Im Nachgang der Bilanzpressekonferenz von Q-Cells SE vor einigen Tagen stellte sich der Vorstandsvorsitzende Anton Milner in einem Interview den Fragen der photovoltaik. Er äußert sich zur zukünftigen Entwicklung des Photovoltaik-Marktes sowie seinen Plänen, Q-Cells weiter an der Weltspitze zu halten.
Der Shooting-Star der Branche und hat einen eisigen Winter hinter sich. Können Sie mit 2008 zufrieden sei? Und wie geht es weiter?
Milner: Q-Cells hat seine Produktion 2008 um 48 Prozent und den Umsatz um 46 Prozent auf 1,251 Milliarden Euro gesteigert. Wir sind weiterhin Weltmarktführer. Aber nach den sehr schwachen Wochen seit Mitte November muss man dennoch einräumen: Wir hatten uns noch mehr vorgenommen. Auch das erste Quartal des neuen Jahres begann im Vergleich zu 2008 zunächst schwach, doch von Monat zu Monat sehen wir mehr Nachfrage.
2009 müssen Sie sich auf ein Ende der Zeit umstellen, in der Sie ihre Ware reißend los wurden. Ein neues Gefühl, wenn der Wettbewerb ausbricht?
Milner: Wir hatten einige Jahre, in denen es wegen der nicht zu deckenden Nachfrage nach Zellen keine schwachen Winter mehr gab, da haben einfach die Händler und Installateure ihre Lager aufgefüllt. Aber den ganz normalen Wettbewerb gab es ja auch vor 2004/2005. Die Unternehmen, die diese besonders sichere, und auch ertragreiche Zeit gut genutzt haben, die jetzt über Technologievorsprung, Know-how, flexible Einkaufs und Steuerungsmechanismen und einer Qualitätsmarke verfügen, werden durch die neue Situation nicht geschwächt.
Wir von Q-Cells freuen uns darauf, dass jetzt wieder der normale Wettbewerb einzieht, wie er in der Industrie üblich ist. Wie stark wir sind, lässt sich daran erkennen, dass die Zellenpreise seit dem Einbruch im Winter um 15 bis 20 Prozent gesunken sind, wir 2009 dennoch beim Umsatz deutlich auf 1,7 bis 2,1 Milliarden Euro wachsen und durch ein straffes Kostenmanagement Gewinne erzielen wollen.
Aber der Gürtel sitzt jetzt enger. Wo werden Sie überall sparen?
Milner: Wir fokussieren unsere Investitionen auf neue Technologien im Dünnschichtbereich in den Beteiligungen am Standort Bitterfeld-Wolfen und auf Malaysia, wo wir ab Frühjahr mit der Produktion beginnen. Bis Ende 2009 soll dort die Kapazität auf 520 Megawatt steigen und dann mit der dort sehr günstigen Kostenstruktur unsere Position stärken. Insgesamt rechne ich mit Investitionen von bis zu 500 Millionen Euro, das ist sehr, sehr viel Geld, aber doch deutlich weniger, als wir ursprünglich vorhatten. Es werden einige Projekte zeitlich gestreckt. Vor allem wird es aber aktuell Schnitte an den weichen Kosten geben. Potenzial sehe ich auch durch eine Entspannung der Spotmarktpreise für Silizium. Wir werden das ausnutzen.
Bedeutet das Engagement Malaysia für den Stammsitz in Bitterfeld ein Ende des Wachstums?
Milner: Wir fahren in Bitterfeld jetzt die sechste Linie bei Q-Cells hoch und investieren kräftig in unsere Tochter- und Beteiligungsunternehmen wie Solibro oder Calyxo. Die dort erzielten Testergebnisse sind sensationell und ich gehe davon aus, dass sich das auch bald in Marktzahlen auswirken wird. Im multikristallinen Bereich haben wir jetzt in Bitterfeld allerdings erst mal fast die geplante Kapazität von 800 MWp erreicht. Nicht zu vergessen ist zudem, dass in Deutschland der Konzernsitz und auch die Forschung und Entwicklung konzentriert bleiben.
Kommt jetzt die Marktbereinigung?
Milner: Vor allem der Markt bei den Dünnschichtzellen wird sich stark verändern, derzeit gibt es rund 240 Anbieter, ich glaube, rund 80 Prozent werden davon nicht eigenständig überleben. Eine sehr große Zahl dieser Unternehmen ist noch sehr jung, hat Produkte im Versuchsstadium oder arbeitete bisher an der Rentabilitätsgrenze. Da folgt jetzt eine reinigende Auslese. Es gibt einen Trend in diesen Monaten zu Qualitätsmarken, auch zu Größe. Wir bauen diesen Bereich stark aus, wir rechnen schon im Jahr 2010 mit Kosten von weniger als einem Euro pro Watt. Das wird insofern noch ganz wichtig, weil der Preisverfall für Zellen und Module die Netzparität schneller erreichbar werden lässt, als ich das noch vor wenigen Monaten gedacht hätte. Wir werden das in Italien schon sehr bald sehen, für Deutschland rechne ich im Privatkundenbereich jetzt etwa mit 2013/2014.
Q-Cells baut jetzt auf Kraftwerke und den Handel mit Strom...
Milner: Wir können mit der 2007 gegründeten Tochterfirma Q Cells International dank unserer finanziellen Stärke auch dann Anlagen verwirklichen, wenn es sonst derzeit keine Finanzierung gäbe. 2008 lag der Umsatz von QCI noch bei 92 Millionen Euro, also unter zehn Prozent. Projekte für knapp 200 MWp haben wir für 2009 in der Pipeline, damit können wir auch flexibler auf Marktschwankungen reagieren, die sonst auf die Produktion durchschlagen würden. Das Projektgeschäft ist aber kein Notvehikel, es wird aber ein strategisches Standbein, das auch zum Ertrag des Konzerns beisteuern wird. Der Handel mit Ökostrom für die Industrie war eine Marktlücke, die wir bei uns selbst entdeckt haben, als wir für Bitterfeld-Wolfen einen solchen Stromlieferanten gesucht haben. Bisher gibt es solche Anbieter nur im Privatkundenbereich. Für den Handel mit Ökostrom, wobei wir den Anteil von Solarstrom unbedingt noch steigern wollen, nutzen wir auch das Wissen von ehemaligen Experten der Strombörse in Leipzig.
Die Verlängerung einer kurzfristigen Kreditlinie über 500 Millionen Euro bis Jahresende und ihr Sparprogramm hören sich aber eher danach an, als ob auch bei Q-Cells Geld eher knapp ist?
Milner: Wir haben bisher von dieser Kreditlinie immer nur einen kleinen Teil in Anspruch genommen, derzeit rund 280 Millionen Euro. Wir brauchen Geld für die Wachstumsstrategie, ich habe ja die Summe der Investitionen allein für 2009 schon genannt. Wir planen derzeit, ein Schuldscheindarlehen in Höhe von ca. 500 Millionen Euro zu platzieren, um die von Ihnen genannte Brückenfinanzierung abzulösen. Bereits jetzt gibt es Interessenten für mehr als 300 Millionen. Q-Cells ist kerngesund, das belegt nicht zuletzt ein Eigenkapitalanteil von 66 Prozent.
Das Interview führte Manfred Schulze.