Sonnenstrom ist Solidarstrom: Paul Grunow hat Solon und Q-Cells mit aufgebaut. Er ist Gründer und Geschäftsführer des Photovoltaik-Instituts in Berlin. Er stellt die Stromspeicher in den Mittelpunkt der Energiewende – und die Energiesystemtechnik.
Ich habe als Physiker am Hahn-Meitner-Institut in Berlin-Wannsee mit der Photovoltaik angefangen, als junger Wissenschaftler in der Strahlenchemie. Kurz nach der Wiedervereinigung kam ich von einem Forschungsaufenthalt in Brasilien zurück. Für Physiker gab es damals in Berlin keine Jobs, denn die Akademie der Wissenschaften der ehemaligen DDR war abgewickelt worden. Viele Physiker standen auf der Straße.
Viel mit Architekten gearbeitet
Stefan Krauter hat mich zu Wuseltronik geholt, einem Ingenieurteam in Berlin-Kreuzberg. Daraus entstand 1996 die Firma Solon, mit Reiner Lemoine, Stefan Krauter und Martin Sauter. Clemens Triebel spielte sehr wichtige Rolle bei Solon. Ich habe bei Solon viel mit Architekten gearbeitet, um sie von der Photovoltaik zu überzeugen.
So haben wir bei einer der ersten Anlagen die Solarmodule auf der Baustelle mit Heißluftfön und Teppichmesser aufgekratzt, um sie zu reparieren. Viele Module haben wir noch von Hand gelegt. Die erste Solon-Fabrik befand sich in einer Werkstatt in Kreuzberg, später zog die Firma nach Adlershof um.
Ich blieb drei Jahre bei Solon, ging anschließend zu Q-Cells. Dort bauten wir eine Zellfabrik auf. Solon wurde wichtigster Kunde von Q-Cells, auch Aleo, Solarwatt, Heckert und Solarnova kauften bei uns ein.
Regelrecht ausgebrannt
2005 habe ich Q-Cells verlassen, eine Woche nach dem Börsengang. Ich war regelrecht ausgebrannt. Denn wir haben immer weiter geoxt, bis ich richtig platt war. Nach dem Börsengang verändert sich so eine Firma. Vom Start-Up, in dem alle Leute alles irgendwie machen, zum großen Unternehmen mit der Zehnfachen Belegschaft. Das ist viel größer, behäbiger und langsamer.
Nach der Pleite von Solon und Q-Cells kamen mir Zweifel. Ich gründe Firmen und sie gehen immer wieder pleite. Meine Schlussfolgerung für das Photovoltaik-Institut: Klein machen, obwohl wir mittlerweile Außenstellen auf der ganzen Welt haben. Im Unterschied zu Solon oder Q-Cells haben wir keine Produkte, sondern Dienstleistungen.
Beeindruckende Leute getroffen
Was trieb mich an? Die Photovoltaik hat etwas erotisches. Man macht einfach Licht drauf, und es komm Strom raus. Als ich in die Branche kam, war was im Busch, da ist was passiert. Ich konnte machen, was ich wollte. Und ich habe beeindruckende Leute getroffen.
Was wir brauchen, sind der Mittelstand und kleine Wuselfirmen, sie sind auch das Rückgrat der Autoindustrie. Das EEG macht Sinn, um die Dächer voll zu kriegen. Das ist erfolgreich, so sollte man es fortsetzen. Bei großen Anlagen brauchen wir kein EEG mehr, aber Speicher und Netzumbau laufen noch nicht von alleine. 100 Prozent erneuerbare Energien sollten wir richtig machen, um es in die Welt zu verkaufen mit Batterien, ohne Hochspannungsnetze. Die Speicher kann man wie Photovoltaik verteilen und skalieren.
Ein EEG für die Speicher
Dieses Produkt sollten wir in Deutschland als exportierbare Technologie entwickeln. Das können wir ohne Kohlekraftwerke oder Gaskraftwerke, das Auto ist auch eine mobile Einheit, von der Tankstelle abgesehen. Das haben wir mit Autos geschafft.
Wir brauchen ein EEG für die Speicher, die intelligent am Netz über die Wechselrichter agieren. Wir brauchen intelligente Stützräder für die Stromnetze. Eigenstrom ist solidarisch: Wer keinen erzeugt, verweigert sich der Energiewende.
Sonnenstrom ist Solidarstrom: Hier finden Sie viele andere Statements zur solaren Energiewende und den Chancen für Deutschland.
Alle Interviews und Statements lesen Sie im Novemberheft der photovoltaik, das am 14. November 2019 erschienen ist. Diese Ausgabe steht ganz im Zeichen der politischen Debatten um die Energiewende und ihre Chancen für Deutschland. Abonnenten können alle Beiträge nach Erscheinen auch online lesen. In unserem neuen Webshop gibt es unsere Hefte zudem auf Einzelbestellung.