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Für die Zukunft geplant

Wie ein Monolith stand der dunkelgraue Klotz von Wohnhaus in der Eislebener Straße im Bremer Stadtteil Vahr, unweit des Stadtzentrums. Bei einem Primärenergiebedarf von 227 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr war das Gebäude längst nicht mehr zeitgemäß. Denn in Zukunft – so sieht es eine Richtlinie der Europäischen Union vor – sollen alle Gebäude einen Niedrigstenergiestandard erfüllen. Zunächst ist die bis Ende 2018 für Behördengebäude vorgesehen. Bis Ende 2020 gilt sie für alle Gebäude. Schon seit Anfang 2016 gilt bereits, dass der Primärenergiebedarf eines Gebäudes um 25 Prozent sinken muss.

Um die Bedingungen der Zukunft schon jetzt zu erfüllen, hat sich der Eigentümer des Bremer Mehrfamilienhauses, die Gewobag Wohnen und Bauen, zu einer umfassenden Modernisierung des Gebäudes entschlossen. Das Ziel: Es sollte bis auf den Standard eines KfW-55-Effizienzhauses gebracht werden.

Dämmung reicht nicht aus

Damit hat die Gewobag sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, denn der Energieverbrauch musste nicht nur erheblich reduziert werden, sondern das Gebäude musste selbst Strom erzeugen. Denn immerhin strebte die Wohnungsbaugesellschaft damit an, dass der Primärenergieverbrauch bis auf 55 Prozent der Vorgaben in der Energieeinsparverordnung (EnEV) sinken muss.

Am Ende darf das Gebäude nur noch etwa 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr an Primärenergie verbrauchen. Um eine solche Reduzierung zu schaffen, musste gleich ein ganzes Paket von Maßnahmen her. Denn eine dickere Wärmedämmung von Fassade, Dach und Kellergeschoss reicht nicht aus, um die hohen Standards zu erreichen. Sie ist zwar dazu geeignet, Heizenergie zu sparen. Doch stößt sie zunehmend an ihre Grenzen, und in Zukunft werden Gebäude immer mehr Strom für Kühlung und Lüftung verbrauchen.

Die Gewobag zeigt mit diesem Gebäude, was alles möglich ist, wenn man mehr Aufwand betreibt als bei den meisten sonst üblichen energetischen Modernisierungen. Sie haben die Gebäudehülle mit Photovoltaikanlagen zum Stromerzeuger gemacht. Doch der Platz auf dem Dach allein hätte nicht ausgereicht, um so viel Strom zu erzeugen, wie notwendig gewesen wäre. Auf dieses Problem werden in Zukunft alle Eigentümer höherer Gebäude stoßen. Denn dort müssen sich die Solarmodule den Platz mit Fahrstuhlschächten, Lüftungsanlagen, Funkmasten und anderen Einrichtungen teilen. Deshalb haben die Bremer auch die Fassade energetisch aktiviert und zusammen mit den Planern von Lithodecor eine vorgehängte, hinterlüftete Solarfassade in das Gebäude integriert.

Wärmebrücken vermeiden

Das hat gleich zwei Vorteile. Zum einen erzeugt das Gebäude dann ausreichend Strom, um die strengen Vorgaben zu erfüllen, die für ein KfW-55-Effizienzhaus nötig sind, und die auch den künftigen europäischen Gebäuderichtlinien entsprechen. Zum anderen kann bei einer vorgehängten, hinterlüfteten Solarfassade der Luftstrom hinter den Modulen die Wärme abtransportieren, sodass die Module nicht an Leistung verlieren, wenn sie bei Sonnenschein warm werden. Zudem lässt der Abstand zwischen Solaranlage und Kaltfassade genügend Raum für die Verkabelung der Module und die Anbindung an die Wechselrichter.

Lithodecor hat schon eine Reihe solcher Projekte entwickelt, geplant und errichtet. Um das Vorhaben in Bremen zu realisieren, musste zunächst die alte Fassadenverkleidung komplett abmontiert werden, die noch aus dem Jahr 1972 stammte. In diesem Jahr wurde das Haus gebaut. Danach haben die Installateure die Unebenheiten des Untergrunds ausgeglichen und so die gesamte Fassade auf ein einheitliches Niveau gebracht. Um Wärmebrücken zu vermeiden, wurden schließlich auch die alten Balkone abmontiert und durch neue und geräumigere Vorstellbalkone ersetzt.

Nach einem statischen Nachweis der Tragfähigkeit der Unterkonstruktion haben sie die Monteure mit Ankern direkt am Mauerwerk befestigt und die Dämmung zwischen Fassade und der späteren Modulfläche angebracht. An diese Anker haben sie senkrechte Tragprofile geschraubt, auf die dann nur noch die Traversen geschraubt werden. In die unterste Traverse schraubt der Installateur zwei Modulklammern, in die er das erste Paneel stellt. Oben befestigt er dieses mit zwei weiteren Modulklammern, nachdem er es auf der Rückseite angeschlossen hat.

Anbindung kaum sichtbar

Der Vorteil des Systems ist, dass die Unterkonstruktion flexibel ist, was die Größe der Module angeht. Auf diese Weise kann der Monteur problemlos verschieden große Module nebeneinander auf die Unterkonstruktion installieren und durch diese Oberflächenvarianzen den Architekten eine Gestaltungsfreiheit bieten, die sie auch mit anderen Fassadenmaterialien genießen. Zudem werden während der Montage sogenannte Glasanlageprofile befestigt, die später das Modul fest in die Klammern einspannen und den Wind ablasten, der auf die Module drückt. Durch die filigranen Halteklammern, mit denen die Module installiert sind, sind sie kaum sichtbar mit der Unterkonstruktion verbunden.

Module sind Bestandteil des Gebäudes

Auf diese Weise entstand auf der Süd- und Ostseite des Gebäudes eine riesige Solarfassade mit anthrazitfarbenen, rahmenlosen, für die Gebäudeintegration baurechtich abgestimmten Glas-Glas-Modulen, die einen guten Kontrast zur weißen Fassadenoberfläche bilden, die nicht mit der Solaranlage belegt wurde.

Schließlich sind fassadenintegrierte Photovoltaikmodule ein Bestandteil des Gebäudes und müssen als solche baurechtlich abgestimmt werden. Es sind Bauprodukte, aus denen zusätzlich Strom generiert wird. Dazu müssen die BIPV-Module eine entsprechende Eignung mitbringen. Zusätzlich müssen sie mit einem für die Installation solcher Module in die Fassade tauglichen Haltesystem montiert werden.

Auch an der Westseite des Gebäudes haben die Installateure gleich drei Teilstücke mit den Solarmodulen belegt, den durch die Gebäudevorspünge zu oft verschatteten Bereich aber ebenfalls weiß abgesetzt. Auf dieser Seite wurden zudem die Brüstungen der Balkone mit Solarmodulen ausgestattet, da sie weit genug von den Vorsprüngen entfernt sind, um weniger von der Verschattung betroffen zu sein.

Auch an die Balkonbrüstungen auf der Süd- und Ostseite des Gebäudekomplexes haben die Monteure Solarmodule installiert. Diese sind aus einem neun Millimeter starken Glasverbund aufgebaut, in dem sich eine hauchdünne Halbleiterschicht befindet. Die Dünnschichtmodule wurden speziell für das Projekt in Bremen angefertigt, um eine optimale Belegung der gesamten Bestandsfläche zu ermöglichen. Nur auf der Nordseite sind keine Module angebracht. Um diese dennoch mit in das gesamte Energiekonzept einzubeziehen, wurde diese Fassadenseite – genauso wie das Dach – teilweise begrünt.

Insgesamt haben die Installateure 569 Quadratmeter der Fassadenfläche mit gebäudeintegrierten Photovoltaikmodulen belegt. Das sind 17 Prozent der gesamten nahezu 3.500 Quadratmeter großen Fassadenfläche des Gebäudekomplexes.

Die Planer haben ausgerechnet, dass die Solarfassaden zusammen mit einer weiteren Anlage auf dem Dach des Gebäudes jedes Jahr 35.000 Kilowattstunden Strom produzieren.

Strom wird im Gebäude verbraucht

Zwar liegt der Ertrag von senkrecht an der Fassade installierten Modulen nur bei etwa 72 Prozent der Energieproduktion eines optimal zur Sonne ausgerichteten Paneels. Doch sie sind in den Morgen- und Abendstunden, wenn die Sonne tiefer steht, besser geeignet als ein System, das vor allem auf den maximalen Stromertrag bei höher stehender Sonne abzielt. Das verstetigt die Stromausbeute über den ganzen Tag hinweg. Den gleichen Vorteil haben die Fassadensysteme in den Wintermonaten, wenn die Sonne ebenfalls tiefer steht. Zudem bleibt kein Schnee auf den Modulen liegen.

Ein Teil des an der Fassade in Bremen erzeugten Stroms wird direkt im Gebäude verbraucht. Den Rest speisen die Anlagen in das städtische Versorgungsnetz. Auf diese Weise verbrauchen die Bewohner der 36 Wohnungen im Gebäudekomplex in Kombination mit den weiteren Modernisierungsmaßnahmen im Schnitt nur noch etwa 40 Kilowattstunden Primärenergie pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr. Denn der Energieertrag der Photovoltaikanlagen wird bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs nach der EnEV mit bilanziert. Indem die Fassade zum Energieerzeuger wurde, konnte eine noch dickere Dämmung eingespart werden.

www.lithodecor.de

Avancis

Skalierbares CIS-Modul

Der Modulhersteller Avancis aus dem sächsischen Torgau hat ein neues Architekturmodul namens Skala entwickelt. Es ist in unterschiedlichen Farben und Größen erhältlich. Außerdem kann es im Quer- oder Hochformat verbaut werden. Die Befestigung erfolgt mit Backrails auf der Modulrückseite und ohne sichtbare Klemmung auf der Vorderseite.

Die Dünnschichtmodule haben im Vollformat eine Leistung von 135 Watt. Darüber hinaus besitzt Skala Black in seiner Standardgröße die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, sodass zeit- und kostenaufwendige Einzelprüfungsverfahren entfallen.

www.avancis.de

Sunovation

Gewölbtes Modul

Auf der Glastecc präsentierte Sunovation ein gewölbtes Modul, das zur Fassadengestaltung eingesetzt werden kann. Die Silikon-Verbundglas-Konstruktion von Sunovation ermöglicht es, auch sehr große Module mit einer starken Wölbung herzustellen. Die Module können wahlweise konvex oder konkav gewölbt angefertigt und in der Bedruckung der Ästhetik des Fassadendesigns angepasst werden. Die Gläser sind warm verformt und benötigen zur Montage keinen Rahmen, der die Wölbung unterstützt. Das schonende Einbettungsverfahren verhindert Zellbruch. Die Module können einen Maximalradius von einem Meter haben. In der vorgestellten Ausführung sind die Module 228 Zentimeter hoch, wobei die Abmessung des Bogens 133 Zentimeter beträgt. Sie haben eine Fläche von rund drei Quadratmetern und wiegen 97 Kilogramm. Mit 112 Mono-Perc-Zellen wird eine nominale Modulleistung von 520 Watt erreicht.

www.sunovation.de

Si Module

Mit Farbraster bedruckt

Die Solarmanufaktur SI Module hat ihr Portfolio um ein Doppelglasmodul für Fassaden erweitert, dessen Frontglas mit einem Farbraster bedruckt ist und den größten Teil der solaren Strahlung zu den Zellen durchlässt. Durch die spezielle Struktur des Druckbildes wird die Zelloptik trotzdem nahezu komplett kaschiert. Nach außen hin entsteht ein homogenes optisches Erscheinungsbild. Der Leistungsverlust im Vergleich mit einem unbedruckten Frontglas liegt nur bei rund 15 Prozent. Das Modul kann in beliebigen Farben bedruckt werden, die Gestaltungsmöglichkeiten sind somit äußerst vielfältig.

Das Produkt verfügt über die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des DIBt. In einer gerahmten Variante sind Modulformate bis zwei Meter Länge und ein Meter Breite bei einer Laminatdicke von maximal sieben Millimeter erhältlich. Die Standardgröße der gerahmten Module beträgt 1.670 mal 1.000 Millimeter. Bei rahmenlosen Modulen können Formate bis rund drei Meter Länge und Glasstärken von bis zu 13 Millimeter angeboten werden.

Die eingesetzten Farben sind seit vielen Jahren bei der Bedruckung von Fassadenglas im Einsatz und äußerst langlebig. Das Verfahren von SI Module eliminiert das Risiko von Delamination, was Vergleichsprodukte mit Farbschichten auf der Innenseite des Frontglases in der Vergangenheit hatten. Das Laminationsverfahren sowie die Einbettungsmaterialien entsprechen dem Standard der Doppelglasmodule des Unternehmens. Mit ihren Partnern aus dem Bereich der Fassadenplanung kann SI Module komplette Lösungen für Solarfassaden anbieten.

www.si-module.com

Der Autor

Kai Brandau

ist Geschäftsführer von Lithodecor. Das Unternehmen hat mit seinem Montagesystem schon eine ganze Reihe innovativer Solarfassaden realisiert.

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