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Große Dynamik

Was ist der perfekte Wechselrichter? Der Wunschzettel, an dem sich die Hersteller mit ihren neuen Produkten messen lassen müssen, sieht vermutlich so aus: Klein, leise und leicht möchten ihn die Kunden. Außerdem sollte er zumindest mit einer guten Anlagenüberwachung kompatibel sein. Der Solarteur freut sich über möglichst universale Geräte, damit er die Zahl der Stromumwandler in seinem Lager klein halten kann. Über einen hohen Wirkungsgrad freuen sich beide. Er erhöht den Ertrag – ein Wettbewerbsvorteil für den Installationsbetrieb, der das richtige Modell wählt. Auch die Netzbetreiber haben Wünsche: Solaranlagen sollen mit möglichst wenig Aufwand in das Stromnetz integriert werden können und es stabilisieren. Schön, wenn man ihnen entgegenkommen und dadurch Konflikte vermeiden kann.

Die aktuelle Übersicht enthält über 500 Modelle von rund 45 Herstellern, davon ist ungefähr ein Viertel in diesem Jahr von den Firmen neu eingetragen worden. Aus Platzgründen können wir nicht alle älteren Modelle abdrucken. Abonnenten finden die Daten jedoch auf unserer Internetseite www.photovoltaik.eu. Dass es so viele unterschiedliche Typen gibt, liegt auch daran, dass die Anlagenplaner viele Rahmenbedingungen einhalten müssen. Sie müssen einerseits aufpassen, dass die Wechselrichter nicht mit zu geringen Leistungen gefahren werden. Andererseits darf die maximal zulässige Eingangsspannung auch in Extremsituationen nicht überschritten werden (siehe photovoltaik 08/2008). Deshalb gibt es eine große Variation an Nennleistungen und erlaubten Eingangsspannungen. Aber es gibt auch große Unterschiede in Spezifikationen wie Größe und Gewicht, vor allem aber im Wirkungsgrad.

Kleine Zahl, großer Effekt

Augenfällig ist, dass sich der Wirkungsgrad innerhalb des letzten Jahres wieder verbessert hat. Gab es bei den trafolosen Wechselrichtern im Jahr 2009 nur ein Dutzend mit einem maximalen Wirkungsgrad von über 98 Prozent, sind es dieses Jahr schon über 60 Modelle. Mehr als die Hälfte der Modelle liegt über 97 Prozent. Im Mittel sind sie einen halben Prozentpunkt besser geworden.

Auf den ersten Blick mag diese Verbesserung gering aussehen, aber sie hat einen großen Effekt: „Der Wirkungsgrad ist das zentrale Marketinginstrument und auch das entscheidende Kriterium für den Kauf“, erklärt Roland Bründlinger vom Austrian Institute of Technology (AIT). Auch wenn der Wechselrichter dadurch teurer wird, kann sich die Investition rechnen. Ist der Wirkungsgrad des Wechselrichters um einen Prozentpunkt höher, erhöht sich auch der Ertrag der Anlage um etwas mehr als ein Prozent.

Zurzeit macht ein Wechselrichter ungefähr zehn Prozent der Systemkosten aus. Die Frage ist also, wie viel ein Wechselrichter mehr kosten darf, damit sich die Wahl des effizienteren Modells lohnt: Das Plus auf der Ertragsseite aus der Steigerung des Wirkungsgrades muss die Investition in den teureren Wechselrichter abdecken. „Ein Prozent höhere Effizienz auf der Wechselrichterseite rechtfertigt also bis zu zehn Prozent höhere Kosten für den Wechselrichter“, sagt Roland Bründlinger.

Der maximale Wirkungsgrad, der zurzeit erreicht wird, liegt, nach Angaben der Hersteller, bei 98,8 Prozent, angegeben von Conergy für den IPG 300K und von Voltwerk für das Modell VC WL 300. Beide sind für Anlagen mit einer Leistung von über 30 Kilowatt ausgelegt. „Die Erhöhung des Spitzenwirkungsgrades ist das Ergebnis intensiver Forschung in den Bereichen Schaltfrequenz und Induktionsmaterialien“, sagt Lars Fischer, Teamleader Produktmanagement Power Plants bei Voltwerk.

Stellschraube Schaltfrequenz

Ein Wechselrichter zerhackt zunächst den Gleichstrom, den der Solargenerator liefert, mit einer bestimmten Schaltfrequenz in Bruchstücke. Dann setzt er sie in der richtigen Polarität zum Wechselstrom zusammen. Damit daraus der sinusförmige Spannungsverlauf entsteht, der dem Netzstrom entspricht, glättet eine Drosselspule am Wechselstromausgang die Kanten der Bruchstücke. Je höher die Schaltfrequenz ist, desto leichter lässt sich die Ausgangsspannung der Sinusform angleichen, gleichzeitig steigen allerdings auch die Schaltverluste. Je niedriger die Frequenz ist, desto aufwändiger ist es für die Drosselspule, die Spannung zu modellieren. Für die Hersteller eine Herausforderung (siehe photovoltaik01/2010). „Im Vergleich zu den Vorgängermodellen haben wir die Schaltfrequenz reduziert und angepasst. In Verbindung mit der Verwendung absolut hochwertiger Kernmaterialien in den Drosseln erreichen wird jetzt den Spitzenwirkungsgrad“, erklärt Fischer. An der gleichen Stellschraube hat auch Kaco New Energy gedreht. Das Unternehmen aus Neckarsulm hat letztes Jahr einen Wechselrichter eingeführt, bei dem der Kunde per Knopfdruck die Schaltfrequenz halbieren kann. Dadurch verbessert sich der Wirkungsgrad um 0,2 Prozentpunkte. Allerdings steigt nach Angaben der Firma gleichzeitig auch die Geräuschentwicklung.

Der Fortschritt beim Wirkungsgrad ist auch ein Effekt des Marktwachstums. „Aufgrund der hohen Stückzahlen können sich die Hersteller heute leisten, Bauteile speziell für ihre Geräte fertigen zu lassen“, sagt Bründlinger. Das können beispielsweise integrierte Halbleitermodule oder bessere Drosseln sein. Ein Universalrezept gibt es zurzeit nicht. Zwar ist es mit Siliziumkarbidtransistoren möglich, den Wirkungsgrad noch einmal zu erhöhen (siehe photovoltaik 03/2009). „Sie sind aber noch nicht wirklich am Markt“, sagt Bründlinger. Da gibt es nur Prototypen.

Allerdings zählt nicht allein der Wirkungsgrad. „Das MPP-Tracking beeinflusst die Leistung genauso wie der Umwandlungswirkungsgrad“, sagt Bründlinger. „Bei vielen guten Wechselrichtern ist der MPP-Wirkungsgrad besser als 99,5 Prozent. Bei sehr guten beträgt er mehr als 99,9 Prozent.“

Stellschraube MPP-Tracking

Die Messlatte ist hoch, und viele Hersteller arbeiten an den Suchalgorithmen ihrer Tracker. Sie müssen flexibel auf Veränderungen reagieren können. Fest in den Wechselrichter integriert, soll der MPP-Tracker das Potenzial an den Modulen stets so einstellen, dass sie die maximale Leistung erbringen. Dieser so genannte Maximum Power Point hängt von vielen Faktoren ab. Beispielsweise von den Lichtverhältnissen. Ändern sie sich, weil sich der Sonnenstand ändert oder plötzlich ein Schatten auf die Anlage fällt, muss der MPP-Tracker den neuen optimalen Punkt suchen (siehe Grafik). Der Knackpunkt dabei ist, wie schnell und wie präzise die MPP-Tracker reagieren.

Hersteller Fronius sieht sich gut aufgestellt, da er nach eigenen Angaben seinen Berechnungsalgorithmus schon vor zehn Jahren anhand von Dünnschichtmodulen entwickelt hat. Dünnschichtmodule haben ein weniger ausgeprägtes Leistungsmaximum, das das MPP-Tracking vor besondere Herausforderungen stellt. „Wer das kann, für den sind kristalline Siliziummodule einfach“, erklärt Ulrich Winter, Vertriebsleiter bei Fronius.

Im vergangenen Jahr arbeiteten viele Hersteller daran, über das MPP-Tracking die Erträge von teilverschatteten Anlagen zu erhöhen (siehe photovoltaik 11/2009 und www.photovoltaik.eu/verschattung). Hier ist das Problem, dass die verschatteten Module einen anderen optimalen Arbeitspunkt haben als jene, die dem vollen Sonnenlicht ausgesetzt sind. Da der MPP-Tracker die Anlage nur auf einen Arbeitspunkt einstellen kann, ist die Energieausbeute unter Umständen nicht optimal, je nachdem, ob er zufällig den Arbeitspunkt der verschatteten oder der nicht verschatten Module gewählt hat.

Deshalb haben verschiedene Hersteller Verfahren entwickelt, die besser darauf ausgerichtet sind, den Punkt zu bestimmen, unter dem die Anlage mit maximalem Energiegewinn läuft. SMA nennt diese Funktion Global-Peak-MPP-Tracker. Sie sucht einen größeren Bereich nach dem Optimum ab als andere SMA-MPP-Tracker. Sind keine Teilverschattungen zu befürchten, lässt sich die Funktion abschalten, da sie den Wirkungsgrad um rund 0,2 Prozentpunkte verringert. Sind allerdings Teilverschattungen zu befürchten, maximiert laut SMA die Global-Peak-Funktion die Energieausbeute. Für eine Solaranlage, die von einer Dachgaube so beschattet wird, dass sie pro Jahr etwas mehr als 98 Prozent der Sonnenenergie einer unverschatteten Anlage erhält, berechnet SMA, dass der Global-Peak-MPP-Tracker 97,1 Prozent der Energie herausholt. Im Vergleich dazu käme ein konventioneller MPP-Tracker nur auf 81,8 Prozent.

Angetrieben wurde die Entwicklung von den so genannten Power Maximizern, die im vergangenen Jahr auf den Markt gekommen sind. Sie werden direkt an den Modulen angebracht, so dass jedes über einen eigenen MPP-Tracker verfügt und stets am optimalen Arbeitspunkt arbeiten kann (siehe photovoltaik 05/2009). Power Maximizer haben einen Gleichspannungs-Ausgang, über den die Module wie üblich verschaltet werden.

Auch Modulwechselrichter statten jedes Modul mit einem MPP-Tracker aus. Ihre Wechselstromausgänge können unkompliziert parallel geschaltet werden. Bei ihnen sieht Bründlinger viel Entwicklungspotenzial, auch wenn sie durch Feuchte, Wärme und Kälte auf der Modulrückseite stark belastet werden und dadurch wartungsanfällig sein können. „Heute fällt in vielen Fällen der ganze Generator aus, wenn ein Modul defekt wird“, sagt der Ingenieur. „Bei Modul-Invertern würde nur das eine Modul ausfallen“, während die anderen weiter die volle Leistung bringen.

Hersteller Dorfmüller, der auf diesen Wechselrichter-Typ spezialisiert ist, stellt sich auf einen steigenden Absatz ein, der von einer Neuregelung des EEG angetrieben werden könnte. „Wir glauben, dass in nächster Zeit wieder mehr kleine Anlagen gebaut werden“, sagt Peter Pieper, „gerade im Bereich von Anlagen mit einer Leistung von drei bis fünf Kilowatt, die für den Eigenverbrauch ausgelegt werden.“ Der technische Leiter des Stuttgarter Herstellers glaubt, dass verschattete und andere schwierige Dächer unter diesen Umständen für die Handwerker interessant werden. Auch SMA scheint sich dafür zu interessieren. Die Firma hat letztes Jahr die Technologie der niederländischen Firma OKE Services aufgekauft, die auf Modulwechselrichter spezialisiert war.

Für Anlagenplaner dürfte noch etwas interessant sein: Die maximale Eingangsspannung, die Wechselrichter aushalten, ist im Schnitt angestiegen. Sie darf auch dann nicht überschritten werden, wenn die Module im Winter im Leerlaufbetrieb arbeiten. Das ist die schwierigste Situation, da wegen des negativen Temperaturkoeffizienten der Module die Spannung des Solargenerators dann am höchsten ist. Ebenso erhöhen höhere maximale MPP-Eingangsspannungen, die zwar nicht ganz so deutlich, aber im Schnitt in der Tabelle gestiegen sind, die Flexibilität in der Planung. Denn die in Reihe geschalteten Module dürfen diese nicht überschreiten, wenn die Solaranlage effizient in das Netz einspeisen soll.

Neue Rahmenbedingungen

„Ein anderes heißes Thema ist die neue deutsche Mittelspannungsrichtlinie“, sagt Bründlinger. Sie tritt am 1. Juli voll in Kraft und fordert zusätzliche Funktionen von Stromumwandlern, die direkt in das Mittelspannungsnetz einspeisen. Sie müssen unter anderem ferngesteuert gedrosselt werden können und eine bestimmte Menge Blindleistung bereitstellen.

Außerdem ändert sich das Fehlermanagement. Bisher war vorgeschrieben, dass Wechselrichter die Stromzufuhr abschalten, sobald im Netz eine Störung auftritt. Mittlerweile haben Photovoltaikanlagen in Deutschland eine Größenordnung erreicht, bei der es für das Netz kritisch werden kann, wenn plötzlich die Leistung aller in dem Bereich angeschlossenen Solaranlagen wegfällt. Ab Mitte des Jahres dürfen daher Wechselrichter bei großen Anlagen, die ans Mittelspannungsnetz angeschlossen sind, nicht mehr sofort abschalten, sondern müssen bei Netzfehlern weiter einspeisen (siehe Grafik über mögliche Störungen im Netz).

Das wird durch die Fault-Ride-Through-Funktion (FRT) gesteuert. Bei kurzzeitigen Ausfällen hält die Anlage die Spannung. Erst wenn länger – also sekundenlang – das Netz wegfällt, wird die Anlage heruntergefahren. „Die einbrechende Spannung ist wie ein Kurzschluss, auf den wir im Bereich von Millisekunden reagieren müssen“, sagt Volker Wachenfeld von SMA. Ab April gibt es den neuen Zentralwechselrichter Sunny Central Outdoor 800, der die FRT-Technologie in vollem Umfang beherrscht. Inzwischen haben die meisten Hersteller Mittelspannungsrichtlinien-konforme Geräte angekündigt. Bei Fronius halten etwa die Wechselrichter der IG-Plus-Serie und der Zentralwechselrichter Fronius CL diese Vorgaben ein.

Die Mittelspannungsrichtlinie gilt bisher nur für Anlagen, die ins Mittelspannungsnetz einspeisen, also größere Anlagen ab 30 Kilowatt Nennleistung. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Marktübersicht, relativ betrachtet, vor allem in diesem Segment am meisten neue Wechselrichter enthält.

Nächstes Jahr könnte es anders aussehen. Denn zurzeit laufen die Verhandlungen für die Niederspannungsrichtlinie, die voraussichtlich auch Änderungen bei den kleineren Wechselrichtern nötig machen wird.

Britta Danger/Michael Fuhs

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