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Wie viel Strom die Photovoltaikanlagen der Nation produzieren, ist eine nicht ganz uninteressante Frage für Solarprofis in Deutschland. Beantwortet wird sie bisher nur einmal im Jahr im April, wenn der „Statistikbericht Jahresendabrechnung“ der Bundesnetzagentur erscheint, mit den Werten des Vorvorjahres. Ähnlich historisch ist das Zahlenmaterial, das die Arbeitsgruppe Erneuerbare-Energien-Statistik (AGEE-Stat) im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) einmal jährlich veröffentlicht in der Dokumentation „Erneuerbare Energien in Zahlen“. Die Folge: Keiner weiß wirklich, wie hoch Produktion und Kapazität aktuell sind. Aussagen über den Ist-Zustand der erneuerbaren Stromerzeugung hinken der Wirklichkeit entweder immer ein paar Schritte hinterher oder werden unvermeidlich spekulativ.

Die Branche hofft, dass sich das ändert durch die Einrichtung eines öffentlichen Anlagenregisters, das von der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen geführt und kontrolliert wird. Die Bundesbehörde, die 1998 zur Förderung des Wettbewerbs in den Netzmärkten gegründet wurde, hat im Energiesektor unter anderem die Aufgabe, für Transparenz im bundesweiten EEG-Ausgleichsmechanismus zu sorgen. Im EEG 2004 (Paragraph 15) und im EEG 2009, das am 25. Oktober vom Bundestag verabschiedet wurde (Paragraph 64), ist unter anderem die Möglichkeit vorgesehen, „zur weiteren Erhöhung der Transparenz und zur Vereinfachung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus“ ein öffentliches Anlagenverzeichnis einzurichten. Voraussetzung dafür sind entsprechende Rechtsverordnungen der Bundesregierung.

Der Wunsch nach einem zentralen Anlagenregister wird schon seit Jahren von den Verbänden der Branche formuliert. Ein Auslöser dafür ist die Feststellung, dass das Zahlenmaterial der Netzbetreiber – momentan die einzige Grundlage für Marktstatistiken – nicht immer völlig konsistent ist. Die an die Anlagenbetreiber bezahlten Vergütungen sind zum Teil zu niedrig, so dass am Ende des Jahres eine Nachzahlung erfolgt. „Allerdings sind die Abweichungen nach den Erkenntnissen der Bundesnetzagentur nicht so hoch, dass von Missbräuchen auszugehen ist“, erklärt Thomas Hagbeck, Pressesprecher des Bundesumweltministeriums. „Diese Frage wird allerdings auch in der Zukunft weiter beobachtet.“

Auch die Netzbetreiber sind für ein öffentliches Anlagenregister. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat sich im Bundestagsausschuss für die EEG-Neuregelung engagiert für ein Anlagenregister eingesetzt. Dort hieß es: „Da die weitaus überwiegende Anzahl der EEG-Anlagen PV-Anlagen sind, entfällt auf die Bearbeitung des Anschlussvorgangs, die Vergütungsabwicklung und die gesamte Korrespondenz mit den PV-Anlagenbetreibern der größte Arbeitsaufwand.“ Dieser könne verringert werden, wenn „ein öffentlich geführtes Anlagenregister eingerichtet werden würde, der Eintrag der Anlagendaten in dieses Register durch den Anlagenbetreiber Voraussetzung für den EEG-Vergütungsanspruch wäre und die Einstufung in die korrekte Vergütungskategorie durch behördliche Entscheidung erfolgen würde“.

Eine exakte Registrierung der deutschen PV-Anlagen ist für die Branche auch deshalb wichtig, weil der Zubau von Anlagen eine entscheidende Größe für die Bestimmung der Einspeisevergütungen ist. Dieses Problem wird jetzt gelöst: Ab dem 1. Januar 2009 müssen alle neuen PV-Anlagen und Anlagenerweiterungen bei der Bundesnetzagentur registriert werden. Die Registrierung ist Voraussetzung für die Vergütung des eingespeisten Stroms nach dem EEG.

„Die bei uns gemeldeten Daten sind die Grundlage für die Ermittlung der Vergütungssätze für PV-Anlagen, die im Folgejahr neu in Betrieb genommen werden“, erklärt Renate Hichert von der Bundesnetzagentur. Der für das Folgejahr geltende Prozentsatz, um den die Vergütungen sinken, und die daraus resultierenden Vergütungssätze werden von der Bundesnetzagentur zum 31. Oktober 2009 im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Auch wenn das öffentliche Anlagenregister, noch nicht umgesetzt wird, wird diese „kleine Lösung“ von den Verbänden der Branche einhellig positiv bewertet.

Noch nicht genug

Der Bundesverband Solarwirtschaft, erklärt Verbandssprecher Sebastian Fasbender, begrüßt die Schaffung des „Anlagenregisters PV“: „Das Anlagenregister ist seit längerem eine Verbandsforderung. Wir erhoffen uns dadurch mehr Transparenz bei der angeschlossenen Leistung und Aufschlüsse über die regionale Verteilung der Solarstromanlagen.“ In den Prozess der Bundesnetzagentur, ein Verfahren und ein Formular zu entwickeln, sei der BSW-Solar eingebunden, sagt Fasbender. „Wir rechnen damit, dass die Bundesnetzagentur noch in der ersten Dezemberhälfte Informationen zum Verfahren auf ihrer Homepage bereithält.“

Auch Björn Klusmann, Geschäftsführer beim Bundesverband Erneuerbare Energie, begrüßt das Anlagenverzeichnis: „Dieses Instrument ist ein erster Schritt zur Erhöhung der Markttransparenz“, sagt Klusmann. „Zurzeit sind Aussagen über die Marktentwicklung nur mit großer Verzögerung möglich. Die Marktentwicklung der PV-Anlagen könnte künftig theoretisch in Echtzeit veröffentlicht werden. Der Einstieg wird jetzt gemacht für Photovoltaikanlagen, Anlass ist die Berechnung des Wachstumskorridors, die Grundlage für die Festlegung der Einspeisevergütungen. Was jetzt nur für neue Photovoltaikanlagen vorgesehen ist, kann auf alle Anlagen im Sektor Erneuerbare Energien ausgedehnt werden.“ Klusman schätzt, dass die Politik jedoch zunächst einmal auswerten will, welche Erfahrungen mit dem Photovoltaikregister gemacht werden.

Für einen Ausbau des Anlagenregisters ist auch Frank Musiol, Mitglied der Arbeitsgruppe Erneuerbare-Energien-Statistik und Leiter des Fachgebiets Systemanalyse beim Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg: „Natürlich kann die AGEE-Stat mit der jetzigen Lösung noch nicht voll zufrieden sein, denn einen wirklich großen Schritt sind wir nur bei der Photovoltaik weiter. Trotzdem sind wir zuversichtlich, dass sich die Datenverfügbarkeit durch die Veröffentlichungspflicht der Netzbetreiber und die Arbeit der Bundesnetzagentur deutlich verbessern wird.“

Wolf von Fabeck vom Solarenergie-Förderverein Deutschland plädiert für eine rasche Einführung eines „vollständigen öffentlichen Verzeichnisses aller Photovoltaikanlagen im Internet“. Die Abrechnungen der Netzbetreiber, sagt er, seien „äußerst unsystematisch“. Eine Kontrolle könne nur eine Institution ausüben, die ein Interesse an der Aufdeckung von Fehlern hat: „Das ist nur zu leisten mit Hilfe der interessierten Öffentlichkeit.“

Sobald das Anlagenverzeichnis für neue PV-Anlagen eingerichtet ist, dürfte der Schritt zu einem umfassenden Anlagenregister für alle Photovoltaikanlagen inklusive der älteren Installationen nicht mehr schwierig sein. Die Bundesnetzagentur hat die Anlagedaten für alle deutschen PV-Anlagen schon jetzt gut im Griff. Für ihren letzten Statistikbericht hatte sie den gesamten Datenbestand der Netzbetreiber gesichtet, die Jahresabrechnungen der vier großen Übertragungsnetzbetreiber sowie die Daten von etwa 900 Verteilnetzbetreibern und rund 1.000 Stromlieferanten. Zudem erhält die Netzagentur für ihren nächsten Statistikbericht erstmals alle Daten von den Netzbetreibern „anlagenscharf“. Das heißt, die Netzbetreiber melden der Netzagentur nicht nur die Summen aller Stromeinspeisungen nach dem EEG, sondern übermitteln der Bundesnetzagentur auch die vollständigen Datenbanken, die diesen Summen zugrunde liegen, inklusive jeder einzelnen Anlage, sauber identifiziert durch Anlageschlüssel und Adresse.

Zu hoffen ist, dass im nächsten Schritt effiziente Daten-Schnittstellen eingeführt werden, damit die von den Stromzählern registrierten Werte schneller veröffentlicht werden können.

Eva Weber

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