Lichtblick zeigt, dass die Einbindung von Elektroautos in das Stromsystem die Wirtschaftlichkeit steigern kann. Dazu müssen aber unter anderem die Abgaben von Speichern in den Elektroautos und auch in den Privathaushalten wegfallen, wenn diese Regelenergie liefern. Außerdem muss die Ladeinfrastruktur ausgeweitet und transparenter gestaltet werden.
Während die Bundesregierung in den kommenden beiden Tagen darüber berät, wie sie die Elektromobilität weiter voranbringen will, zeigt der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick, wie dies ohne Subventionen geht. „Ein Elektroauto kann über 1.000 Euro im Jahr erlösen, wenn seine Batterie das Stromnetz stabilisiert“, erklärt Heiko von Tschischwitz, Geschäftsführer von Lichtblick, anlässlich des Spitzengespräches zur Elektromobilität, zu dem Bundeskanzlerin Angela Merkel heute nach Berlin eingeladen hat.
Elektroautos können Regelenergie bereitstellen
Zentrales Element für die Wirtschaftlichkeit der Elektroautos ist die Bereitstellung von sogenannter Sekundärregelenergie, mit der die Spannung im Netz konstant gehalten wird. Lichtblick habe zusammen mit Partnern während des einjährigen Praxistests seines Schwarstrom-Projekts bereits nachgewiesen, dass dies funktioniert, betont von Tschischwitz. „Die Bundesregierung kann die Energie und gleichzeitig die Verkehrswende ohne Zusatzkosten erheblich beschleunigen“, folgert er aus den Ergebnissen aus der Praxis. „Ein Federstrich im Energiewirtschaftsgesetz reicht aus, damit Verbraucher, Autoindustrie und Energiewirtschaft gemeinsam dieses enorme wirtschaftliche Potential heben können.“ Dazu müssten die Regelungen für Speicher, die am Regelenergiemarkt teilnehmen, auch auf dezentrale Batteriespeicher in Gebäuden und Elektroautos ausgeweitet werden. Bisher sind nur Speicher, die wie Pumpspeicherkraftwerke ausschließlich Regelenergie liefern, von Netzentgelten, Steuern und Abgaben auf Elektrizität befreit. Die Begründung dafür lautet, dass sie keinen Strom verbrauchen, sondern nur zwischenspeichern.
Verbraucher bauen riesige Speicherkapazität auf
Hausspeicher und Batterien von Elektroautos hingegen gelten immer einzig als Verbraucher und damit wird der in ihnen gespeicherte Strom mit allen Zusatzkosten belegt. Doch sie können auch zeitweise Regelenergie liefern. Damit müssten sie auch von diesen Belastungen befreit werden. „Das Prinzip ist einfach: Stabilisiert die Batterie das Netz, fallen wie bei Pumpspeicherkraftwerken keine Netzentgelte und Abgaben an“, erklärt Tschischwitz den Vorschlag. „Nutzt der Verbraucher den gespeicherten Strom zum Fahren oder in seinem Zuhause, zahlt er natürlich wie gewohnt alle Zusatzkosten.“ Liefert er aber Regelenergie, muss dieser Anteil ohne Abgaben bleiben. „In der digitalen Energiewelt ist der Unterschied problemlos zu messen“, betont Tschischwitz.
Schließlich bauen die Verbraucher mit der Anschaffung von Elektroautos und stationären Batteriespeichern eine gigantische Speicherkapazität auf. „Bereits eine Million Elektromobile können mit einer größeren Leistung überschüssigen Wind- und Sonnenstrom aus dem Netz aufnehmen als alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke zusammen“, rechnen die Hamburger vor. Da ein Auto im Schnitt 23 Stunden am Tag steht, kann ein Teil der Batteriekapazität ohne Komfortverlust für den Fahrer dem Stromnetz zur Verfügung gestellt werden.
Ladeinfrastruktur ist unübersichtlich
Eine weitere Hürde für die Elektromobilität sehen die Hamburger in der unzureichenden und unübersichtlichen Ladeinfrastruktur. So sind derzeit etwa 5.500 öffentliche Ladepunkte in Betrieb. Die Bundesregierung strebt bis 2020 den Aufbau von 70.000 Ladepunkten an. Die Europäische Kommission plädiert sogar dafür, bis zum gleichen Zeitpunkt in Deutschland 150.000 Ladesäulen aufzubauen. Auch der Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) setzt sich für den beschleunigten Aufbau einer zureichenden Ladeinfrastruktur ein. Er plädiert dafür, bis 2017 mindestens 10.000 Ladepunkte aufzubauen. Außerdem müssen diese Ladepunkte die Einbindung der Elektroautos in das Stromsystem ermöglichen.
Den Dschungel lichten
Doch selbst wenn es genügend solcher bidirektionaler Ladepunkte gibt, muss sich der Elektroautofahrer durch den Dschungel von Anbietern und verschiedenen Tarifen kämpfen. Diese liegen zudem weit über den Preisen für Haushaltsstrom. Die Kilowattstunde Strom für das Elektroauto kostet immerhin derzeit zwischen 5,84 Euro und 97 Cent. Damit kostet das elektrische Fahren mehr als der Sprit für ein Diesel- oder Bezinauto. Für Lichtblick ist dieser immense Preis völlig unbegründet. Denn in der Regel laden die Säulen die Autos auch nur mit einer Leistung von 3,6 Kilowatt. „Selbst wenn einzelne Ladesäulen schnelleres Laden zulassen, können viele Elektromobile nur mit 3,6 Kilowatt laden“, betont der Hamburger Ökostromanbieter. Diese Tarifstruktur muss sich dringend ändern.
Außerdem ist die bisherige Ladeinfrastruktur nicht nur überteuert, sondern auch intransparent und zu kompliziert. Denn jeder Betreiber von Ladesäulen hat sein eigenes System der Bezahlung eingerichtet. „Für die Akzeptanz der Autofahrer ist aber entscheidend, dass sie ihr Fahrzeug ohne Probleme an jeder Säule unabhängig vom Anbieter laden können“, fordert Roger Kohlmann von der Hauptgeschäftsführung des BDEW. „Dazu benötigen sie einheitliche Bezahl- und Zugangssysteme.“ Der BDEW fordert deshalb genau wie Lichtblick, nur noch solche Ladesäulen aufzubauen, an denen jeder Kunde den Ladevorgang mit Hilfe eines Mobiltelefons spontan starten kann. Dadurch wird auch das Laden ohne feste Vertragsbeziehung möglich und die Elektromobilität attraktiver. (su)