Aller Betriebsamkeit zum Trotz sollten die Hersteller sich jetzt schon Gedanken über ihre Strategien in einem sich wandelnden Markt machen, appelliert das Bonner Markt- und Meinungsforschungsinstitut EuPD Research in seiner aktuellen Studie „Der Deutsche Photovoltaikmarkt 2010“. „Das Schlagwort lautet Differenzierung“, fasst Markus Lohr, Research Analyst bei EuPD Research, die Kernaussage zusammen.
Die Studie ist das Ergebnis mehrerer Untersuchungen von EuPD Research. Neben allgemeinen Erhebungen zum Markt flossen Antworten von rund 350 Installateuren ein, die das Unternehmen im Rahmen seiner alljährlichen Installateursumfrage interviewte, ebenso wie die Ergebnisse einer Endkundenbefragung.
„Der deutsche Photovoltaikmarkt wird nach dem Rekordzubau von 3,8 Gigawatt in 2009 auch 2010 der wichtigste Absatzmarkt weltweit sein“, zieht EuPD Research Bilanz und prognostiziert, dass in diesem Jahr 5,5 Gigawatt Photovoltaikleistung neu ans Netz gehen werden. Für 2011 rechnet das Marktforschungsinstitut allerdings mit einem „deutlichen Rück gang“ auf dem deutschen Markt. Dennoch werde der hiesige Markt im internationalen Vergleich mit einem geschätzten Zubau von drei Gigawatt im Jahr einer der wichtigsten Absatzmärkte bleiben. „Das Boomjahr sollte nicht dazu verleiten, zu denken, alles sei okay“, mahnt Lohr. Es werde eine Konsolidierung geben. „Trotzdem: Photovoltaik bleibt ein Wachstumsmarkt. Das Wachstum wird sich bloß verlangsamen.“ Wegen der Novellierung des EEG zum 1. Juli sei ab dem dritten Quartal 2010 eine Verschiebung der Marktsegmente in Richtung Aufdachanlagen zu erwarten, schreibt EuPD Research. „Anlagen mit einer Systemgröße von 10 bis 50 Kilowatt waren in Hinblick auf ihren Anteil am Zubau bereits in 2009 das wichtigste Marktsegment. Ab dem zweiten Halbjahr 2010 und vor allem in 2011 wird sich ihre Bedeutung noch weiter verstärken.“
Installateure für sich gewinnen
Weil in Deutschland fast alle privaten Anlagen über Installateure verkauft werden, widmet EuPD Research dem Thema „Marketingmix“ eines von fünf Kapiteln. „Wegen der vorweggenommenen Nachfrage gibt es derzeit noch ein Problem bei der Verfügbarkeit von Komponenten“, sagt Markus Lohr, der an der Studie mitgewirkt hat. „Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir tatsächlich ein Überangebot haben.“ Sobald der Markt sich endgültig vom Anbieter- zum Nachfragemarkt gewandelt hat, werden Installateure die Möglichkeit haben, Anbieter und Vertriebskanäle frei zu wählen. „Dementsprechend besteht auf Seiten der Hersteller und Großhändler Handlungsbedarf, die Entscheidung der Installateure durch eine geeignete Auswahl der zur Verfügung stehenden Marketinginstrumente zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen“, schreibt das Bonner Institut. Die Marktforscher beleuchten die Marketinginstrumente Produkt-, Service-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik.
Bei der Produktpositionierung, die hier herausgegriffen werden soll, stellt sich zunächst die Frage nach dem Alleinstellungsmerkmal eines Produktes oder eines Unternehmens (Unique Selling Point – USP). Es geht darum, bei den Kosten am besten zu sein oder durch eine Differenzierungsstrategie Marktnischen zu besetzen. „USPs im Sinne der Differenzierungsstrategie können beispielsweise der höhere Wirkungsgrad der Module und Wechselrichter, die Qualität der eigenen Technologie, der Fokus auf Nischensegmente wie netzferne Anbindungen, gebäudeintegrierte Anlagen oder eine bereits etablierte Marke sein“, heißt es in der Studie.
Bei der Kostenführerschaft sieht EuPD Research keine großen Chancen für die deutschen Hersteller. Generell liegen die Herstellungskosten der chinesischen Produzenten im Schnitt 20 bis 30 Prozent unter denen der europäischen Wettbewerber. Bei den Dünnschichtmodulen weist der US-amerikanische Hersteller First Solar aktuell die niedrigsten Produktionskosten auf.
In seinen Erhebungen kam EuPD Research zu dem Schluss, dass der Preisdruck ab dem zweiten Halbjahr 2010 „enorm zunehmen“ werde und die Bereitschaft von Seiten der Hersteller steigen werde, zu den Produktionsgrenzkosten zu verkaufen. Zusätzliche Dienstleistungen wie After-Sales-Services werden dann kein Thema sein. „Mittelfristig dürfte jedoch ein Absatzmarketing, das auf die Differenzierungsstrategie setzt, höhere Margen und eine bessere
Positionierung auf dem Markt bedeuten“, heißt es weiter.Höherer Preise im Premiumbereich
Privatkunden sind eher bereit, einen höheren Preis zu zahlen, wenn Herkunft und Marke der Produkte stimmen, konstatiert EuPD Research. „Die Korrelation zwischen dem Preis einer Anlage und der dadurch erzielten Rendite tritt hingegen als Erfolgsfaktor bei der Kaufentscheidung zurück.“ Ebenso stehe bei Aufdachanlagen auf öffentlichen Gebäuden eher die „ökologische Leuchtturmwirkung“ im Vordergrund denn die Rendite. Hersteller sollten diese Präferenzen bei der Zusammenstellung ihres Portfolios berücksichtigen. Der Idealfall sei es für den Hersteller, eine vom Installateur exklusiv vertriebene Marke (zum Beispiel Solarworld) abzulösen oder aber wenigstens als ergänzendes Angebot im Rahmen einer Komplementärstrategie (z.B. Suntech/Kyocera) vertreten zu sein. „Grundsätzliches Ziel muss es jedoch sein, die Distributionsbreite (möglichst viele Installateure führen die Marke) und die Distributionstiefe (die Marke hat einen hohen Marktanteil am Portfolio des Installateurs) zu erhöhen.“
Die Fokussierung auf das Privatkundensegment ist somit eine denkbare Wettbewerbsstrategie, ebenso wie die Spezialisierung auf Nischen. Als Beispiel nennt das Marktforschungsunternehmen die gebäudeintegrierte Photovoltaik. EuPD Research kommt zu dem Schluss, dass die Anforderungen an Photovoltaikanlagen sich wandeln und deutlich komplexer werden. Bedingt durch die Nutzungspflicht erneuerbarer Energien für die Wärmebereitstellung in Neubauten werde beispielsweise die kombinierte Strom- und Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energiequellen an Bedeutung gewinnen.
„Ganzheitliche und systemische Energiekonzepte in den Fokus zu rücken“, empfiehlt EuPD Research den Herstellern. Das heißt zum einen, nicht vorrangig Kostenführerschaft zu verfolgen, zum Beispiel indem man bei Serviceleistungen einspart, sondern das Anbieten von Gesamtlösungen, inklusive Services vor und nach dem Verkauf. Darüber hinaus rät EuPD Research, sich frühzeitig Fragen der Energiespeicherung und des Eigenverbrauchs zu stellen. Zu Letzterem sagt Lohr: „Der Kunde muss wissen, wie es funktioniert. Das ist eine kommunikative Aufgabe.“
Apropos Services: Laut Marktbefragungen von EuPD Research erachten Installateure sogenannte Pre-Sales-Leistungen als die wichtigsten Zusatzleistungen. Auf den ersten Plätzen rangieren Beratung/Service, Lieferung/Verfügbarkeit sowie Unterstützung bei Marketing und Verkauf. Mit den After-Sales-Leistungen (zum Beispiel Garantieleistungen und Monitoring) der kristallinen Modulhersteller zeigten sich fast 70 Prozent der befragten Installateure „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“.