Die Analysten des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) haben berechnet, wie sich die einzelnen Energiesektoren entwickeln müssen, um den Treibhausgasausstoß bis 2030 um 65 Prozent zu verringern. „Denn wir gehen davon aus, dass eine Reduktion um 65 Prozent in Deutschland notwendig ist, um die Klimaschutzziele zu erreichen“, erklärt Simone Peters, Geschäftsführerin des BEE, bei der Vorstellung des Szenariorahmens. „Das hat Auswirkungen auf das EEG und auch auf die anderen Sektoren mit Blick auf die jeweiligen Ausbaupfade.“
Stromverbrauch steigt auf 754 Terawattstunden
Um die Ziele zu erreichen, muss die Nutzung der erneuerbaren Energien um den Faktor 2,4 wachsen. Das bedeutet, dass die Produktion von regenerativen Energien von 455 Terawattstunden im Jahr 2019 auf 1.084 Terawattstunden im Jahr 2030 wachsen muss. Der Stromsektor wird im Mittelpunkt stehen. Die Analysten gehen von einer Steigerung des Bruttostromverbrauchs auf 745 Terawattstunden. Davon werden die Erneuerbaren mit 575 Terawattstunden etwa 77 Prozent liefern. „Das bedeutet, dass es hier einer drastischen Beschleunigung des Ausbaus braucht, um nicht in eine Stromlücke zu laufen“, betont Peters. „Die verbleibende Lücke, die wir nicht direkt mit Erneuerbaren füllen können, müssen wir dann durch Power-to-X-Technologien und Bioenergieimporte abdecken.“
205 Gigawatt Photovoltaik sind das Ziel
Deshalb müssen die Ausbauziele für die regenerative Stromproduktion drastisch angehoben werden. In Zentrum stehen hier vor allem die Photovoltaik und die Onshore-Windkraft, die die größten Potenziale haben. So muss die installierte Photovoltaikleistung bis 2030 auf 205 Gigawatt wachsen – von derzeit gut 54 Gigawatt. Die Windkraft an Land muss bis dahin eine installierte Leistung von 95 Gigawatt erreichen. Das ist eine Steigerung um gut 72 Prozent im Vergleich zur derzeitigen Leistung, die bei etwa 55 Gigawatt liegt.
Energieimporte sinken um ein Drittel
Sollten diese Ausbauziele tatsächlich erreicht werden, sind zwar immer noch Energieimporte notwendig. Doch dieser Bedarf wird aufgrund der inländisch geprägten Energiewende um ein Drittel im Vergleich zum derzeitigen Stand sinken. Diese werden sich zudem hauptsächlich auf Importen von grünem Wasserstoff konzentrieren. Die Analysten gehen von insgesamt 86 Terawattstunden Wasserstoff aus, der in Deutschland 2030 genutzt wird. Davon werden 55 Terawattstunden im Land produziert und 31 Terawattstunden kommen aus importiertem Wasserstoff, der mit regenerativen Energien hergestellt wurde.
Sektorkopplung stärken
Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende auf Basis dieser Berechnungen des BEE ist eine enorme Hebung von Effizienzpotenzialen. Hier sind vor allem der Gebäude- und der Verkehrssektor gefragt, wo in den nächsten Jahren viel Energieverbrauch eingespart werden muss. So wird der Bruttoendenergiebedarf insgesamt sinken, während die Stromproduktion aufgrund ihrer zentralen Stellung im zukünftigen Energiesystem steigen muss. Das bedeutet auch einen größeren Stellenwert für die Sektorkopplung. Sowohl der Verkehrs- als auch der Gebäudesektor müssen stärker regenerativ erzeugten Strom nutzen. Für den Gebäudesektor ist zudem noch eine verstärkte Nutzung von erneuerbaren Wärmekonzepten notwendig.
Neues Strommarktdesign angekündigt
Zur Finanzierung wird der BEE zudem eine Studie für ein neues Strommarktdesign erstellen, wie Simone Peters ankündigt. „Denn es ist wichtig, dass der Strommarkt auf die erneuerbaren Energien ausgerichtet ist“, sagt sie. Zudem soll in die Studie auch die Sektorkopplung mit einfließen. Sie soll spätestens zur Bundestagswahl fertig sein, damit sie eine der Grundlagen für die Koalitionsverhandlungen zum Ende dieses Jahres werden kann. (su)
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