöht werden, auch mit den jetzt schon eingesetzten Materialien. (Sven Ullrich)