Martin Zeller trägt eine Solarbatterie über eine blumenübersäte Bergwiese in den Allgäuer Alpen. Der Installateur aus Bad Hindelang ist auf dem Weg, die Hirschalpe in 1.493 Metern Höhe mit einem autarken Stromnetz auszustatten. Denn um die Hütte bewirtschaften zu können, muss zuerst eine Desinfektionsanlage für das Trinkwasser installiert werden. „Damit die Solarfläche schneefrei bleibt und es das ganze Jahr übersauberes Trinkwasser gibt, müssen wir die Module mit 70 Grad Neigung an die Hausseite montieren. Und um bei dieser Neigung noch genügend Leistung zu bekommen, haben wir uns für mehrere 235-Watt-Module aus dem netzgekoppelten Bereich entschieden“, sagt Zeller.
Ongrid-Module im Offgrid, das scheint sich eigentlich auszuschließen. Doch MPPT-Laderegler machen es möglich. MPPT steht für „Maximum Power PointTracking“ und bezeichnet die Elektronik, die dafür Sorge trägt, dass die angeschlossenen Module am optimalen Arbeitspunkt betrieben werden. Im netzgekoppelten Bereich wird MPP-Tracking schon seit Jahren eingesetzt, doch jetzt hält es verstärkt bei Batterie-Ladereglern für Offgrid-Anlagen Einzug. „Diese Regler gibt es seit neun Jahren“, sagt Jürgen Kreysern, der bei Donauer Solartechnik den Bereich Offgrid leitet und MartinZeller beraten hat. Seit einiger Zeit steigt die Nachfrage deutlich an, von 2009 auf 2010 wuchs sie sogar um mehr als 50 Prozent.
Auch das Unternehmen Energiebau bestätigt diesen Trend. Im Jahr 2010 lag der Anteil der MPPT-Laderegler schon bei 20 Prozent. Dabei habe sich diese Technik erst 2009 richtig am Markt für autarke Solarstromsysteme durchgesetzt. „Der Vorteil eines MPPT-Ladereglers ist der größere und variablere Eingangsspannungsbereich“, sagt Georg Weingarten, der bei Energiebau für Systemauslegungen autarker Solarstromanlagen verantwortlich ist. Das ist der eigentliche Grund, warum damit Module aus dem Netzbereich Offgrid eingesetzt werden können. Denn die Spannung der Ongrid-Module ist zu hoch, um damit über einfache Laderegler Batterien zu laden.
Standardmodule günstiger
Standardmodule bei einer autarken Stromversorgung einzusetzen, hat auf den ersten Blick einen riesigen Vorteil: Sie sind mit rund 1,60 Euro pro Wattpeak günstiger als Offgrid-Module. Das liegt zum einen daran, dass auch die kleineren Offgrid-Module einen Rahmen benötigen und verkabelt werden müssen. Diese Kosten machen sie im Verhältnis zu den Kosten für die Zellen teurer. Der entscheidende Faktor ist aber der stärkere Wettbewerb im Ongrid-Bereich. „DiePreise der Standardmodule sind in den letzten Jahren stark gefallen“, sagt Ulrich Warna, Manager Offgrid-Systeme bei Solarworld. Kostensenkung gibt es zwar auch bei den Offgrid-Modulen, doch lang nicht so schnell, da sie in viel kleineren Stückzahlen produziert werden und die Herstellung weniger stark automatisiert ist. Kleine Module werden zudem aus geschnittenen Zellen gefertigt, was die Produktion zusätzlich verteuert.
Dabei sind die Offgrid-Module sozusagen die Urgesteine der Photovoltaik. Sie waren die allerersten Solarmodule, die es auf dem Markt gab. Denn mit ihren 36 Zellen und einer MPP-Spannung von 17 Volt eignen sie sich, um Zwölf-Volt-Batterien zu laden. Bei diesen Systemen kommt ein herkömmlicher Shunt- oder serieller Laderegler zum Einsatz. Er stoppt den Ladevorgang, wenn die Batterie voll ist, indem er den Stromfluss zwischen Batterie und Modul trennt. Module aus dem netzgekoppelten Bereich haben mehr Zellen und damit auch eine höhere Modulspannung. Würde man diese Ongrid-Module mit einem herkömmlichen Laderegler betreiben, würde dieser die Modulspannung so sehr begrenzen müssen, dass die Leistungsverluste stark steigen – vorausgesetzt der Regler hält die hohe Spannung überhaupt aus.
Ein Laderegler mit MPP-Tracking kann die eingehende Modulspannung dagegen so steuern, dass auch mit Standardmodulen eine Batterie verlustarm geladen werden kann. Zudem kann er unter günstigen Bedingungen einen Mehrertrag von bis zu 30 Prozent einbringen, da der MPPT-Regler immer im optimalen Arbeitspunkt aus Strom und Spannung arbeitet. „Die höhere Ertragsausbeute bei MPP-Trackern zeigt sich vor allem bei tiefen Temperaturen und niedrigen Batterieladezuständen“, sagt Michael Müller, Abteilungsleiter Offgrid-Systeme beim Solarelektronik-Hersteller Steca. Dann wird die Spannungsdifferenz zwischen Solarmodul und Batterie größer und der MPP-Tracker kann seine Stärken ausspielen. Denn wenn das nicht der Fall ist, schlägt der im Vergleich zu Ladereglern ohne MPP-Tracker höhere Eigenverbrauch der Geräte zu. Ein MPPT-Laderegler verursacht dann Verluste.
Transport per Maulesel
Doch selbst wenn diese Bedingungen erfüllt sind, macht der Einsatz von Standardmodulen nicht immer Sinn. Die hohe Leistung der Ongrid-Module ist zum Beispiel für ein Solar-Home-System völlig überdimensioniert. Für diese Kleinstanlagen, die ab 50 Watt Leistung eine Basiselektrifizierung wie Licht ermöglichen, reichen kleine Offgrid-Module aus, um den Bedarf zu decken.
Hinzu kommt, dass eine ländliche Elektrifizierung oft in den abgelegensten Orten der Welt benötigt wird. Standardmodule mit ihren Abmaßen von etwa 100 mal 160 Zentimetern könne man laut Warna aber oft nur schwer in diese abgelegenen Gegenden transportieren. „Hier werden die Module mit einem Allrad-Fahrzeug oder gar einem Maulesel an den Einsatzort gebracht. Befestigte Straßen gibt es hier selten“, sagt Warna, der seit über 20 Jahren Solarprojekte auf derganzen Welt betreut. „Man darf nicht vergessen, dass ein Standardmodul gut 22 Kilogramm wiegt, ein kleines Offgrid-Modul zwischen fünf und zwölf Kilogramm.“ Die kleinen Solar-Home-Systeme, die Strom für einige Energiesparlampen liefern,werden auch heute noch vielfach eingesetzt – auch wenn in Hilfsprojekten für Entwicklungsländer zunehmend in größeren Dimensionen gedacht wird. „Esgenügt nicht, die Armut zu beleuchten. Vielmehr geht es darum, größere Systeme zu schaffen, die echte Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen“, sagt etwa Wolfgang Hofstätter, Vorstand von Kaito Energie. Das Unternehmen setzt bei seinen Projekten in Afrika auf Solarsysteme mit mindestens 200 Watt Leistung. Damit können neben einigen Energiesparlampen auch ein Kühlschrank oder eine Wasserpumpe betrieben werden. „In dieser Leistungsklasse macht es Sinn, Solarmodule aus dem netzgekoppelten Bereich mit 24 Volt einzusetzen“, sagt Hofstätter. Diese sind im Normalfall wesentlich günstiger als Offgrid-Module.“ Einen möglichen Haken hat das dennoch: Durch den Einsatz eines Standardmoduls spart man zwar auf der einen Seite Geld. Auf der anderen Seite wird ein MPPT-Laderegler notwendig, und dieser kann doppelt so viel kosten wie ein herkömmlicher Laderegler ohne MPPT. „Man muss die Kosten und Daten für jedes einzelne Projekt neu überprüfen“, sagt deshalb Alexander Müller, Teamleiter für netzferne Energieversorgung bei IBC Solar. „Durch den Einsatz eines teuren MPPT-Reglers können die Investitionskosten für die Anlage viel höher liegen als bei einer herkömmlichen Lösung mit Offgrid-Modulen und einem seriellen Regler.“
Bei Hitze alles anders
Auch das Argument, dass sich die höheren Kosten für einen MPPT-Regler lohnen, weil er den Ertrag erhöhe, lässt Müller nicht uneingeschränkt gelten. „Ob ein MPPT-Laderegler tatsächlich mehr Ertrag bringt, bestimmt die Systemspannung, der Energiebedarf, der Aufstellungsort und die Anwendungsart“, sagt er. MPP-Tracking könne in bestimmten Konstellationen sogar wirkungslos sein: So habe man in warmen Regionen durch die hohe Umgebungstemperatur niedrigere Leerlauf- und MPP-Spannungen am Modul. Dazu kommen Leitungs- und Ladereglerverluste, so dass in warmen Regionen auch die Spannung eines 36-Zellen-Moduls auf 14 Volt absinke, ganz ohne MPP-Tracker. Diese Spannung sei optimal, um eine Zwölf-Volt-Batterie zu laden.
In kälteren Regionen gilt das Argument natürlich nicht. Bei Anlagen auf Alpenhütten oder am Polarkreis steht deshalb außer Frage, dass man bei Modulen mit hoher Spannung einen MPPT-Laderegler benötigt.
Auf Alpenhütten muss man oft etwas anderes bedenken. Da eine Batterie nur Gleichstrom (DC) speichern kann, gibt es für autarke Systeme spezielle Gleichstromgeräte von der Lampe bis hin zum Kühlschrank, die an den Laderegler angeschlossen werden. „Die Gäste in den Berghütten wollen aber auch ihre gewohnten Elektrogeräte anschließen, die mit Wechselstrom betrieben werden“, sagt Donauer-Experte Kreysern. Dazu muss man einen Inselwechselrichter an die Batterie anschließen. Er wandelt die niedrige Gleichspannung in die für die Verbraucher notwendigen 230 Volt Wechselspannung (AC) um.
Allerdings kann es auch in afrikanischen Ländern sinnvoll sein, AC-Systeme aufzubauen. Dort ist es oft schwierig, DC-Geräte zu bekommen. Außerdemsind nach Ansicht von Kaito-Vorstand Hofstätter gute DC-Endgeräte mit höherer Leistung für die Bewohner kaum zu bezahlen.
Nur für kleine Netze
Werden für eine Anlage deutlich mehr als fünf Kilowatt Leistung benötigt, muss man jedoch ein richtiges Wechselstromsystem benutzen. Denn auf dem Batteriespannungsniveau der Gleichstromsysteme können keine großen Entfernungen überbrückt werden, da die Leistungsverluste zu hoch sind. Das wird relevant, wenn man große Systeme für zum Beispiel Krankenhäuser, Schulen oder ganze Dörfer aufbaut. „In solchen Dimensionen setzen wir AC-gekoppelte Systeme mit Batteriewechselrichtern und Standardtechnik aus der netzgekoppelten Photovoltaik ein“, sagt Volker Wachenfeld, Bereichsleiter für Offgrid-Systeme von SMA.
Bei solchen Mini-Grids mit einigen 100 Kilowatt Leistung kommen MPPT-Laderegler nicht mehr zum Einsatz. Der Batteriestromrichter regelt dann automatisch, wann der Solarstrom über den Wechselrichter ins Haus- oder Dorfnetzzu den Verbrauchern geleitet und wann der Strom verwendet wird, um die Batterien zu laden.
Die Anlage, die Martin Zeller in den Allgäuer Alpen installiert, ist jedoch bei weitem nicht so groß. Eine Leistung von1,4 Kilowatt reicht aus, um die Berghütte mit frischem Wasser zu versorgen. In diesem Fall konnten die Ongrid-Module das Offgrid-System effizienter und lukrativer machen, dank eines MPPT-Ladereglers.
Gebräuchliche Laderegler mit MPP-Tracker | |||||||||
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Hersteller | Produktname | Batterie-Nenn-spannung | Max. Batterielade-strom | Max. Solareingangsleistung | Max. Moduleingangs-spannung (Leerlaufspannung) | Wirkungsgrad | Schutzart | Website | |
Outback | FLEXmax 60 | 12/24/36/48/60 V | 60 A | 900 W @ 12 V, 1.800 W @ 24 V, 3.600 @ 48 V, 4.500 W @ 60 V | 150 V | 98 % | Indoor Type 1 | www.outbackpower.com | |
Morningstar | TriStar TS-MPPT-60 | 12/24/36/48 V | 60 A | 800 W @ 12 V, 1.600 W @ 24 V, 3.200 W @ 48 V | 150 V | 99 % | IP 20 | www.morningstarcorp.com | |
SMA | Sunny Island Charger 40 | 12/24/48 V | 50 A | 630 W @ 12 V, 1.250 W @ 24 V, 2.100 W @ 48 V | 140 V | 98 % | IP 65 | www.sma.de | |
Victron Energy | BlueSolar MPPT 12/24-40 | 12/24 V | 40 A | 960 W | 28/55 V | k. A. | IP 20 | www.victronenergy.com | |
Phocos | MPPT 100/30 | 12/24 V | 33 A | 450 W @ 12 V, 900 W @ 24 V | 95 V | ? 98 % | IP 22 | www.phocos.com | |
IVT | MPPT 30 | 12/24 V | 30 A | 360 W @ 12 V, 720 W @ 24 V | 60 V | 92 – 97 % | IP 20 | www.ivt-hirschau.de | |
MSTE Solar | MPT 600-24 | 24 V | 30 A | 600 W | 120 V | < 98 % | IP 20 | www.mste-solar.de | |
Steca | Solarix MPPT 1010 | 12/24 V | 10 A | 125 W @ 12 V, 250 W @ 24 V | 75 V | > 98 % | IP 32 | www.steca.de |
Angaben der Hersteller. Die Fotos zeigen die Geräte von oben nach unten.