Die Technische Universität Wien hat die größte fassadenintegrierte Photovoltaikanlage Österreichs eingeweiht. Am neu sanierten Chemiehochhaus in der österreichischen Hauptstadt versorgt sie Büro- und Vorlesungsräume sowie die Heizung, Kühlung und Lüftung mit Solarstrom.
Nach zweijähriger Bauzeit hat die Technische Universität Wien das neu sanierte Chemie-Hochhaus eingeweiht. Es ist das erste Plus-Energie-Bürohochhaus der österreichischen Hauptstadt. Kern des Energiekonzepts ist eine riesige gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage. Die gesamte Fassade des Hochhauses wurde mit Solarmodulen bestückt. „Dieses Gebäude erzeugt durch die größte gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage Österreichs Energie auf hochinnovative Weise, und ebenso innovativ sind die Technologien, mit denen bis zu 93 Prozent des ursprünglichen Energieverbrauchs eingespart werden“, betont Alios Stöger, österreichischer Innovations- und Technologieminister. „Seit 15 Jahren fördert das Innovations- und Technologieministerium in den Programmen ‚Haus der Zukunft‘ und ‚Stadt der Zukunft‘ nachhaltige und energieeffiziente Gebäudetechnologien, das macht uns zu einem der weltweit führenden Länder in diesem Bereich. Für mich als Technologieminister ist es ein besonders schönes Gefühl, wenn die Ergebnisse unserer Forschungsanstrengungen so beeindruckend und greifbar sind wie dieses Haus.“
Größte Photovoltaikfassade Österreichs
Insgesamt hat das Ministerium 600.000 Euro zu den Forschungs- und Technologiekosten für den Bau beigesteuert. Die neuen Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt gelten für die TU Wien als Standard für kommende Projekte und Bauvorhaben und werden bereits jetzt an allen TU-Standorten angewandt. „Das ist das tollste Haus der Welt“, freut sich Professor Thomas Bednar von der TU Wien. Er ist der wissenschaftliche Projektleiter und hat mit seinem Team erforscht, wie die Idee eines Plus-Energie-Bürohochhauses verwirklicht werden kann. „Bei einem Hochhaus steht für eine große Zahl an Stockwerken nur eine verhältnismäßig kleine Dachfläche für Photovoltaik zur Verfügung“, erklärt Bednar. Deshalb hat sich die TU Wien auch für die Photovoltaikfassade entschieden.
Die Gebäudenutzer nicht bevormunden
Die Anlage versorgt nicht nur die Büroräume mit Solarstrom, sondern auch die Lüftung, die Heizung und die Kühlung „Wir haben in unsere Berechnungen die gesamte Nutzung miteinbezogen, bis hin zu den Computern und der Kaffeemaschine“, sagt Thomas Bednar. „Vielleicht sollte man also von einem Plus-Plus-Gebäude sprechen.“ Insgesamt erzeugt das Gebäude im Jahresmittel die gesamte Energie selbst, die in den elf Stockwerken benötigt wird. Dazuhaben die Architekten Hiesmayr, Gallister, Kratochwil, die das Gebäude in Gemeinschaftsarbeit geplant haben, neben der größten fassadenintegrierten Photovoltaikanlage Österreichs die Fassade wärme-, sonnenschutz- und lichttechnisch optimiert. Das Haus passt sich dabei den äußeren Bedingungen automatisch an. Dabei haben die Planer darauf geachtet, den Menschen im Gebäude nicht zu stark zu bevormunden. So ist die individuelle Steuerung von Temperatur, Beleuchtung und Jalousien sowie das Öffnen von Fenstern weiterhin möglich. „Die eine entscheidende Maßnahme, die das Haus zum Plus-Energie-Bürohochhaus macht, gibt es nicht“, betont Thomas Bednar. „Stattdessen wurden unzählige Komponenten aufeinander abgestimmt. Man kann nicht einfach Photovoltaik auf ein Haus montieren und das dann für ein energiebewusstes Gebäude halten.“ Die Forscher der TU Wien um Bednar haben den gesamten Planungs-, Bau- und Inbetriebnahmeprozess zusammen mit Schöberl & Pöll, einem Unternehmen, das sich auf Bauphysikplanung spezialisiert hat, wissenschaftlich begleitet.
Inzwischen läuft der Forschungs- und Studierbetrieb im Gebäude wieder. In die Büros sind etwa 800 Mitarbeiter der Fakultät für Maschinenwesen und Betriebswissenschaften eingezogen. Dazu kommen noch die Lehrveranstaltungen, die in den Vorlesungs- und Seminarräumen stattfinden. (su)