Noch sind die Bauarbeiten im Gange. Doch in nur wenige Wochen wird das Berliner Olympiastadion mit Solarstrom versorgt. Schon vor sechs Jahren haben die ersten Planungen für das Projekt begonnen. „Doch wir mussten lange nach einer Lösung suchen, um den Solarstrom entsprechend der gesetzlichen Regelungen nutzen zu können“, erklärt Timo Rohwedder mit Blick auf die restriktiven Rahmenbedingungen der letzten Jahre.
Hürden überwunden
Er ist Geschäftsführer der Olympiastadion Berlin GmbH, die das Stadion von der Stadt Berlin gepachtet hat und es betreibt. Die Herausforderung: Im Olympiastadion sind viele verschiedene Nutzer wie Gastronomieanbieter und Ähnliche, die dort Strom verbrauchen. Deshalb musste der Stadionbetreiber darauf achten, dass er nicht plötzlich zum Energieversorger mit allen dazugehörigen Pflichten wird. Diese Aufgabe hat Polarstern übernommen. Der Münchner Ökostromanbieter ist der Betreiber der Anlage und liefert den produzierten Solarstrom über einen Stromliefervertrag (PPA) an den Stadionbetreiber.
Zwölf Prozent liefert die Solaranlage
Dieser kann dann einen Teil seines Stromverbrauchs mit der Energie vom Stadiondach decken. Die Planer gehen davon aus, dass der Photovoltaikgenerator auf dem Dach den Netzbezug um bis zu zwölf Prozent verringert. „Mit der Solaranlage können wir immerhin den Grundbedarf abdecken, wenn keine Veranstaltungen stattfinden“, sagt Timo Rohwedder. Wenn im Stadion aber ein Fußballspiel, eine andere Sportveranstaltung oder ein Musikkonzert stattfindet, schnellt der Verbrauch in die Höhe und übersteigt die Kapazität der Solaranlage.
Inbetriebnahme im Frühjahr geplant
Bis es so weit ist, dauert es aber noch ein bisschen. Abhängig von der Witterung in den nächsten Wochen gehen die Projektbeteiligten davon aus, dass die gesamte Anlage bis zum Frühjahr in Betrieb geht. Bis dahin werden die Installateure von Koco Energy insgesamt 1.614 Solarmodule auf den äußeren Betonring der Dachkonstruktion des Stadions montieren.
Projektmodule liefert Solarwatt
Die Projektbeteiligten haben sich für das monokristalline Projektmodul von Solarwatt entschieden. Diese Glas-Folie-Laminat holt aus 120 monokristallinen Halbzellen immerhin 375 Watt Leistung. So erreicht die Anlage auf dem Dach des Olympiastadions eine Leistung von 605,25 Kilowatt. Der Dresdner Modulhersteller wird aber nicht nur die Paneele liefern. „Wir werden auch den AC-seitigen Netzanschluss realisieren“, sagt Jan Löper, bei Solarwatt für die Realisierung von Großprojekten verantwortlich.
Zehn Jahre PPA-Laufzeit
Insgesamt 625.000 Euro investiert Polarstern in die Anlage. „Das Land Berlin als Eigentümer oder wir als Betreiber müssen in diesem Fall nicht selbst in die Anlage investieren, Finanzierung und Betrieb über mindestens zehn Jahre sind gesichert“, sagt Timo Rohwedder. Denn so lange läuft der Stromliefervertrag, über den die Anlage refinanziert wird. Bis dahin habe sich die Anlage amortisiert und der Vertrag können nach Neuverhandlungen verlängert werden, erklärt Manuel Thielmann, Leiter Dezentrale Energielösungen bei Polarstern.
Rückenwind für Mieterstrom im Gewerbe
Er sieht in der Anlage ein echtes Leuchtturmprojekt, um das Interesse an Gewerbemieterstrom zu stärken. Dies sei dringend notwendig, um brach liegende Dachflächen im Sinne der Energiewende zu nutzen. „In der Photovoltaikleistungsklasse 300 bis 750 Kilowatt sind bei der Bundesnetzagentur zuletzt immer weniger Neuanlagen gemeldet worden“, betont er. „Durch eine Einführung von Photovoltaikpflichten – wie sie in Berlin ab Anfang des kommenden Jahres kommt – und Förderungen, deren Kriterien erst mit verstärkter Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäude erfüllt werden, erhält die gewerbliche Nutzung von Solarenergie den benötigten Rückenwind.“ (su)
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