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Chancen für den Handel

Zweistufig oder dreistufig? So lautet eine der Kernfragen im indirekten Vertrieb jeder Branche. In der Photovoltaik war es lange Zeit klar, dass der Vertrieb in der Regel dreistufig über den Großhandel läuft. Gerade zu Zeiten des Verteilermarktes, als Module und Wechselrichter knapp waren und die Hersteller sich vor allem um den Aufbau der Produktion kümmerten, übernahmen die Großhandelspartner die wichtige Aufgabe der Verteilung, schufen einen schnel- len Marktzugang und bildeten die wichtige Schnittstelle zu den Installateuren. Zudem bündelten sie die verschiedenen Komponenten einer Photovoltaikanlage und machten so die Beschaffung für die Installateure einfacher und schneller.

Vor allem der starke Preisdruck, mit dem die Hersteller heute zu kämpfen haben, lässt viele von ihnen darüber nachdenken, den Großhandel aus der Vertriebskette herauszunehmen. Die Überlegung ist recht einfach: Die Marge, die der Großhandel für seine Leistungen erhält, könnten die Hersteller einsparen. So könnten sie den Preisdruck auf die eigenen Herstellungskosten abmildern.

Diese auf den ersten Blick nachvollziehbare Überlegung lässt bei näherer Betrachtung aber außen vor, dass die Hersteller dann selbst Kompetenzen aufbauen müssen, die die Großhandelspartner als Kernkompetenzen mitbringen. Die Hersteller müssen dafür eine eigene, kostspielige Organisation auf die Beine stellen, um die größere Zahl der Kunden auch entsprechend zu betreuen. Dies, plus der Zeitverlust beim Etablieren des eigenen Kundenzugangs, kann den vermeintlichen Kostenvorteil schnell auffressen.Wie aber ist der Großhandel in der Vertriebskette positioniert? Betrachten wir zunächst einmal die Kundenseite. Wie bewerten die Solarinstallateure die Zusammenarbeit mit den Großhandelspartnern? Was erwarten sie von ihnen und mit wem arbeiten sie eigentlich bevorzugt zusammen?

Großhandel geschätzt

Diese und weitere Fragen haben wir den Solarinstallateuren in unserer großen Marktumfrage gestellt, die auch die Basis ist für unsere aktuelle Studie „Marktstrategien für den Erfolg in der Photovoltaik“ ist. Dabei wird deutlich, dass die Installateure ihre Großhandelspartner zu schätzen wissen. Bei der Frage, wessen Unterstützung am wichtigsten ist in der täglichen Arbeit, wählen 37 Prozent die Großhandelspartner und nur 22 Prozent den Hersteller. 41 Prozent entscheiden sich salomonisch für beide, je nach Bedarf. Interessant allerdings, dass im Jahr 2011 auf die gleiche Frage noch 59 Prozent der Installateure für den Großhandelspartner stimmten.

Wenn man dann noch einmal genauer nachfragt, mit wem die Installateure bevorzugt zusammenarbeiten, steigen die Nennungen der Großhandelspartner auf 46 Prozent. Warum dies so ist, belegt die Aussage eines Solarinstallateurs, der im Interview bekannte: „Gerade wenn es um die Gesamtanlage geht, ist mein Großhandelspartner gefragt. Sonst müsste ich mich ja an vier verschiedene Firmen und Ansprechpartner wenden.“ Dies zeigt eine der Stärken der Großhandelspartner. Sie bündeln die verschiedenen Komponenten einer Anlage und nehmen den Installateuren damit viel Arbeit im Bereich Planung und Beschaffung ab. Die weiteren Erwartungen der Installateure an die Großhandelspartner werden in der Befragung auch ganz klarartikuliert. Da steht deutlich an erster Stelle die Beratungsleistung. Da sie in aller Regel mehrere Hersteller vertreten, egal ob für Module oder Wechselrichter, wird den Großhändlern natürlich eine gewisse Neutralität zugesprochen. Somit hat die Empfehlung für eine bestimmte Konfiguration und bestimmte Hersteller einen großen Stellenwert.

Die Installateure nehmen also den Nutzen der Großhandelspartner deutlich wahr. Wichtig für die Positionierung in der Vertriebskette ist aber auch, den Herstellern deutlich zu zeigen, welchen Mehrwert der Großhandel als zwischengeschaltete Instanz bietet. Dieser muss deutlich über eine reine Logistikfunktion hinausgehen. Wichtigster Mehrwert des Großhandels ist natürlich der gute Kundenzugang. Großhandelspartner, die den Herstellern aufzeigen, wie sie mit ihnen gemeinsam schnell und kostengünstig ihre Kundenbasis erweitern können, sind immer gern gesehen. Wichtig ist dabei, nicht nur eine große Kundenliste, sondern auch eine hohe Kundenzufriedenheit durch exzellente Kundenbetreuung nachweisen zu können. Das mindert für die Hersteller die Gefahr, bei den Kunden nur an hinterer Stelle gelistet zu sein und eher als Mittel zum Preisdruck auf die anderen Hersteller genutzt zu werden. Die Befragung im August 2012 hat übrigens gezeigt, dass ungefähr ein Drittel der Photovoltaikinstallateure mit mehreren Großhandelspartnern zusammenarbeitet. Wichtig für den Geschäftserfolg der Großhandelspartner ist es, Vorzugspartner bei diesen Installateuren zu werden und einen möglichst großen Anteil am Geschäftsvolumen dieser Kunden zu bekommen.

Weitere wichtige Mehrwertdienstleistung ist die Übernahme und Durchführung von Schulungen. Hier haben sich bereits einige Großhändler mit Akademien und Schulungszentren gut positioniert. Aber auch das Erstellen, Durchsprechen und Nachhalten von Businessplänen mit den Installateuren, die Mengengerüste und qualitative Anforderungen wie Zertifizierungen definieren, stellen eine wichtige Mehrwertdienstleistung dar und führen zu einer deutlichen Entlastung der Hersteller. Die Betrachtung des Großhandels aus der Installateurssicht hat deutlich gezeigt, dass eine wichtige Funktion das Abfangen und Bündeln von Fragen, aber auch von Reklamationen ist. Da der auf die Photovoltaik spezialisierte Großhandel über eine große technische Kompetenz verfügt, können hier schon viele Fragen geklärt werden, ohne dass sie überhaupt beim Hersteller aufschlagen. Erst wenn sehr spezifische Fragen oder Problemstellungen auftauchen, kommt der Hersteller ins Spiel. Das schont die Ressourcen auf Herstellerseite.

Königsdisziplin Kundengewinnung

Einen großen Beitrag können die Großhandelspartner bei der Gewinnung neuer Endkunden leisten, die in eine Photovoltaikanlage investieren möchten. Gerade in der jetzigen Situation ist dies die Königsdisziplin in der Branche. Für eine effiziente Kundengewinnung ist esunumgänglich, den PV-Installateur in die Marketingaktivitäten einzubinden. Er allein hat den direkten Draht zum zahlenden Kunden und kann somit zielgerichtet den Markt bearbeiten und die potenziellen Kunden überzeugen.

Allerdings hat der Installateur die geringsten Mittel und Ressourcen für eine gute Kundenansprache. Da sind die Hersteller und Großhandelspartner gefordert, die Installateure mit gutem Material und ansprechenden Kampagnen zu unterstützen. In der Befragung geben 63 Prozent der Installateure an, dass sie angebotenes Material aktiv nutzen würden. Sie sind in der Regel sogar bereit, sich an den Kosten zu beteiligen. Allerdings mangelt es bislang an geeignetem Marketingmaterial. Nur 27 Prozent der Installateure sagen, dass das angebotene Material gut ist und genutzt wird. Die restlichen beklagen, dass es nicht zu den von ihnen adressierten Kunden passt, dass es die eigenen Ansprüche nicht erfüllt oder aber der Aufwand für die Anpassung des Materials zu hoch ist.

Nur ein Hersteller unter den Top fünf

Bei der Frage, welche Unternehmen denn das beste Material zur Kundengewinnung anbieten, belegen überraschenderweise die Großhandelspartner die besten Plätze. Einzig SMA kann sich als Hersteller unter den Top fünf platzieren. Vor allem IBC kann auf diesem Feld sehr stark punkten. Hier zeigt sich ein wichtiger Vorteil der Großhandelspartner. Sie sind einfach näher dran am Installateur und verstehen sein Geschäft und seine Anforderungen besser als die Hersteller. Mit diesem Wissen können sie perfekt vermitteln zwischen dem Bedarf der Installateure und dem Angebot der Hersteller. Die Großhandelspartner spielen für die Installateure eine wichtige Rolle. Die Überlegung einiger Hersteller, die Großhandelspartner zu umgehen, könnte sich demnach als Bumerang erweisen. Der Großhandel nimmt dem Hersteller viele wichtige Funktionen ab, die der Hersteller erst neu aufbauen muss. Vor allem der Zugang zu den Photovoltiakinstallateuren und die alltägliche Betreuung sind starke Punkte, die für den Großhandel sprechen. Durch den guten Zugang zu den Installateuren haben die Großhandelspartner auch einen großen Einfluss auf deren Kaufverhalten. Die Empfehlung an die Hersteller lautet deshalb, das Zusammenspiel mit den Großhandelspartnern zu optimieren und damit die Vertriebskette noch effektiver zu nutzen – zum Vorteil und Erfolg aller beteiligten Partner.

Der Großhandel muss den Herstellern gegenüber seine besonderen Kompetenzen im Bereich des Produktabsatzes noch deutlicher machen und noch stärker auf Dienstleistun-gen setzen, die echten Mehrwert bringen. Dann wird er auch weiterhin eine wichtige Position in der Vertriebskette einnehmen.

Über den Autor:

Rüdiger Mühlhausen ist geschäftsführender Gesellschafter der Apel + Hoyer GmbH & Co. KG, einem Unternehmen zur Kommunikationsberatung mit dem Schwerpunkt Vertriebskommunikation und dem Branchenfokus auf erneuerbaren Energien. Er ist Autor der aktuellen Studie „Marktstrategien für den Erfolg in der Photovoltaik“. Mehr Informationen zu der Studie finden Sie unter

www.apel-hoyer.de/photovoltaikstudie2012

Rüdiger Mühlhausen