Die Photovoltaik hat in den letzten Jahren viel zur Energiewende beigetragen. Was muss denn die Politik jetzt ganz konkret liefern, damit die guten Zubauzahlen vielleicht sogar noch steigen?
Wir erwarten von der künftigen Bundesregierung die Stabilisierung der Rahmenbedingungen. Wir erwarten eine Garantie für die Planungssicherheit. Wir erwarten konkrete Maßnahmen, damit der geplante Zubau bis 2030 auf 215 Gigawatt umgesetzt werden kann. Wir erwarten aber nicht nur, sondern wir haben auch konkrete Empfehlungen.
Der BSW Solar hat ein Zehn-Punkte-Programm vorgelegt, mit dem wir konkrete Vorschläge machen, wie die Zubaulücke geschlossen werden kann. Wie groß ist diese Zubaulücke?
Die Bundesrepublik will bis 2030 auf eine installierte Leistung von 215 Gigawatt kommen. Es wird sportlich und nicht reichen, das Zubauniveau von 17 Gigawatt des Jahres 2024 zu halten. Da würde dann noch eine Lücke im unteren zweistelligen Gigawattbereich klaffen. Diese wird sich nicht von allein schließen, sondern sich nur mit entsprechenden Maßnahmen zum Bürokratieabbau und der Abgabenentlastung verringern lassen.
Was ist dabei das Wichtigste?
Das Schließen der Zubaulücke ist kein Selbstzweck. Vielmehr ist es wichtig, diese zu schließen, um die Grünstromerzeugung zu stärken. Denn ohne diese werden die Strompreise nicht sinken. Ohne die Zunahme an Grünstromerzeugung werden wir entscheidende Wettbewerbsnachteile für unsere Wirtschaft und unsere Industrie erleiden und die Verbraucherinnen und Verbraucher werden konstant höhere Preise zahlen müssen. Und der schöne Nebeneffekt der Grünstromerzeugung ist: Es ist auch noch gut für das Klima.
Die Union schielt mit Blick auf den Klimaschutz eher auf die Atomenergie. Wird sich das negativ auf die Solarenergie auswirken?
Die CDU und die CSU haben angekündigt, sie wollen prüfen, ob die Kernenergie eine Option für die Stromversorgung in Deutschland sein kann. Ich bin relativ sicher, dass sie bei dieser Prüfung herausfinden, dass die Kernenergie die teuerste und langsamste Art und Weise ist, Strom zu erzeugen. Dazu kommt noch das Problem des Endlagers. Wir wissen, es gibt kein Neubauprojekt in der Europäischen Union, das nicht astronomische Kosten verschlingt und dessen Errichtung sehr lange dauert. Wir haben aber weder das Geld noch die Zeit für die Kernenergie.
Was ist mit der Regierung unter Friedrich Merz realistisch zu erwarten, wovon gehen Sie aus?
Wir wissen, dass sich CDU, CSU und auch die SPD als wahrscheinliche Koalitionspartner für einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien aussprechen und einsetzen. Der Union ist dabei wichtig, dies möglicherweise noch breiter mit anderen Technologien zu machen. Das werden wir dann sehen. Wir sehen alle anderen erneuerbaren Energieformen als Partner der Photovoltaik. Deshalb ist es auch sinnvoll zu prüfen, was die Bioenergie, die Geothermie und die Wasserkraft leisten können. Denn die Kernaufgabe der Energiewende ist, so viel Grünstrom zu erzeugen, dass die Preise sinken.
Aber die Photovoltaik soll dabei eine zentrale Rolle spielen?
Dass die Photovoltaik der Kern dieser Transformation sein wird, hängt damit zusammen, dass die Photovoltaik nicht nur die günstigste Art und Weise ist, in Deutschland Strom zu erzeugen, sondern auch, dass sie die beliebteste Art und Weise ist, in Deutschland Strom zu erzeugen. Photovoltaik ist zudem die am besten speicherbare und heute schon am meisten gespeicherte Stromart. Und deswegen sind wir sicher, dass die künftige Bundesregierung unter Friedrich Merz sehr viel tun wird, um den Ausbau der Solarenergie weiter voranzutreiben.
Was muss dazu noch an Regularien umgesetzt werden?
Wir empfehlen, das Hauptaugenmerk auf Bürokratieabbau und Steuererleichterung zu setzen. Wir haben noch bedeutende Potenziale, wenn man sich etwa die Genehmigung von Photovoltaikanlagen auf großen Dächern für Gewerbe und Industrie sowie für Freilandanlagen ansieht. Wir erlauben uns heute noch Genehmigungsverfahren, die viel zu lange dauern. Das muss gestrafft und vereinfacht werden, unter anderem durch Privilegierung.
Warum durch Privilegierung?
Mit der Ausweitung der Privilegierung zum Beispiel für Agri-PV oder kleine Freiflächenanlagen können Genehmigungsverfahren deutlich vereinfacht und beschleunigt. Dies sollte insbesondere auch für Batteriespeicher gelten, aber auch für Solarthermie-Kraftwerke zur Fernwärmeerzeugung. Es wäre ein riesiger Beitrag zum Bürokratieabbau, wenn wir über das Baugesetzbuch einen Standard für die Genehmigung definieren und die Anlagen privilegieren. In diesem Bereich können wir vor allem bei den Speichern noch sehr viel mehr machen.
Die Rahmenbedingungen für die Speicher wurden mit der jüngsten Energierechtsnovelle etwas verbessert. Was müsste da noch geschehen?
Das Solarspitzengesetz, das von der scheidenden Bundesregierung aus Rot und Grün und der kommenden Bundesregierung aus CDU und CSU gemeinsam verabschiedet wurde, enthält schon erste Ansätze für eine deutlich verbesserte Nutzung von Speichern. Aber das ist nur der erste Schritt. Wir müssen bei der Installation von Speichern viel schneller und besser werden. Die Speicher müssen unbegrenzt bidirektional ladbar sein. Sie gehören umfassend privilegiert im Baurecht. Ihre Netzanschlüsse sind schnell zu genehmigen. Und wir müssen natürlich weg von den willkürlich festgelegten Baukostenzuschüssen und anderen Abgaben. Hier setzen wir auf das Versprechen der Union zum Bürokratieabbau und der Minderung der Abgabenlast.
In den Kommunen ist auch die Unsicherheit groß. Denn diese werden plötzlich mit Solarparks konfrontiert, die für sie planerisch Neuland sind. Würde da eine Standardisierung weiterhelfen?
Es gibt schon Modelle, wie man den Kommunen unter die Arme greifen kann. In Bayern gibt es beispielsweise bei den Regionalpräsidien Stellen, an die sich die Gemeinden wenden können. Das ist durchaus sinnvoll. Natürlich dürfen die Gemeinden nicht im Regen stehen gelassen werden.
Das Interview führte Sven Ullrich.
Lesen Sie im zweiten Teil unserer Interviewserie unter anderem, welche Rolle die Digitalisierung für den Ausbau der Photovoltaik spielt.