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Gegen schwarze Schafe

Als der Mitarbeiter einer deutschen Solarinstallationsfirma im Sommer 2008 die Hotline des Bündnisses gegen Solarbetrug anrief, hatte er wohl schon ein mulmiges Gefühl. Monate zuvor hatte er für die Lieferung von Solarmodulen eine 100prozentige Vorkasse geleistet. Doch das Unternehmen lieferte nicht und hielt den Installationsbetrieb wochenlang mit fadenscheinigen Ausreden hin. Der Projektkoordinator des Bündnisses, Matthias Hinnecke, konnte dem Installateur nur raten, möglichst schnell Anzeige zu erstatten. Denn ihm waren mehrere solcher Fälle zu Ohren gekommen, in denen Solarteure auf diese Weise um ihr Geld geprellt wurden.

Aus dem mulmigen Gefühl ist inzwischen traurige Gewissheit für mindestens 14 Installationsbetriebe aus dem gesamten Bundesgebiet geworden. Sie sind vermutlich einer Bande aufgesessen, gegen die nun vor dem Frankfurter Landgericht Klage wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs erhoben wird, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt Anfang Juli meldete. Sie wirft der Gruppe vor, von den Solarteuren rund 3,5 Millionen Euro ergaunert zu haben. Die Folgen für die betroffenen Mittelständler sind dramatisch: Mehrere Firmen meldeten Insolvenz an. Andere mussten Teile ihrer Belegschaft entlassen. Ob die Geschädigten ihr Geld wiedersehen, ist fraglich. Ein Hauptverdächtiger ist flüchtig, und die Ermittler vermuten die Summen auf Nummernkonten in Liechtenstein.

Aufklärung im Internet

„Das ist ein besonders krasses Beispiel für die Betrügereien, jedoch leider kein Einzelfall“, sagt Matthias Hinnecke. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, Geschäfts- und Endkunden über die Praktiken der schwarzen Schafe in der Solarbranche zu informieren. Auf der Website www.solarbetrug.net können die Nutzer Beispiele lesen, wie die Betrüger vorgegangen sind. Per Telefon oder Mail gibt Hinnecke Tipps und warnt, wenn ihm Angebote unseriös erscheinen. „Im Schnitt bekommen wir ca. 15 Anfragen pro Woche“, sagt er. Was allerdings nicht heißt, dass jedesmal ein Betrugsfall dahintersteckt, sondern zunächst einmal die Verunsicherung eines Kunden.

Gegründet wurde das Bündnis im Juni 2008 durch das Berliner Unternehmen pvXchange. Zu jener Zeit war der Photovoltaikmarkt in Deutschland angespannt: Module waren knapp und die Lieferzeiten lang. Das machten sich auch Betrüger zunutze. Im Jahr 2009 aber hat sich die Situation geändert. Weil der Solarmarkt in Spanien fast gänzlich weggebrochen ist, gibt es in der Regel keine Lieferengpässe mehr. Dennoch sieht Hinnecke weiterhin Aufklärungsbedarf: „Momentan bieten einige Firmen Solarmodule an, die wenig glaubwürdige Leistungen versprechen.“ Da sowohl Installationsbetriebe wie auch Endkunden oft keine vertieften technischen Kenntnisse besäßen, hätten auch hier Betrüger leichtes Spiel. Denn: Ob die gekauften Module tatsächlich konstante Erträge liefern und die Degradation gering ist, zeigt sich oft erst Jahre später.

Label prüfen

So ist es zum Beispiel bei Ulrich Max aus Dassendorf in Schleswig-Holstein. Erst in den kommenden Jahren wird sich herausstellen, wie viel Strom die Module liefern, die er auf dem Dach hat. Bei einem norddeutschen Solarunternehmen hatte er vorgebliche Dünnschichtmodule mit 220 und 230 Watt Leistung und Wirkungsgraden von über 14 Prozent gekauft. Dass solche Leistungen bei Dünnschichtmodulen unwahrscheinlich sind, hat er erst später erfahren.

Bei genauer Begutachtung stellte er schließlich fest, dass die Module falsch ausgezeichnet waren. Über das ursprüngliche Label sei einfach ein neues geklebt worden. „Als Laie ist es schwer, die technischen Angaben richtig einzuschätzen“, sagt Max. Er hat nun Klage gegen das Unternehmen eingereicht. „Auch das ist kein Einzelfall“, sagt Hinnecke. Er weiß von anderen Geschädigten, denen Ähnliches widerfahren ist.

Vernetzung wichtig

Wenn der Betrug schon stattgefunden hat, ist die Vernetzung der Geschädigten wichtig. Denn je mehr Leute Anzeige erstatten, umso schneller läuft das Verfahren in der Regel an. In dem Fall, der nun vor dem Frankfurter Landgericht verhandelt werden soll, war das Bündnis gegen Solarbetrug für einige Firmen die erste Anlaufstelle. Die ermittelnde Staatsanwältin Julia Trinte dazu: „Die Schwelle, Anzeige bei der Polizei zu erstatten, ist oftmals sehr hoch. Durch Rücksprache mit dem Bündnis haben die Geschädigten erfahren, dass sie nicht die Einzigen sind und sofort Anzeige erstatten sollen.“

Die Betrugsfälle zeigen, dass der Solarmarkt unübersichtlich geworden ist. Das Bündnis setzt dagegen auf Transparenz. Es will Strategien gegen die Betrügereien einiger Weniger entwickeln, damit diese nicht den Ruf der gesamten Branche schädigen. „Denn Qualitätsprodukte gibt es reichlich, auch das wollen wir kommunizieren“, sagt Hinnecke.

Obwohl er weiterhin Handlungsbedarf sieht, ist die weitere Finanzierung des Bündnisses ungewiss. Bislang hatte pvXchange die Kosten für den Betrieb der Website und der Hotline übernommen – seit Anfang des Jahres

jedoch nur noch in beschränktem Umfang. Als Partner und Geldgeber wünscht Hinnecke sich den Bundesverband Solarwirtschaft BSW-Solar, denn die Aufklärungsarbeit käme der gesamten Branche zugute. Dort aber gibt es derzeit keine Pläne für eine solche Zusammenarbeit, wie Kerstin Beuttler vom BSW mitteilt. Sie verweist auf die Initiative Photovoltaik-Anlagenpass des BSW, die seit März 2009 eine eigene Internetpräsenz hat. Eigens vom BSW entwickelte Checklisten sollen außerdem frühzeitig Hilfestellung beim Kauf von Solaranlagen geben (eine Auswahl davon im Kasten).

Wie es mit dem Bündnis gegen Solarbetrug weitergeht, bleibt also offen. Matthias Hinnecke jedenfalls ist überzeugt: „Die Branche braucht dieses Bündnis – auch damit vor Betrügern wie denen, die jetzt in Frankfurt angeklagt werden, schneller und deutlicher gewarnt werden kann.“

Schutz gegen Betrug

Der BSW-Solar hat eine Checkliste für Geschäfts- und Endkunden zusammengestellt. Wenn folgende Punkte zutreffen, sollte man genauer nachfragen:

Geschäftskunden: • Die anbietende Firma wurde erst vor einigen Monaten gegründet, ist im PV-Bereich erst seit kurzem aktiv und hat keine oder nur fragwürdige Referenzen.

• Der eigentliche Unternehmenszweck ist nicht der Handel mit Solarkomponenten.

• Ansprechpartner sind telefonisch schwer oder nur über Handy zu erreichen. Ein persönliches Treffen in den Geschäftsräumen des Händlers wird abgelehnt.

• Der Händler liefert keine oder nur zögerlich verlässliche Daten wie Ladepapiere, Flasherlisten oder Zertifikate

• Datenblätter oder weiterführende Infos sind fehlerhaft.

• Der Händler verlangt Vorkasse ohne entsprechende Sicherheiten.

Endkunden: • Eine kleine Firma bietet angebliche Marktinnovationen ohne überprüfbare Referenzen an und prognostiziert weit überdurchschnittliche Erträge.

• Das Unternehmen verlangt hundertprozentige Vorkasse und lehnt die schrittweise Zahlung ab.

• Stellen Sie sicher, dass eine Funktionskontrolle im Betrieb erfolgt.

Das ist nur eine Auswahl. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Internetseite www.solarfoerderung.de im Menü Download und Publikationen.

Elisabeth Mader

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