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Die Tat-Erschwerer

Kriminalhauptkommissar Achim van Remmerden arbeitet im Emsland, einer Region in Niedersachsen, die in letzter Zeit so häufig von Diebstählen von Solaranlagen betroffen war, dass sie regelmäßig in der Presse auftauchte. Sogar in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ wurde nach den Tätern gesucht – bisher ohne Erfolg. Die Diebstahlserie reißt nicht ab. 2009 gab es sieben Fälle, 2010 fünf, und dieses Jahr schlugen sie das letzte Mal am 26. Januar in Werlte zu. Meist klauen die Diebe 40 bis 80 Module, „so viele, wie in den Transporter passen“. Das macht einen Schaden zwischen 50.000 und 100.000 Euro. Manchmal lassen sie aber auch nur Wechselrichter mitgehen.

„Wir gehen davon aus, dass die Diebstähle von einer organisierten Bande verübt werden. Bei den Einbrüchen gingen die Täter sehr professionell vor. Sie verfügen über eine gute Logistik und teilen die Arbeit untereinander auf“, sagt van Remmerden. Die Solarmodule wurden von den Dächern abgeschraubt oder einfach aus den Halterungen herausgebrochen. Auch die Absatzwege müssen gut organisiert sein, denn bisher tauchte keines der gestohlenen Module wieder auf. Auffällig ist, dass es besonders viele Diebstähle an der Autobahn A 31 gab, die parallel zur deutsch-niederländischen Grenze verläuft. Die Polizei vermutet daher, dass sich die Täter ins Ausland zurückziehen und dort ihre Ware absetzen.

Vorsicht ist besser als Nachsicht

Bei der Demontage einer Solaranlage haben Langfinger meist ein leichtes Spiel, sagt Hauptkommissar van Remmerden: „Maschendrähte werden einfach durchtrennt. Und mit Leitern, die sich teilweise sogar am Tatort befinden, klettern sie auf die Dächer.“ Er rät deshalb, Leitern immer einzuschließen und die Solaranlage zusätzlich zu sichern.

Man sollte es dem Täter so schwer wie möglich machen, denn auch die Gebäudeversicherungen decken Diebstahl nichtab. Wer die Sicherheit will, muss eine Zusatzversicherung abschließen. „Die Versicherungsunternehmen beraten auch dabei, wie man seine Anlage am besten gegen Diebstahl und andere Gefahren wie Feuer, Sturm und Hagel schützt“, sagt Andreas Grote, zuständig für Einbruchdiebstahlprävention beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Der Schutz kann sich auch finanziell lohnen. Die Mannheimer Versicherung gibt zum Beispiel oft Rabatt, wenn der Betreiber bestimmte Sicherheitsmaßnahmen erfüllt.

Klassiker immer noch gefragt

Der Klassiker, mit dem sich Solarmodule gegen Diebstahl sichern lassen und der schon länger bekannt ist, ist eine Spezialschraube, die sich nach dem Festdrehen nicht mehr lösen lässt. Mit solchen Schrauben lassen sich Wechselrichter an der Wand und Modulklemmen unlösbar am Gestell fixieren. Zieht der Monteur die Schraube an, bricht bei einem Anziehmoment von etwa 18 Newtonmeter der obere Teil des Schraubenkopfs ab – und damit auch das Inbus-Profil. Zurück bleibt ein Schraubenstumpf, der aussieht wie eine zerklüftete Rundkopfschraube ohne Schlitz. Die Verbindung lässt sich nur mit großem Aufwand wieder lösen. „Ein Bohrer würde immer wieder abrutschen, da der Kopf zu unregelmäßig abgebrochen ist. Auch eine Zange hilftnicht viel. Der Kopf ist zu flach, um ihn packen zu können“, sagt Thomas Schneider, Marketingleiter bei Secure Screw, einem der Anbieter solcher Sicherungssysteme, der nach eigenen Angaben auch etliche Hersteller von Montagegestellen damit beliefert. Das verhindert zwar nicht, dass man die Module im Prinzip klauen kann, macht es dem Dieb aber schwer und kostet ihn wertvolle Zeit.

Allerdings bedeutet das auch, dass der Anlagenbesitzer seine eigenen Module auch nicht mehr abmontieren kann. Für diesen Fall hat zum Beispiel Secure Screw einen speziellen Aufsatz entwickelt, der über die Modulklemme gestülpt wird. So hat der Bohrer genügend Halt und kann die Schraube aufbohren.

Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl von Schraubensicherungen. Einige haben individuell gefertigte Kopfformen, die sogar das Firmenlogo darstellen können. Andere schlagen nach der Montage Edelstahlkugeln in den Innensechskantkopf der Schraube, um zu verhindern, dass der Dieb mit einem einfachen Inbusschlüssel die Verbindung lösen kann. Skeptiker kritisieren, dass Schläge auch danebengehen und das Gestell verbeulen können. Das kann man zum Beispiel mit dem System von Schletter vermeiden: Der Montagesystemhersteller hat eine spezielle Vorrichtung entwickelt, die das Einschlagen der Stahlkugeln erleichtert. Mit einem langen Schlagstößel, der sich von hinten mit den Kugeln befüllen lässt, will Schletter den Monteuren behilflich sein. Andere Unternehmen raten, Inbusschrauben mit Gießharz oder Kleber zu füllen.Eine andere Variante sind Schrauben, die einen individuellen Antrieb haben, in den kein herkömmliches Werkzeug passt. Zum Beispiel bieten der Montagesystemhersteller K2 und das Unternehmen Arnold eine solche Schraubenvariante an. Die „LocTec“-Schraube von Arnold lässt sich nur mit einem speziellen Bit-Aufsatz eindrehen. Der Trick dabei: Der spezielle Bit-Aufsatz kann die Schraube zwar rein-, aber nicht mehr rausdrehen. Die Flanken des Antriebs sind so konstruiert, dass das Werkzeug bei einer Drehbewegung nach links keinen Halt im Schraubenkopf findet und herausrutscht. Auf die Frage, ob man diese raffinierte Schraube nicht einfach aufbohren könne, um an die Module zu kommen, reagiert Marketingleiter Michael Pult gelassen: „Natürlich kann man die Schrauben trotzdem irgendwie abbekommen, aber das würde Lärm machen und der Täter würde dabei viel Zeit verlieren. Allein das schreckt schon ab.“

Klemmen schützen

Ob es allerdings reicht, die U-förmigen Mittelklemmen, mit denen Module befestigt werden, gegen Abschrauben zu sichern, ist fraglich. Wer im Photovoltaikforum Beispiele für Diebstahl sucht, findet auch den Hinweis darauf, dass Modulklemmen nicht abgeschraubt, sondern aufgehebelt werden können. Ein User rät deshalb, auf Mittelklemmen zu achten, bei denen das nicht möglich ist. Aber selbst wenn die Klemmen so aufgebaut sind, dass sie sich zusammendrücken lassen, gibt es Möglichkeiten, sie zu schützen. VM Edelstahl hat für diesenFall eine Hartplastik-Abdeckung als Diebstahlschutz entwickelt. Die Abdeckung besteht aus zwei Teilen, die der Monteur von beiden Seiten in die Klemme schiebt, bis sie sich ineinander verhaken und nicht mehr lösen lassen. Die Schraube ist nun nicht mehr zu erreichen, und ein Bolzen verhindert, dass Diebe die Metallteile zusammendrücken. Aufbohren lassen sie sich nach Angaben von VM Edelstahl auch nicht. Für Randklemmen gibt es andere Abdeckungen. Aber auch hier gilt wieder: Will der Anlagenbesitzer eines seiner Module selber abschrauben, bleibt ihm nur der Griff zum Winkelschleifer. Die gesamte Modulklemme muss entfernt werden, denn die Sicherung lässt sich auch mit keinem Herstellertrick lösen. Laut Kai Markmann, der bei dem Unternehmen für den Vertrieb zuständig ist, eignet sich das System vor allem für größere Anlagen auf Scheunen oder Industriedächern: „Wenn jemand auf mein Hausdach steigt, höre ich das“, sagt er. „Da brauche ich keinen Extraschutz. Gefährdet sind aber Lagerhallen und Scheunen, wo über Nacht niemand ist.“

Blaumann statt Strumpfmaske

Auch die insgesamt 30 Diebstähle im Emsland, die in den letzten fünf Jahren gemeldet wurden, fanden alle im landwirtschaftlichen Bereich statt. Die Täter scheinen demnach die Abgeschiedenheit zu suchen. Das Risiko, in einer privaten Wohngegend entdeckt zu werden, ist viel zu groß. Zudem befinden sich die Photovoltaikanlagen dort üblicherweise auf Schrägdächern, auf die man nicht so leicht hinaufsteigen kann wie auf Flachdächer. Doch all diese Einschätzungen beruhen auf Erlebnissen von Installateuren oder auf Hörensagen, denn es gibt keinerlei Zahlen oder Statistiken über Photovoltaikdiebstähle. Christian Lübke, Pressesprecher beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, kann immerhin sagen, dass acht Prozent der beschädigten Solaranlagen auf Diebstähle zurückzuführen sind. Viel öfter wird eine Anlage jedoch durch Feuer, Sturm oder Überspannung zerstört.

Auch Lübke hat schon vieles über die Vorgehensweise der Diebe gehört. Seiner Meinung nach arbeiten sie vor allem mit einem: Dreistigkeit. Denn an der anvisierten Lagerhalle tauchen sie nicht mit Strumpfmasken auf, sondern im Blaumann. Wie selbstverständlich stiegen sie dann auf das Dach und sähen dabei wie ein offizielles Bauunternehmen aus. Meist sei sogar der Lieferwagen mit einer Firmenaufschrift beklebt.„Wenn man so vorgeht, fällt keinem Nachbarn etwas auf. Eher spricht der mich am nächsten Tag noch an, ob meine Anlage kaputt war und ich sie deswegen wieder abmontiert ließ“, sagt Lübke.

Aber nicht nur die Landwirtschaft ist betroffen, auch Industriehallen, in denen nachts und am Wochenende keiner ist, sind ein ideales Ziel für die Diebe. Für die typischen Trapezdächer von Industriehallen hat das Unternehmen Solon einen etwas anderen Diebstahlschutz parat, der ein Nebeneffekt einer neuen Montagemethode ist. Um die rahmenlosen, kristallinen Module auf dem Dach zu fixieren, spritzt ein Monteur Kleberaupen auf die Rippen des Metalldaches und drückt die Module anschließend in die Haftmasse. Nach dem Aushärten sitzen die Module sicher an ihrem Platz und sind laut Hersteller für alle Wind- und Schneelastzonen freigegeben. Ein Dieb könnte die Module nur mit einer Art Schneidedraht wieder ablösen. Diesen müsste er unter den Modulen durchfädeln und mit aller Kraft durch die fingerdicken Kleberaupen ziehen, um sie so zu durchtrennen. Ein großer Aufwand, der den Dieb ausbremsen soll.

Überwachen statt sichern

Solaranlagen lassen sich aber nicht nur durch Montagetricks sichern. Das Unternehmen Roth & Rau – Ortner hat ein System entwickelt, das die Module elektronisch überwacht. Dafür wird auf jedem einzelnen Modul eine Messeinheit angebracht, die Leistungsüberwachung und Diebstahlerkennung vereint. Denn zum einen misst die Einheit am Modul kontinuierlich Strom und Spannung und funkt die Daten zyklisch an eine Sammelstelle. Von dort werden die über CAN-Bus an einen Server übertragen, der die Leistungswerte verwaltet und über das Internet abrufbar macht. Die ausgewerteten Messdaten lassen erkennen, ob ein Modul defekt oder verschattet ist. Zum anderen kann das System namens Solareagle auch anzeigen, ob ein Modul fehlt. Denn in jeder Messeinheit ist ein Bewegungssensor integriert, der Alarm schlägt, wenn ein Modul aus dem Verbund entfernt wird. Über Bewegungsprofile kann eine Demontage von Erschütterungen, die zum Beispiel der Wind ausgelöst hat, unterschieden werden. Wird ein Modul von Dieben abgebaut, geht je nach Kundenwunsch eine Sirene an der Anlage los oder Licht am Gebäude an. Zudem kann der Anlagenbesitzer per SMS über den Störfall informiert werden. Durch einen Energiespeicher sind die Messeinheiten auch nachts aktiv, wenn die Diebe besonders gerne zuschlagen.

Der Clou dabei: Im Gegensatz zu einem Datenlogger, der am Wechselrichter angebracht ist und maximal angeben kann, an welchem String ein Leistungsverlust auftritt, bekommt dieses System seine Informationen von jedem einzelnen Modul und kann daher exakt benennen, welches Modul der Anlage defekt ist oder entfernt wird. Die Mess- und Funkeinheiten können jederzeit an einer bestehenden Photovoltaikanlage nachgerüstet werden. Sie werden dafür an die Modulstecker angeschlossen und dann auf der Rückseite der Module befestigt. Momentan überwacht das System unter anderemeine Testanlage mit 100 Solarmodulen. Laut Unternehmen lässt es sich in Zukunft auch bei großen Freiflächen einsetzen. In ähnlicher Weise bieten die Leistungsoptimierer, die jetzt zunehmend auf den Markt kommen, den Diebstahlschutz als Zusatzfunktion an (siehe Artikel Seite 86).

Kameras und Sensoren

Für Freiflächenanlagen gelten beim Diebstahlschutz ganz andere Dimensionen. Schließlich geht es hier um Werte in Millionenhöhe. Markus Piendl, bis vor kurzem Vertriebsleiter beim Sicherheitsunternehmen Katoram, hat die Vorgehensweisen von professionellen Dieben analysiert. Nach seinen Erfahrungen tarnen sie sich als Investoren, Bankiers oder Journalisten und entlocken dem Betreiber die nötigen Informationen. Nachdem sie sich auf dem Gelände umgeschaut haben, verkaufen sie ihr Wissen weiter; den Einbruch begehen dann andere. Piendl empfiehlt, keine Details über die Anlage auszuplaudern und keine Standortangaben im Internet zu machen. Des weiteren hat er festgestellt, dass 90 Prozent der Täter den Zaun zerschneiden, um sich Zutritt zur Anlage zu verschaffen. Ein herkömmlicher Maschendrahtzaun sei für die Diebe keine große Hürde. „Besser ist es, einen digitalen Zaun mit Sensoren aufzustellen, der die Täter bis auf drei Meter genau detektieren kann – egal, ob sie den Zaun untergraben, aufschneiden oder übersteigen“, so Piendl. Der Verkabelungsaufwand halte sich dabei in Grenzen, sagt er. Auf 1.600 Meter komme eine Spannungsversorgung.

Eine weitere Möglichkeit, ein so großes Areal zu überwachen, sind Kameras. Diese sollten nicht statisch sein, sonst istder Täter schnell aus dem Blickfeld. Besser eignen sich drehbare Kameras, die bei Katoram mit der Zaunsensorik kommunizieren können. Wird ein Einbruch am Zaun registriert, übermittelt das System die Daten an die Kameras, die sich daraufhin sofort in diese Richtung drehen. Doch ein Alarm hilft in abgeschiedenem Gelände nichts, wenn ihn keiner hört. Deshalb werden die Daten an eine Leitstelle übermittelt, in der das Wachpersonal über die Kamerabilder genau verfolgen kann, was auf dem Gelände passiert. Piendl hält diesen Punkt für ganz besonders wichtig, da sonst jeder Hase, der sich unter dem Zaun durchgräbt, einen Großeinsatz auslösen würde. Kameras seien für das Wachpersonal eine große Hilfe, um die Gefährlichkeit einer Situation richtig einschätzen zu können.

Doch die beste Kamera nützt nichts, wenn es Nacht ist und der Täter mit der Dunkelheit verschmilzt. Abhilfe kann ein Weißlichtstrahler schaffen, der angeht, sobald jemand das Gelände betritt. Doch Piendl warnt: „Weißlicht ist eher ungünstig, da mache ich dem Täter ja auch noch Licht beim Klauen.“ Er verweist stattdessen auf Infrarotkameras. Da sie kein Weißlicht für ihre Aufnahmen benötigen, sondern mit nicht sichtbarem Infrarotlicht arbeiten, bekomme der Dieb noch nicht einmal mit, dass er gefilmt werde. „Wir mussten schmerzlich feststellen, dass Abschreckung schon lange nichts mehr nützt. Unser Ziel ist es, den Täter festzunehmen“, sagt er. Das spreche sich in der Szene rum, und die Diebe kämen nicht wieder.

Diebe in der Nacht

Wärmebildkameras liefern auch am Tag, bei Nacht, Regen und Nebel gute Bilder. Darüber hinaus sollen sie größere Distanzen überwachen können als herkömmliche Kameras. „Bei normalen Kameras verschwimmen Objekte bei einer Entfernung von 50 Metern bereits mit der Landschaft. Aber Thermografiekameras können noch aus einer Distanz von über 500 Metern ein Objekt identifizieren“, sagt Klaus Flocke, Projektingenieur bei Inau Elektronik, einem Unternehmen, das ebenso Objektschutzsysteme für Solaranlagen anbietet. Das System von Inau kann dank einer Software am Computer virtuelle Grenzen für die Kameras festlegen, zum Beispiel entlang eines Zaunes. Bewegt sich ein Objekt über diese Grenze hinweg, wird derAlarm ausgelöst. Dabei könne das Überwachungssystem selbstständig zwischen Mensch, Tier und Auto unterscheiden, da es deren typische Bewegungsabläufe kenne. So ist ein Auto für die Erkennungssoftware nichts anderes als ein Kasten, der sich schnell bewegt. Ein Tier ist von seinem Algorithmus her ein Objekt, das auf allen Vieren läuft. Besonders typisch sind jedoch die Bewegungen eines Menschen, da er Arme und Beine beim Laufen abwechselnd nach vorne schwenkt. Für die Toreinfahrt und das Lager empfiehlt Flocke trotzdem denEinsatz einer herkömmlichen Kamera: „Eine Wärmebildkamera kann nur Schemen darstellen und keine Gesichter oder Autokennzeichen abbilden. Um die Täter später identifizieren zu können, sind hier normale Kameras unverzichtbar.“ „Bei allen elektronischen Gefahrenmeldesystemen ist es jedoch wichtig, sich darüber Gedanken zu machen, ob und wie die Intervention erfolgen soll“, sagt Versicherungsexperte Andreas Grote. Denn ohne Intervention von zum Beispiel Wachschutzunternehmen können alle Alarmmeldungen verpuffen.

Vorhängeschloss aus Glas

Abgesehen von Zäunen und Kameras kann man Solarmodule auch elektronisch aneinanderketten. Das Unternehmen Teleglas bietet ein langes Glasfaserkabel an, das durch den Rahmen aller Module gefädelt wird – wie bei einem großen Fahrradschloss. Entweder benutzt man die Löcher, die sich bereits in den Modulrahmen befinden, oder man verwendet spezielle Schrauben, die im Kopf ein Loch zum Durchfädeln haben wie bei einer Nähnadel. Anfang und Ende der bis zu 70 Kilometer langen Faserschleife sind an eine Messeinheit angeschlossen, die ständig Licht durch das Kabel sendet und wieder empfängt. Wird die Glasfaser manipuliert, sinkt in ihr sofort der Lichtpegel, und ein Alarm geht los. Wird das Kabel zerschnitten, um die Solarmodule mitnehmen zu können, wird die Lichtübertragung gänzlich unterbrochen und der Alarm springt sofort an.

Ähnliche Systeme gibt es auch mit Kupferdrähten. Durch diese fließt dann Strom statt Licht. Doch Jens Büttner, Vertriebsleiter bei Teleglas, findet die sogenannten Reißdrähte problematisch: „Kupferdrähte kann man elektrisch überbrücken und damit ganze Modulreihen aus der Überwachung rausnehmen. Bei der Übertragung von Licht ist das nicht möglich.“ Das Glasfaserschloss eignet sich vor allem für Industriedächer. Hier reiche es schon aus, nur die äußeren Module zu sichern, da die Diebe immer erst ein Modul am Rand abnehmen müssten, um an die Module in der Mitte zu kommen. Für Hausdachanlagen könne man das System theoretisch auch nutzen, aber hier seien die Kosten höher als der Nutzen, so Büttner. Denn auch er ist überzeugt, dass nur große Anlagen von Diebstählen betroffen sind.All diese Sicherheitsmaßnahmen sollen die montierte Anlage schützen. Doch man darf bei den vielen Möglichkeiten nicht vergessen, dass immer mehr Module bereits von der Baustelle gestohlen werden. Den Dieben fallen auf diese Weise spielend leicht ganze Modulpaletten in die Hände, womöglich noch zusammen mit der Liste der Seriennummern. Reinhard Markwirth, Geschäftsführer bei MV-Solar, lässt sich seine Module deshalb nur noch schubweise liefern. So kann er sichergehen, dass die Paletten nicht über Nacht draußen stehen, sondern noch am gleichen Tag aufs Dach kommen. Wenn es sich nicht verhindern lässt, die Montage auf den nächsten Tag zu verlegen, weil vielleicht das Wetter wechselt, dann stellt er sie in eine abschließbare Garage. „Viel wichtiger ist aber, dass der Versicherungsschutz bereits besteht, wenn die Module geliefert werden, und nicht erst, wenn die Anlage den ersten Strom produziert“, sagt er. Wenn dann was von der Baustelle geklaut wird, ist man wenigstens abgesichert.

Seriennummern merken

Sind die Module erst einmal weg, sei es wichtig, dass man die Seriennummern der Module aufgeschrieben habe, so Hauptkommissar Achim van Remmerden. Er benötigt sie, um eine Fahndung ausschreiben zu können. Zudem sollte man einen Lageplan der Module aufzeichnen und die entsprechenden Seriennummern darin eintragen. Denn wenn die Diebe nicht alle Module abmontiert haben, lässt sich sonst nicht sagen, welche Seriennummern betroffen sind. Die Nummer befindet sich meist auf einem Aufkleber auf der Modulrückseite. Und genau da liegt das Problem, denn der Aufkleber lässt sich ohne Probleme abziehen und durch einen neuen ersetzen.

Das Landeskriminalamt Bayern hatte bereits 2007 in seinen Sicherheitsempfehlungen für Solaranlagen darauf hingewiesen, dass es am sichersten wäre, die Module mit einem individuellen Code zu kennzeichnen. Die sogenannte Eigentümer-Identifizierungs-Nummer soll sich dabei aus fünf Komponenten zusammensetzen: Der Stadt- oder Landkreiskennung des Autokennzeichens, dem Gemeindeschlüssel, dem Straßennamen, der Hausnummer und den Initialen des Betreibers. Somit ließe sich Diebesgut eindeutig zuordnen und könnte an den Eigentümer zurückgegeben werden.Damit sich der Code nicht entfernen lässt, sollte man ihn am besten in den Rahmen eingravieren.

Der Klebstoffhersteller Tesa bietet jetzt ein Verfahren an, bei dem Beschriftungen mit Hilfe eines Transferfilms in das Solarglas eingebrannt werden und damit nicht mehr zu entfernen sind. Diese können aber nur vom Modulhersteller in Auftrag gegeben werden. „Bisher laufen Gespräche mit den Herstellern, aber es ist noch kein Modul mit der Tesa-Beschriftung auf dem Markt“, sagt Produktmanager Jens Böttcher. Auch der Solarkonzern Solon will in Zukunft schon von Haus aus etwas gegen Diebstahl tun und plant, einige seiner Module mit einem GPS-Sender zu versehen. „Die gestohlenen Module könnten dann gepeilt und zurückverfolgt werden. Da GPS-Systeme teuer sind, würden aber nur einzelne Module ausgestattet werden“, sagt Pressesprecherin Sylvia Ratzlaff. Ein konkretes Produkt gibt es noch nicht.

Wären die Module eindeutig gekennzeichnet, könnten auch Käufer von Solarmodulen sichergehen, dass sie keine gestohlene Ware erwerben. Denn auch wenn man beim Kauf nicht wusste, dass es sich um gestohlene Module handelt, muss man im Fall der Fälle die Module wieder an den rechtmäßigen Besitzer herausgeben. Immerhin führt der Solarenergie-Förderverein Deutschland auf seiner Website ein Register, mit dem Käufer die Seriennummern ihrer Module abgleichen können. Darin listet er gestohlene Module mit Typbezeichnung, Fabrikationsnummer und Ort des Diebstahls auf. Die Eintragung ist kostenlos, jedoch müssen die Anlagenbesitzer eine Kopie der Strafanzeige beilegen, um zu beweisen, dass es sich tatsächlich um gestohlene Solarmodule handelt. Vereinsmitglied Petra Hörstmann-Jungemann empfiehlt Käufern von Solarmodulen außerdem, die Seriennummern auf der Modulrückseite mit denen auf den Verkaufspapieren genau zu vergleichen. Stimmen diese nicht überein, sollte man skeptisch werden. Mit einem Blick in ihr Diebstahlregister könne man zudem prüfen, ob die Seriennummern als gestohlen gemeldet seien. Erst danach sollte man die neuen Solarmodule aufs Dach montieren. „Die Mühe lohnt sich“, sagt sie. Es habe schon drei Fälle gegeben, bei denen die Polizei gestohlene Module fand und über die Seriennummer die Betroffenen ermitteln konnte.

Katrin Petzold

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