„Als Projektmanager verantworten Sie die erfolgreiche Umsetzung der Ihnen übertragenen Projekte von der Planung, Entwicklung, Finanzierung, Realisierung bis hin zur Übergabe der Anlage“, heißt es in einer Stellenanzeige von Juwi. Ganz einfach, oder? In der Realität läuft der Bau eines Photovoltaikparks aber oft unter hohem zeitlichen Druck ab. Und es ist eher die Regel als die Ausnahme, dass etwas Unvorhergesehenes passiert. Zum Beispiel, dass ein Teil der Module nicht rechtzeitig geliefert wird.
Soll ich als Verantwortlicher den Bauprozess stoppen und zunächst mit dem Auftraggeber sprechen oder sofort handeln und zu einem höheren Preis Module eines anderen Lieferanten kaufen, um so zwar den Termin zu sichern, aber gleichzeitig das veranschlagte Budget zu sprengen? Keine leichte Entscheidung, zumal meistens gleich mehrere Probleme zur gleichen Zeit auftreten.
Da passiert es leicht, dass bei dem Versuch, das eine zu kitten, das andere vergessen wird und das Projekt schließlich scheitert. „Deswegen ist es wichtig, eine methodische Ausbildung zu haben, wie ich so eine Komplexität von A bis Z steuern kann: Allein gesunder Menschenverstand langt da nicht“, meint Wilhelm Mikulaschek.
Diese Management-Instrumentarien zu vermitteln ist das Geschäft der Resultance GmbH, deren Geschäftsführer Mikulaschek ist. „Für fast jede Aufgabe und Situation innerhalb eines Projektes gibt es bewährte Arbeitshilfen und Werkzeuge, auf die Sie zurückgreifen können,um mit solchen Situationen umzugehen, ohne den Erfolg des Projekts zu gefährden“, sagt er.
Richard Lawless war in der Beraterbranche tätig, bevor er als Projektmanager zu Geosol kam. Direkt nach dem Einstellungsgespräch hat er sich entschlossen, eine Weiterbildung im Bereich Projektmanagement zu machen. „Der Umgang mit Kunden und die Begleitung über die Phasen Planung, Beschaffung und Bau waren Neuland für mich. Für mich war es gut, die Begrifflichkeiten und die Fachsprache eines Projektmanagers zu lernen und eine Struktur in die ganze Sache zu bekommen“, sagt Lawless.
In den Seminaren bei Resultance erlernen die Teilnehmer eine Systematik, wie ein Projekt methodisch zu steuern ist. „Anstatt einfach zu hoffen, dass alles gut geht, lernen sie, Unwägbarkeiten und Risiken systematisch zu erfassen. Und natürlich vermitteln wir, wie effektives Krisenmanagement betrieben wird, falls das Kind eben doch in den Brunnen gefallen ist“, sagt Mikulaschek. „Das Seminar hat für mich eine Basis gebildet, es gibt dann Material, mit dem man das Ganze sehr viel mehr vertiefen und von umfänglich gesammelter Erfahrung profitieren kann“, meint Lawless.
Drei Arten von Projekten
Es wird zwischen drei Arten von Projekten entschieden: Bei der Organisationsentwicklung geht es darum, Veränderungen im Unternehmen mit möglichst wenig Unruhe umzusetzen. Daneben gibt es Forschungs- und Entwicklungsprojekte, bei denen auch ein geregelter Abbruch nicht notwendigerweise ein Misserfolg ist. An dritter Stelle stehen die sogenannten Investitionsprojekte, wie der Bau einer Photovoltaikanlage. „Für uns ist der Projektmanager jemand, der ein Projekt über die klassische Wertschöpfungskette von der Planung bis zur Umsetzung begleitet, den Überblick behält und das Ganze aus Unternehmenssicht betrachtet – sozusagen die Klammer um alles bildet“, erklärt Frank Kieslich, Teamleiter Human Resources Development & Training beim Projektentwickler Juwi. Für jede einzelne Projektphase gibt es bei Juwi Spezialisten, zum Beispiel Finanzierungsexperten, Ingenieure oder Techniker.
Der Projektmanager aber muss das große Ganze im Blick haben: „Er muss die Interessen aller Beteiligten am Projekt kennen, gegeneinander abwägen und dann Entscheidungen treffen können. Und von diesem Ergebnis muss er dann auch alle Beteiligten überzeugen können“, sagt Kieslich. Er bringt ein weiteres praktisches Beispiel: „Bei unseren Projekten treffen unterschiedlichste Interessen und Anforderungen aufeinander. Da ist es wichtig, auch in schwierigen Diskussionen Projekte im Sinne des Unternehmens durchzusetzen.“ Eine solche Situation kann etwa eine Gemeinderatssitzung sein, in der es um die Genehmigung einer Solaranlage geht und plötzlich 20 Leute gegen das Projekt sind und das auch lautstark kundtun. Wie man sich auf so etwas optimal vorbereitet, das ist Teil der Ausbildung bei Resultance.
Alle Beteiligten ins Boot holen
„Meistens hat man ja erst mal nur die Interessen seines direkten Auftraggebers im Blick. Als Projektleiter ist es aber meine Aufgabe, im Vorfeld im Sinne einer Risikoabschätzung daran zu denken, wer etwas dagegen haben könnte, dass gebaut wird“, sagt Mikulaschek. Das methodische Modell für diese Abschätzung nennt sich Stakeholder-Analyse. Mit deren Hilfe wird ermittelt, welche Menschen und Menschengruppenfür den Projekterfolg erforderlich sind: Kunden, Außenstehende, Behörden und nicht zuletzt die Mitarbeiter. Für Mikulaschek ist ein Projekt per Definition ein so komplexes Vorhaben, dass man verschiedene – zum Teil sehr unterschiedliche – Charaktere zusammenbringen muss, ohne deren erfolgreiche Zusammenarbeit das Ziel nicht erreicht werden kann. „Menschenführung ist ein wesentlicher Bestandteil eines erfolgreichen Projektmanagements“, sagt er.
Dazu gehört eine rege Kommunikation – und sich mit den Befindlichkeiten der Menschen auseinanderzusetzen. Nur weil das Projekt für den Projektleiter selbst im Mittelpunkt steht, heißt das noch lange nicht, dass das bei den Mitarbeitern auch so ist. Jeder hat seine eigenen Prioritäten. Darauf muss ein Projektmanager reagieren, wenn er nicht riskieren will, dass jemand mittendrin aufhört zu arbeiten.
Wie das Hornberer Schießen
Wenn unter hohem Stress miteinander gearbeitet werden muss, sind Animositäten und Konflikte vorprogrammiert. „Konfliktlösung und Führung hängen im Projekt eng zusammen“, meint Mikulaschek. Ein Streit entzündet sich an vermeintlichen Nichtigkeiten: Der eine Mitarbeiter insistiert, ein bestimmtes Arbeitsergebnis eingefordert zu haben, und der andere kann sich daran überhaupt nicht erinnern. „Natürlich kann man sich an den Tisch setzen und einfach mal reden, aber wenn die Methodik und Professionalität fehlt, enden diese Gespräche wie das Hornberger Schießen“, sagt Mikulaschek.
Es stehen dann gegenseitige Schuldzuweisungen im Raum, und die Sitzung wird beendet mit der lapidaren Aussage: „Jetzt probieren wir es noch mal.“ Im Endeffekt gehen alle aus dem Gespräch mit dem Gedanken raus: Genau, der andere muss sich jetzt mal anstrengen. Denn ich tu ja schon alles. „Und damit haben sie sogar recht. Die Mitarbeiter tun nach ihrem Empfinden schon alles – aber sie können nicht erkennen, dass das in dem Moment das Falsche ist, weil sie nicht geführt werden“, schildert Mikulaschek die Problemlage.
In einem Projektmanagement-Seminar wird gezeigt, dass der Leiter nicht allen Mitarbeitern nahestehen oder sich besonders warmherzig verhalten muss. Seine Aufgabe ist es, berechenbar und verlässlich zu sein und die Bedürfnisse seiner Leute zu erkennen. Die Stakeholder-Analyse hilft zu erkennen, mit wem man belastbare Verträge und Absprachen schließen muss und auf welche Weise.
Ziele definieren und priorisieren
Dazu gehören durchstrukturierte und bis ins Detail klare Zielvereinbarungen. „Viele Projekte leiden zum Start an einer unklaren Aufgabenstellung. Es ist keineswegs allen Beteiligten klar, welche Ziele unter welchen Bedingungen zu erreichen sind“, sagt Mikulaschek. Nehmen wir das eingangs erwähnte Beispiel, bei dem es sich um die Frage dreht, ob ein Projektleiter einen Bauprozess anhält, weil er nur ein bestimmtes Budget bewilligt bekommen hat. In diesem Fall hätte das Ziel lauten müssen: Die Anlage muss zu einem bestimmten Datum laufen, weil ansonsten eine kalkulierte Einspeisevergütung verloren geht. Mit dieser Information kann der Projektleiter einschätzen, dass eine gewisse Budgetüberschreitung wegen eines schnellen Zukaufs von Modulen bei einem anderen Lieferanten das kleinere Übel wäre. Bei einem anderen Projekt, bei dem es nicht um Fördermittel geht, sondern tatsächlich nur eine bestimmte Menge Geld vorhanden ist, wäre das Überziehen des Budgets dagegen eine Katastrophe. Das Priorisieren von Zielen ist daher eine der zentralen Aufgaben des Projektmanagements, und dazu gehört eine zielgerichtete und fachgerechte Kommunikation.
Klare Ansagen sind wichtig
Oft bleiben Ansagen oder Wünsche aber völlig unkonkret. Wer hat nicht schon einmal gehört, er solle eine Aufgabe „asap“, also so schnell wie möglich erledigen? „So eine Angabe darf ein Projektleiter nicht einfach hinnehmen oder gar selbst solche Ansagen machen, sondern er muss rückfragen: Was bedeutet denn: ‚so schnell wie möglich‘ – in einer Woche, in einem Monat oder in einem Jahr? Das klingt trivial, ist in der Praxis aber ein ganz häufig auftretender Stolperstein im Projekt“, sagt Mikulaschek. Diese Professionalität des Fragens ist die Grundlage, dass man mit seinem Auftraggeber eine klare Absprache trifft, die sich auch in kritischen Situationen bewährt und damit die Basis für weiteres Arbeiten ist.
Die richtige Art und Menge der Informationsweitergabe ist ebenfalls ein wichtiges Thema des Projektmanagements. Wer Sitzungen mit einer Stunde anberaumt und zulässt, dass in dieser Zeit nur ein kleiner Teil der Tagesordnungspunkte besprochen wird, weil gleich das erste Thema viel zu intensiv diskutiert wurde, riskiert, dass Mitarbeiter unzufrieden aus der Besprechung gehen, weil viele Fragen unbeantwortet geblieben sind und sie nicht weiterarbeiten können. Auch die strukturierte Weitergabe vonInformationen kann gelernt werden. Dazu muss geklärt werden, welche Informationen man wann, wem und in welcher Absicht weitergibt.
Die richtigen Fragen stellen
„Ganz häufig gibt es im Unternehmen die Situation, dass jemand zwar schöne Pläne gemacht hat, aber wenn jemand anders übernimmt, steht der völlig hilflos davor, weil er nicht weiß, wie er diese Dokumente interpretieren soll. Wenn dagegen normierte Verfahren erlernt werden, fällt dieses Hindernis weg, weil stets einer bestimmten Systematik gefolgt wird“, erklärt Mikulaschek. Auch wer in ein schlecht dokumentiertes Projekt einsteigt, profitiert: „Wer professionell im Projektmanagement ausgebildet ist, sollte bei mangelnden Informationen oder mangelnder Führung in der Lage sein, qualifiziert die notwendigen Informationen einzufordern, um möglichst schnell produktiv zu werden.“ Ist die Weiterbildung zum Projektmanager also ein Plus im Bewerbungsgespräch? „Wenn ich einen Projektmanager suche und die Wahl habe zwischen einem Bewerber, der stark in der Projektmanagement-Methodik ist, oder jemandem, der ein fachlicher Experte auf einem Gebiet ist, dann würde ich mich für den Methodiker entscheiden“, sagt Frank Kieslich von Juwi. Das heißt allerdings nicht, dass ein Bewerber nur durch den Weiterbildungsnachweis direkt auf den Einstellungsstapel gelangt.
„Uns ist weniger der Titel oder der Begriff wichtig. Uns interessiert, wie passen die Leute zu Juwi und wie setzen sie das, was sie theoretisch gelernt haben, in der Praxis um. Also wo hat nach dem Seminar ein Transfer stattgefunden?“, sagt Kieslich. Bei den Seminaren von Resultance müssen die Teilnehmer das Gelernte anwenden. „Es wird ein Projekthandbuch erstellt. Da die allermeisten Teilnehmer bereits über Projekterfahrung verfügen, kann als Basis dafür ein reales Projekt dienen. Nur dass diesmal alles methodisch angegangen wird, denn dasHandbuch muss in sich konsistent und stimmig sein. Bei der Bearbeitung stellt sich so mancher Aha-Effekt ein“, sagt Mikulaschek.
Auf Standards achten
Der Begriff „Projektmanager“ ist nicht geschützt. Wer mehrere tausend Euro für eine Weiterbildung ausgibt, sollte darauf achten, dass der Anbieter zertifiziert ist.In Deutschland sind zwei Institutionen federführend: Zum einen die International Project Management Association (IPMA), die als Dachverband von rund 50 nationalen Einzelverbänden fungiert und vor allem in Europa verbreitet ist. Die Prüfungen der IPMA werden von den nationalen Einzelverbänden durchgeführt, in Deutschland von der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM).
Nach Angaben der GPM wird in rund 20 Solarunternehmen im Projektmanagement nach den Richtlinien der IPMA gearbeitet. Der Methodenstandard, nach dem auch bei Resultance gelehrt wird, nennt sich IPMA Competence Baseline (ICB). Die ICB schult den Projektmanager in den drei Feldern technische Kompetenz, Verhaltenskompetenz und kontextbezogene Kompetenz. Es können Zertifikate auf vier Ebenen erworben werden, wobei Level D eine solide Wissensbasis im Projektmanagement vermitteln soll.
Teilnehmer werden zum Projektfachmann ausgebildet und lernen die Fachbegriffe, sowohl die technischen als auch die sozialen. Die übergeordneten Level beschäftigen sich mit größeren und komplexeren Projekten, Level A schließlich bildet zum Programmmanager aus, der mehrere Projekte gleichzeitig lenkt. Die meisten Teilnehmer der Level-D-Kurse, so Mikulaschek, verfügen über einen Hochschulabschluss. Das ist jedoch keine Voraussetzung. Auch Teilnehmer aus Lehrberufen sind im Seminar willkommen.
Der zweite Fachverband für Projektmanagement ist das Project Management Institute (PMI). Der Verband ist sehr stark im US-amerikanischen und asiatischen Raum vertreten. Das PMI betrachtet sich als Expertenverband. Das bedeutet, dass keine Unternehmen, sondern nur Einzelpersonen als Trainer zertifiziert werden können. Nach eigenen Angaben hat das PMI 300.000 Mitglieder. Die Trainingseinheiten sind in die zwei Ebenen CAPM (Certified Associate in Project Management) und PMP (Project Management Professional) eingeteilt. An den Standards von PMI orientiert sich zum Beispiel Juwi in den hauseigenen Projektmanagement-Schulungen der Juwi Acadamy.
Technologieoffene Methodik
Wer das Gelernte umsetzt, kann sich und anderen während des Projekts viel Frust ersparen. Gleichzeitig gibt es jedoch Situationen, in denen eine gut angewandte Methodik den Projektmanager auch nicht mehr weiterbringt. „Im Moment ist einfach die Hölle los“, sagt Richard Lawless von Geosol. Er verantwortet ein Projekt, das frühzeitig und mit viel zeitlichem Puffer, also praktisch nach dem Lehrbuch geplant war, und dann kam die „Rösler-Röttgen-Überraschung“ dazwischen. Seitdem müssen viele Solarprojektierer um das Überleben kämpfen.
Lawless sieht deswegen ganz nüchtern einen weiteren Vorteil in seiner Fortbildung: Sie ist technologieoffen. Sollte es mit der Photovoltaik in Deutschland eines Tages nicht mehr weitergehen, lassen sich mit dem Wissen auch andere Projekte managen.