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Agriphotovoltaik

Bürger, zur Sonne

Die Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich den Ausbau erneuerbarer Energien. So zeigen es die Umfragen. Trotz dieses Zuspruchs hakt es aber oft bei der Umsetzung, gerade auf lokaler Ebene. Dort verlangsamt sich die Realisierung durch Bürgerinitiativen, zähe Genehmigungsprozesse und Klagen.

Vor allem die Agriphotovoltaik, also die Verbindung von Landwirtschaft und Photovoltaik, ist ein Megatrend im stark wachsenden Solarmarkt. Der Klimawandel macht diesen Markt geradezu unentbehrlich – angetrieben vom Konflikt zwischen Stromerzeugung und Landwirtschaft, wie er beim Bau großer Freiflächenkraftwerke entsteht.

Akzeptanz verbessern

Die Agriphotovoltaik hat das Potenzial, genutzte Landwirtschaftsflächen zusätzlich für die Solarstromproduktion zu erschließen. Im Mittelpunkt stehen hier derzeit unter anderem hochaufgeständerte Anlagen, die Beeren- oder Kernobst zusätzlich vor Wind und Wetter schützen. Die Solarmodule ersetzen dabei die bisherigen Schutzfolien.

Doch auch in der Agriphotovoltaik gilt: Die Akzeptanz der ortsansässigen Bevölkerung steigt, wenn diese direkt beteiligt wird. Denn ein entscheidender Dreh- und Angelpunkt für die erneuerbaren Energien im ­Allgemeinen und die Agriphotovoltaik im Speziellen ist die Haltung der ­Bevölkerung. In welcher Wechselwirkung zueinander stehen regionalwirtschaftlicher ­Anspruch, finanzielle Beteiligungsangebote und Bevölkerungszuspruch?

Kommunikation ist wichtig

Mit dieser Frage beschäftigten sich die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und das Institut für Zukunftsenergie- und Stoffstromsysteme (IZES). Sie setzten dazu das Forschungsprojekt „Regionale Wertschöpfung, Beteiligung und Akzeptanz in der Energiewende“ auf. Die Forscher haben dabei untersucht, wie sich der regionalwirtschaftliche Anspruch und die finanziellen Beteiligungsangebote auf den Zuspruch der Bevölkerung auswirken.

Die Erkenntnis: Indem Kommunen und Bürger an Ökostromanlagen beteiligt werden, lässt sich die Wertschöpfung lokal konzentrieren. Dazu kommt: Je mehr die Wertschöpfung in der Standortkommune verbleibt, desto besser lässt sich die Beteiligung lokaler Akteure an den jeweiligen Wertschöpfungsschritten ausgestalten.

Dieser Zusammenhang muss unbedingt auch von den Bürgern erkannt werden. Für die Kommunen spielt Kommunikation deshalb eine zentrale Rolle. Um die Akzeptanz für Energieprojekte herzustellen und zu steigern, ist ein grundlegendes Angebot von fairen Beteiligungsmöglichkeiten für die Bevölkerung in der Region von Bedeutung.

Wie solche Angebote aussehen, wurde im Rahmen einer Befragung von 25 Interessenten an Beteiligungsmodellen an Agriphotovoltaikanlagen herausgearbeitet. Denn unterschiedliche Modelle eröffnen Möglichkeiten für verschiedene Beteiligungsformen. Ausschlaggebend sind dabei mehrere Faktoren:

  • die frühzeitige Kommunikation mit ausführlichen Informationen zum Verlauf einer Beteiligung
  • der niedrigschwellige Zugang, der direkt auf die Zielgruppe ausgerichtet ist
  • der klar erkennbare Nutzen für die Interessenten
  • die laufende Information über die Entwicklung der Beteiligung.
  • Die verschiedenen Modelle wurden im Rahmen einer Fallstudie herausgearbeitet. Hier geht es um einen Familienpark einer sechs Hektar großen Beerenobstanlage. Die Beeren sollen durch eine Solaranlage mit einer Leistung von fünf Megawatt überdacht und geschützt werden.

    Die umliegenden Gemeinden und Gewerbebetriebe zeichnen größere Anteile an der Solaranlage. Der Strom – 5,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr – wird über einen Stromliefervertrag (PPA) an die Bewohner der umliegenden Gemeinden vermarktet.

    Schnell amortisiert

    Diese Stromerträge dienen der Finanzierung des Projekts. Hierfür soll ein Anteil von 50 bis 80 Prozent der Anlage zur Verfügung stehen. Selbst bei einem relativ niedrigen Strompreis von nur 0,12 Euro pro Kilowattstunde ist der Investitionsaufwand innerhalb von gut acht Jahren refinanziert.

    Unberücksichtigt bleiben die nicht unerheblichen landwirtschaftlichen Erträge aus der Vermarktung der Früchte, die dem landwirtschaftlichen Betrieb als Grundstückeigentümer zufließen. So sieht die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Projekts aus:

    Zusätzlich können sich die Bewohner dieser Gemeinden beteiligen. Der ­Bevölkerung wird ein Anteilsverkauf in kleiner Stückelung vorgeschlagen. Hier wären zwei Konzepte denkbar:

  • Eine Patenschaft für eine Fläche von drei mal drei Meter der Obstplantage inklusive der darüber aufgebauten Solaranlage: Die Bürger zahlen einen jährlichen Betrag von 100 bis 300 Euro, mit dem die Solaranlage refinanziert wird. Als Verzinsung bekommen sie Gutscheine für den Bezug einer bestimmte Menge an Obst, die sie im Kiosk der Anlage abholen.
  • Die direkte Beteiligung an der Solaranlage, ebenfalls aufgeteilt in Einheiten von drei mal drei Metern oder sechs Solarmodulen mit einer Anschlussleistung von 1,8 Kilowatt: Für diese Beteiligung wird aus den Stromerträgen eine Verzinsung abgeführt, die an die Bürger ausgezahlt wird und die wie folgt aussieht:
  • Nach Klärung der technischen Voraussetzungen wie Netzanschluss und Vermarktungskonzept für den Strom sowie der rechtlichen Bedingungen wie Baugenehmigung und Nutzungskonzept als Beerenanlage zum Selberpflücken sollte die Bevölkerung einbezogen werden. Eine möglichst frühzeitige Informationsveranstaltung stellt Transparenz her und vermittelt die Möglichkeiten einer Beteiligung. Die konkreten Vorteile für die Beteiligten sollten differenziert und erfahrbar vermittelt werden.

    Um gleichzeitig die Aufmerksamkeit der Medien zu generieren, empfiehlt es sich, der Informationsveranstaltung den Charakter eines kleinen Events zu geben. So können beispielhaft Agriphotovoltaikgestelle aufgebaut und darunter erste Pflanzen in Containern aufgestellt werden. Über Displays und farbige Broschüren lassen sich die Möglichkeiten der Agriphotovoltaik veranschaulichen.

    Bürger wollen investieren

    Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine hohe Akzeptanz seitens der Bevölkerung entsprechende finanzielle Beteiligungsangebote erfordert. In den Kommunen zeigte sich bereits eine deutliche Bereitschaft, sich auch an künftigen Anlagen der erneuerbaren Energien finanziell zu beteiligen

    Das Interesse war noch deutlich ausgeprägter, wenn Bürger sich bereits an anderer Stelle beteiligt hatten. Eine stärkere finanzielle Partizipation der Bevölkerung an der Energiewende könnte der Schlüssel dazu sein, die Akzeptanz seitens der betroffenen Bürger zu erhöhen.

    Ein Konzept: Die Anwohner können einen Teil der Anlage finanzieren und bekommen dafür zusätzlich einen Anteil an der Obsternte.

    Foto: Gridparity

    Ein Konzept: Die Anwohner können einen Teil der Anlage finanzieren und bekommen dafür zusätzlich einen Anteil an der Obsternte.
    Die Akzeptanz steigt, je mehr Bürger sich mit der Solaranlage identifizieren.

    Foto: Gridparity

    Die Akzeptanz steigt, je mehr Bürger sich mit der Solaranlage identifizieren.

    Photovoltaik/PV Europe

    Kapital für wachsende Märkte: Infokanal für Investoren gestartet

    Solarprofis sitzen bei uns in der ersten Reihe. Das gilt auch für private und ­kommerzielle ­Finanzexperten, die in unsere Branchen investieren wollen. Zunehmend werden die Solar­branche, die Speicherbranche, die E-Mobilität und andere Zweige der erneuerbaren ­Energien für private oder institutionelle Anleger interessant.

    Ab sofort bieten die photovoltaik und PV Europe spezielle Informationen rund um ­Investitionen in den Ausbau der Werke und Fabriken. Zudem erhalten Sie Fach­informationen zur Projektfinanzierung, zum Handel mit Anlagen und zu PPA. Dabei geht es vor allem um aussichtsreiche Marktsegmente und die Eingrenzung der Investitionsrisiken, zum Beispiel durch Due Diligence oder Zertifizierungen. Des Weiteren geht es um Kapital­beschaffung für Installationsbetriebe. Daneben werden Crowdfunding oder Bürger­projekte vorgestellt.

    Sie finden die wichtigsten Finanzmeldungen in den wöchentlichen Newslettern ­unserer Portale, unter der neuen Rubrik „Investoren“ (PV Europe: „Investors“). Sie wollen in die Solarb­ranche investieren? Dann sprechen Sie uns direkt an:

    Foto: Gentner Verlag

    Der Autor

    Dr. Erich Merkle
    ist Geschäftsführer von Gridparity. Das Unternehmen aus dem bayerischen Karlsfeld hat sich unter anderem auf die Entwicklung von Projekten in der Agriphotovoltaik spezialisiert.

    Foto: Gridparity

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