Die geplanten Neuregelungen im EEG behindern vor allem die genossenschaftliche Bürgerbeteiligung an der Energiewende. Die Bundesgeschäftsstelle nennt konkrete Gründe.
Die Unsicherheiten über die Rahmenbedingungen für regenerativen Strom haben sich erheblich auf die Bürgerbeteiligung der Energiewende ausgewirkt. Wie die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV) berichtet, wurden im vergangenen Jahr nur 128 neue genossenschaftliche Projekte zur Energiewende gestartet. Ein Jahr zuvor wurden es noch 150 neue Energiegenossenschaften gegründet, im Jahr 2011 waren es sogar noch 167 Neugründungen. Damit steige zwar die Zahl der Energiegenossenschaften in Deutschland auf etwa 800 an, betont Eckhardt Ott, Vorstandsvorsitzender des DGRV. „Aber die Bundespolitiker, die in ihrer Koalitionsvereinbarung noch von mehr Bürgerbeteiligung geschrieben haben, bauen jetzt an hohen Hürden für genossenschaftliche Gründer“, kritisiert er.
Investitionen werden zurückgestellt
Derzeit werden nach Schätzungen des DGRV etwa 300 Millionen Euro an genossenschaftlichen Investitionen in ganz Deutschland zurückgestellt. Die Gründe führt Eckhardt Ott auf die anhaltende Debatte um die Novelle des EEG zurück. „Da ist zum einen die Idee einer verpflichtenden Direktvermarktung zum 1. Januar 2017 von Strom ab 100 Kilowatt, die in den fast immer ehrenamtlich geleiteten Energiegenossenschaften zu deutlich mehr Bürokratie führen würde“, kritisiert der DGRV. „Zum anderen sollen die Gemeinschaftsunternehmen zukünftig ihren selbst erzeugten Strom vor Ort ohne Nutzung des öffentlichen Stromnetzes nur mit voller EEG-Umlage direkt liefern dürfen.“ Außerdem seien die viel zu kurzen Übergangsfristen problematisch für die genossenschaftlichen Investoren, da diese hauptsächlich in größere Projekte investieren, die einen längeren Planungsvorlauf benötigen als ein kleine Anlage auf einem Einfamilienhaus. „Wenn ich heute nicht weiß, ob ich zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme noch eine sichere Refinanzierung habe, dann werde ich nicht investieren. Diese unbefriedigende Situation wirft die bürgergetragene Energiewende in Deutschland um Jahre zurück“, warnt Ott. „Diese ganzen Diskussionen haben bundesweit bei gründungswilligen Bürgern zu großen Verunsicherungen geführt. Bestehende Energiegenossenschaften stellen ihre Projekte zurück und nehmen immer öfter keine neuen Mitglieder auf.“
Wärme rückt in den Blickwinkel
Immerhin sind die Energiegenossenschaften eine zentrale Säule der Energiewende. Die vom DGRV genannten 800 Genossenschaften mit ihrem 200.000 Mitgliedern haben bislang immerhin 1,5 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investiert. Von der Debatte weniger betroffen sind die Energiegenossenschaften, die sich nicht mit der Strom- sondern mit der Wärmeversorgung beschäftigen. Immerhin ist mit 147 Genossenschaften fast ein Fünftel aller Energiegenossenschaften mit der Nahwärmeversorgung beschäftigt. Allein im Jahr 2013 seien 26 Nahwärmegenossenschaften hinzugekommen, rechnet der DGRV vor. Damit rückt ein bei der Energiewende oft vergessenes Segment immer mehr in den Blickpunkt der Energiegenossenschaften. Dort sind auch die Rahmenbedingungen stabiler, da in diesem Segment die erneuerbaren Energien weniger mit großen Energiekonzernen konkurrieren müssen. (Sven Ullrich)
Einen ausführlichen Bericht über die Bedeutung der Energiegenossenschaften für die Energiewende lesen Sie in der April-Ausgabe von photovoltaik.