Die Studie Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem bestätigt dabei die zentrale Rolle der Elektrifizierung für eine möglichst kosteneffiziente Transformation – dabei hilft Wasserstoff ergänzend in Industrie, Bereichen des Verkehrs und Kraftwerken. Für den Transport von Strom und Wasserstoff aus dem Norden in die Verbrauchszentren im Westen und Süden ist ein stärkerer Netzausbau nötig. Für ein Energiesystem mit hohem Anteil erneuerbarer Energien müssen zudem Erzeugung und Verbrauch flexibilisiert werden.
Elektrifizierungsgrad in der Industrie bei 70 Prozent
Die ISE-Studie untersucht vier Szenarien als mögliche Wege zur Klimaneutralität im Jahr 2045. Bei allen werden die deutschen Klimaziele einschließlich Klimaneutralität erreicht und die Energieversorgung wird zu jeder Stunde in allen Verbrauchssektoren sichergestellt. Mithilfe des sektorenübergreifenden Energiesystemmodells Remod wurden kostenoptimierte Entwicklungspfade für die Bereiche Energiewirtschaft, Verkehr, Industrie und Gebäude – inklusive der nötigen Infrastrukturen – ermittelt. Dabei wurden verschiedene mögliche Szenarien betrachtet.
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Laut Studie ist die direkte Elektrifizierung dort, wo sie technisch möglich ist, auch die kostengünstigste Option für das System insgesamt: Wärmepumpen sind daher 2045 die dominierende Heiztechnologie, im Individualverkehr werden fast ausschließlich batterie-elektrische Fahrzeuge eingesetzt, und der Elektrifizierungsgrad in der Industrie steigt auf rund 70 Prozent. Durch den hohen Grad der Stromnutzung in den Verbrauchssektoren ist bis 2045 mit einer Verdoppelung der Stromnachfrage in allen Bundesländern zu rechnen.
Norddeutschland liefert 2045 ein Drittel der Primärenergie
Zusätzlich dazu entwickelt sich in den windreichen Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern mit der heimischen Wasserstoff-Elektrolyse ein großer neuer Stromverbraucher. Je nach Szenario ist im Jahr 2045 mit einem Gesamtstrombedarf zwischen 1.150 und 1.650 Terawattstunden zu rechnen.
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Windenergie und Photovoltaik erweisen sich als die zentralen Stützen der Energiewende. Im technologieoffenen Szenario verdoppelt sich die installierte Onshore-Kapazität bis 2030 im Vergleich zu 2023 in allen Regionen. Wind-Onshore und Wind-Offshore erreichen in Summe 290 Gigawatt im Jahr 2045. Die installierte Photovoltaik-Power steigt bis 2045 auf bis zu 420 Gigawatt.
65 Gigawatt Elektrolyse-Kapazität
Für 2045 zeigt die Studie, dass Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern aufgrund des hohen Windkraftpotenzials ein Drittel der deutschen Primärenergie bereitstellen. Daher wird die Elektrolyse eine zentrale Rolle in der flexiblen Stromaufnahme spielen. Im Norden wird ein Großteil der erwarteten rund 65 Gigawatt Elektrolyse-Kapazität installiert . In den von Photovoltaik geprägten Bundesländern werden dagegen vermehrt Batteriespeicher installiert.
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Für eine optimale Energieverteilung zwischen dem Norden und den industriestarken Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern ist neben der Wasserstoffinfrastruktur der Stromnetzausbau zentral – besonders die Nord-Süd- und die Nord-West-Verbindungen. Für Wasserstoff, der vor allem für Hochtemperaturprozesse und zur stofflichen Nutzung in der Industrie benötigt wird. Hier seien Speicherkapazitäten von mindestens 130 Terawattstunden nötig.
Transformationskosten von 52 Milliarden Euro pro Jahr
Die Kosten für die Transformation im Vergleich zum Fortschreiben des heutigen Systems belaufen sich im Szenario Technologieoffen im Mittel über die nächsten 25 Jahre auf rund 52 Milliarden Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Das entspricht rund 1,2 Prozent des heutigen BIP. Beispielsweise im Szenario Technologieoffen ergeben sich für die Jahre 2024 bis 2045 mittlere CO2-Vermeidungskosten von knapp 220 Euro pro Tonne. Im Szenario Effizienz sind die Transformationskosten aufgrund der geringeren Energienachfrage mit knapp 90 Euro pro Tonne deutlich geringer. (nhp)
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