Genossenschaften sind ein Treiber der Energiewende von unten. Ein Bürgerprojekt in Regensburg will nun Mieter auch finanziell am Solarstrom beteiligen. Neu sind präzise Messzahler, die der Versorger bezahlt.
Auch Mieter im Regensburger Stadtteil Burgweinting können künftig Solarstrom direkt von ihrem Dach beziehen. Das sogenannte Haus mit Zukunft ist ein genossenschaftliches Mehr-Generationen-Wohnprojekt für 35 Haushalte. Die Wohnungsbaugenossenschaft NaBau errichtet das Wohnhaus derzeit. Auch die Bürgerenergiegenossenschaft Region Regensburg (BERR) und der Ökoenergieanbieter Naturstrom sind an dem Projekt beteiligt. In dem Neubau stammen Strom und Wärme zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien. „Nicht nur der Strom für die Wohneinheiten, der Hausstrom, der Strom für die Elektroauto-Ladestation und die Wärmepumpe kommt aus regenerativen Quellen“, erläutert Michael Kroll, Vorstand der NaBau, sondern: „Wir gehen einen Schritt weiter und versorgen uns zum Teil direkt mit Solarstrom vom Dach.“
Auf zwei Dächern betreibt die BERR Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von rund 98 Kilowatt. Diese liefern pro Jahr voraussichtlich rund 91.000 Kilowattstunden Ökostrom. Immerhin rund 25 Prozent des Stroms werden direkt vor Ort von den Mietern plus einer Wärmepumpe abgenommen. Die überschüssigen Kilowattstunden fließen ins Netz. Auf das dritte Dach des Hauses soll noch eine Solarthermieanlage kommen.
Messstellendesign ermöglicht genaue Erfassung
Der Stromvertrag, den die Bewohner abschießen können, beinhaltet die Belieferung aus dem Solarstrom vom eigenen Dach in Kombination mit zusätzlichen Ökostrom der Firma Naturstrom. Der Arbeitspreis beträgt rund 24 Cent und liegt somit rund vier Cent unterhalb des bundesweit durchschnittlichen Grundversorgungstarifs. Der Ökostromanbieter übernimmt das Messwesen rund um den Betrieb und die Auslesung der Stromzähler. Das Messstellendesign ermöglicht es, den genauen Solarstromanteil für jeden Haushalt zu ermitteln, teilt das Unternehmen mit. Über ein angedachtes Solar-Log-System kann zukünftig das Verbraucherverhalten der Stromabnehmer ausgewertet werden.
Damit sei zukünftig auch eine differenzierte Preisgestaltung für Direkt- und Netzstrom als zusätzlicher Steuerungsanreiz für die Verbraucher denkbar. „Der Grundgedanke unserer Genossenschaft ist, auch jenen eine aktive Rolle bei der Energiewende zu ermöglichen, die nicht über ein eigenes Dach verfügen – im ersten Schritt durch eine Beteiligung an einer unserer Photovoltaikanlagen“, sagt Joachim Scherrer, Vorstand der BERR.
Die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) verunsicherte Energiegenossenschaften spürbar. Fast jede dritte wird in diesem Jahr keine Investitionen vornehmen. Das zeigt eine Umfrage vom Juli 2014 des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands (DGRV) unter gut 700 Genossenschaften, von denen 216 antworteten. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren lediglich acht Prozent ohne Investitionsplan. Energiegenossenschaften haben bislang rund 1,35 Milliarden Euro in den Ausbau Erneuerbarer investiert. Allein in diesem Jahr werden nach Schätzungen des DGRV rund 300 Millionen Euro an Investitionen zurückgehalten. (Niels Hendrik Petersen)