Händler werden ist nicht schwer, Händler sein dagegen sehr. Preiswert einkaufen, mit Aufschlag verkaufen, Marge einstreichen – klingt erst einmal nicht kompliziert und ist, wenn man keinen großen Overhead finanzieren muss, auch recht lukrativ.
Auch in der Photovoltaikbranche gibt es immer noch zahlreiche Kleinstfirmen, die in etwa so arbeiten – ohne sich dabei allzu viele Gedanken zu machen. Die Risiken, die sie dabei eingehen, sind vielen kleinen Großhändlern gar nicht bewusst. Allerdings ist der persönliche Schaden, sofern dabei etwas schiefgeht, in unserem Wirtschaftssystem auch denkbar gering.
Die Haftung ist – außer bei grob fahrlässigen Fehlern – auf das Gesellschaftskapital beschränkt, welches manchmal nur wenige Hundert Euro beträgt. Im Zweifelsfalle wird die Firma liquidiert und die nächste unter anderem Namen neu eröffnet. Der eigentliche Schaden entsteht bei den Kunden, die guten Glaubens bei diesen unverantwortlichen Händlern gekauft haben, weil es dort ein paar Cent billiger war.
Geschädigte werden müde gespielt
Viele Käuferkunden denken sich wohl: „Was kann schon passieren, wenn die Marke hinter dem Produkt einigermaßen bekannt ist? Im Zweifelsfalle wende ich mich an den Hersteller!“ Dass dabei die Rechnung ohne den Wirt gemacht wird, fällt erst auf, wenn der Hersteller entweder selbst gar nicht mehr existiert oder er den Antragsteller einfach am langen Arm verhungern lässt: „Nicht unsere Zuständigkeit, bitte an den Zwischenhändler wenden!“
So wird der Ball hin und her gespielt, bis der Geschädigte verzweifelt aufgibt. Glücklich kann er sich schätzen, wenn er rechtzeitig eine Anlagen- beziehungsweise Allgefahrenversicherung abgeschlossen hat. Dann nämlich hat die Versicherungsgesellschaft den Schwarzen Peter in der Hand und muss das Problem irgendwie lösen.
Was aber macht einen gewissenhaften Großhändler aus und ist das überhaupt zu leisten?
Herstellerangaben und Nachweise sorgfältig prüfen
Zunächst soll nochmals verdeutlicht werden, wer vor dem Gesetz der Verantwortliche ist: Das ist der sogenannte Inverkehrbringer, also die erste Instanz, die ein Produkt in einen abgeschlossenen Markt bringt. Stichwort: Haftung des Importeurs.
Dabei hängt es vom jeweiligen Fall ab, ob der Nationalstaat oder die Europäische Union der Bezugsrahmen ist. Um aus dem Haftungsrisiko freizukommen, muss anhand der Verkaufsdokumente eindeutig nachgewiesen werden, dass ein vorgelagerter Händler der tatsächliche Inverkehrbringer war und gegebenenfalls noch greifbar ist. Im Falle von Zollvergehen aber gibt es eine Durchgriffsmöglichkeit bis zum Endkunden.
Im Rahmen der europäischen Marktbeschränkungen für asiatische Module ist das dann auch die erste Hürde, die es beim Ein- und Verkauf ebensolcher Produkte zu nehmen gilt. Es stellen sich Fragen wie: Unterliegen die Module der EU-Richtlinie für Importe aus Asien? Wurden sie korrekt verzollt und kann das plausibel nachgewiesen werden? Stimmen überhaupt die Herstellerangaben zur Herkunft von Modulen und den darin verbauten Zellen? Nicht wenige angeblich korrekt deklarierte Module wurden in den vergangenen Jahren aufgrund gefälschter Dokumente aus dem Verkehr gezogen und gegenüber Importeuren und Herstellern hohe Strafen verhängt.
Finanzielle Sicherheiten für spätere Entsorgung
Die nächste Hürde stellt die europäische Recyclingverordnung dar, die zwar einen gemeinsamen Grundgedanken, nämlich das Verursacherprinzip, enthält, jedoch länderspezifisch ganz unterschiedlich ausgeführt wird. Hier definiert also die Landesgrenze einen abgeschlossenen Markt, sodass die aus dieser Verordnung abgeleiteten Pflichten denjenigen treffen, der eine Ware zum ersten Mal in einem lokalen Markt anbietet. Auf Markenbasis muss er den Handel mit Modulen, Wechselrichtern, Messtechnik und bald auch mit Kabelmaterial bei der jeweils zuständigen Stelle, zum Beispiel der Stiftung EAR für Deutschland, anmelden. Erst nach Zuteilung einer Registrierungsnummer darf er die Produkte unter bestimmten Auflagen und in Verbindung mit der Hinterlegung finanzieller Sicherheiten zur späteren Entsorgung in Umlauf bringen.
Qualität der Produkte im Blick behalten
Und schließlich darf der Händler bei allen diesen Pflichten nicht vergessen, die Qualität der gehandelten Produkte regelmäßig gewissenhaft zu überprüfen. Es reicht leider nicht, sich vom Hersteller eine Handvoll Zertifikate aushändigen zu lassen und darauf zu vertrauen, dass alles korrekt angegeben ist und die Dokumente noch gültig sind.
Bei den rasanten Fortschritten in der Entwicklung und den kurzen Produktzyklen heutiger Module dürfte kaum ein im Markt erhältliches Produkt noch der Version entsprechen, die eine IEC-Zertifizierung durchlaufen hat. Anschlusszertifizierungen werden aufgrund der hohen Kosten nur sporadisch gemacht. Prinzipiell ist das auch kein Problem, wenn bei den Änderungen keine sicherheitsrelevanten Komponenten betroffen sind.
Eine produktspezifische Zertifizierung ist immer nur eine Momentaufnahme und keine Garantie für eine gute Produktqualität. Allerdings bilden nach aktueller Norm gültige Zertifikate die Grundlage für die in Europa vorgeschriebene CE-Kennzeichnung. Mit ihr erklärt der Hersteller oder Inverkehrbringer, dass das Produkt den geltenden Anforderungen genügt, auch EU-Konformitätserklärung genannt. Nicht CE-gekennzeichnete Produkte dürfen gar nicht erst in Umlauf gebracht werden!
Pflichten oftmals nicht bekannt
Die hier geschilderten Probleme sind nur ein kleiner Teil dessen, was ein Großhändler im heutigen Markt bewältigen muss, wenn er es ernst meint und verantwortlich handeln möchte. Da dies mit finanziellem und personellem Aufwand verbunden ist, sind gewissenhafte Akteure natürlich gegenüber den gewissenlosen, vielleicht auch unwissenden Mitbewerbern, den sogenannten Trittbrettfahrern, im Nachteil.
Staatliche Kontrollen sind allerdings eher selten. Man vertraut auf gegenseitige Kontrolle und Meldung, wenn Unregelmäßigkeiten entdeckt werden. Noch sind aber viele seriöse Handelsfirmen vorsichtig, den ersten Stein zu werfen, da sie nicht sicher sein können, dass dies nicht zur Retourkutsche wird.
Viele Anforderungen sind – ohne das Geschäftsmodell wechseln zu müssen – schlichtweg nicht umsetzbar. Hier ist dringender Korrekturbedarf in der Gesetzgebung notwendig. Einige Pflichten sind jedoch durchaus sinnvoll und nötig, den Betroffenen oftmals aber nicht bekannt. Hier besteht dringender Nachholbedarf – in der Aufklärung wie in der Umsetzung.
Der Autor
Martin Schachinger
ist seit 25 Jahren in der Photovoltaik und in den regenerativen Energien zu Hause. Seit 2004 betreibt er eine internationale Online-Handelsplattform für Solarkomponenten. Dort wird ein breites Spektrum an Markenprodukten, Neu- und Gebrauchtware mit unterschiedlichsten Spezifikationen angeboten.