Statt auf erneuerbare Energien setzt der EU-Kommissar auf Investruinen im Stromnetz. Auf einer Veranstaltung in Berlin verteidigt er die Privilegien der deutschen Industrie, die keine EEG-Umlage zahlen muss.
Nach Berichten der Berliner Presse hat EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) in der Bundeshauptstadt gefordert, „das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu europäisieren“. Vor dem Verband der Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) empfahl er: Wind aus dem Norden, Sonne aus dem Süden und Biomasse aus Skandinavien. Dass damit ein gigantischer Netzausbau einhergehen müsste, verschwieg er. Offenbar hat es sich der Politiker insgeheim zur Aufgabe gemacht, die Strompreise weiter in die Höhe zu treiben. Denn die Erfahrungen mit der Energiewende in Deutschland zeigen: Die Preise steigen, weil sich die Stromnetze in der Hand weniger Konzerne befinden.
Überflüssige Trassen hingeklotzt
Der Umbau der Hochspannungstrassen für Windstrom von der Nordsee beispielsweise kostet allein in Deutschland etliche Milliarden Euro. Für jede neue 110-Kilovolt- oder 380-Kilovolt-Leitung garantiert die Bundesnetzagentur den Netzbetreibern, dass sie eine stabile Rendite von neun Prozent erhalten. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Trassen wirklich ausgelastet sind. Schon jetzt ist klar, dass der Ausbau der Windparks auf See kein wirtschaftliches Geschäftsmodell ist, das ohne staatliche Unterstützung auskommt. Offshore-Windkraft erhält derzeit die höchste Einspeisevergütung (19 Cent je Kilowattstunde), außerdem werden die Risiken mit 0,3 Cent je Kilowattstunden abgefedert.
Schweden ziehen sich zurück
Dennoch kommt der weitere Ausbau zum Erliegen, will die Bundesregierung die Leistung der geplanten Windparks deckeln. Und warum ausgerechnet Strom aus Biomasse ein Segen aus Skandinavien sein soll, ließ Oettinger offen. Norwegen exportiert bereits viel Wasserkraft, und die Schweden (Vattenfall) ziehen sich gerade aus Mitteleuropa zurück. Warum sollten sie ausgerechnet mit Strom aus der Holzverbrennung zurückkehren?
Der Starrsinn des Kommissars
Der Berliner Tagesspiegel zitierte Oettinger mit den Worten: „Beim Strom zählt nur der Preis.“ Um noch höhere Strompreise durchzudrücken, hält der EU-Kommissar weiterhin an den Ausnahmen von der EEG-Umlage für energieintensive Unternehmen fest. Dass mittlerweile ein Verfahren gegen die Bundesrepublik wegen unerlaubter Beihilfen läuft, hat er offenbar noch nicht mitbekommen. Auch nicht, dass es eben diese Ausnahmen sind, die die privaten und mittelständischen Stromkunden in Deutschland bereits heute mit rund sieben Milliarden Euro belasten. (Heiko Schwarzburger)