Es gibt immer Gewinner und Verlierer - des einen Freud ist des anderen Leid. Betrachtet man das vergangene Jahr, so sind die Akteure innerhalb der Solarbranche sicherlich eher auf der Gewinnerseite gelandet, wohingegen die Tourismussparte zu den größten Verlierern der Pandemie gehört.
Solarbilanz 2020: knapp fünf Gigawatt neue Solarpower
Aber auch innerhalb der Ökoenergienbranche gibt es beide Extreme. Ausgelöst wird die Ungleichheit in Deutschland unter anderem durch die gerade erst verabschiedete EEG-Novelle. Speziell im Photovoltaikbereich wird das Pendel erst einmal zugunsten der Installateure von Kleinanlagen umschwenken. Bei Installationen bis 30 Kilowatt sind im neuen EEG-Gesetz Marktbarrieren abgebaut worden. Noch dazu gibt es bundesweit Förderprogramme für Elektromobilität und Ladeinfrastruktur, die vorzugsweise in Verbindung mit einer neuen Anlage installiert werden. Auch Energiespeicher werden in einigen Bundesländern weiterhin bezuschusst. Mit dieser Ausgangssituation steht den Kleinanlagen in Deutschland eine rosige Zukunft bevor.
EEG 2021 enthält neue Hürden
Weniger gut haben es die mittleren bis großen Dachanlagen getroffen. Hier gibt es im EEG 2021 eine zusätzliche Hürde bei 300 Kilowatt Anlagenleistung. Vorhaben ab dieser Größe müssen zwar noch nicht zwingend an einer der öffentlichen Ausschreibungsrunden teilnehmen, verzichten aber dann automatisch auf die Vergütung für 50 Prozent der eingespeisten Energie. Ob es für diesen Anteil genügend Eigenbedarf am Anlagenstandort gibt, ist äußerst fragwürdig. Zumindest scheint diese neue Option so unattraktiv zu sein, dass viele Errichter und Investoren erst einmal die alte Regelung bevorzugen, nach der Dachanlagen bis 750 Kilowatt vollständig vergütungsberechtigt waren. Für alle nach den alten Spielregeln projektierten Photovoltaikinstallationen gibt es immerhin eine Übergangsfrist bis zum 31. März 2021. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Dachanlagen bis 750 Kilowatt am Netz sein, um noch in den Genuss der vollen Vergütung zu kommen.
Was eine solche Deadline für den Markt bedeutet, dass wissen alle Akteure nur allzu gut: ein Hauen und Stechen um alle bis Mitte März lieferbaren Module und Wechselrichter ist bereits in vollem Gange. Erschwerend kommt leider hinzu, dass die Produktionsmengen der chinesischen Hersteller, vor allem aber die Liefermengen für Europa, bereits Ende letzten Jahres zurückgefahren wurden. Dafür sind verschiedene Faktoren verantwortlich. Zunächst gab es bei beinahe allen Rohmaterialien eine Preissteigerung im Laufe des Jahres 2020, die vermutlich noch auf die COVID-19-bedingten Produktionsausfälle im Frühjahr zurückzuführen sind. So gab es an breiter Front Engpässe und Verteuerungen, die sich natürlich negativ auf die Verfügbarkeit preiswerter Module auswirkte.
Was heißt das für die Modulpreise?
Dramatischer jedoch ist der Engpass im Logistikbereich zu bewerten. Die Frachtpreise für Containertransporte von Asien nach Europa haben sich innerhalb der letzten Monate nahezu verfünffacht. Dieser sprunghafte Anstieg, der auch den größten Anteil an den aktuellen Modulpreissteigerungen ausmacht, ist wohl auf den Mangel an Rückfrachten nach Asien zurückzuführen. In Europäischen Seehäfen wie Hamburg, Rotterdam und Antwerpen stapeln sich volle, aber auch leere Container, die wiederum in Shanghai und Shenzhen fehlen. Pandemiebedingt werden nämlich seit geraumer Zeit weniger Güter aus den USA und Europa nach Asien exportiert, als umgekehrt. Durch den Mangel an bezahlbaren Transportmöglichkeiten wurden viele Module dann wohl in Asien verkauft und verbaut.
In China selbst gab es im vierten Quartal eine regelrechte Aufholjagd mit einem Rekordzubau von bis zu 15 Gigawatt, so dass im Coronajahr 2020 nach einem schwachen ersten Halbjahr dann doch bis zu 40 Gigawatt neue Photovoltaikkapazität hinzukam. In 2021 soll sich dieser Trend fortsetzen - es werden bis zu 50 Gigawatt an Neuinstallationen prognostiziert. Dementsprechend dürften die Lieferkapazitäten für Europa noch eine Weile eingeschränkt sein. Auch steht Chinese New Year vor der Tür, welches die wichtigsten Feiertage in Fernost darstellt, verbunden mit Produktionsstillstand und reger Reisetätigkeit innerhalb des ganzen Landes. Wir werden sehen, ob dies in diesem Jahr auch wieder zu einem anschließenden, umfangreicheren Lockdown im Reich der Mitte führt, wie schon 2020. Anschließend war über Monate an einen geregelten Ablauf innerhalb der Fertigung und Verteilung wichtiger Güter nicht mehr zu denken.
Preise für kleine Solarstromanlagen
Alles in allem müssen wir für zukünftige Lieferungen mit einem weiteren Modulpreisanstieg von zwei bis drei Cent pro Watt im Gewerbe- und Großanlagenbereich rechnen, im höherpreisigen Kleinanlagensegment fällt er eventuell etwas schwächer aus. Der aktuell beinahe dramatische Nachfrageüberschuss wird sich zumindest in Deutschland nach dem 31. März etwas beruhigen. Module im höheren Leistungs- beziehungsweise Effizienzbereich werden im April und Mai wohl wieder etwas besser verfügbar sein.
Für die meisten von uns ist das Jahr 2020 vergleichsweise gut gelaufen. Nach den ersten verrückten Monaten im harten Griff der Corona-Pandemie war ja fast so etwas wie Normalität in den Solarmarkt eingekehrt. Die Preise stimmten, Aufträge waren da und man konnte zum ersten Mal wieder ein Stück weit in die Zukunft planen, wenn auch das Damoklesschwert einer verpfuschten EEG-Novelle über Deutschland schwebte. Modulproduzenten freuten sich noch Mitte des Jahres über den Abschluss einiger längerfristiger Lieferverträge zu damals fairen Konditionen. Installateure und Planer waren mit den Preisen und der scheinbar dauerhaften Verfügbarkeit der eingeplanten Produkte auch im vierten Quartal weitestgehend noch zufrieden. Im durch den Lockdown gebremsten Dezember bereiteten sich alle schon auf ein ruhiges Weihnachtsfest vor und wollten von Vorsorge und Materialabsicherung nichts wissen. So sahen die meisten Akteure die dunklen Wolken leider nicht aufziehen.
Wer hat sich verzockt?
Erst jetzt, in den ersten Januarwochen, wenn allerorts der Geschäftsbetrieb langsam wieder hochgefahren wird, kommt das jähe Erwachen: Turbulenzen und Chaos an allen Ecken und Enden. Plötzlich passt nichts mehr zusammen, längerfristige Planungen gehen nicht auf, aus vermeintlichen Gewinnern werden Verlierer. Hersteller sind beispielsweise unzufrieden mit den Vertragspreisen aus 2020, die sie aufgrund der stark gestiegenen Kosten nicht mehr halten können, ohne Verluste zu machen. Teilweise liegen die vereinbarten Verkaufspreise schon 10 Prozent unter den aktuellen Beschaffungskosten. Die vereinbarten Preise aber anzuheben, gelingt aufgrund heftiger Gegenwehr des Vertragspartners nur selten. Der Lieferant kann nur hoffen, die geschuldete Menge zu einem späteren Zeitpunkt ausliefern zu dürfen, wenn die Produktionskosten wieder im Rahmen sind.
Die andere Seite, nämlich die des Modulabnehmers, ist in der aktuellen Situation auch nicht besser dran. Zumindest die Errichter, die mit ihren Gewerbekunden feste Konditionen für schlüsselfertige Anlagen im mittleren Segment bis 750 Kilowatt vereinbart, jedoch nicht rechtzeitig vorgesorgt haben, dürften jetzt vor großen Schwierigkeiten stehen. Weder haben sie noch Zugriff auf das Material zu den ehemals kalkulierten Konditionen, noch haben sie viel Zeit für die Neubeschaffung und Installation. Es gibt schlichtweg kaum noch Solarmodule im Markt, die bis zur Deadline geliefert werden können. Alles, was noch rechtzeitig ankommt, wird zu stolzen Preisen an den Höchstbietenden verkauft. Die verfügbaren Produkte kommen nämlich von denen, die rechtzeitig vorgesorgt haben, aber keine Frist einhalten müssen.
Diese Zockerei kennen viele von uns nicht nur von der Börse, sondern auch aus den Anfangsjahren des EEG, als die Vergütungsdegression immer zum 31. Dezember des Jahres zuschlug und im tiefsten Winter zwischen den Feiertagen noch konfektioniert und geschraubt werden musste. Dieses Mal fällt der Termin immerhin ins Frühjahr, wenn die Temperaturen hoffentlich schon wieder gestiegen sind und die Arbeit auf dem Dach angenehmer ist. (Martin Schachinger, pvXchange.com)
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