Die Schletter-Gruppe orientiert sich bei ihrer Neuaufstellung an Zulieferern der Automobilindustrie. Von deren Organisation und Kultur können Solarfirmen viel lernen, meint Geschäftsführer Tom Graf im Interview.
Beim Montagesystemhersteller Schletter gab es vor einem Jahr eine Zäsur. Umstrukturierung und Neuausrichtung lauteten die Schlagworte. Tom Graf ist der neue Geschäftsführer, der von Industrialisierung spricht, wenn es um die neue Strategie geht. Im Interview erläutert er, was er damit meint.
Was war der Ausgangspunkt für Sie bei Übernahme der Geschäftsführung?
Tom Graf: Wir haben die Schletter-Gruppe als Unternehmen mit sehr hochwertigen Produkten und einem guten internationalen Footprint vorgefunden. Allerdings mit einer Produktstrategie und Prozessen, die der Größe des Unternehmens und zum Teil der Marktsituation nicht mehr angemessen waren.
Können Sie dazu ein paar Beispiele nennen?
Die Fertigungstiefe war extrem groß. Das Unternehmen hat ja nahezu alles selbst gefertigt bis hin zur letzten Schraube. In vielen Bereichen gab es eine viel zu geringe Auslastung, besonders in Kirchdorf, weil der Umsatz in den letzten fünf, sechs Jahren stark geschrumpft ist. Dann hat Schletter über die Jahre eine sehr breite Produktpalette aufgebaut, die immer größer wurde. In all diesen Bereichen wollten und mussten wir effizienter werden. Zum einen durch Konzentration auf unser Kerngeschäft Solar. Zum anderen, indem wir vor allem die Fertigungstiefe reduzieren und effiziente Prozesse organisieren. Und auch beim Produktportfolio, wo wir die Komplexität für uns und unsere Abnehmer verringern, ohne unser Anwendungsspektrum einzuschränken.
Geringere Fertigungstiefe – was heißt das im Detail?
Das heißt, dass wir uns auf das konzentrieren, was wir am besten können und wo wir eine vernünftige Produktionsauslastung erzielen. Wir fertigen jetzt zum Beispiel keine Aluminiumprofile mehr. Die kaufen wir bei Spezialisten zu. Die vorhandene Aluminiumpresse wurde verkauft. Ein weiterer Schritt ist nun, die ganzen Befestigungsmittel, die bislang im Unternehmen selbst hergestellt wurden, ebenfalls einzukaufen. Mit diesem Schritt konnten wir das Einkaufsvolumen erhöhen und die deutlich zu hohen fixen Personalkosten überproportional senken – und zwar ohne Qualitätsverluste. Im Gegenteil: Ein spezialisierter Zulieferer, der im Jahr mehrere Hundert Tonnen Schrauben produziert, hat naturgemäß mehr spezifisches Know-how und Erfahrung als wir mit unseren im Verhältnis kleinen Produktionsmengen. Mit diesen Maßnahmen erreichen wir in unserem Werk in Kirchdorf eine ähnlich effiziente Struktur, wie sie bereits an unseren Standorten in China und Nordamerika umgesetzt ist. Diese Standorte sind derzeit noch wesentlich kostenflexibler und profitabler, aber Kirchdorf holt auf.
Eine andere Dimension Ihrer Umgestaltung sind die Fertigungsprozesse. Worum geht es dabei?
Es geht darum, schneller und produktiver zu werden, indem wir Methoden und Prozesse einführen, die zum Beispiel in der Automotive-Industrie gang und gäbe sind. Das ist etwa das Prinzip des verschwendungsarmen oder verschwendungsfreien Produzierens. Da gibt es einiges zu tun und zu verbessern. Wir wollen durch besseres Supply-Chain-Management die Durchlaufzeiten in der Produktion verringern. Auch anerkannte Managementtools wie zum Beispiel kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP), die auch Mitarbeitervorschläge einbeziehen, gehören dazu. Es geht also nicht nur um Prozesse, sondern auch um eine bestimmte Kultur. Ich bin überzeugt, dass viele Unternehmen in der Branche in den nächsten Jahren diese Art von Industrialisierung in Angriff nehmen müssen, wenn sie im Konsolidierungsprozess nicht auf der Strecke bleiben wollen.
Auch die Lieferkette steht auf dem Prüfstand?
Ja. Die Supply Chain geht ja vom Beschaffungsprozess bis zur Auslieferung beim Kunden. Und gerade was effiziente Beschaffungsprozesse betrifft, ist sicherlich die Automobilindustrie führend. Nicht alles lässt sich eins zu eins kopieren, aber bestimmte Methoden werden wir einführen. Das geht los bei der Zuverlässigkeit der Lieferanten: Verzögerungen oder Abweichungen in Menge oder Qualität schlagen auf die Produktivität im Unternehmen durch. An diesen Prozessen muss gearbeitet werden. Hier beginnt unser Qualitätsmanagement. Lieferanten werden auditiert, bei neuen Produkten oder Lieferanten werden Muster angefordert, die wir ausgiebig testen. Auch die Lieferantenanzahl soll deutlich reduziert werden, um dann auch die Lieferanten optimal in unsere Prozesse einzubinden. Das Ziel dabei ist, selbst keine großen Lager zu haben und keine aufwendigen Wareneingangskontrollen umsetzen zu müssen.
Das Gespräch führte Petra Franke.
Das vollständige Interview lesen Sie in der Mai-Ausgabe der photovoltaik, die am 23.5.2017 erscheint.